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Waffenmarkt-Intern 3/2006 • 29<br />
sein Hobby ernst zu nehmen,<br />
mit eigenem Fachwissen im Verkaufgespräch<br />
zu überzeugen<br />
und bei all dem einen nüchternen<br />
kaufmännisch kalkulierenden<br />
Kopf zu behalten.<br />
Stellt sich die Frage nach den<br />
Voraussetzungen für einen erfolgreichen<br />
Verkäufer. Die meisten<br />
Fachhändler, Büchsenmacher<br />
und Fachverkäufer im klassischen<br />
Waffenfachhandel sind<br />
selbst Jäger oder Sportschützen.<br />
Entsprechend bringen sie ihr in<br />
der Freizeit erworbenes Wissen<br />
in den beruflichen Alltag ein. Sie<br />
können sich in die einzelnen Situationen<br />
hineinversetzen und<br />
einfach kompetent mitreden.<br />
Dieser Faktor ist wesentlich,<br />
wenn es um die Bindung des<br />
Kunden an ein Fachgeschäft<br />
geht. Genau das müssen wir auf<br />
die im Trend liegenden Segmente<br />
übertragen.<br />
Trends: Western und Mittelalter<br />
Wer sich für Cowboy Action<br />
Shooting interessiert, der wurde<br />
in aller Regel von Westernromanen<br />
und -filmen in Kino und TV<br />
inspiriert. Jugendträume werden<br />
zumindest in einem Teilbereich<br />
realisierbar. "Rio Bravo",<br />
"El Dorado" und "Winchester<br />
`73" befriedigen in einer hektischen,<br />
von Streß geplagten Welt<br />
die Phantasie, regen zum Träumen<br />
an und so werden Mythen<br />
geboren, ohne die unsere Welt<br />
um vieles ärmer wäre. Nur so<br />
kann man sich erklären, daß die<br />
klassischen Schießsportwettbewerbe<br />
- wie Luftgewehrschießen<br />
oder Kleinkaliberwettbewerbe -<br />
stagnieren, während in den Vereinen<br />
das Lever Action-Schießen<br />
boomt.<br />
An diesem Beispiel zeigt sich,<br />
ebenso wie am Großkaliberschießen,<br />
daß sich ein Schieß-<br />
sportverband auf die Dauer nicht<br />
den Interessen und Wünschen<br />
seiner Mitglieder verschließen<br />
kann. Das markanteste Beispiel<br />
liefert hierzu der Deutsche<br />
Schützenbund (DSB). Auch hier<br />
mußten die sich lange an den<br />
olympischen Disziplinen festklammernden<br />
Funktionäre den<br />
Wünschen nachgeben, wollten<br />
sie nicht ein weiteres Abwandern<br />
der Mitglieder zu den kleineren<br />
Schießsportverbänden, die entsprechende<br />
Aktivitäten anbieten,<br />
riskieren. Genau dies gilt auch<br />
für den Waffenfachhandel. Wenn<br />
die klassischen Sportwaffen im<br />
Umsatz stagnieren, die Handelsspannen<br />
sich von Jahr zu Jahr<br />
mindern und die Kunden zu neuen<br />
Ufern aufbrechen, dann muß<br />
man mitmarschieren.<br />
Ein weiterer Boom bildet sich<br />
rund um mittelalterliche und<br />
fernöstliche Waffen. Dieses Feld<br />
überlassen wir Waffenfachhändler<br />
zur Zeit weitgehend einigen<br />
wenigen spezialisierten Händlern,<br />
sowie Anbietern, die sich<br />
auf Mittelaltermärkten treffen.<br />
Da findet man vom Billigramsch<br />
alles bis zum hochwertigen<br />
kampftauglichen Schwert. Warum<br />
lassen wir diese von Erwerbserlaubnissen<br />
freie Zone links<br />
liegen? Erklären läßt sich dies<br />
wohl nur aufgrund mangelnder<br />
Information über das, was um<br />
uns herum geschieht. Da gibt es<br />
genug Informationen zu diesen<br />
Themen, ernsthafte Betreiber<br />
befassen sich mit den Waffen,<br />
deren Entstehung, dem historischen<br />
Hintergrund der betreffenden<br />
Epoche usw. Wer glaubt,<br />
daß hier ein "paar Spinner" sich<br />
in vergangene Zeiten träumen,<br />
der irrt gewaltig. Längst ist das<br />
eine ernsthafte und anspruchsvolle<br />
