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man große Probleme mit dem Wein bekommen. Er ist einfach<br />
unzerstörbar.« Der Weinmacher begeistert sich: »<strong>Madeira</strong> ist<br />
der wandlungsfähigste Wein, den ich kenne. Sie machen alles,<br />
was Sie bei anderen Weinen vermeiden wollen, Oxi dation, Erhitzen.<br />
Was ihn etwa von Port unterscheidet, ist sein hoher Säuregrad.<br />
Dadurch bleibt er immer ausgewogen, selbst bei hohen<br />
Zuckerwerten von 125 Gramm.«<br />
Wichtig für die Verbesserung des <strong>Madeira</strong> seit den 1990er<br />
Jahren war die Verfeinerung der Erhitzungsmethode mit geringeren<br />
Temperaturen. »Früher wurden die Weine viel zu stark<br />
erhitzt, man bekam ein Aroma mit BrandNoten«, sagt Juan<br />
Teixeira. Heute konzentriere man sich auf die Weinberge und<br />
die Kellerei. »Die Trauben aus dem Süden und aus dem Norden<br />
sind unterschiedlich, auch das Alter der Stöcke spielt eine<br />
Rolle.« Für ihn sei problematisch, dass die Winzer oft auch<br />
andere Pflanzen wie etwa Gemüse unter den WeinPergolen<br />
anbauen. Im Keller werde jetzt mehr Sorgfalt bei der Selektion,<br />
beim Entrappen und beim Pressen angewandt. Er schaut etwas<br />
versonnen, wenn er an die Langlebigkeit der Weine denkt: »Mit<br />
unseren heutigen Methoden wird der <strong>Madeira</strong> in den nächsten<br />
hundert Jahren – wenn wir längst nicht mehr hier sind – noch<br />
besser sein als heute.«<br />
Ein wenig bedauert Juan Teixeira, dass er nicht alle <strong>Madeira</strong>s<br />
ihr volles Potential entfalten lassen darf: »Es ist ein Ver brechen,<br />
einen Wein zu töten, der noch reifen kann.« Aber die meisten<br />
Handelshäuser machten ihren Umsatz nun einmal mit jüngeren<br />
Weinen, und Justino’s sei von der Strategie seines französischen<br />
Eigentümers La Martiniquaise abhängig, eines der großen<br />
Spirituosenkonzerne der Welt. Die langsame Verdunstung des<br />
Weins im Fass, der »Anteil der Engel«, verringere das Volumen<br />
und koste damit auch Geld. Am Anfang seien das in kleineren<br />
Fässern rund zwei Prozent Wein pro Jahr, im Lauf der Zeit oder<br />
in großen Fässern weniger. Ich rechne nach: Wenn ein Wein<br />
jährlich 1,5 Prozent seines Volumens verliert, so ist nach fünfzig<br />
Jahren nur noch knapp die Hälfte übrig. Jedes zweite Glas<br />
haben dann also die Engel genossen.<br />
Zwischen trocken und süß: Justino’s ist der größte Erzeuger. Die Fässer<br />
müssen ständig überprüft und gelegentlich auch repariert werden.<br />
<strong>Madeira</strong> aus Sercial ist trocken, Malvasia liefert den süßesten Wein.<br />
sein, ob die Traubensorte korrekt angegeben ist und ob er nicht<br />
auch mit der EstufagemMethode erzeugt wurde.<br />
Francisco Albuquerque, der Weinmacher von Blandy‘s,<br />
zeigt in der neuen Produktionsstätte im Osten der Insel seine<br />
Schätze: Riesige Tanks, Lagerhallen mit Tausenden von Fässern.<br />
Da liegen jahrzehntealte Fässer mit verbeulten Böden, die<br />
ständig überprüft und in der eigenen Fass macherei repariert<br />
werden müssen, wenn sich ein Leck zeigt. Der Zweiundfünfzigjährige<br />
ist ein freundlicher Mann mit dichtem schwarzen Haar,<br />
trägt Jeans und ein dunkles blaues Hemd und eine dicke<br />
Silber kette um den Hals. Er war Experte für die Schweinezucht,<br />
bevor er im Selbststudium zu einem der herausragenden<br />
Wein macher der Insel wurde. Im Laborraum stehen viele<br />
kleine Probe flaschen, die älteste trägt die Jahreszahl 1840. In<br />
