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ME2BE CAMPUS 2019/02

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Nelly Oelze ist Professorin für Betriebswirtschaft, Marketing und Supply

Chain Management an der Hochschule Flensburg. Studiert hat sie

European Business in Cambridge, Berlin und Groningen. Ihr Wechsel in

die Wirtschaft führte sie unter anderem ins Key Account Management

eines großen deutschen Medienunternehmens. 2014 promovierte sie zum

Thema „Nachhaltige Lieferketten“. Bevor sie im Sommersemester 2018

ihre Professur an der Hochschule Flensburg antrat, lehrte und forschte

die 40-jährige Hamburgerin an der Leibniz-Universität Hannover. In

Flensburg lehrt sie im Studiengang Betriebswirtschaft (B.A.) mit den

Schwerpunkten Marketing und Operations & Supply Chain Management.

Prof. Dr. rer. pol. Nelly Oelze

Hallo, Frau Professorin Oelze. Seit dem

Sommersemester 2018 verstärken Sie den

Fachbereich Wirtschaft an der Hochschule

Flensburg. Haben Sie sich eingelebt?

Ja, auf dem Campus finde ich mich schon gut

zurecht. Allerdings bin ich noch nicht dazu

gekommen, mein Büro optimal einzurichten.

Wie empfinden Sie die Atmosphäre an der

Hochschule?

Die Atmosphäre empfinde ich als sehr persönlich.

Es gibt hier einen schönen Zusammenhalt.

Der Campus ist großartig! Hier kann man

wunderschön spazieren gehen, und wenn ich

aus dem Fenster schaue, sehe ich Kaninchen

durch das Gras hoppeln. Herrlich!

Sie haben nach ihrem Studium bei einem

weltweit tätigen Konzern im Management

gearbeitet. Wann entschieden Sie sich, an

einer Hochschule forschen und lehren zu

wollen?

Als ich festgestellt habe, dass ich verschiedene

Entscheidungen des Unternehmens

ethisch nicht mittragen kann. Im Einkauf des

Unternehmens wurde ausschließlich der Preis

priorisiert, und in Personal angelegenheiten

konnte ich selten angemessene Gehälter

durchsetzen. An diesem Punkt entschied ich

mich, das Unternehmen zu verlassen.

Als Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

widmen Sie sich unter

anderem dem Thema ‚nachhaltige Lieferketten’.

Was wird damit beschrieben?

Der Fachbegriff ‚nachhaltige Lieferketten‘

meint, dass die mit der Wertschöpfung von

Unternehmen verbundenen ökologischen und

sozialen Herausforderungen nicht allein, sondern

nur entlang der gesamten Lieferkette

gelöst werden können.

Die Realität sieht oft anders aus. Noch

immer lassen manche Unternehmen ihre

Waren unter fragwürdigen Bedingungen im

Ausland produzieren und geben vor, dafür

nicht verantwortlich zu sein. Wie lässt sich

das ändern?

Indem wir Unternehmen noch stärker in die

Verantwortung nehmen und bewusst machen,

dass Ökologie, Ökonomie und Soziales keine

Gegensätze sein müssen. Stehen diese drei

Aspekte im Einklang, wird daraus wahrscheinlich

ein nachhaltiger wirtschaftlicher

Erfolg entstehen. Viele Firmen beschäftigen

sich mittlerweile mit Nachhaltigkeitsstrategien.

Ein weiteres Thema, mit dem Sie sich

intensiv beschäftigen, ist ‚Ethischer Konsum’.

Verbraucher können Einfluss nehmen,

wenn sie nachhaltig produzierte Waren

kaufen? Ist doch ganz einfach, oder?

Theoretisch schon, aber Verbraucher verfügen

über zu wenig Informationen. Wenn

Sie in einem Discounter zwei T-Shirts für 1

Euro erwerben, können Sie davon ausgehen,

dass diese Ware nicht nachhaltig produziert

wurde. Im Umkehrschluss haben Sie beim

Kauf eines vierzig Euro teuren Designer-Shirts

keine Nachhaltigkeitsgarantie. Nur wenige

Unternehmen kommunizieren transparent

über ihre Lieferketten und noch zu wenige

Verbraucher interessieren sich dafür. Außerdem

existieren unterschiedliche ethische

Überzeugungen. Was ist ethischer? Der Kauf

von Bio-Lebensmitteln oder von Produkten

regionaler Erzeuger? Ein weiterer Aspekt ist,

dass wir mehrheitlich noch mit einer Schere

im Kopf konsumieren. Wir verstehen zwar die

Notwendigkeit nachhaltiger Produktion, richten

unsere Kaufentscheidung allerdings noch

zu oft nur am Preis aus.

Wie lassen sich solche Themen praxisnah

studieren?

Indem wir mit Studierenden regelmäßig

Unternehmen besuchen und uns Lieferketten

anschauen oder Projekte anbieten, in

denen sich Studierende über einen längeren

Zeitraum mit der Thematik befassen können.

Durch diese praktischen Erfahrungen in realen

Projekten erleben die Studierenden hautnah,

wie gezielte wirtschaftliche Fragestellungen

umgesetzt werden. Anstatt Unternehmen nur

theoretisch zu untersuchen, geht es darum,

vor Ort selbst zu erleben, wie schwierig es ist,

bestimmte Nachhaltigkeitsstandards entlang

von Wertschöpfungsprozessen zu implementieren.

Die Bewegung ‚Fridays for Future’ fordert

ein schnelles Umdenken in Umwelt- und

Klimaschutzfragen. Haben Sie die Hoffnung,

dass Ihre Studierenden das irgendwann

umsetzen können?

Ja, die habe ich. Junge Generationen

beschäftigen sich heute bereits frühzeitig

mit ‚Work-Life-Balance’ und ganzheitlichen

Lebensentwürfen. Da ändert sich etwas im

Denken und Handeln. Viele wollen tendenziell

wieder stärker mit der Natur im Einklang

leben, bewusste Kaufentscheidungen treffen,

weniger Müll produzieren und Waren öfter

tauschen.

Vielen Dank für das Gespräch. Wo kann ich

den Kaffeebecher entsorgen?

Einfach stehenlassen! Ich werde ihn auswaschen

und wiederverwenden.

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