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CRESCENDO 6/18 Oktober-November 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Teodor Currentzis, Evgeny Kissin, Adele Neuhauser, Danil Trifonov und Robin Ticciati.

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Teodor Currentzis, Evgeny Kissin, Adele Neuhauser, Danil Trifonov und Robin Ticciati.

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20 JAHRE<br />

AUSGABE 06/20<strong>18</strong> OKTOBER – NOVEMBER 20<strong>18</strong><br />

WWW.<strong>CRESCENDO</strong>.DE 7,90 EURO (D/A)<br />

mit CD im Heft<br />

ADELE NEUHAUSER<br />

Die Schauspielerin liebt<br />

Grenzgängerinnen<br />

auch jenseits des „Tatorts“<br />

DANIIL TRIFONOV<br />

„Kontrolle gibt mir Sicherheit“<br />

IGOR LEVIT<br />

EVGENY KISSIN<br />

ROBIN TICCIATI<br />

PAULA BOSCH<br />

Teodor<br />

Currentzis<br />

„Wenn ich dirigiere, erfüllt<br />

sich meine Bestimmung“<br />

B47837 Jahrgang 21 / 06_20<strong>18</strong><br />

Themenspecial<br />

Reise & Kultur<br />

SCHWERPUNKT<br />

OPUS KLASSIK<br />

Dem neuen Klassik-Preis<br />

auf die Finger geschaut


DYNAMIC – 40 Jahre<br />

DAS FÜHRENDE ITALIENISCHE OPERN- UND KLASSIK LABEL<br />

Dynamic wurde 1978 gegründet und feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum. Das Produkt-Portfolio des Labels konzentriert<br />

sich auf das immense Erbe italienischer und europäischer Musik des <strong>18</strong>. und 19. Jahrhunderts, insbesondere auf<br />

Opern und Werke für Violine. Zahlreiche Uraufführungen zeitgenössischer Werke finden sich im Katalog dieses einzigartigen<br />

Labels wieder.<br />

Eine besondere Bedeutung hat Nicolò Paganini für Dynamic, denn seine Kompositionen waren auf dem Debüt-Album des<br />

Labels zu hören, gespielt von dem international anerkannten Paganini-Experten Salvatore Accardo.<br />

NICOLÒ PAGANINI<br />

GESAMTEDITION<br />

CDS7734<br />

Besondere Highlights:<br />

★ ERSTE GESAMTEDITION<br />

der Werke Paganinis<br />

★ Extrem seltene Stücke<br />

in einer ERSTEINSPIELUNG<br />

★ Die sechs Violinkonzerte werden<br />

auf PAGANINIS EIGENER GEIGE<br />

"Il Cannone Guarnerius" gespielt<br />

40<br />

CDs<br />

Mit Salvatore Accardo, Ruggiero Ricci, Massimo Quarta,<br />

Leonidas Kavakos, Luigi A. Bianchi, Stefan Milenkovich,<br />

Franco Mezzena, Paganini Quartett u. v. a.<br />

Der Webshop www.naxosdirekt.de hält einen besonderen Bonus für Sie bereit:<br />

Melden Sie sich bis zum 30.11.20<strong>18</strong> im Webshop an und Sie erhalten diese einmalige Gesamtausgabe der Werke von<br />

Nicolò Paganini zum sensationellen SONDERPREIS VON NUR 59,95 €*. Geben Sie einfach bei Ihrer Bestellung<br />

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Angebot nur bei Erstanmeldung in unserem Webshop gültig<br />

Erhältlich im gut sortierten Fachhandel


P R O L O G<br />

FOTOS TITEL: NADIA ROSENBERG<br />

WINFRIED HANUSCHIK<br />

Herausgeber<br />

Exklusiv für Käufer und Abonnenten:<br />

die crescendo Premium-CD<br />

Viel Inhalt in besonders hochwertiger Ausstattung finden<br />

Sie in dieser Premium- Ausgabe: Reportagen, Porträts,<br />

Interviews, Aspekte und Hintergrundwissen aus der Welt<br />

der Klassik. Außerdem für alle Käufer und Abonnenten<br />

der Premium-Ausgabe:<br />

sechs Mal pro Jahr die crescendo-CD,<br />

ein exklusives Album mit Werken einiger in der<br />

aktuellen Ausgabe vorgestellten Künstler.<br />

In diesem Heft: die 74. CD der<br />

crescendo Premium-Edition.<br />

Fehlt die CD? Dann rufen Sie uns an: 089/85 85 35 48.<br />

NOMINIERT<br />

Liebe Leser,<br />

der renommierte Kulturmarken-Award verleiht in diesem Jahr erstmals den<br />

„PREIS FÜR EUROPÄISCHE MEDIENKULTUR“. Die 39-köpfige Experten-Jury<br />

hat drei Medien nominiert: Und crescendo ist dabei! Darauf sind wir sehr stolz und<br />

