Festschrift - 50 Jahre Sinfonieorchester am EBG
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Orchesterarbeit im Wandel -<br />
Zur Entwicklung der Musikzweigarbeit <strong>am</strong> ebg<br />
Die musikpraktische Arbeit <strong>am</strong> <strong>EBG</strong><br />
basierte seit Gründung des Musikzweigs<br />
auf der musikalischen Ausbildung<br />
im <strong>Sinfonieorchester</strong>, dem<br />
schulischen „Jugendchor“ und dem<br />
überregionalen Knabenchor.<br />
In diesen Ensembles ist von <strong>am</strong>bitionierten<br />
Musikerziehern auf<br />
hohem künstlerischen Niveau gearbeitet<br />
worden: Generationen von<br />
Schülerinnen und Schülern haben<br />
davon profitiert, dass Robert König<br />
als Orchesterleiter, Hans Hauptmann<br />
als Leiter des Jugendchores<br />
und Guntr<strong>am</strong> Altnöder, später dann<br />
Hans-Christian Henkel, als Leiter<br />
des Knabenchores mit großem persönlichen<br />
Engagement in ihren Arbeitsbereichen<br />
ein anspruchsvolles<br />
Projekt nach dem anderen aus der<br />
Taufe hoben. Man schaute scheinbar<br />
nicht auf die Uhr, wenn es um<br />
den Bedarf an Probenzeit ging und<br />
gerade im Orchesterbereich wurden<br />
ungern Kompromisse in der Progr<strong>am</strong>mgestaltung<br />
gemacht, nur weil<br />
man mit Schülerinnen und Schülern<br />
arbeitete: Es stand die große Sinfonik<br />
der vergangenen Jahrhunderte<br />
auf dem Progr<strong>am</strong>m.<br />
Dieser Einstellung war es zu<br />
verdanken, dass Schülerinnen und<br />
Schüler des <strong>EBG</strong> die Gelegenheit<br />
erhielten, ihren musikalischen<br />
Horizont zu erweitern, indem sie<br />
sich innerhalb der Ensembles auf<br />
musikalische Entdeckungsreisen in<br />
Gefilde bewegen konnten, die in der<br />
Regel nur den Profis vorbehalten<br />
waren. Wer als Jugendlicher einmal<br />
eine „sinfonische Dichtung“ von<br />
Richard Strauß musizieren durfte,<br />
hat ganz gewiss einen emotionalen<br />
Zugang zur komplexen Sinfonik des<br />
19. und 20. Jahrhunderts gewonnen,<br />
der auf andere Art und Weise kaum<br />
so vermittelbar wäre. Dass diese<br />
Progr<strong>am</strong>me realisiert werden konnten,<br />
ist allerdings nicht zuletzt der<br />
tatkräftigen Unterstützung durch<br />
Ehemalige und professionelle Aushilfen<br />
zu verdanken.<br />
Als ich 2004 die Koordination des<br />
Musikzweiges übernahm, galt es<br />
einen Generationenwechsel in den<br />
Ensembleleitungen zu begleiten<br />
und die musikpädagogische Arbeit<br />
in den Ensembles neu zu justieren.<br />
In enger Absprache mit dem d<strong>am</strong>aligen<br />
Schulleiter Michael Scholz sollte<br />
versucht werden, das <strong>Sinfonieorchester</strong><br />
wieder zu einem Ensemble<br />
der Schülerinnen und Schüler werden<br />
zu lassen und die Arbeit der<br />
schulischen Musikensembles enger<br />
zus<strong>am</strong>menzuführen.<br />
Als neues wichtiges Ensemble existierte<br />
seit einigen <strong>Jahre</strong>n die Bigband,<br />
die unter der Leitung von<br />
Andreas Hussong ausschließlich<br />
mit Schülerinnen und Schülern besetzt<br />
war. Mit Neil Fellows, der als<br />
Orchesterleiter die Nachfolge von<br />
Robert König angetreten hatte, und<br />
seiner Frau Isabel Morey als erfolgreiche<br />
Violin-Pädagogin ergab sich<br />
die Möglichkeit, auch im Orchester<br />
