Campuls - Konstanzer Studi-Magazin WiSe19/20 #2
Wintersemester 2019/20 Ausgabe 02 Radio Free Europe Ein Kampf gegen die Zensur HSG Arbeiterkind Von den Ersten in ihren Familien, die den Sprung an die Hochschule wagen Der "Mädelstreff" in Konstanz Ein Integrationsprojekt des Malteser Hilfsdienstes
Wintersemester 2019/20
Ausgabe 02
Radio Free Europe
Ein Kampf gegen die Zensur
HSG Arbeiterkind
Von den Ersten in ihren Familien, die den Sprung an die Hochschule wagen
Der "Mädelstreff" in Konstanz
Ein Integrationsprojekt des Malteser Hilfsdienstes
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KULTUR
ein platz in sicherheit
Der „Mädelstreff“ in Konstanz. Ein Integrationsprojekt des Malteser Hilfsdienstes
28
Es ist Samstag, 15:00 Uhr in Konstanz. Für rund 20
geflüchtete und deutsche Mädchen im Alter zwischen 13
und 18 Jahren bedeutet das: „Mädelstreff“. Heute steht, wie
an jedem zweiten Wochenende, das „Lerncafé“ auf dem
Programm. Hier treffen sich die Mädchen gemeinsam mit
Ehrenamtlichen, darunter hauptsächlich Studentinnen, um
sich auszutauschen und für die Schule zu lernen.
Der Mädelstreff findet in einem kleinen aber sehr sicher
wirkenden Raum statt. Dieses Gefühl entsteht vor allem
dadurch, dass er abgelegen von der Straße ist und somit
frei vom Lärm des Verkehrs. Es herrscht hektisches Treiben
und nach und nach kommen immer mehr Mädchen dazu,
die sehr freundlich und neugierig in die Runde blicken. Nach
einer Weile sitzen alle um einen großen Tisch, an dem Silvia
Baumann die „Befindlichkeitsrunde“ einleitet. Sie ist eine
der Gründerinnen des Mädelstreff, die das Projekt hauptamtlich
begleitet. Jetzt haben die Mädchen die Chance, zu
erzählen, wie sie sich fühlen, was sie beschäftigt und wie ihre
Woche war. Wie aus späteren Gesprächen ersichtlich wird,
schätzen die Mädchen diese Runde sehr. „Wir dürfen ehrlich
sein“, erzählt Sara, ein 13-jähriges Mädchen aus Syrien. Kurz
darauf teilen sich alle in kleinere Gruppen auf, geleitet von
jeweils einer Studentin, die den Mädchen bei ihren Hausaufgaben
hilft.
Im Jahre 2016, nachdem die Bundesregierung mit
der Bitte, Integrationsprojekte zu fördern, auf die Malteser
zukam, hat sich Silvia Baumann zunächst gefragt,
wo es Bedarf geben könnte. Sie wusste zwar schon von
vielen Angeboten für junge Männer, insbesondere im
Bereich Sport, ein Angebot für junge Frauen war aber nicht
bekannt. Daraufhin hat sie sich an die Organisation „Save
me“ gewandt, die sich um die Unterstützung und Integration
von Geflüchteten in Konstanz kümmert.
Auch hier herrschte schnell Einigkeit: Für junge Mädchen
und Frauen müsse etwas getan werden. Bei „Save me“
kam diese Idee von Marion Woelki, die außerdem das Referat
für Gleichstellung, Familienförderung und Diversity an
der Universität leitet.
Erste Vorstellungen über inhaltliche Themen, über
die die Gründerinnen mit den Mädchen sprechen wollten,
drehten sich vorwiegend um Gender-Themen und
„Empowerment“. „Doch wir kamen schnell auf den Boden
der Tatsachen zurück“, erklärt Silvia Baumann. Für diese
Themen war es viel zu früh. Man müsse erstmal mit den
Basics anfangen. „Wie fährt man Bus?“, „Was ist eine Bibliothek?“
und besonders wichtig: „Was für Schultypen gibt es?“
Schwierig war zu Beginn des Projekts auch der Umgang mit
den Müttern. Diese wollten häufig nicht, dass die Mädchen
alleine das Haus verlassen, daher mussten sie zu den Treffen
mit eingeladen und vor allem einbezogen werden. Das
wurde den Vorstellungen der Gründerinnen nicht gerecht,
weil statt der Mädchen plötzlich die Mütter im Vordergrund
standen. So kam es 2016 zu einem Neustart und nach einem
Aufnahmestopp im Frühling diesen Jahres besteht der Mädelstreff
nun aus zwei unterschiedlichen Gruppen. Mädchen
von 12 bis 17 Jahren und Mädchen ab 17 Jahren, dem
sogenannten „Young Women’s Club“. „Wenn die Mädchen
älter werden, entstehen plötzlich andere Themen, die mit
einer 13-Jährigen zum Beispiel nicht besprochen werden
können“, so Silvia Baumann.
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