warten gespannt auf die Verkündung des Gewinners, die am 12. <strong>November</strong> in Berlin<br />

stattfinden wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden!<br />

Für ihr Lebenswerk erhält CHRISTA LUDWIG den neuen Musikpreis<br />

OPUS KLASSIK. Schon vor einigen Monaten besuchten wir die Künstlerin zu<br />

ihrem 90. (!) Geburtstag. Da plauderte die Grande Dame munter aus dem Nähkästchen.<br />

Sehr erfrischend. Aber sehen Sie selbst unter www.crescendo.de/opusklassik.<br />

Mehr zum OPUS KLASSIK finden Sie in unserem Schwerpunkt ab Seite 49.<br />

Da unsere leitende Redakteurin ihr erstes Kind erwartet, hat Barbara Schulz die<br />

Position übernommen. Sie liebt nicht nur die klassische Musik, sondern ist erfahrener<br />

Medienprofi und seit vielen Jahren als Autorin und verantwortliche Redakteurin<br />

für verschiedene Magazine tätig.<br />

Die crescendo-Redaktion wächst auch insgesamt: Ruth Reneé Reif verantwortet seit<br />

dieser Ausgabe die Ressorts „Hören & Sehen“ und „Erleben“, Klaus Härtel kümmert<br />

sich um die „Standards“, Barbara Schulz um die „Künstler“ und „Lebensart“,<br />

während Dr. Maria Goeth weiterhin den Themenschwerpunkt betreut und Anna<br />

Mareis die Online-Redaktion von crescendo.de. Die deutschen Tageszeitungen<br />

bauen kontinuierlich Umfang und Personal ihrer Feuilletons ab – wir bauen weiter<br />

auf, denn crescendo ist nicht mehr nur Deutschlands großes „Magazin für klassische<br />

Musik und Lebensart“, sondern auch Marktführer der Klassikmedien auf Facebook.<br />

Ein besonderer Dank geht hier an den renommierten Dirigenten und Weingourmet<br />

John Axelrod für 50 Ausgaben seiner Kolumne. Nun übergibt er an eine würdige<br />

Nachfolgerin: PAULA BOSCH, Deutschlands bekannteste Sommelière. Auf Seite 70<br />

erzählt sie von ihrer Passion und davon, dass Erfolg einen langen Atem braucht.<br />

Auch IOAN HOLENDER, einer der größten Opern-Experten und 19 Jahre lang<br />

Intendant der Wiener Staatsoper, schreibt ab der nächsten Ausgabe für crescendo.<br />

Wenn Sie nicht mehr so lange warten wollen, empfehlen wir Ihnen seine sehenswerte<br />

Fernsehsendung „kulTOUR mit Holender“ ab <strong>18</strong>. <strong>Oktober</strong> auf Servus TV –<br />

bundesweit im Kabelnetz und präsentiert von crescendo.<br />

Sie haben keine Lust, allein ins Konzert zu gehen? Dann freuen Sie sich auf die<br />

crescendo-Lounge zum inspirierenden Austausch! Wir haben 25 Karten der besten<br />

Kategorie bei den Konzerten „Mittwochs um halb acht“ des Münchner Rundfunkorchesters<br />

des Bayerischen Rundfunks reserviert – exklusiv für unsere Leser: Für<br />

45 Euro, inklusive Führung hinter die Kulissen und einem Glas Sekt, garantiert<br />

ohne Anstehen. Mehr auf www.crescendo.de/live und auf Seite 39. Los geht’s schon<br />

am 17. <strong>Oktober</strong> mit ANNA BONITATIBUS im Prinzregententheater München.<br />

