02.01.2020 Aufrufe

prima! Magazin – Ausgabe Jänner 2020

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

REPORTAGE LIEBHABERBÜHNE

Wenn die Lichter ausgehen und das

Stück beginnt, sind alle gespannt. Das

Publikum freut sich auf das Dargebotene,

aber auch die 15 Mitglieder der Liebhaberbühne

selbst. Diese sind gut durchmischt.

Alle verbindet die Liebe zum Theater und die

Spielfreude. Im Leben außerhalb der Bühne

sind sie Angestellte und Schüler, Pensionisten

und Freiberufler, keine Schauspieler. Nur

für die jeweils vier Vorstellungen pro Jahr

spielen sie vor Publikum, da mischt sich in die

Vorfreude auch etwas Aufregung. Olga Seus

Mehr dazu

auf unserer

Website!

Rubrik: Reportage

Foto oben: Die aktuelle Besetzung der

Liebhaberbühne (2018) – im gelben

Kleid Obfrau Manuela Benc.

Kleines Foto rechts: Ein Archivbild aus

früheren Zeiten: 1949, „s’Mutterl“

Foto © Foto Toth

Foto © Foto zVg

Bretter, die die Welt bedeuten

Vor bereits 100 Jahren wurde

der Verein auf Antreiben des

Lehrers Gustav Panitschek von

namhaften Bürgern Hartbergs

gegründet, darunter

lokale Berühmtheiten wie Dr.

Poleschinski oder Max Rieger.

Anfangs war das Repertoire

sehr gemischt, immerhin wurden

bis zu sechs verschiedene

Stücke pro Jahr gespielt. Das

in der Zeit berühmteste Stück

war „s‘Nullerl“, ein sozialkritisches

Drama. Vier mal – 1923,

1946, 1969 und 1980 – hatte es

die Liebhaberbühne auf dem

Spielplan, insgesamt 25 mal

wurde es hier gespielt. Während

des Zweiten Weltkrieges bzw.

ab 1938 pausierte die Gruppe,

machte aber bereits 1946 wieder

weiter. Von 1950-1969 folgte

eine Vereinspause, in der jedoch

teilweise unter dem Namen

„Heimkehrer-Bühne“ weitergespielt

wurde.

Gespielt wird für den

guten Zweck

In den letzten Jahrzehnten hat

man sich für das nunmehr nur

noch eine Stück pro Jahr auf

Komödien spezialisiert, die

haben einen höheren Zulauf,

und wie Obfrau Manuela Benc

sagt: „Das Leben ist tragisch

genug. Da freut es uns, wenn die

Leute mit lachendem Gesicht

aus unserer Aufführung kommen

und den Alltag vergessen

können.“

Gleichgeblieben ist über all die

Jahre wechselhafter Geschichte

jedoch immer eines: Die Liebhaberbühne

ist gemeinnützig,

spielt ausschließlich für den

guten Zweck. Das sind Projekte

der Region, die von der Gruppe

vor den Aufführungen ausgewählt

werden. Dafür muss gut

gehaushaltet werden. Schließlich

soll eine Saalmiete gezahlt

werden, Requisiten werden von

der Truppe selbst gefertigt, Kostüme

kommen zumeist aus eigenen

Kleiderschränken, und was

viele vielleicht nicht wissen, für

jedes Stück sind Aufführungsrechte

an die jeweiligen Autoren

zu zahlen. Einnahmen kommen

durch Eintrittskarten, einen

Stand am Hartberger Weihnachtsmarkt

und das Buffet zu

den Aufführungen herein. Alles

wird selbst bestückt und selbst

verkauft.

Wie eine Geburt

Gerade ist Probe. Heute ist

der dritte Akt neu hinzugekommen.

Noch ist nicht jede

Geste, jeder Einsatz eingespielt.

Alles muss erarbeitet werden.

Oft auch über das eigentliche

Stück hinaus. Hat jemand eine

gute Idee zur Ergänzung oder

Aktualisierung, so wird dies

gerne eingebaut. Damit kann

man auch Bezug auf Hartberg

nehmen oder Besonderheiten

der Bühne einbauen. Das

ganze Ensemble kann sich hier

einbringen. Schließlich ist das

Stück eine Gemeinschaftsarbeit.

„Das ist ein bißchen

wie eine Geburt“, verrät die

Obfrau. „Am Anfang sind das

nur schwarze Buchstaben auf

einem Stück Papier in einem

Buch, und dann wird das Ganze

immer lebendiger. Und am

Ende ist es immer ein tolles,

lustiges Stück!“

Fünf Monate im Voraus wird

mit den Proben begonnen. Zuerst

müssen die Rollen verteilt

werden. Dann wird das Stück

Szene für Szene durchgegangen.

Zweitbesetzung gibt es keine,

also „Krankwerden zur Aufführung

gibt es bei uns nicht.“

Nur einmal, da lag die männliche

Hauptrolle im Krankenhaus,

da sprang einer aus dem

Hintergrund mit dem Textbuch

ein. „Wir haben das am

Anfang dem Publikum erklärt,

aber ausfallen lassen wollten

wir es auch nicht. Und das Publikum

hat super reagiert. Dass

wir trotzdem weitergemacht

haben, kam bei allen gut an.“

Das Jubiläumsstück

„Wir schauen immer nach Stücken,

die lustig sind, aber einen

unvorhersehbaren Schluss haben,

dass es auch ein bißchen

spannend bleibt“, so Manuela

Benc, die die Auswahl trifft.

Dieses Jahr steht „Reset. Alles

auf Anfang“, ein Stück von

Roman Frankl und Michael

Niavarani auf dem Programm.

Ein Titel wie gemacht für ein

Jubiläum. Zwar mag bei der

Liebhaberbühne nicht alles

auf Anfang sein, doch erfindet

sie sich stets aufs Neue, und

Schluss ist nach 100 Jahren

sicherlich noch lange nicht.

38 JÄNNER 2020

www.prima-magazin.at

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!