seinem Privatkeller hat Albuquerque sogar eine Flasche aus<br />
dem Kometenjahr 1811. Er erklärt, wie wichtig der besondere<br />
vulka nische Boden <strong>Madeira</strong>s für den Wein ist: »Es ist ein<br />
suppressiver Boden, der wenige Krankheiten entstehen lässt,<br />
reich an organischen Substanzen, viel Eisen und Phosphor,<br />
arm an Kalium.« All diese Elemente sorgen für die Säure des<br />
Weins. Hinzu kommt auch, dass keine zweite Gärung stattfindet,<br />
die Milchsäurebakterien also im Wein erhalten bleiben.<br />
Guten <strong>Madeira</strong> herzustellen, bedeutet, jährlich Tausende von<br />
Proben zu nehmen und sie geschickt zu ver schneiden. »Die<br />
Kunst des Alterns und Reifens besteht darin, das richtige Maß<br />
an Oxi dation und damit Konzen tration zu erreichen«, sagt<br />
Francesco Albuquerque.<br />
Er zeigt in seinem kleinen Labor, wie ein zehn Jahre alter<br />
<strong>Madeira</strong> aus acht verschiedenen Weinen zusammengestellt wird:<br />
zu neunzig Prozent aus Weinen der Jahrgänge 2<strong>01</strong>3 bis 2007,<br />
dazu zehn Prozent eines fünfzehn Jahre alten aus dem Jahr 20<strong>01</strong>.<br />
Er berechnet die Anteile mit Hilfe eines großen Tischrechners,<br />
füllt dann ein Reagenzglas – und freundlich aus den dunklen<br />
Augen lächelnd präsentiert er sein neues Produkt: »Es darf<br />
dann noch etwas lagern, bevor es vermarktet werden kann.«<br />
Jede Abfüllung muss seit dem Aufbau des <strong>Madeira</strong> Weininstituts<br />
im Jahr 1979 mit Mengen und Fassnummern angemeldet und<br />
dort verkostet werden.<br />
Beim Handelhaus Justino’s finden wir den Typ des jüngeren<br />
Weinmachers. Der fünfundvierzig Jahre alte Juan<br />
Teixeira hat Weinbau studiert und auf dem portugiesischen<br />
Festland Weiß und Rotweine gemacht, bevor er im<br />
Jahr 2000 nach <strong>Madeira</strong> kam. Er musste umlernen: »Ich habe<br />
gemerkt, dass der <strong>Madeira</strong> viel einfacher ist und weit weniger<br />
Probleme bereitet. Nur wenn man sehr grobe Fehler macht, kann<br />
Wir probieren Weine aus den Jahrgängen 1995 und<br />
1996. Der 95er ist eleganter, der 96er konzentrierter.<br />
»Der Auftakt eines guten <strong>Madeira</strong> bedeutet, dass<br />
man salzige Noten findet«, sagt Juan Teixeira. Dazu kommen<br />
die Aromen von Gewürzen wie Pfefer, von Karamell, Crème<br />
brûlée, Honig, Zuckermelasse, tropischen Früchten wie Mango<br />
und Datteln, etwas Zigarrenkistenholz, Tabak, leicht rauchige<br />
Noten. Der Wein entwickelt im Glas ständig neue Aromen,<br />
plötzlich auch Kokosnuss. Die trocknen Weine haben dagegen<br />
Zitrusnoten, auch Töne von Haselnuss. Ältere Weine duften<br />
wie polierte Möbel, Teixeira fühlt sich an Kirchengebäude<br />
oder alte Apotheken erinnert. Man spürt den Alkohol nicht,<br />
weil er gut integriert ist.<br />
»<strong>Madeira</strong> ist nicht teuer, er ist immer unterbewertet«,<br />
sagt Juan Teixeira. Hundertjährige <strong>Madeira</strong>s kosten meist<br />
mehrere hundert Euro. Ein 1850er von D’Oliveiras ist für<br />
sieben hundert bis eintausend Euro zu bekommen, Weine<br />
Zwischen Gaumen und Nase:<br />
Juan Teixeira, der studierte<br />
Wein macher von Justino’s,<br />
musste umlernen, als er im<br />
Jahr 2000 vom Festland<br />
auf die Insel kam. Doch zu<br />
seinem wichtigsten Rüstzeug<br />
gehören nach wie<br />
vor sein Geschmacks- und<br />
Geruchs sinn. Der Colheita-<br />
Jahrgang 1966 ist ein sehr<br />
konzentrierter <strong>Madeira</strong>.<br />
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