Außerdem in dieser Ausgabe: Wir sprechen mit DANIIL TRIFONOV und trinken<br />

einen Kaffee mit ADELE NEUHAUSER, die Sie wahrscheinlich aus dem „Tatort“<br />

kennen. JULIANE BANSE kocht für uns, und IGOR LEVIT erzählt von der<br />

Selbstverständlichkeit seines politischen Engagements, auf das er aber nicht<br />

reduziert werden möchte. crescendo unterstützt das Konzert zum aktuellen<br />

Jubiläum „100 JAHRE FRAUENWAHLRECHT“. Und wir gratulieren<br />

TEODOR CURRENTZIS zu seinem Amtsantritt als Chefdirigent des SWR<br />

Symphonieorchesters.<br />

Last but not least sprechen wir mit Alice Sara Ott, Yaniv d’Or, Ian Bostridge,<br />

Evgeny Kissin und stellen Ihnen den Dirigenten Robin Ticciati vor.<br />

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen<br />

Ihr Winfried Hanuschik<br />

w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong> 3


P R O G R A M M<br />

© ELMER DE HAAS<br />

1 CD ALP 393 / 2LP SAMMLER-EDITION ALP 432<br />

BARBARA<br />

HANNIGAN<br />

SOPRANO<br />

REINBERT<br />

DE LEEUW<br />

PIANO<br />

Gemeinsam mit ihrem langjährigen Mentor<br />

und musikalischen Partner Reinbert de Leeuw<br />

entführt uns Barbara Hannigan in das Wien um<br />

1900. Die bewegenden Lieder von Zemlinsky,<br />

Schönberg, Webern, Berg und Alma Mahler<br />

spiegeln den kulturellen Reichtum einer<br />

versunkenen Zeit.<br />

AUCH ERHÄLTLICH<br />

ALP 293<br />

‘Hannigan, stimmlich gestaltend und über<br />

jeden Zweifel erhaben, setzt damit auch als<br />

Maestra einen herausragenden Akzent.’<br />

FONO FORUM<br />

06<br />

KENGO KUMA<br />

Filigran und spektakulär: das<br />

neue Museum V&A Dundee<br />

des japanischen Architekten.<br />

STANDARDS<br />

03 PROLOG<br />

Der Herausgeber stellt<br />

die Ausgabe vor<br />

06 BLICKFANG<br />

Das neue Museum<br />

V&A Dundee<br />

08 OUVERTÜRE<br />

Dr. Goeths Kuriosa<br />

Komponisten-Lieben<br />

Ensemble<br />

Hinter den Kulissen<br />

Klassik in Zahlen<br />

Ein Anruf bei …<br />

Igor Levit, Pianist und<br />

politischer Bürger<br />

Playlist<br />

Jean-Guihen Queyras<br />

38 RÄTSEL &<br />

REAKTIONEN<br />

44 IMPRESSUM<br />

82 HOPE TRIFFT<br />

Mark-Anthony Turnage,<br />

britischer Komponist mit<br />

Hang zum Jazz<br />

16<br />

ROBIN TICCIATI<br />

Der englische Dirigent will mit<br />

dem Deutschen Symphonie-<br />

Orchester Berlin Teil des<br />

kulturellen Sturms sein.<br />

KÜNSTLER<br />

12 EIN KAFFEE MIT ...<br />

Adele Neuhauser<br />

14 IAN BOSTRIDGE<br />

Der Tenor über sein<br />

neues Liederalbum<br />

zum Thema Krieg.<br />

16 ROBIN TICCIATI<br />

„Mein Körper ist<br />

mein Instrument“<br />

20 EVGENY KISSIN<br />

„Ich will lange genug leben,<br />

um all das zu spielen, was<br />

mich interessiert“<br />

21 YANIV D’OR<br />

„Singen packt Körper und<br />

Seele gleichermaßen“<br />

22 DANIIL TRIFONOV<br />

„Rachmaninow ist die<br />

Brücke zu meiner Heimat“<br />

24 ALICE SARA OTT<br />

„Als Musiker ist man<br />

immer auf der Suche“<br />

27<br />

MARLIS PETERSEN<br />

Sie klagt, sie lockt und leuchtet:<br />

Die Sopranistin wandelt entlang<br />

silbriger Spuren von Elfen,<br />

Sirenen und Sylphiden.<br />

HÖREN & SEHEN<br />

27 DIE WICHTIGSTEN<br />

EMPFEHLUNGEN DER<br />

REDAKTION<br />

28 ATTILAS AUSWAHL<br />

Die schönsten<br />

Interpretationen im Herbst<br />

32 SAMUEL<br />

HASSELHORN<br />

Dichterliebe hoch zwei!<br />

34 GEORG<br />

BREINSCHMID<br />

Faszinierende Bass-Akrobatik<br />

und die subversive Poetik<br />

Ernst Jandls<br />

36 UNERHÖRTES &<br />

NEU ENTDECKTES<br />

Eine Hommage zum<br />

100. Geburtstag des<br />

aserbaidschanischen<br />

Komponisten Kara Karajew<br />

FOTOS: HUFTON CROW; MONICA MENEZ; YIORGOS MAVROPOULOS<br />

Note 1 Music gmbh<br />

Carl-Benz-Str. 1 - 69115 Heidelberg<br />

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4 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


