Berliner Zeitung 05.02.2020
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 30 · M ittwoch, 5. Februar 2020 – S eite 24<br />
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Panorama<br />
LEUTE<br />
NACHRICHTEN<br />
Madonna (61) fürchtet sich nicht vor<br />
dem feuchtfröhlichenVollkontakt mit<br />
ihrem Publikum. Beieinem Konzert<br />
im Londoner Palladium rückte die<br />
Sängerin jetzt einem französchen Fan<br />
besonders nah auf die Pelle: Siestieg<br />
die Bühne herab,drängte sich neben<br />
den Mann auf den Stuhl, nahm ihm<br />
die Bierflasche aus der Hand, genehmigte<br />
sich einen kräftigen Schluck<br />
und gurgelte sodann die französische<br />
Nationalhymne.Soist’s auf einemVideo<br />
zu sehen und, wohlgemerkt, zu<br />
hören, das Madonna auf Instagram<br />
postete.Dabei erfahren wir auch,<br />
dass sich die Amerikanerin vortrefflich<br />
aufs Parlieren in Französisch versteht.<br />
Unddass sie bemerkt, wie ihr<br />
Witz falsch verstanden werden<br />
könnte,schließlich vergreift sich die<br />
Gurgelei nicht nur an einem nationalen<br />
Kulturgut ersten Ranges,sondern<br />
ist mit ihrer bierhaltigen Unterlegung<br />
auch ein Affront gegen die große<br />
Wein-und-Cuisine-Nation. Undso<br />
folgen eine Entschuldigung sowie ein<br />
pflichtschuldiges Bekenntnis:„Ich<br />
liebe die Franzosen. Meine Kinder gehen<br />
auch auf eine französische<br />
Schule und sprechen Französisch.<br />
Undich liebe Baguette!“<br />
Lady Gaga (33) hat sich womöglich<br />
neu verliebt, überschlägt sich gerade<br />
der Boulevard. Okay,wir sind dabei:<br />
Am Sonntag wurde die Sängerin beim<br />
Superbowl in Miami mit einem feschen<br />
Kerl an ihrer Seite und Hand in<br />
Hand gesehen. Nunveröffentlichte<br />
die Amerikanerin auch noch ein Foto<br />
auf Instagram, das sie,offenbar auf einer<br />
Jacht, innig umschlungen mit<br />
eben jenem Herren zeigt. Dazu<br />
schrieb sie:„Wir hatten so viel Spaß in<br />
Miami. Ichsende Liebe an all meine<br />
kleinen Monster und Fans,ihr seid<br />
die Besten!“ Undsetzte ein rotes<br />
Herzsymbol hintendran.<br />
JeremyMeeks (35) hat<br />
sein Herz verloren. Und<br />
zwar in Köln: „I love Cologne,especially<br />
the<br />
Dome“, sagte das<br />
amerikanische Model<br />
jetzt am Rande<br />
einer Promi-Party in<br />
der Domstadt. Es sei<br />
unglaublich, dass<br />
der Grundstein für<br />
die weltberühmte<br />
Kirche vorüber 700<br />
Jahren gelegt wurde:<br />
„It’swonderful“. And<br />
so adorable …Halleluja!<br />
(schl.)<br />
Begeistertsich als Amerikaner<br />
für alt-europäische<br />
Dinge.<br />
AFP<br />
TIERE<br />
Nicht gerupft, sondernnoch nicht<br />
flügge –und gerettet. AFP/JUNI KRISWANTO<br />
Sehet, welch ein Geschöpf: ein Furchenhornvogel<br />
(Rhyticeros undulatus)inden<br />
gummihandschuhbewehrten<br />
Händen eines indonesischen<br />
Zollbeamten. Daszur Familie<br />
der Nashornvögel gehörende Tier,<br />
quasi noch ein Baby,wurde gemeinsam<br />
mit Dutzenden anderer,allemal<br />
bedauernswerter Kreaturen in der<br />
Hafenstadt Surabaya beschlagnahmt<br />
und am Dienstag der Öffentlichkeit<br />
vorgeführt. Schande! (schl.)<br />
Untragbar:Magermodels bei Victoria’sSecret im Jahre 2018 bei der alljährlichen Show in NewYork–seitdem fand das Kult-Event nicht mehr statt.<br />
Männerwirtschaft<br />
