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Festschrift - 50 Jahre Sinfonieorchester am EBG

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Die Quinte und die Zwillinge …<br />

Nicht der einzige, aber der stärkste unvergessliche<br />

Moment, den ich mit dem <strong>Sinfonieorchester</strong><br />

<strong>am</strong> Ernst-Barlach-Gymnasium<br />

erleben durfte, ist die Schlussquinte des Mozart-Requiems<br />

<strong>am</strong> 18.3.2017 in der Petruskirche.<br />

Zur gleichen Zeit war meine Frau bereits im<br />

Kreißsaal und erwartete die Geburt unserer<br />

Zwillinge, die dann 6 Stunden und 13 Minuten<br />

bzw. 6 Stunden und 16 Minuten nach der<br />

Schlussquinte geboren wurden.<br />

Am Ende eines musikalisch hervorragenden<br />

und von allen Beteiligten über alle Maßen<br />

inspiriert durchlebten Konzertes war diese<br />

fulminante und emotional zerrende Quinte<br />

für mich ein gigantischer Doppelpunkt. Das<br />

Requiem endet in der ultimativen Ungewissheit,<br />

unmittelbar danach beginnt neues<br />

Leben, und alles ändert sich.<br />

Die <strong>EBG</strong>-Musikgemeinschaft war in der<br />

Zeit um diese Quinte herum besonders<br />

stark: Wulf-Henning Steffen hatte mich in<br />

der Anspielprobe vertreten, Chor und Orchester<br />

hatten mir die Unterbrechung der<br />

Generalprobe durch den Handy-Fehlalarm<br />

<strong>am</strong> Vortag verziehen, alle musizierten meine<br />

leicht beschleunigten Tempi im Konzert<br />

mit Intensität und Konzentration, Chor und<br />

Orchester spielten und sangen wie aus einem<br />

Guss, die Solisten fügten sich harmonisch in<br />

das Geschehen ein, und nach meinem überhasteten<br />

Aufbruch kurz nach der Quinte<br />

kümmerten sich die Musiklehrer-Kollegen<br />

und die musizierenden Schülerinnen und<br />

Schüler reibungslos um alles Weitere.<br />

Gerade in solchen Schlüsselmomenten hat<br />

die Musikgemeinschaft, die heutzutage den<br />

Geist des Ernst-Barlach-Gymnasiums mit<br />

definiert, eine nochmal wichtigere und stärkende<br />

Qualität, denn obwohl die Quinte und<br />

das vorausgehende Requiem noch lange in<br />

mir nachklangen, konnte ich guten Gewissens<br />

sofort danach wieder ins Krankenhaus<br />

rasen, um dort glücklicherweise noch rechtzeitig<br />

zur Geburt anzukommen.<br />

Alexander Mottok<br />

Dirigent & Vater<br />

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