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Architekt einzuschlagen, während Ottilia die
Erziehung eines Mädchens aus gutem Hause
erhielt, erst in einem Internat in Horgen,
dann an der Frauenarbeitsschule in Bern und
schließlich in einem Pensionat in Lausanne.
OTTILIAS LEBEN ZWISCHEN STAMPA,
MALOJA UND GENF
Ottilia, die eine gute Schneiderin und geschickt
am Webstuhl war – eine Beschäftigung,
der viele Frauen im Bergell nachgingen
– sammelte Arbeitserfahrungen in Paris,
Ascona und Chur. Ihr Vorbild war die Mutter,
eine praktisch veranlagte, tiefgläubige Frau.
Da Ottilia bei ihren Eltern lebte, begleitete
sie diese oft auf ihren Reisen. In Maloja begegnete
sie Francis Berthoud, einem Genfer
Arzt, der ein passionierter Bergfreund und
Kunstliebhaber war, und verliebte sich in
ihn. Das Paar heiratete am 22. März 1933 in
Maloja und zog nach Genf. Dieser Moment
des Glücks endete abrupt durch den plötzlichen
Tod Giovannis im Juni 1933. Im März
1934 begaben sich Ottilia und Francis anlässlich
ihres ersten Hochzeitstags auf eine
Mittelmeer-Kreuzfahrt, die sie nach Italien,
Griechenland und Ägypten führte. Im März
1937 traf die frohe Nachricht ein, dass Ottilia
ein Kind erwartete, und alle sahen freudig
dem Tag der Geburt entgegen. Am 10.
Oktober, an Albertos Geburtstag, wurde zur
großen Freude aller Silvio Berthoud geboren.
Die von der Geburt erschöpfte Ottilia starb
jedoch einige Stunden später. Ihr Tod war
eine Tragödie für die Familie, aber da war
Silvio, ein neugeborenes Menschenwesen,
das Zuwendung brauchte. Annetta verließ
sogleich ihr Tal, um in Genf zu leben und
ihren Enkel aufzuziehen.
Giovanni Giacometti, Kniender Kinderakt von
vorn. Ottilia, 1911Holzschnitt, 24,9 x 20,1 cm-
Kunsthaus Zürich, Legat Bruno Giacometti, 2012
BILDNISSE DER FAMILIE
Giovanni weist eine besondere Sensibilität
in den Bildnissen seiner Kinder auf; er be-
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