Nach den Enthüllungen über den Missbrauch bei Victoria’sSecret befindet sich das Label im freien Fall<br />
VonSebastian Moll<br />
Es ist mittlerweile acht Jahre<br />
her, dass sich die NewYorker<br />
Mode-Kolumnistin<br />
Hadley Freeman im Londoner<br />
Guardian in einem vernichtenden<br />
Artikel über Victoria’s Secret äußerte.<br />
Das Frauen-Bild, das von<br />
dem Unterwäsche-Label in seinen<br />
Katalogen und vor allem von seiner<br />
hoffnungslos überschätzten<br />
jährlichen Modeschau ausgehe,so<br />
Freeman damals, sei „beleidigend<br />
rückwärtsgewandt“. Das Marketing<br />
vonVictoria’s Secret sei zudem<br />
vollkommen verlogen. Man verkaufe<br />
die Modeschau als Kulturereignis,<br />
dabei gehe es einzig und alleine<br />
um Sex.Victoria’s Secret sei nichts anderes,<br />
so Freemans Verdikt, als die<br />
mehr oder weniger zeitgenössische<br />
Version der Playboy-Villa.<br />
Nachdem amWochenende nun in<br />
einem langen Artikel der New York<br />
Times die frauenfeindliche Unternehmenskultur<br />
von Victoria’s Secret<br />
und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten<br />
der Markeoffengelegt wurden,<br />
meldete sich Hadley Freeman noch<br />
einmal zu Wort.„Ichkann nicht glauben,<br />
dass es so lange gedauerthat, bis<br />
bei Victoria’s Secret endlich die Dinge<br />
aus dem Ruder laufen.“<br />
„Soft-Porno-Müll“<br />
Für die Journalistin und für viele andere<br />
Beobachterinnen waren die<br />
Meldungen über eine Kultur der systematischen<br />
sexuellen Belästigung<br />
bei dem Dessous-Label keine Überraschung.<br />
Die gesamte Marke habe<br />
auf der Ausbeutung vonMännerfantasien<br />
perfekter junger Frauenkörper<br />
beruht. Freeman bezeichnete<br />
das Image von Victoria’s Secret als<br />
„Soft-Porno-Müll“. Vor allem aber,<br />
dass die verantwortlichen Männer<br />
der Firma, der Besitzer Les Wexner<br />
und sein Marketingchef Ed Razek,<br />
nicht nur nichts gegen den Missbrauch<br />
unternahmen, sondern ihn<br />
auch noch beförderten, sei bekannt<br />
gewesen.<br />
Problematisch ist für Beobachterinnen<br />
wie Freeman auch, dass die<br />
Modebranche so lange diese Kultur<br />
getragen habe.Erst jetzt, im Jahr drei<br />
Als Label für Reizwäsche<br />
und Damen-Unterwäsche<br />
wurde das amerikanische<br />
Unternehmen Victoria’sSecret<br />
1977 gegründet. Weitere<br />
Produktbereiche sind<br />
Nachtwäsche, Oberbekleidung,Bade-<br />
und Sportbekleidung,Schuhe<br />
sowie Kosmetikprodukte.<br />
der Metoo-Bewegung und in der dritten<br />
Woche des Prozesses gegen Harvey<br />
Weinstein, werde endlich genau<br />
hingeschaut, wie es bei dem weltweit<br />
größten Label für Frauen-Unterwäsche<br />
hinter den Kulissen zugeht.<br />
DasBild der Unternehmenskultur,<br />
das in dem Artikel der NewYorkTimes<br />
gezeichnet wird, ist vernichtend: Für<br />
Ed Razek, den Erfinder des Modeschau-Kults<br />
bei Victoria’s Secrets,waren<br />
die Models nicht viel mehr als<br />
Freiwild. Wersich gegen seine Avancen<br />
sperrte, wurde bestraft. So berichtete<br />
die Times,dass er den Frauen<br />
dabei zuschaute, wie sie sich umzogen.<br />
Er ließ sie in Unterwäsche auf<br />
seinem Schoß sitzen und begrapschte<br />
sie. Und als Models sich<br />
weigerten, mit ihm ein Wochenende<br />
in seiner Villa in der Karibik zu ver-<br />
DIE MARKE<br />
Bekannt ist dasUnternehmenvor<br />
allem auchfür die<br />
