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„Auch mal
das Handy
weglegen.“
Vier JungunternehmerInnen treffen WKW-Präsiden ten Walter Ruck,
um über Handypausen, Motivation und die Vorteile einer digitalisierten
Arbeitswelt im Rahmen des Almanah-Bizness-Talks zu diskutieren.
Von Amar Rajković, Fotos: Susanne Einzenberger
Im Restaurant Habibi & Hawara füllen sich allmählich
die Tische. Bei den Bürohengsten aus der
Umgebung im ersten Bezirk hat sich herumgesprochen,
dass das Buffet des Social-Franchise-
Unternehmens einige orientalische Schmankerln zu
bieten hat. Im abgedunkelten Hinterzimmer, bei dem
man sich wie in einem Speisesaal in Marokko vorkommt,
haben sich Wirtschaftskammer Wien-Präsident
Walter Ruck und vier JungunternehmerInnen eingefunden.
Das Ziel: sich in lockerer Atmosphäre austauschen
und so manche Eigenheiten des Unternehmerdaseins
mit anderen Leidgenossen teilen.
Den Reigen eröffnet Petar Iliev. „Servus, i bin‘s,
da Petar aus dem Burgenland“, stellt er sich mit einer
resoluten Stimme vor, selbst das Servicepersonal zwei
Räume weiter dürfte Petars Anwesenheit mitbekommen
haben. Der aufgeweckte Jungunternehmer ist der
Gründer von „Getsby“, einer App, die bargeldlose und
rasche Bezahlung in Gastronomiebetrieben ermöglicht.
Die App hat mittlerweile eine Useranzahl in hohem
fünfstelligem Bereich. Der Gastgeber Walter Ruck nickt
anerkennend. Er stellt zugleich fest: „Wien kann mehr
als wir glauben.“ Ein Satz, der sich auf die vorsichtige
österreichische Mentalität bezieht, die manchmal vielversprechenden
Ideen im Wege steht.
SCHUHE UND AJVAR
Gülsen Akkas weiß ganz genau, wie schwer es ist, ein
eigenes Business zu starten – trotz Unkenrufen aus
dem Bekanntenkreis, es doch bleiben zu lassen. Die
Designerin verkauft hochwertige Schuhe online. „Sie
müssen komfortabel sein“, ist Akkas ganz wichtig. Dass
komfortabel aber nicht unbedingt Schlabberlook bedeuten
muss, zeigt ein Blick auf ihren Onlineshop. Bunt,
stylisch und leistbar lässt sich ihre Schuhlinie am besten
beschreiben. Wenn sie nicht gerade Schuhe entwirft,
steht sie auf Händlermessen und wirbt für ihre Kreationen.
Dort trifft sie manchmal auf Marijana Miljković von
„BioBalkan“. Die ehemalige Journalistin und Korrespondentin
weiß, wie sie ihre Produkte geschickt platziert.
Auf dem Platz der teilnehmenden UnternehmerInnen
und des WKW-Präsidenten stehen bunte Gläser mit –
für viele – unbekanntem Inhalt. „Ajvar“, „Pindur“ oder
„Malino“ steht auf dem Etikett drauf. Die Aufstriche
werden nach dem traditionellen Rezept hergestellt. Das
bedeutet auch, dass Miljković mit ihrem Mann das notwendige
Gemüse dafür in Serbien ernten lässt. Seit nun
knapp einem Jahr macht sie das und seufzt manchmal,
weil der Job sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Eine
gelebte Realität für viele Jungunternehmer. Da sind
schon mal 70, 80 Stunden in der Woche eher Norm als
Ausnahme.
Walter Ruck, der selber aus einer Unternehmerfamilie
stammt, hat einen weisen Rat an die jungen Startup-Spunde:
„Auch mal das Handy weglegen.“ Manch
einer in der Runde kann sich das schwer vorstellen.
Der durchstartende Burgenländer Iliev hat ein klares
Ziel: Sein Unternehmen nach vorne pushen und bald
den deutschen Markt erobern, da passen Pausen kaum
in den ehrgeizigen Plan. Ruck beruhigt und versichtert
Iliev: „Zeit für Familie oder andere Hobbys ist wichtig.
Glauben Sie mir, jeden Tag geht die Sonne auf.“
Petar Iliev
Getsby
Gülsen Akkas
Libra Shop
Marijana Miljkovic
BioBalkan
„GO WITH THE FLOW“
Leichter gesagt als getan, das denkt sich auch Tamer
Aslan. Der junge Istanbuler fand zuerst bei der Ars
Electronica in Linz einen Job, bevor er sich 2015 selbstständig
machte. Für ihn sind arbeitsreiche Wochen,
genauso wie für alle anderen Teilnehmer des Bizness-
Talks, ganz normal. Er vergleicht die Herausforderung
als Jungunternehmer mit dem Training für die Muskulatur:
„Je mehr wir unsere Muskeln belasten, desto
stärker werden sie. Genauso verstehe ich auch die
Herausforderung des Unternehmertums, je mehr man
arbeitet, desto belastbarer und produktiver ist man“, so
Aslan. Er unterstreicht auch die Wichtigkeit, sich früh
zu informieren. Eine Tatsache, die er mit seiner Taktik
„go with the flow“ etwas verabsäumt hatte. Hier setzt
Walter Ruck an: „Die Wirtschaftskammer ist nicht nur
die Interessensvertretung der Unternehmen, sondern
bietet auch Service, Kontakte und Ausbildungen für
alle Unternehmer an. „Wir haben im abgelaufenen Jahr
über 63.000 Unternehmer beraten und mehr als 28.000
Gründungsberatungen angeboten“, so Ruck. Iliev nickt.
Walter Ruck
Präsident der
WKW
Timea Zawodsky
Almanah
Amar Rajković
Almanah
Tamer Aslan
City Games
Auch er habe sich beim Gründerservice der Wirtschaftskammer
beraten lassen, etwas, was er anderen
Neuunternehmern auch ans Herz legen möchte.
Das letzte Thema des Bizness-Talks ist die Digitalisierung.
Man habe das Gefühl, sie sei ein ständiges
Schreckensgespenst, das die Arbeitswelt heimsucht.
Ruck sieht das nicht so: „Alles, was mir Arbeit abnimmt,
schafft Raum in meinem Kopf für andere Gedanken.“
Die anderen TeilnehmerInnen sehen es ähnlich,
schließlich beruhen viele von ihren Geschäftsideen auf
den Möglichkeiten der fortschreitenden Digitalisierung.
Aslan, der Spiele für Großstädte entwickelt, damit sie
ihre digitalen Möglichkeiten ausschöpfen, stimmt dem
natürlich zu. Er bereut es keine Sekunde, sich selbstständig
gemacht zu haben und kann die Zukunft kaum
erwarten. Dafür hat er auch eine Handlungsanweisung
an alle JungunternehmerInnen, die schlechte Zeiten
durchmachen müssen: „Stay hungry, stay foolish.“
Hungrig sind die TeilnehmerInnen des Bizness-Talks
nicht nach Hause gegangen – dem g‘schmackigen Mittagsbuffet
bei Habibi & Hawara sei Dank. ●
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