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WETTBEWERB<br />
Gesetze nicht immer ganz ernst nehmen würden und unglaublich<br />
kapitalstark seien, sei das <strong>Taxi</strong>gewerbe gesetzlich verpflichtet,<br />
„eigenwirtschaftlich“ zu arbeiten, ohne „milliardenschweren<br />
Investoren im Rücken“ zu haben. Während diese neuen Firmen<br />
die Preise selbst bestimmen und es sich leisten könnten, viel Geld<br />
zu verbrennen, müsse das <strong>Taxi</strong> mit den vom Senat festgesetzten<br />
Preisen auskommen.<br />
FOTO:Stephan Berndt / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
MASSENMEDIEN STELLEN DAS TAXIGEWERBE<br />
NICHT MEHR ALS GELDGIERIGEN BÖSEWICHT DAR<br />
Das war in den vergangenen Jahren – die letzte Erhöhung war<br />
2015 – nicht einfach. Einerseits drückten steigende Kosten, insbesondere<br />
der Mindestlohn, andererseits brachen die Umsätze<br />
massiv ein, wegen illegaler Konkurrenz (Mietwagenbetriebe<br />
als Uber-Partner vor Ort) und fragwürdiger Genehmigungen<br />
zusätzlicher Verkehre durch die Behörde im Rahmen der Experimentierklausel<br />
des PBefG (Clever Shuttle und Berlkönig). Aus<br />
Branchenkreisen werden Umsatzrückgänge von mittlerweile 20<br />
Prozent bestätigt.<br />
Auch Detlev Freutel, Vorsitzender des <strong>Taxi</strong>verbandes <strong>Berlin</strong>,<br />
Brandenburg e. V. (TVB), teilt diese Kritik: „Der zwischenzeitlich<br />
mehrfach erhöhte Mindestlohn und die wachsende Konkurrenz<br />
von Uber & Co. machen unserem Gewerbe schwer zu schaffen.“<br />
Dass bei allen Bedenken angesichts dieser neuen Mitbewerber<br />
eine Preiserhöhung, auch in diesem Maße, notwendig ist, daran<br />
lässt der TVB-Chef keinen Zweifel. Vielmehr müssten die Kontrollbehörden<br />
und der Gesetzgeber dafür sorgen, dass wieder fairer<br />
Wettbewerb herrscht.<br />
Bemerkenswert war die Kommentierung durch die Presse am<br />
8. Juli. Während früher bei Preiserhöhungen gerne Stimmung<br />
gegen unser Gewerbe gemacht wurde („<strong>Taxi</strong>gewerbe gönnt sich<br />
erneut einen kräftigen Schluck aus der Pulle“), zeigten die Journalisten<br />
diesmal nicht nur großes Verständnis für die <strong>Taxi</strong>tariferhöhung,<br />
sie zeigten sich auch sehr gut informiert über die<br />
Hintergründe, insbesondere über die neue Konkurrenzsituation<br />
in der Personenbeförderung.<br />
Bei rbb/24 war zu lesen, dass „die Verkehrsverwaltung ... <strong>Taxi</strong>preise<br />
in <strong>Berlin</strong> anheben ... will“, also nicht etwa das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
selbst, und das „erstmals seit vier Jahren“. <strong>Berlin</strong> sei „im Bundesvergleich<br />
aber immer noch eher günstig.“ Dabei zitiert rbb/24<br />
das Gutachten, wonach <strong>Berlin</strong> in etwa auf dem Preisniveau von<br />
„Städten wie Duisburg oder Dortmund“ liege, „in anderen Metropolen<br />
wie Hamburg sei das <strong>Taxi</strong>fahren um 20 Prozent teurer.“ Zur<br />
Bekräftigung erklärt Henner Schmidt, Sprecher für Infrastruktur<br />
der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, die Tariferhöhung sei<br />
„nachvollziehbar“ und „auch angemessen, da sie entstandene<br />
Kostensteigerungen ausgleicht. “ Trotzdem verbleibe den <strong>Taxi</strong>fahrern<br />
nur ein geringes Einkommen. Schmidt fordert deshalb<br />
den Gesetzgeber auf, für fairen Wettbewerb zwischen <strong>Taxi</strong>s und<br />
anderen Anbietern zu sorgen.<br />
Auch Peter Neumann freute sich in der <strong>Berlin</strong>er Zeitung vor<br />
allem darüber, dass der Grundpreis für <strong>Taxi</strong>fahrten stabil bleibt<br />
und dass es „so viel Preisstabilität (…) sonst nur selten“ gibt.<br />
Insbesondere der sonst sehr <strong>Taxi</strong>-kritische Tagesspiegel überraschte<br />
mit einer sehr wohlgesonnenen Stellungnahme. Der Artikel<br />
von Fatina Keilani zeugt, anders als wir das von Klaus Kurbjuweit<br />
kannten, von Verständnis und Sachverstand. Sie kennt und<br />
thematisiert die Beförderungs- und Tarifpflicht, die Mietwagen<br />
nicht haben und deshalb im Vorteil sind. Sie könnten „sich ihre<br />
Touren aussuchen und über den Preis das Geschäft steuern.“ Die<br />
Rückkehrpflicht hielten sie dagegen nicht ein. Am 6. Juni, als die<br />
Thematik im Abgeordnetenhaus debattiert wurde, hatte Verkehrssenatorin<br />
Regine Günther (Grüne) zugegeben, dass die Einhaltung<br />
der Rückkehrpflicht auch nicht wirksam kontrolliert wird.<br />
Ob die Tariferhöhung bei Fahrern und Unternehmern 1:1<br />
ankommt, bleibt abzuwarten. Viel wird davon abhängen, ob endlich<br />
wieder faire Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden.<br />
Doch eines fällt beim Blick in die <strong>Berlin</strong>er Medien auf: Die bundesweite<br />
Öffentlichkeitsarbeit des <strong>Taxi</strong>gewerbes trägt offenbar die ersten<br />
Früchte. Bei Journalisten und Politikern scheint immer mehr<br />
durchzudringen, welchen Stellenwert das <strong>Taxi</strong> im öffentlichen<br />
Personennahverkehr hat und was sich Städte und Kommunen mit<br />
den neuen Anbietern bereits eingebrockt haben. Das macht Hoffnung,<br />
zuallererst bei der anstehenden PBefG-Reform, aber auch<br />
bei kommenden Entscheidungen von Verkehrsbehörden, welche<br />
Anbieter zusätzlich eine Genehmigung zur Personenbeförderung<br />
erhalten – und wer besser nicht. <br />
sb<br />
SHK-Rechtsanwälte<br />
Notariat<br />
Verkehrsrecht<br />
Strafrecht<br />
Zivilrecht<br />
Martina Schweickhardt<br />
Rechtsanwältin & Notarin<br />
Daniel Herbst<br />
Rechtsanwalt<br />
Nachodstraße 19<br />
10779 <strong>Berlin</strong><br />
(im Erdgeschoss)<br />
Telefon: 030 / 210 023 40<br />
André Klemm<br />
Rechtsanwalt<br />
TAXI AUGUST/SEPTEMBER <strong>2019</strong><br />
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