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Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel

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ARENA

planet toys

MEHR KONTROLLE

FÜR PLATTFORMEN?

»Der nächste Skandal ist vorhersehbar,

da es Plattformen

zu leicht gemacht wird, alle

Sicherheitsrichtlinien zu

umgehen und nicht verkehrsfähige

Produkte in

Massen zu verkaufen.«

MICHAEL FUCHS,

CEO ROFU Kinderland

»Die Forderung nach einem

„Level Playing Field“,

also gleichen Spielregeln

für alle, ist eine

Kernforderung unserer

Branche.«

CHRISTOPH WENK-FISCHER,

Hauptgeschäftsführer bevh

JA!

Das Endspiel der Plattformen hat begonnen und so, wie es

aktuell aussieht, wird der Wettbewerb nicht über bessere

Produkte oder das Einkaufserlebnis geführt, sondern über

fehlenden Verbraucherschutz und das Ignorieren von Gesetzen

und Richtlinien. Die hohen Sicherheitsanforderungen

für Spielwaren dürften jedem im Markt hinreichend

bekannt sein. Die Aushöhlung der Marktüberwachung und

das Ignorieren von Sicherheitsvorschriften hat langsam

begonnen, z. B. damit, dass in den Amazon FBA Lagern

bei gelagerten Waren von Händlern aus Drittstaaten keine

Produktproben gezogen werden dürfen. Die nächste Stufe

der Umgehung der Produktverantwortung von Plattformen

wie Wish, Joom und Alibaba ist der Versand von außerhalb

der EU. Da diese Plattformen keine Zahlen veröffentlichen,

ist die rasende Entwicklung der Plattformen und des Handelsvolumens

noch von zu vielen Teilnehmern unbemerkt.

Der Bau des 220.000 m 2 großen Lagers von Alibaba sowie

aktuell täglich eine halbe Million E-Commerce-Sendungen

alleine am Zoll des Frankfurter Flughafens sollte jedem zu

denken geben. Noch erschreckender wird es, wenn der notwendige

Gesetzesvorstoß zur Plattformhaftung aus Bayern

vom Bundesrat abgelehnt wird mit der Begründung, dass

die EU ja vielleicht etwas in zwei Jahren beschließen könnte.

Der nächste Skandal ist vorhersehbar, da es Plattformen

zu leicht gemacht wird, alle Sicherheitsrichtlinien zu

umgehen und nicht verkehrsfähige Produkte in Massen zu

verkaufen. Die neuen Regelungen zur Mehrwertsteuerabführung

zeigen nur die Spitze des erkennbaren Eisbergs.

Im Moment kann man den Eindruck gewinnen, dass die

Marktüberwachung der Länder nur für die wenigen verbliebenen

stationären Geschäfte gilt. Online ist weiterhin

unbekanntes „Neuland“. Es würde mich freuen, wenn jeder

bei seinem Landes-Verbraucherschutzministerium sowie

im Bund nachfragen könnte, wie der Umgang mit nicht verkehrsfähigen

Produkten auf Plattformen gesehen wird und

wie bezüglich Plattformhaftung abgestimmt wurde.

Nein!

Der E-Commerce erzielte 2019 einen Rekordumsatz von

rund 70 Milliarden Euro. Dafür ist Reichweite entscheidend.

Die erlangt man als Online-Händler neben dem eigenen

Shop maßgeblich über einen oder mehrere Online-Marktplätzen.

Schon heute erfolgt der Online-Handel bereits zu

rund 50 Prozent über solche Infrastrukturen. Sie bieten

zudem die Möglichkeit, international zu expandieren. Da

deutsche Händler zum Teil hohe Beträge für die Prüfung

und Zertifizierung ihrer Produkte aufwenden, ist die Forderung

nach einem „Level Playing Field“, gleichen Spielregeln

für alle, eine Kernforderung unserer Branche. Hauptaufgabe

von Marktplatzbetreibern ist es, eine funktionsfähige,

rechtskonforme Infrastruktur bereitzustellen und dabei

auch Wege zu schaffen, gegen Verstöße vorzugehen. Unter

bestimmten Voraussetzungen sind sie heute schon verpflichtet,

tätig zu werden, um rechtswidrige Tätigkeiten zu

verhindern oder abzustellen. Hierzu haben sie ein sogenanntes

„Notice-and-take-down“-Verfahren eingeführt, mit

dem angezeigte Rechtsverstöße schnell und effektiv geprüft

und beseitigt werden. Da die Akzeptanz und Reputation eines

Marktplatzes durch Betrug und vorsätzliche Schädigung

von wenigen „schwarzen Schafen“ am meisten leiden

würden, haben die Betreiber selbst ein großes eigenes Interesse

daran, rechtswidrige Angebote zu löschen. Marktplatzbetreiber

bekommen die Ware nicht immer zu Gesicht,

sodass für sie eine Überprüfung aller Produkte unmöglich

ist. Dies ist auch nicht geboten. Deutschland verfügt bei der

Rechtsdurchsetzung gerade im Import über ein vielschichtiges

System. Dazu gehören u.a. hoheitliche Strukturen, die

die Einhaltung geltenden Rechts überwachen. Es liegt im

Ermessen der Behörden, ob und in welchem Umfang sie

Angebote auf Plattformen kontrollieren und Stichproben

nehmen. Dass sie dazu personell und mit einer modernen

IT ausgestattet sein müssen, versteht sich von selbst. Wo

dies nicht der Fall ist, darf der Staat aber nicht seine hoheitlichen

Aufgaben auf die Wirtschaftsakteure abwälzen.

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