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BIBER 03_20

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„Auch mal

das Handy

weglegen.“

Vier JungunternehmerInnen treffen WKW-Präsiden ten Walter Ruck,

um über Handypausen, Motivation und die Vorteile einer digitalisierten

Arbeitswelt im Rahmen des Almanah-Bizness-Talks zu diskutieren.

Von Amar Rajković, Fotos: Susanne Einzenberger

Im Restaurant Habibi & Hawara füllen sich allmählich

die Tische. Bei den Bürohengsten aus der

Umgebung im ersten Bezirk hat sich herumgesprochen,

dass das Buffet des Social-Franchise-

Unternehmens einige orientalische Schmankerln zu

bieten hat. Im abgedunkelten Hinterzimmer, bei dem

man sich wie in einem Speisesaal in Marokko vorkommt,

haben sich Wirtschaftskammer Wien-Präsident

Walter Ruck und vier JungunternehmerInnen eingefunden.

Das Ziel: sich in lockerer Atmosphäre austauschen

und so manche Eigenheiten des Unternehmerdaseins

mit anderen Leidgenossen teilen.

Den Reigen eröffnet Petar Iliev. „Servus, i bin‘s,

da Petar aus dem Burgenland“, stellt er sich mit einer

resoluten Stimme vor, selbst das Servicepersonal zwei

Räume weiter dürfte Petars Anwesenheit mitbekommen

haben. Der aufgeweckte Jungunternehmer ist der

Gründer von „Getsby“, einer App, die bargeldlose und

rasche Bezahlung in Gastronomiebetrieben ermöglicht.

Die App hat mittlerweile eine Useranzahl in hohem

fünfstelligem Bereich. Der Gastgeber Walter Ruck nickt

anerkennend. Er stellt zugleich fest: „Wien kann mehr

als wir glauben.“ Ein Satz, der sich auf die vorsichtige

österreichische Mentalität bezieht, die manchmal vielversprechenden

Ideen im Wege steht.

SCHUHE UND AJVAR

Gülsen Akkas weiß ganz genau, wie schwer es ist, ein

eigenes Business zu starten – trotz Unkenrufen aus

dem Bekanntenkreis, es doch bleiben zu lassen. Die

Designerin verkauft hochwertige Schuhe online. „Sie

müssen komfortabel sein“, ist Akkas ganz wichtig. Dass

komfortabel aber nicht unbedingt Schlabberlook bedeuten

muss, zeigt ein Blick auf ihren Onlineshop. Bunt,

stylisch und leistbar lässt sich ihre Schuhlinie am besten

beschreiben. Wenn sie nicht gerade Schuhe entwirft,

steht sie auf Händlermessen und wirbt für ihre Kreationen.

Dort trifft sie manchmal auf Marijana Miljković von

„BioBalkan“. Die ehemalige Journalistin und Korrespondentin

weiß, wie sie ihre Produkte geschickt platziert.

Auf dem Platz der teilnehmenden UnternehmerInnen

und des WKW-Präsidenten stehen bunte Gläser mit –

für viele – unbekanntem Inhalt. „Ajvar“, „Pindur“ oder

„Malino“ steht auf dem Etikett drauf. Die Aufstriche

werden nach dem traditionellen Rezept hergestellt. Das

bedeutet auch, dass Miljković mit ihrem Mann das notwendige

Gemüse dafür in Serbien ernten lässt. Seit nun

knapp einem Jahr macht sie das und seufzt manchmal,

weil der Job sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Eine

gelebte Realität für viele Jungunternehmer. Da sind

schon mal 70, 80 Stunden in der Woche eher Norm als

Ausnahme.

Walter Ruck, der selber aus einer Unternehmerfamilie

stammt, hat einen weisen Rat an die jungen Startup-Spunde:

„Auch mal das Handy weglegen.“ Manch

einer in der Runde kann sich das schwer vorstellen.

Der durchstartende Burgenländer Iliev hat ein klares

Ziel: Sein Unternehmen nach vorne pushen und bald

den deutschen Markt erobern, da passen Pausen kaum

in den ehrgeizigen Plan. Ruck beruhigt und versichtert

Iliev: „Zeit für Familie oder andere Hobbys ist wichtig.

Glauben Sie mir, jeden Tag geht die Sonne auf.“

Petar Iliev

Getsby

Gülsen Akkas

Libra Shop

Marijana Miljkovic

BioBalkan

„GO WITH THE FLOW“

Leichter gesagt als getan, das denkt sich auch Tamer

Aslan. Der junge Istanbuler fand zuerst bei der Ars

Electronica in Linz einen Job, bevor er sich 2015 selbstständig

machte. Für ihn sind arbeitsreiche Wochen,

genauso wie für alle anderen Teilnehmer des Bizness-

Talks, ganz normal. Er vergleicht die Herausforderung

als Jungunternehmer mit dem Training für die Muskulatur:

„Je mehr wir unsere Muskeln belasten, desto

stärker werden sie. Genauso verstehe ich auch die

Herausforderung des Unternehmertums, je mehr man

arbeitet, desto belastbarer und produktiver ist man“, so

Aslan. Er unterstreicht auch die Wichtigkeit, sich früh

zu informieren. Eine Tatsache, die er mit seiner Taktik

„go with the flow“ etwas verabsäumt hatte. Hier setzt

Walter Ruck an: „Die Wirtschaftskammer ist nicht nur

die Interessensvertretung der Unternehmen, sondern

bietet auch Service, Kontakte und Ausbildungen für

alle Unternehmer an. „Wir haben im abgelaufenen Jahr

über 63.000 Unternehmer beraten und mehr als 28.000

Gründungsberatungen angeboten“, so Ruck. Iliev nickt.

Walter Ruck

Präsident der

WKW

Timea Zawodsky

Almanah

Amar Rajković

Almanah

Tamer Aslan

City Games

Auch er habe sich beim Gründerservice der Wirtschaftskammer

beraten lassen, etwas, was er anderen

Neuunternehmern auch ans Herz legen möchte.

Das letzte Thema des Bizness-Talks ist die Digitalisierung.

Man habe das Gefühl, sie sei ein ständiges

Schreckensgespenst, das die Arbeitswelt heimsucht.

Ruck sieht das nicht so: „Alles, was mir Arbeit abnimmt,

schafft Raum in meinem Kopf für andere Gedanken.“

Die anderen TeilnehmerInnen sehen es ähnlich,

schließlich beruhen viele von ihren Geschäftsideen auf

den Möglichkeiten der fortschreitenden Digitalisierung.

Aslan, der Spiele für Großstädte entwickelt, damit sie

ihre digitalen Möglichkeiten ausschöpfen, stimmt dem

natürlich zu. Er bereut es keine Sekunde, sich selbstständig

gemacht zu haben und kann die Zukunft kaum

erwarten. Dafür hat er auch eine Handlungsanweisung

an alle JungunternehmerInnen, die schlechte Zeiten

durchmachen müssen: „Stay hungry, stay foolish.“

Hungrig sind die TeilnehmerInnen des Bizness-Talks

nicht nach Hause gegangen – dem g‘schmackigen Mittagsbuffet

bei Habibi & Hawara sei Dank. ●

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