Freizeitbeschäftigung, wie<br />
man rasch feststellen wird,<br />
schaut man einmal in die Fachzeitschriften<br />
wie "Karfunkel". Erkennt<br />
man diese aktuelle Lage,<br />
wäre es wohl leichtfertig, nicht<br />
auch diese neuen, sich auftuenden<br />
Verkaufschancen für den eigenen<br />
Laden zu prüfen. Lange<br />
bevor die Feuerwaffen zum Kernbereich<br />
unserer Branche wurden<br />
und sich der allgemeine Berufsbegriff<br />
des Büchsenmachers<br />
durchsetzte, waren wir Waffenschmiede.<br />
Wer also glaubt, historische<br />
Schwerter sowie Blankwaffen<br />
vergangener Epochen hätten<br />
mit unserem Metier nichts zu<br />
tun, der verkennt die eigenen<br />
Wurzeln. Natürlich kann sich<br />
jetzt nicht jeder Waffenfachhändler<br />
ohne nähere Fachkenntnisse,<br />
ohne ein passendes Einzugsgebiet<br />
an Interessenten usw. auf die<br />
Schwerter des Mittelalters stürzen,<br />
aber eine Prüfung lohnt in<br />
jedem Fall.<br />
Safari zu Hause<br />
Schon weitaus näher sind dem<br />
klassischen Waffenfachhändler<br />
die Großwildwaffen. Die Renaissance<br />
der alten Kaliber sowie<br />
die Entwicklung zahlreicher<br />
neuer Safari-Kaliber ab etwa<br />
1980 ist logisch nicht ganz<br />
nachvollziehbar. Bei immer weniger<br />
Jagdmöglichkeiten in Afrika,<br />
werden immer mehr Safari-<br />
Waffen und dazu passende Kaliber<br />
entwickelt und auf den<br />
Markt gebracht. Erklären kann<br />
man sich diese Situation nur mit<br />
Nostalgie.<br />
Großwildbüchsen sind nun einmal<br />
faszinierende, die Phantasie<br />
anregende Dinge. So darf man<br />
annehmen, daß nur ein begrenzter<br />
Teil der heute gekauften<br />
Safaribüchsen den schwarzen<br />
Kontinent wirklich sieht. Allein<br />
die Freude, vergangene Zeiten<br />
wach zu halten, mit<br />
großwildtauglichen Waffen zu<br />
experimentieren und auch die<br />
Sammlerleidenschaft prägen<br />
wesentlich die Marktsituation<br />
bei den Großwildwaffen. Neue<br />
Superkaliber, die .600 N.E. und<br />
.460 Weath. Mag. deutlich übertreffen,<br />
werden entwickelt und<br />
so rückt an die Stelle der Konfrontation<br />
mit einem angreifenden<br />
Elefantenbullen die reine<br />
Mutprobe, mit einer .577 Tyrannosaur<br />
(etwa 13.700 Joule)<br />
überhaupt treffsicher umgehen<br />
zu können.<br />
Mitträumen bringt Geld<br />
Als Fazit aus diesen Entwicklungen<br />
bleibt, daß wir uns vermehrt<br />
auf die Träume unserer<br />
Kunden einlassen müssen. Nicht<br />
wir bestimmen letztlich unser<br />
Warenlager, sondern der Kunde<br />
hat das entscheidende Wort.<br />
Wenn .22er-Sportpistolen und<br />
Matchluftdruckwaffen keinen<br />
Ertrag mehr abwerfen, dann<br />
wird es Zeit, nach Ausweichprodukten<br />
zu suchen. Viele dieser<br />
neuen Segmente bringen auch<br />
eine ganze Reihe an weiteren<br />
Artikeln mit sich, die weit über<br />
die reine Waffe hinausreichen.<br />
Wer ein mittelalterliches<br />
Schwert für seine Schaukämpfe<br />
braucht, benötigt wahrscheinlich<br />
auch eine Rüstung, ein Kettenhemd<br />
und vieles mehr. Diese<br />
neuen Produkte dürfen jedoch<br />
keine Lückenbüßer werden,<br />
sondern verlangen konsequentes<br />
Engagement, ein Einlassen<br />
auf die Welt der neuen Kunden<br />
und ein Ambiente, das zu den<br />
neuen Warengruppen paßt. In<br />
diesem Sinn sensibilisieren wir<br />
uns für die Mythen, die unsere<br />
Kunden bewegen, die Träume,<br />
die sie beschäftigen und lenken<br />
die damit verbundene Wirtschaftskraft<br />
in unsere eigenen<br />
Ladenkassen.