jährlichstattfindende „Victoria’sSecret<br />
Fashion Show“ in<br />
NewYork und seineTopmodels,die<br />
sogenanntenVictoria’sSecret<br />
Angels. Auch das<br />
deutsche Model Heidi Klum<br />
warfür das Label schonals<br />
„Engel“ im Einsatz.<br />
Aufsehen erregte Gisele<br />
Bündchen, als sie 2000 einen<br />
Vierjahresvertrag im Wert<br />
von25Millionen Dollarunterschrieb<br />
und somitder bisher<br />
bestbezahlte „Engel“ ist.<br />
2007 erhielten dieVictoria's-<br />
Secret-Engelals einzigerMarkennameeinen<br />
Stern am<br />
Hollywood Walk of Fame.<br />
Sexualstraftäter JeffreyEpstein. AP Label-Chef Les Wexner. AP<br />
bringen, wurden sie für die nächste<br />
Modeschau nicht berücksichtigt.<br />
Doch die Kultur der Ausbeutung<br />
hörte nicht bei Razek auf. Beschwerden<br />
bei der Personalabteilung wurden<br />
nicht bearbeitet. Frauen, die mit<br />
Klagen über sexuelle Belästigung<br />
beimVorstand vorsprachen, wie etwa<br />
die PR-Managerin Monica Mitro,<br />
wurden vordie Tür gesetzt.<br />
Am verstörendsten am Bericht der<br />
Times ist jedoch die enge Verbindung<br />
zwischen Les Wexner und Jeffrey Epstein,<br />
der wegen der Prostitution Jugendlicher<br />
angeklagt wurde und im<br />
vergangenen Sommer in einem New<br />
Yorker Gefängnis Selbstmordbeging.<br />
Wexner vertraute wie viele andere<br />
Prominente aus unerklärlichen<br />
Gründen Epstein bis zuletzt die Verwaltung<br />
seines Vermögens an. Und<br />
AFP/TIMOTHY A. CLARY<br />
Epstein benutzte fortan den Model-<br />
Pool bei Victoria’s Secret, um Frauen<br />
für seinen Prostitutionsring zu rekrutieren.<br />
Berichte über Epsteins Aktivitäten<br />
waren Wexner bereits Ende der<br />
90er-Jahre zu Ohren gekommen,<br />
doch der Wäsche-Mogul ignorierte<br />
sie beharrlich.<br />
„Toxische Männlichkeit“<br />
So entsteht eine Unternehmenskultur,<br />
inder jene „toxische Männlichkeit“,<br />
die durch die MeToo-Bewegung<br />
ins öffentliche Bewusstsein<br />
und auf die Anklagebank gerückt ist,<br />
ein fruchtbares Biotop gefunden<br />
hatte. Und Victoria’s Secret machte<br />
keinen Hehl daraus –das gesamte<br />
Geschäft des Labels beruhte auf<br />
eben jenem Frauenbild, das seit<br />
nunmehr knapp drei Jahren unter<br />
Beschuss geraten ist.<br />
So ist es auch kein Zufall, dass die<br />
Firma ungefähr seit jener Zeit mit<br />
wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu<br />
kämpfen hat. Der Börsenkurs der<br />
Markeist seit 2015 um 75 Prozent abgestürzt.<br />
Rund um die Welt mussten<br />
Filialen geschlossen werden, im vergangenen<br />
Jahr fiel sogar erstmals die<br />
Kult-Show aus. Der Absturz der<br />
Markebegann nicht zuletzt mit abfälligen<br />
Äußerungen Wexners über<br />
transsexuelle Frauen und darüber,<br />
dass selbst in der Modebranche zunehmend<br />
andereFrauentypen als die<br />
klassischen, abgemagerten Models<br />
einen Platz finden. In einem Interview<br />
mit Vanity Fair gab Wexner zum<br />
Besten, „dass es noch nie eine Frau<br />
gegeben hat, die sich einer Schönheitsoperation<br />
unterzogen hat, um<br />
fetter zu werden“.<br />
Die Äußerungen zeigen, wie sehr<br />
Victoria’s Secret aus der Zeit gefallen<br />
war, die Kunden und Kundinnen<br />
wollten das nicht mehr mittragen.<br />
Nun versucht der Mutter-Konzern<br />
vonVictoria’s Secret, Limited Brands,<br />