Aktiv.<br />

Wireless.<br />

High-End.<br />

Erschwinglich.<br />

46<br />

TEODOR CURRENTZIS<br />

Der Mystiker am Pult als<br />

Chefdirigent des SWR<br />

Symphonieorchesters in<br />

Stuttgart.<br />

49<br />

OPUS KLASSIK<br />

… ist der neue ECHO.<br />

Ein Blick auf den Preis und<br />

all jene Preisträger, die nicht<br />

in der ersten Reihe stehen.<br />

70<br />

PAULA BOSCH<br />

Deutschlands bekannteste<br />

Sommelière über ihre Passion<br />

und dass Erfolg einen langen<br />

Atem braucht.<br />

ERLEBEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

LEBENSART<br />

FOTOS: NADIA ROSENBERG; JÖRG LEHMANN<br />

39 DIE WICHTIGSTEN<br />

TERMINE UND<br />

VERANSTALTUN-<br />

GEN IM HERBST<br />

46 SWR SYMPHONIE-<br />

ORCHESTER<br />

Teodor Currentzis’<br />

hinreißendes Antrittskonzert<br />

in seiner ersten<br />

Saison als Chefdirigent<br />

48 100 JAHRE<br />

WAHLRECHT<br />

FÜR FRAUEN<br />

Historischer Überblick<br />

über einen steinigen Weg<br />

EXKLUSIV<br />

FÜR ABONNENTEN<br />

Hören Sie die Musik zu<br />

unseren Texten auf der<br />

crescendo Abo-CD –<br />

exklusiv für Abonnenten.<br />

Infos auf den Seiten 3 & 66<br />

50 SPOT ON …?<br />

Gedanken zum neuen<br />

Preis OPUS KLASSIK<br />

52 DIE GEWINNER<br />

Alle Preisträger auf einen<br />

Blick<br />

54 CHRISTA LUDWIG<br />

Quietschfidel und kein<br />

bisschen leise erhält die<br />

Künstlerin den Preis für ihr<br />

Lebenswerk<br />

57 VERSTECKTE<br />

JUWELEN<br />

Die interessantesten<br />

Künstler<br />

63 WOHER KOMMT<br />

EIGENTLICH<br />

der Begriff „Opus“?<br />

64 KOMMENTAR<br />

Axel Brüggemanns Vision,<br />

wie ein neuer Musikpreis<br />

aussehen könnte<br />

67 IOAN HOLENDER<br />

BEI SERVUS TV<br />

Auf „kulTOUR“ mit dem<br />

Kunst-Allrounder<br />

68 STARS KOCHEN<br />

FÜR <strong>CRESCENDO</strong><br />

Juliane Banses Kinderessen:<br />

gebratene Garnelen<br />

auf Fenchelsalat<br />

70 PAULA BOSCH<br />

Leidenschaft für Wein<br />

jenseits jeder Eitelkeit<br />

72 KUNST AM COVER<br />

Florales von Renate Busse<br />

73 REISE & KULTUR<br />

Reisen bildet und<br />

schmeckt: Slow Food in<br />

Italien, jede Menge Musik<br />

in Österreich, dazu Stil und<br />

Genuss in Deutschland<br />

81 WEINKOLUMNE<br />

John Axelrod über<br />

andalusische Geschichte<br />

und Genuss<br />

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5<br />

MEHR KLANGFASZINATION


O U V E R T Ü R E<br />

Ein Japaner<br />

in Dundee<br />

Seit 2014 „Design-City“, hat die schottische Hafenstadt<br />

Dundee nun ein angemessenes Museum bekommen:<br />

Am Ufer des Flusses Tay hat der japanische Architekt<br />

Kengo Kuma zwei umgedrehte Pyramiden aus rauem<br />

Beton und glattem Stahl inszeniert. Der 90 Millionen Euro<br />

teure Bau ist von den Klippen der nordschottischen Küste<br />

inspiriert und beherbergt eine „Filiale“ des V&A (Victoria<br />

and Albert) Museums London. Wem Schottland<br />

gerade zu weit ist: Kengo Kuma hat für das<br />

