12ARENAplanet toysMEHR KONTROLLEFÜR PLATTFORMEN?»Der nächste Skandal ist vorhersehbar,da es Plattformenzu leicht gemacht wird, alleSicherheitsrichtlinien zuumgehen und nicht verkehrsfähigeProdukte inMassen zu verkaufen.«MICHAEL FUCHS,CEO ROFU Kinderland»Die Forderung nach einem„Level Playing Field“,also gleichen Spielregelnfür alle, ist eineKernforderung unsererBranche.«CHRISTOPH WENK-FISCHER,Hauptgeschäftsführer bevhJA!Das Endspiel der Plattformen hat begonnen und so, wie esaktuell aussieht, wird der Wettbewerb nicht über bessereProdukte oder das Einkaufserlebnis geführt, sondern überfehlenden Verbraucherschutz und das Ignorieren von Gesetzenund Richtlinien. Die hohen Sicherheitsanforderungenfür Spielwaren dürften jedem im Markt hinreichendbekannt sein. Die Aushöhlung der Marktüberwachung unddas Ignorieren von Sicherheitsvorschriften hat langsambegonnen, z. B. damit, dass in den Amazon FBA Lagernbei gelagerten Waren von Händlern aus Drittstaaten keineProduktproben gezogen werden dürfen. Die nächste Stufeder Umgehung der Produktverantwortung von Plattformenwie Wish, Joom und Alibaba ist der Versand von außerhalbder EU. Da diese Plattformen keine Zahlen veröffentlichen,ist die rasende Entwicklung der Plattformen und des Handelsvolumensnoch von zu vielen Teilnehmern unbemerkt.Der Bau des 220.000 m 2 großen Lagers von Alibaba sowieaktuell täglich eine halbe Million E-Commerce-Sendungenalleine am Zoll des Frankfurter Flughafens sollte jedem zudenken geben. Noch erschreckender wird es, wenn der notwendigeGesetzesvorstoß zur Plattformhaftung aus Bayernvom Bundesrat abgelehnt wird mit der Begründung, dassdie EU ja vielleicht etwas in zwei Jahren beschließen könnte.Der nächste Skandal ist vorhersehbar, da es Plattformenzu leicht gemacht wird, alle Sicherheitsrichtlinien zuumgehen und nicht verkehrsfähige Produkte in Massen zuverkaufen. Die neuen Regelungen zur Mehrwertsteuerabführungzeigen nur die Spitze des erkennbaren Eisbergs.Im Moment kann man den Eindruck gewinnen, dass dieMarktüberwachung der Länder nur für die wenigen verbliebenenstationären Geschäfte gilt. Online ist weiterhinunbekanntes „Neuland“. Es würde mich freuen, wenn jederbei seinem Landes-Verbraucherschutzministerium sowieim Bund nachfragen könnte, wie der Umgang mit nicht verkehrsfähigenProdukten auf Plattformen gesehen wird undwie bezüglich Plattformhaftung abgestimmt wurde.Nein!Der E-Commerce erzielte 2019 einen Rekordumsatz vonrund 70 Milliarden Euro. Dafür ist Reichweite entscheidend.Die erlangt man als Online-Händler neben dem eigenenShop maßgeblich über einen oder mehrere Online-Marktplätzen.Schon heute erfolgt der Online-Handel bereits zurund 50 Prozent über solche Infrastrukturen. Sie bietenzudem die Möglichkeit, international zu expandieren. Dadeutsche Händler zum Teil hohe Beträge für die Prüfungund Zertifizierung ihrer Produkte aufwenden, ist die Forderungnach einem „Level Playing Field“, gleichen Spielregelnfür alle, eine Kernforderung unserer Branche. Hauptaufgabevon Marktplatzbetreibern ist es, eine funktionsfähige,rechtskonforme Infrastruktur bereitzustellen und dabeiauch Wege zu schaffen, gegen Verstöße vorzugehen. Unterbestimmten Voraussetzungen sind sie heute schon verpflichtet,tätig zu werden, um rechtswidrige Tätigkeiten zuverhindern oder abzustellen. Hierzu haben sie ein sogenanntes„Notice-and-take-down“-Verfahren eingeführt, mitdem angezeigte Rechtsverstöße schnell und effektiv geprüftund beseitigt werden. Da die Akzeptanz und Reputation einesMarktplatzes durch Betrug und vorsätzliche Schädigungvon wenigen „schwarzen Schafen“ am meisten leidenwürden, haben die Betreiber selbst ein großes eigenes Interessedaran, rechtswidrige Angebote zu löschen. Marktplatzbetreiberbekommen die Ware nicht immer zu Gesicht,sodass für sie eine Überprüfung aller Produkte unmöglichist. Dies ist auch nicht geboten. Deutschland verfügt bei derRechtsdurchsetzung gerade im Import über ein vielschichtigesSystem. Dazu gehören u.a. hoheitliche Strukturen, diedie Einhaltung geltenden Rechts überwachen. Es liegt imErmessen der Behörden, ob und in welchem Umfang sieAngebote auf Plattformen kontrollieren und Stichprobennehmen. Dass sie dazu personell und mit einer modernenIT ausgestattet sein müssen, versteht sich von selbst. Wodies nicht der Fall ist, darf der Staat aber nicht seine hoheitlichenAufgaben auf die Wirtschaftsakteure abwälzen.
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