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LAST WORDS
WEN BESCHENKT DER
WEIHNACHTSMANN?
Glen Bullivant FICM
Past President FECMA
glen.bullivant@googlemail.com
Ich hoffe, Sie alle waren 2019 brave
Mädchen und Buben, immerhin steht
Weihnachten vor der Tür. Doch Achtung,
der Weihnachtsmann (auch als
Santa Claus, Father Christmas, Saint
Nicholas und Kris Kringle bekannt)
bringt nur denen etwas, die artig waren!
Die Mitglieder des britischen Unterhauses
werden, so fürchte ich, am
25. Dezember leere Socken vorfinden.
Ehre wem Ehre gebührt, der Weihnachtsmann
macht es wirklich allen
gerne Recht, aber gesagt sei, dass der
lustige, dicke Mann mit dem langen,
weißen Bart durchaus ein Pragmatiker
ist. Beweis dafür ist das Protokoll eines
Gesprächs, das letztes Jahr in Harrod’s
stattgefunden haben soll:
Weihnachtsmann:
Na, junger Mann (Anmerkung:
Er hatte seine Brille gerade nicht
auf), was wünschst Du Dir zu
Weihnachten?
Ich: Einen Porsche 911 Turbo.
W.: Also wirklich… Du musst schon
etwas realistischer sein.
Ich: Also, dann wünsch ich mir, dass
das mit dem Brexit bald vorbei
ist.
W.: (nach kurzem Nachdenken): Welche
Farbe soll der Porsche haben?
Am 5. November 1605 versuchte eine
Gruppe katholischer Staatsfeinde, das
britische Parlament zu sprengen. Ziel
des geplanten Attentats waren der
protestantische König von England,
Jakob I., seine Würdenträger, die Regierung
und sämtliche Parlamentarier. Einer
der Rädelsführer war Guy Fawkes,
der sich in Spanien im Kampf gegen
Aufrührer als Guido Fawkes einen
Namen gemacht hatte. Er stammte
aus York und soll ein ziemlicher Hitzkopf
gewesen sein. Er wurde gefasst,
vor Gericht gestellt und des Hochverrats
für schuldig befunden. Dem Tod
durch die Hand des Henkers entrann
er durch einen Sprung vom Galgenpodest,
bei dem er sich das Genick
brach. Seitdem feiern die Engländer
Bonfire Night bzw. Guy Fawkes Night.
Es finden Fackelzüge statt, bei denen
eine Guy-Fawkes-Puppe verbrannt
wird, und man genießt Feuerwerke,
denn: „Remember, remember the
fifth of November, gunpowder, treason
and plot!“ Weshalb die Engländer
das Scheitern dieser Verschwörung bis
heute feiern, war mir nie wirklich klar.
Ich nehme an, es ist eine gute Ausrede
für Alkohol und Übermut. Nicht, dass
wir Briten jemals einen besonderen
Anlass dafür benötigen, uns in die
Selbstvergessenheit zu trinken. Dieses
Jahr schwang in der Guy Fawkes Night
jedoch ein Hauch von Ironie mit: Am 6.
November 2019 um 00.01 Uhr Greenwich-Zeit
wurde das Parlament aufgelöst
und die Abgeordneten starteten
in den Wahlkampf für die Wahlen am
12. Dezember. 414 Jahr später gibt es
statt Schießpulver also Wahlurnen.
Seit dem EU-Austritts-Referendum im
Juni 2016 ist die Wahrscheinlichkeit einer
Parlamentswahl immer mehr gestiegen.
Als Jeremy Corbyn schließlich
dem Druck innerhalb seiner eigenen
Partei und dem Drängen von Bürgern
im ganzen Land nachgegeben hat,
war die Auflösung des Parlaments unvermeidlich.
Die Frage, ob sich der 12.
Dezember als entscheidend erweisen
wird, oder nicht, bleibt abzuwarten. Ich
schreibe diese Ausgabe der Last Words
im November und meine Kristallkugel
ist auch nicht zuverlässiger als die Ihre.
Allerdings scheint eine Rede, die Winston
Churchill im November 1942 vor
dem britischen Unterhaus gehalten
hat, auch auf den Brexit im November
des Jahres 2019 anwendbar. Nach einer
erfolgreichen Schlacht in Nordafrika
betonte Churchill damals: „Das ist
nicht das Ende. Nun, es ist nicht einmal
der Anfang vom Ende, aber es ist
vielleicht das Ende vom Anfang.“ Das
Ergebnis der Parlamentswahlen wird
wohl den Ausschlag über den Anfang
oder das Ende des Brexit geben. Ich
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