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Stahlmarkt 11/2019

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SEITENBLICK<br />

Wer folgt auf die Babyboomer?<br />

Unternehmer aus der Generation der Babyboomer ziehen sich allmählich aus Altersgründen zurück.<br />

Wer soll ihnen folgen? Die Demografie wird zum Problem für Nachfolgeregelungen.<br />

Von unserem Autor Stefan Weber<br />

Mit Mitte vierzig hatte sich Jens Rößler<br />

gefragt, ob er auch die nächsten 20 Jahre als<br />

Angestellter arbeiten möchte. Oder ob er lieber<br />

eine neue Herausforderung annehmen<br />

will. Der studierte Elektrotechniker stammte<br />

aus einer Unternehmerfamilie; da lag es nahe,<br />

sich auch selbstständig zu machen. Ein Unternehmen<br />

gründen wollte Rößler jedoch nicht,<br />

er favorisierte die Übernahme eines bereits<br />

existierenden Betriebs, bevorzugt aus den<br />

Bereichen Maschinenbau, Zerspanung oder<br />

Automation. Vor fünf Jahren hat er die WIR<br />

electronic GmbH, einen Spezialisten für<br />

Kabelkonfektion mit Sitz in Chemnitz, übernommen.<br />

Der Kontakt kam zustande über<br />

nexxt-change, eine Internetplattform des<br />

Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie,<br />

der KfW Bankengruppe, der deutschen<br />

Industrie- und Handelskammern sowie weiterer<br />

Partner aus Handwerk und Kreditwirtschaft.<br />

»Vor dem ersten Besuch bei WIR electronic<br />

hatte ich mir bereits 20 andere Unternehmen<br />

angeschaut«, berichtet Rößler. Auch<br />

Alteigentümer Wilfried Ramakers, der damals<br />

bereits auf die 70 zuging, hatte zuvor schon<br />

einige Interessenten empfangen. Rößler war<br />

der 38., der bei ihm anklopfte.<br />

So wie Rößler geht es vielen potenziellen<br />

Jungunternehmern, die lieber eine etablierte<br />

Firma kaufen wollen als eine Neugründung in<br />

Angriff zu nehmen: Sie können aus einem<br />

übergroßen Angebot wählen. Denn der<br />

Markt für zur Übergabe anstehende Unternehmen<br />

befindet sich in einer Schieflage. Es<br />

»»<br />

Der Markt für zur Übergabe anstehende Unternehmen befindet sich<br />

in einer Schieflage. Es gibt deutlich mehr Seniorunternehmer, die einen<br />

Nachfolger suchen als ernsthafte Interessenten.<br />

Im Mittelstand tritt die Generation der Babyboomer aus Altersgründen allmählich ab.<br />

gibt deutlich mehr Seniorunternehmer, die<br />

einen Nachfolger suchen als ernsthafte Interessenten.<br />

Die Plattform nexxt-change beispielsweise<br />

verzeichnet aktuell lediglich 1 732<br />

Kaufgesuche. Dem stehen 6 304 zum Verkauf<br />

angebotene Unternehmen gegenüber.<br />

Dieses Ungleichgewicht wird sich in den<br />

nächsten Jahren voraussichtlich noch verstärken.<br />

Denn im Mittelstand tritt die Generation<br />

der Babyboomer aus Altersgründen allmählich<br />

ab. »Der Bedarf an Lösungen für Unternehmensnachfolgen<br />

wird weiter deutlich steigen,<br />

denn mehr als ein Viertel der aktuell tätigen<br />

Unternehmer ist bereits 60 Jahre und älter«,<br />

erläutert Holger Wassermann, Professor an der<br />

FOM Hochschule für Ökonomie & Management.<br />

In einer vom Verband Deutscher Bürgschaftsbanken<br />

(VDB), Creditreform Rating und<br />

FOM gemeinsam erstellten Untersuchung zum<br />

Nachfolgegeschehen in Deutschland (»Nachfolgemonitor<br />

<strong>2019</strong>«) kommen die Autoren zu<br />

dem Schluss, dass aktuell für 322 000 Unternehmen<br />

»dringender Bedarf« für eine Übergabe<br />

besteht. Bis 2023 stünden sogar etwa<br />

500 000 Unternehmen vor einem altersbedingten<br />

Eigentümerwechsel. »Aufgrund des<br />

hohen Stellenwerts kleiner und mittelgroßer<br />

Unternehmen hängt ein großer Teil der<br />

Arbeitsplätze in Deutschland vom Erfolg der<br />

Übergabe eines Betriebs an die nächste Generation<br />

ab«, betont Michael Munsch, Vorstand<br />

der Creditreform Rating AG.<br />

Doch die Chancen für eine gelingenden<br />

Stabwechsel stehen nicht gut. Das ist zum<br />

einen eine Folge der Demografie: Die auf die<br />

Babyboomer folgende Generation ist deutlich<br />

kleiner als ihr Vorgänger. Somit gibt es vergleichsweise<br />

wenig potenzielle Kandidaten<br />

für eine Nachfolge. Hinzu kommt, dass die<br />

Altersgruppe der 30- bis 40-Jährigen (also<br />

diejenigen, die der Statistik zufolge besonders<br />

Foto: Shutterstock<br />

stahlmarkt <strong>11</strong>.<strong>2019</strong>

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