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Urlaubsmagazin Weinland Pfalz "Ursprung"

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von gestern<br />

Wein zu trinken war in alter Zeit eine<br />

schiere Notwendigkeit, um gesund zu bleiben.<br />

Zu verseucht das Trinkwasser, man<br />

benötigte etwas Vergorenes, um es überhaupt<br />

ansatzweise trinken zu können.<br />

Text<br />

Matthias F. Mangold<br />

Fotos<br />

JackSenn<br />

Manchmal sind alte<br />

Sätze gar nicht so<br />

dumm. „Man kann<br />

nur wissen, wo man hin will, wenn man<br />

weiß, wo man her kommt“ zählt sicher<br />

dazu. Und ganz ehrlich: Meist möchte<br />

man ja auch gar nicht mehr dahin zurück.<br />

Doch es schult das Verständnis zu wissen,<br />

aus welchen Fehlern man lernen kann,<br />

was es herüberzuretten gilt oder welche<br />

Erfahrungen sich durch die Lehren der<br />

Vergangenheit sparen lassen.<br />

Und weil dies ein universeller Ansatz<br />

ist, auf viele Bereiche übertragbar, gilt er<br />

auch beim Wein. Oft wird als selbstverständlich<br />

genommen, was man hat. „Die<br />

<strong>Pfalz</strong> und der Wein“ - das gehört natürlich<br />

schon eine ewig lange Zeit zusammen,<br />

aber unter ganz anderen Maßgaben als<br />

jetzt. Nachdem etwa 50 v. Chr. der Rhein<br />

zur römischen Grenzlinie wurde, wurden<br />

massiv Reben gepflanzt, da die Soldaten<br />

und das ganze Umfeld einen hohen Bedarf<br />

verzeichneten. Die damals verbreiteten<br />

Sorten sind heute weitgehend unbekannt.<br />

Das trifft auch für das frühe und<br />

Feldforschung<br />

„Die Reife ist das Problem<br />

bei den herkömmlichen<br />

Rebsorten - sie werden zu<br />

früh zu reif” Dr. Oliver Trapp<br />

vom Institut für Rebzüchtung<br />

in Siebeldingen<br />

das Hoch-Mittelalter zu. Lange wurde nur<br />

in zwei Weinsorten eingeteilt: die hunnische<br />

und die fränkische, wobei Letztere<br />

doppelt so viel kostete. Überdies war ein<br />

rebsortenreiner Anbau völlig unüblich.<br />

Man wollte Risiken minimieren, also<br />

pflanzte man „gemischte Sätze“. Darunter<br />

fanden sich im 16. Jahrhundert Rißling,<br />

Albich (Elbling), Traminer, Gensfüssel,<br />

Harthengst, Orleans, Frühschwarz oder<br />

auch Moschateller. Später kamen dann<br />

noch Gutedel und Silvaner hinzu. Klingt<br />

teilweise bekannt, oder?<br />

War der Riesling an der Mittelhaardt<br />

ab dem 19. Jahrhundert schon auf einem<br />

zumindest aufsteigenden Ast, sah es<br />

in der Südpfalz noch lange nicht danach<br />

aus, ganz im Gegenteil. <strong>Pfalz</strong>weit machten<br />

noch bis in die 1950er hinein Portugieser<br />

und vor allem Silvaner mit weit über 70<br />

Prozent Rebsortenanteil den großen Batzen<br />

unter sich aus. Wer vor 50 Jahren im<br />

Süden weilte, fand so gut wie nichts anderes<br />

vor. Erst die enormen Fortschritte<br />

bei der Klonung und Veredelung von Reben<br />

führte dazu, dass auch wieder Sorten,<br />

die als zu schwierig, zu anfällig, zu<br />

ertragsunsicher galten, eine neue Chance<br />

gegeben wurde. Insbesondere bei den<br />

Burgundersorten ist das extrem auffällig.<br />

Obacht, jetzt kommen ein paar harte<br />

Zahlenfakten: Hatte der Weißburgunder<br />

1954 laut amtlicher Statistik noch einen<br />

Rebsortenanteil von gerade mal 1 %, so<br />

sind es 2018 schon 5,5 %. Beim Grauburgunder<br />

ging es von 0,6 % auf jetzt 7,3 %,<br />

der Spätburgunder explodierte von 0,3 %<br />

auf 7,1 %. Und Silvaner? Hat sich im gleichen<br />

Zeitraum von 54,4 % (!!!) auf 2,3 %<br />

zurückgezogen.<br />

Geschmäcker ändern sich also. Aber<br />

auch die Ansprüche. Wein zu trinken war<br />

in alter Zeit eine schiere Notwendigkeit,<br />

um gesund zu bleiben. Zu verseucht das<br />

Trinkwasser, man benötigte etwas Vergorenes,<br />

um es überhaupt ansatzweise trinken<br />

11 <strong>Weinland</strong> <strong>Pfalz</strong>

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