verzweifelt die Wäsche-Marke abzustoßen.<br />
Doch nach den Meldungen<br />
der vergangenen Tage gilt das Label<br />
als „toxische Anlage“. Daseinstige Erfolgsunternehmen<br />
ist zusammen mit<br />
seiner hypersexistischen Verkaufsstrategie<br />
dabei, auf dem Müllhaufen<br />
des amerikanischen Kapitalismus zu<br />
landen.<br />
SAP-Gründer sagt<br />
Semperopernball ab<br />
SAP-Gründer Dietmar Hopp verzichtet<br />
aus Angst vorAnfeindungen<br />
auf den Orden des Dresdner<br />
Semperopernballs.Erhabe seine<br />
Teilnahme abgesagt, da er nicht<br />
wolle,dass er oder seine Familie „zur<br />
Zielscheibe vonHass und Bedrohung“<br />
werden, teilte der Unternehmer<br />
am Dienstag mit. Vorallem die<br />
Attacken auf Moderatorin Mareile<br />
Höppner hätten ihn bewogen, doch<br />
nicht zu dem Ball zu kommen.<br />
Durchdie Vergabe des St.-Georgs-<br />
Ordens an Ägyptens Machthaber<br />
Abdel Fattah al-Sisi habe sich „ein<br />
dunkler Schatten“ über den Opernball<br />
gelegt. Nach der Absage Hopps<br />
und der vonLaudator und Fußballmanager<br />
UliHoeneß hatte der Ballverein<br />
am Montag erklärt, dass beim<br />
Semperopernball an diesem Freitag<br />
keine Orden verliehen werden. (dpa)<br />
Australien erhält viele nicht<br />
immer hilfreiche Spenden<br />
Bitte keine Stoffbeutel für verwaiste<br />
Kängurubabys mehr.Auch selbst gestrickte<br />
Handschuhe für verletzte<br />
Koalapfoten werden aktuell nicht gebraucht:<br />
das sagen australische<br />
Hilfsorganisationen. Sieerleben angesichts<br />
der verheerenden Buschbrände<br />
eine große Spendenbereitschaft.<br />
Siewünschen sich aber lieber<br />
Geld als Sachspenden oder Gebasteltes.Seit<br />
Monaten wüten in Australien<br />
riesige Feuer,besonders im Südosten.<br />
Mindestens 12 Millionen<br />
Hektar sind zerstört, das entspricht<br />
mehr als einem Drittel der Fläche<br />
vonDeutschland. Nach einer Schätzung<br />
vonWissenschaftlernstarben<br />
mehr als eine Milliarde Tiere. (dpa)<br />
Dauerregen sorgt für<br />
Überschwemmungen<br />
Die Freiwillige Feuerwehr pumpt Wasser<br />
ab in der Gemeinde Aach bei Trier. DPA<br />
Heftige Regenfälle haben im Südwesten<br />
Deutschlands zahlreiche Rettungseinsätzeausgelöst.<br />
In der Region<br />
umTrier in Rheinland-Pfalz wurden<br />
Straßen überspült und gesperrt.<br />
In Trier selbst liefen laut Stadtverwaltung<br />
in der Nacht zum Dienstag mehrere<br />
Keller voll, weil die Kanalisation<br />
den Regen nicht mehr aufnahm. In<br />
der saarländischen Hauptstadt Saarbrücken<br />
wurde die Stadtautobahn<br />
wegen Hochwassers gesperrt. (AFP)<br />
Vermisste 85-Jährige<br />
vergnügt sich in Spielothek<br />
Eine als vermisst gemeldete 85-jährige<br />
Bewohnerin einer Seniorenresidenz<br />
im hessischen Rüsselsheim hat<br />
sich bis tief in die Nacht in einer Spielothek<br />
vergnügt.Weil die gehbehinderte<br />
und auf Medikamente angewiesene<br />
Frau nach demVerlassen ihres<br />
Heims auch am späteren Montagnachmittag<br />
noch nicht zurückgekehrtwar,verständigte<br />
das Personal<br />
die Polizei, wie die am Dienstag in<br />
Darmstadt mitteilte.Als die Beamten<br />
die Seniorin endlich fanden, zeigte<br />
die sich unbeirrt: Siehabe erklärt,<br />
dass sie gernnoch bis Ladenschluss<br />
weiterspielen würde.Amfrühen Morgen<br />
sei sie dann müde,aber glücklich<br />
ins Heim zurückgekehrt. (AFP)