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BLICK IN DIE BILANZ
HAT DIE BAYER AG DIE RISIKEN DER
MONSANTO-ÜBERNAHME UNTERSCHÄTZT?
Im Oktober 2014 gab der damalige Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers bekannt, den Bayer-Konzern zukünftig auf den Bereich
Life-Science auszurichten. Hierfür wurde der Fokus auf den Gesundheitsbereich für Menschen, Tiere und Pflanzen gelegt. Umgesetzt
wurde dies insbesondere durch die Übernahme von Algeta und der Consumer-Care-Sparte von Merck & Co., Inc., wodurch
man zum zweitgrößten Anbieter rezeptfreier Medikamente und Gesundheitsprodukte aufstieg. Gleichzeitig wurde die als Bayer
MaterialScience bekannte Kunststoffsparte ausgegliedert. Der Börsengang des heute als Covestro bekannten Kunststoffspezialisten
erfolgte im Oktober 2015. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch bekannt, dass der promovierte Chemieingenieur Dekkers im
Mai 2016 frühzeitig aus dem Konzern ausscheiden würde. Auf ihn folgte mit Werner Baumann der vorherige Strategievorstand.
Im Bereich Saatgut und Pflanzenschutz
wurde im September 2016 die Übernahme
des amerikanischen Agrarchemiekonzerns
Monsanto für 62 Mrd.
USD angestoßen, die im Frühjahr 2018
abgeschlossen wurde. Hierdurch stieg
Bayer zum Marktführer in den Bereichen
Saatgut und Pflanzenschutz auf.
Der historisch hohe Kaufpreis spiegelt
sich auch in den Verbindlichkeiten wider,
die seit 2011 um 140% auf 80 Mrd.
€ angestiegen sind. So wuchsen die
langfristigen Verbindlichkeiten auf 57,3
Mrd. € und die kurzfristigen Verbindlichkeiten
auf 22,8 Mrd. € an.
Das Eigenkapital konnte proportional
erhöht werden, sodass die Eigenkapitalquote
bei 40% konstant gehalten werden
konnte. Durch die Zukäufe wuchs
die Bilanzsumme um 140% (+75 Mrd.
€) auf 126 Mrd. € an. Auf der Aktivseite
der Bilanz spiegelt sich die gestiegene
Bilanzsumme vor allem in den, die
Geschäfts- und Firmenwerte enthaltenden,
immateriellen Vermögensgegenständen
wider, die sich seit 2011
auf 95,3 Mrd. € verdreifacht haben. Der
durchschnittliche Umsatz lag im betrachteten
Zeitraum bei 43 Mrd. €, wobei
im Jahr 2018 ein Umsatz von 39,6
Mrd. € erreicht werden konnte.
Schadensersatz
Als Risiko stellt sich für Bayer der Glyphosat-Prozess
gegen das ehemalige
Monsanto-Produkt „RoundUp“ heraus,
weshalb die Übernahme nicht nur positiv
bewertet wurde. Im August 2018
wurde in den USA das erste Urteil gefällt,
an dessen Ende eine Schadensersatzzahlung
von 29 Mio. USD stand.
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Zwar legte Bayer Berufung gegen das
Urteil ein, allerdings erhöhte das symbolkräftige
Urteil die Gesamtzahl der
Klagen, die seit Jahresbeginn auf 42.700
gestiegen ist. Zur Absicherung dieser
Risiken, wurden insbesondere im Jahr
2018 die Rückstellungen um 1 Mrd. €
auf 1,4 Mrd. € erhöht. Dies entspricht
dem höchsten Wert seit 2012.
Analysten erwarten im Falle einer außergerichtlichen
Einigung allerdings
eine finanzielle Belastung zwischen 5
Mrd. und 20 Mrd. USD. Insbesondere
die öffentliche Debatte über das Produkt
RoundUp hat auch Auswirkungen
in Europa. Zwar ist die Nutzung innerhalb
der EU noch bis Ende 2023 genehmigt,
allerdings besteht die Gefahr, dass
es mindestens zu einer stärkeren Reglementierung
kommt. Positiv könnte
sich für Bayer auswirken, dass 90% des
RoundUp-Umsatzes in Nordamerika
erzielt werden, wo ein liberaleres Vorgehen
der Gesetzgeber erwartet wird.
Bei der Bewältigung der finanziellen
Lasten wirkt sich für Bayer die aktuelle
Niedrigzinsphase positiv aus, die bei der
Refinanzierung der Kredite zur Übernahme
hilft. Zudem konnte der Konzern im
Zeitraum von 2011 bis 2018 seinen operativen
Cashflow um 56% auf 7,9 Mrd.
€ steigern, wobei Analysten bis 2021
einen Anstieg auf 10,2 Mrd. € erwarten.
Mehr offene Forderungen
Nachdem der Wert der offenen Forderungen
zwischen 2011 und 2013 durchschnittlich
bei 9,3 Mrd. € lag, stiegen diese
für den Zeitraum von 2014 bis 2018
auf durchschnittlich 12,5 Mrd. € an. Im
Jahr 2018 betrugen die Forderungen
hierbei 14,5 Mrd. €. Bei der Absicherung
dieser Forderungen greift das Unternehmen
auf ein globales Kreditversicherungsprogramm
zurück. Durch eine
sogenannte „Excess of Loss-Policy“ sind
über 80% der Forderungen abgesichert.
Die maximale jährliche Entschädigungszahlung
beträgt hierbei in den Segmenten
Pharmaceuticals, Consumer Health
und Animal Health 150 Mio. € und im
Segment Crop Science 300 Mio. €.
Für die Bayer-Aktionäre haben sich bisher
keine Vorteile durch die Übernahme
ergeben. Zwar konnte der Aktienkurs
seit Jahresbeginn um 7% auf 65,28 €
zulegen, allerdings notiert die Aktie
weiterhin 33% niedriger als zum Zeitpunkt
der Bekanntgabe der Monsanto-
Übernahme. Dies führte dazu, dass
dem CEO Werner Baumann auf der
Hauptversammlung 2019 mit 55,5%
Gegenstimmen die Entlastung verweigert
wurde. In einer Telefonkonferenz
im Oktober 2019 konnte Baumann zumindest
die Jahresziele für das aktuelle
Geschäftsjahr bestätigen. Inwiefern
diese allerdings ausreichen, um die finanziellen
Risiken zu bedienen und Bayer
handlungsfähig zu halten, wird sich
in Zukunft noch zeigen müssen.