den Anteil der erwachsenen Mitglieder<br />
zu reduzieren und die eigene<br />
Nachwuchsarbeit auf neue Beine zu<br />
stellen. Fortan erschienen deutlich<br />
weniger Ehemalige zu den Proben<br />
des <strong>Sinfonieorchester</strong>s, dafür aber<br />
sah man nachmittags immer mehr<br />
Grundschul- und sogar Kindergartenkinder,<br />
die die Suzuki-Gruppen<br />
Isabel Moreys besuchten.<br />
Diese Konstellation bedeutete einen<br />
Glücksfall für die Arbeit, denn<br />
es war eine Win-win-Situation entstanden:<br />
Isabel Morey konnte ihren<br />
„Großen“ ein anspruchsvolles Anschluss-Ensemble<br />
anbieten und das<br />
<strong>Sinfonieorchester</strong> hatte seine eigene<br />
„Nachwuchsschmiede“ im Haus, die<br />
ausgezeichnet funktionierte. Über<br />
die <strong>Jahre</strong> zeigte sich, dass über 80%<br />
der Violinen hier ausgebildet worden<br />
sind oder zumindest zeitweise<br />
mitgearbeitet haben, darunter immer<br />
wieder gerade diejenigen, die<br />
ein Musikstudium anstrebten.<br />
Daneben bemühte ich mich als Koordinator<br />
darum, die musikalischen<br />
Akteure der Schulgemeinschaft<br />
stärker miteinander „ins Spiel zu<br />
bringen“. Orchester und Chöre kooperierten<br />
in gemeins<strong>am</strong>en Konzerten<br />
und Musiktheater-Produktionen.<br />
Das schulische Musikleben<br />
fand seine Bündelung im traditionellen<br />
gemeins<strong>am</strong>en Weihnachtskonzert,<br />
in dem sich alle Ensembles<br />
gemeins<strong>am</strong> präsentierten und gerade<br />
das <strong>Sinfonieorchester</strong> mehr<br />
und mehr eine tragende Rolle übernahm.<br />
Als wirkungsvolles Instrument<br />
erwiesen sich regelmäßig stattfindende<br />
Besprechungen und Sitzungen:<br />
Dank tatkräftiger Hilfe<br />
der Schulleitung konnte sich die<br />
Musik-Fachschaft wöchentlich zus<strong>am</strong>mensetzen,<br />
um kontinuierlich<br />
alle Organisationsfragen zu klären<br />
und gegenseitige Unterstützung zu<br />
ermöglichen.<br />
Zwar habe ich 2016 das Koordinatoren<strong>am</strong>t<br />
an Wulf Henning Steffen<br />
weitergegeben, weil ich als Schulleiter<br />
an die Jungmannschule in<br />
Eckernförde wechselte. Zur selben<br />
Zeit wechselte auch der Dirigentenstab<br />
von Neil Fellows zu Alexander<br />
Mottok. Aber der Kontakt ist nie<br />
abgerissen. Es erfüllt mich mit großer<br />
Freude zu sehen, wie die Kolleginnen<br />
und Kollegen aufs Engste<br />
miteinander verbunden einander<br />
zuarbeiten, wie sich Herr Stegmann<br />
und die Schulleitung mit Überzeugung<br />
hinter den Musikzweig stellen<br />
und im Hintergrund so manche<br />
Hürde aus dem Weg räumen, wie<br />
Förderverein und Schule an einem<br />
Strang ziehen - und das alles, um den<br />
SchülerInnen die unvergleichlichen<br />
Erfahrungen zu ermöglichen, die<br />
das gemeins<strong>am</strong>e Musizieren mit<br />
sich bringt.<br />
Wenn ich heute als „Ehemaliger“<br />
Konzerte <strong>am</strong> <strong>EBG</strong> besuche, sehe ich<br />
das Resultat: die Bühnen sind gefüllt<br />
mit unzähligen einträchtig musizierenden<br />
Schülerinnen und Schülern<br />
und ein künstlerisches Niveau wird<br />
praktiziert, vor dem man nur den<br />
Hut ziehen kann.<br />
Weiter so, <strong>EBG</strong>!<br />
Sebastian Klingenberg<br />
Koordinator des Musikzweiges<br />
2001-2016<br />
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