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CRESCENDO 2/18 März-Mai 2018

CRESCENDO - Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Christa Ludwig, Philippe Entremont und Daniel Barenboim.

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E R L E B E N<br />

PLÄDOYER<br />

FÜR DIE MENSCHLICHKEIT<br />

Bei den Schostakowitsch Tagen Gohrisch verwandelt sich eine Scheune in den Austragungsort<br />

eines packenden Festivals, das nicht nur seinem großen Namensgeber alle Ehre macht.<br />

VON UTE ELENA HAMM<br />

„Die Gegend ist unerhört schön“, schreibt Dmitri Schostakowitsch<br />

einem Freund nach seinem ersten Aufenthalt in Gohrisch, einem<br />

kleinen Kurort in der Sächsischen Schweiz, nicht weit von Dresden<br />

entfernt. Schostakowitsch ist im Juli 1960 hier offizieller Staatsgast<br />

der DDR und soll eigentlich die Musik zu einem ostdeutsch-sowjetischen<br />

Propagandafilm komponieren. Doch statt an seinem offiziellen<br />

Auftrag zu arbeiten, bringt Schostakowitsch innerhalb von nur<br />

drei Tagen sein 8. Streichquartett op. 110 zu Papier – jenes Streichquartett,<br />

das sein persönlichstes und bekenntnisreichstes Werk werden<br />

sollte und 50 Jahre später den Grundstein der ersten Schostakowitsch<br />

Tage in Gohrisch legt. Diese finden 20<strong>18</strong> nun zum neunten<br />

Mal statt.<br />

Was macht Schostakowitsch über diese Anekdote hinaus überhaupt<br />

für ein deutsches Festival interessant, das zudem das einzige<br />

weltweit ist, das sich jährlich dem russischen Komponisten widmet?<br />

Zuallererst natürlich die Musik an sich, „die<br />

einen unmittelbar anspricht, die in ihrer Emotionalität<br />

auch heute noch brennend aktuell ist“,<br />

so Tobias Niederschlag, Mitbegründer und von<br />

Beginn an künstlerischer Leiter des Festivals,<br />

„aber auch Schostakowitschs besonderes Schicksal<br />

als Künstler in der ehemaligen Sowjetunion“.<br />

INTERNATIONALE<br />

SCHOSTAKOWITSCH TAGE<br />

GOHRISCH<br />

22. bis 24. Juni<br />

Informationen und Kartenservice:<br />

tickets@schostakowitsch-tage.de<br />

www.schostakowitsch-tage.de<br />

Die Entstehungsgeschichte des Streichquartetts ist nicht nur eine<br />

nette Festival-Anekdote, sondern zeigt, dass hier ein Komponist<br />

gewürdigt wird, der, obwohl zerrissen zwischen Repression und<br />

Ideal, in seiner Musik letztlich zu einem Plädoyer für die Menschlichkeit<br />

findet. Die Schostakowitsch Tage sollen damit auch über<br />

sich hinausweisen, genauer gesagt Richtung Osten.<br />

Im Mittelpunkt steht diesmal, abgesehen von Schostakowitsch<br />

selbst, die sogenannte polnische Moderne: namentlich die Komponisten<br />

und zugleich Jubilare Witold Lutosławski, Krzysztof Penderecki<br />

und Krzysztof Meyer. Lutosławski wäre in diesem Jahr 105<br />

Jahre alt geworden, Penderecki und Meyer feiern ihren 85. und<br />

75. Geburtstag. Die beiden Letzteren sind beim Festival nicht nur<br />

durch ihre Musik vertreten, sondern werden auch persönlich anwesend<br />

sein und sich zusammen mit ihren Ehefrauen, der Kulturmanagerin<br />

Elżbieta Penderecka und der Musikwissenschaftlerin<br />

Danuta Gwizdalanka, bei einem Round Table<br />

zum Gespräch einfinden. Die Geschichte ihrer<br />

Freundschaft zu Schostakowitsch ist ein Beweis<br />

für das völkerverbindende Element, das für<br />

Tobias Niederschlag im Programm des Festivals<br />

auch immer mitschwingt. Die Musik am Festival-<br />

Wochenende umfasst Kammer-, Chor- und<br />

44 w w w . c r e s c e n d o . d e — April – <strong>Mai</strong> 20<strong>18</strong>

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