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information & wissenschaft<br />
Das kontroverse Thema:<br />
Versuche mit Tieren, an Tieren, für Tiere<br />
DIE GROSSE BANDBREITE TIEREXPERIMENTELLER FORSCHUNG IST KAUM<br />
JEMANDEM BEWUSST<br />
Thomas Kolbe<br />
Fachwissenschaftler<br />
für Versuchstierkunde,<br />
Ao. Prof. für die<br />
Service-Plattform<br />
Biomodels Austria<br />
Veterinärmedizinische<br />
Universität Wien<br />
Wenn man an Tierversuche<br />
denkt, kommen einem sofort<br />
Bilder aus dem Internet von<br />
Katzen und Affen mit lauter<br />
Elektroden im Kopf in den Sinn.<br />
Aber auch das Anbringen von Sendern<br />
an Fischen ist ein Tierversuch. Dabei<br />
sammeln Fischkundler nicht nur Daten<br />
zum Schutz der Fischbestände, sondern<br />
Informatiker und Verhaltensforscher erkunden<br />
das Schwarmverhalten. Das lässt<br />
sich gut auf das Verhalten von Menschenmassen<br />
übertragen. Diese Erkenntnisse<br />
werden mit Architekten zusammen<br />
für den Bau von Fußballstadien oder mit<br />
Rettungsdiensten für die Organisation<br />
von Großveranstaltungen genutzt, damit<br />
Unglücke wie bei der Love Parade in<br />
Duisburg nicht noch einmal passieren.<br />
Andere Tierversuche dienen der Entwicklung<br />
von Impfstoffen gegen Spulwürmer<br />
bei Schweinen. Die Zunahme von<br />
Outdoor-Haltung bei Schweinen lässt<br />
den Befall mit Spulwürmern bei Schweinen<br />
auf 20-40% in Deutschland und<br />
über 70% in Dänemark steigen. Diese<br />
Spulwürmer sind denen des Menschen<br />
sehr ähnlich. In Asien, Afrika und<br />
Südamerika sind 1,6 Mrd. Menschen<br />
von Spulwürmern befallen, fast 20%<br />
der Weltbevölkerung. Mit der Folge<br />
drastischer Entwicklungsstörungen<br />
vor allem bei Kindern. Ein<br />
an Schweinen entwickelter<br />
und erprobter<br />
Impfstoff wäre mit geringen<br />
Modifikationen<br />
also auch sehr gut<br />
für den Menschen<br />
geeignet.<br />
Fotos © pixabay.com<br />
Ein anderes Einsatzgebiet tierexperimenteller<br />
Forschung ist die Entwicklung<br />
neuer Impfstoffe für Tiere. Vor einigen<br />
Jahren ist in Deutschland ein neuer<br />
Virus aufgetaucht, der befallene Rinder<br />
tötet: Der Schmallenberg-Virus. Benannt<br />
nach dem Ort des ersten Auftretens in<br />
Deutschland. Ohne die Entwicklung<br />
eines Impfstoffes werden die befallenen<br />
Rinder getötet werden müssen oder<br />
elend sterben. Man kann natürlich<br />
abwarten, bis die Natur eine natürliche<br />
Resistenz bei einigen Rindern durch eine<br />
spontane Mutation bildet und diese wenigen<br />
resistenten Rinder dann weltweit<br />
alle anfälligen Rinder ersetzt haben.<br />
Aber das dauert lange…<br />
Wenn wie in den Niederlanden ein<br />
kompletter Ausstieg aus allen gesetzlich<br />
erforderlichen Tierversuchen gefordert<br />
wird (die z.B. als Qualitätskontrolle bei<br />
der Produktion von Impfstoffen und<br />
Medikamenten vorgeschrieben sind),<br />
dann sollten wir uns der weitreichenden<br />
Konsequenzen für die Gesundheit von<br />
Mensch und Tier und vieler anderer<br />
Auswirkungen bewusst sein.<br />
Vielleicht sind streng kontrollierte Tierversuche<br />
durch sachkundige Personen<br />
dann doch das geringere Übel?!<br />
INFO<br />
https://www.tierversuche-verstehen.de/<br />
https://bmbwf.gv.at/forschung/national/<br />
forschungsrecht/tierversuche/nichttechnische-projektzusammenfassungenveroeffentlichung-gemaess-tierversuchsgesetz-2012/