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Miehe wohnt idyllisch in Münchens grüner Umgebung („Ich finde, es ist nichts Böses, einen Wald vor der Tür

zu haben“) – geistiges Zuhause ist die Großstadt. Entworfen hat er seinen Roman auf seinem Dorf, recherchiert

und geschrieben hat er ihn „vor Ort“: „Ich kenne da jede Pizzeria.“

Interview in der Münchner Abendzeitung 1981

AZ: Inwiefern identifizieren Sie sich mit Ihren Figuren?

Ulf Miehe: Lilli Berlin hat einen starken eigenen Hintergrund. Die Hauptfigur kommt wie ich aus der Brandenburgischen

Provinz. Ich habe auch eine große gefühlsmäßige Bindung an Menschen, die heute in der

DDR leben. Dann meine gemeinsame Vergangenheit mit Jankowski …

– Also gibt es Jankowski wirklich?

– Ja und nein. In Jankowski sind mehrere Personen, die ich kenne, vereinigt. Niemand ist schließlich

fähig, einen Menschen zu erfinden.

– Gibt es schon Pläne für einen neuen Roman?

– Die nächste Geschichte soll im Musik-Milieu spielen. Sie handelt von jemandem, der ein Star geworden

ist und keiner mehr sein will.

– Ist denn die Filmerei ganz abgeschrieben?

– Nein, im Herbst werde ich zusammen mit Klaus Richter eine sechsteilige Fernsehserie mit dem Titel

Die Zeiten ändern sich für das ZDF machen. Es geht dabei um Studenten in einer Kleinstadt zwischen

1967 und 1969.

Interview in der Münchner Tageszeitung 1981

Lilli Berlin hat … eine politische Szenerie: das Fluchthilfegeschäft zwischen Ost und West der geteilten Stadt.

WKL, der große Boß, ist dabei der Drahtzieher – scheinbar, denn in Wirklichkeit ist er Marionette wie alle anderen

Figuren.

Dessen Psychogramm ist das Faszinierendste an Lilli Berlin, eine leichthin skizzierte und doch gestochen scharfe

Zeichnung. Juristisch gesehen wäre „jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen“ natürlich „rein zufällig“. Und

doch erinnert die Figur WKL an einen vielgehaßten Berliner Dunkelmann mit weißem Kragen. Der allerdings ist

Miethai, nicht Menschenhändler.

– Ulf Miehe: Diese Figur ist aber kein Buhmann, kein Demonstrationsobjekt. Ich habe keine Sympathie für so

einen – aber doch Verständnis. Das ist ja das Vertrackte, daß in jedem Menschen Gut u n d Böse ist.

– Ulf Miehe: Der Ku-Damm ist eine Volksausgabe der 42. Straße. Ein Koreaner bringt das Frühstück. Und alles

ist ganz selbstverständlich. Die Unruhen sind erst ein Vorgeschmack auf das, was kommt. Dort kommen die Gegensätze

heraus. In Berlin kriegt man den scharfen Blick.

– TZ: Was hat denn die Lilli mit Hanna Schygulla zu tun? Ein dummer Gag eines Werbestrategen im Vertrag?

– Ulf Miehe: Das geht voll auf meine Kappe. Bei uns in Wusterhausen gab’s eine Lilli, die schwärmte immer

von Berlin – daher kommt’s. Alles andere wäre auch schon wieder ein Mißverständnis.

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