Nobelhotel „Das Kranzbach“ bei Innsbruck<br />

ein sensationelles „Meditation-House“<br />

gebaut. Feinste Adresse für<br />

kalte Tage.<br />

6 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


7<br />

FOTO: HUFTON CROW


O U V E R T Ü R E<br />

Dr. Goeths Kuriosa<br />

WIE GROSSE KOMPONISTEN LIEBEN – TEIL 2<br />

Wolfgang Amadeus Mozart: Der Scherzkeks<br />

„Krallerballer – Spitzignas – Bagatellerl“<br />

Mozart war ein Kindskopf mit Hang zur Blödelei und<br />

derben Späßen. Diese Frohnatur spiegelt sich auch in<br />

den Briefen an sein „liebstes Weibchen“ Constanze<br />

Weber wider, auch wenn die neunjährige Ehe bis zu<br />

Mozarts Tod nicht immer ganz rund lief: Constanze<br />

verprasst die nicht gerade ärmlichen Einkünfte<br />

Mozarts und ist aufgrund ihrer sechs Schwangerschaften<br />

oft krank und bettlägerig. Währenddessen<br />

lässt Mozart bei hübschen Damen außerhalb des<br />

ehelichen Betts nichts anbrennen.<br />

„Liebstes bestes Weibchen!<br />

Liebstes Weibchen, hätte ich doch auch schon einen Brief von Dir!<br />

Wenn ich Dir alles erzählen wollte, was ich mit Deinem lieben Porträt<br />

anfange, würdest du wohl oft lachen. Zum Beispiel, wenn ich es<br />

aus seinem Arrest herausnehme und sage: „Grüß Dich Gott, Stanzerl!<br />

Grüß dich Gott, Spitzbub – Krallerballer – Spitzignas – Bagatellerl –<br />

schluck und druck!“ – Und wenn ich es wieder hineintue, so lasse ich es<br />

so nach und nach hinunterrutschen, und sage immer „Nu – Nu – Nu –<br />

Nu!“, aber mit dem gewissen Nachdruck den dieses so vielbedeutende<br />

Wort erfordert und bei dem letzten schnell: „Gute Nacht, Mauserl,<br />

schlaf gesund!“ – Nun glaube ich, so ziemlich was Dummes (für die<br />

Welt wenigstens) hingeschrieben zu haben, für uns aber, die wir uns so<br />

innig lieben, ist es gerade nicht dumm. – Heute ist der sechste Tag, dass<br />

ich von Dir weg bin, und bei Gott, mir scheint es schon ein Jahr zu sein.<br />

– Du wirst wohl oft Mühe haben, meinen Brief zu lesen, weil ich in Eile<br />

und folglich etwas schlecht schreibe. – Adieu liebe einzige – der Wagen<br />

ist da [...]. Lebe wohl und liebe mich ewig so wie ich Dich; ich küsse Dich<br />

Millionenmal auf das zärtlichste und bin ewig<br />

Dein Dich zärtlich liebender Gatte<br />

W. A. Mozart. Dresden, den 13. April 1789, um 7 Uhr früh<br />

Mehr Briefe des Komponisten: „Mozarts Briefe 1769-1791“ (Nexx Verlag),<br />

Neuausgabe der 1924 vom Insel-Verlag herausgegebenen Briefsammlung<br />

HINTER DER BÜHNE<br />

Die Welt von crescendo lebt von den Künstlern und Mitarbeitern,<br />

die sie mit Leben füllen. Deshalb der gewohnte Blick hinter die Kulissen der Produktion.<br />

DAS NEUE TEAM<br />

Wenn die leitende Redakteurin in Elternzeit geht, ist Handeln<br />

angesagt. Und während Dr. Maria Goeth Mutterfreuden<br />

entgegensieht, müssen die Aufgaben vorübergehend anderweitig<br />

vergeben werden. Wir haben sie gleich auf mehrere<br />

Schultern verteilt, die allesamt obendrein auch schon ein paar<br />

Jahre crescendo-Erfahrung auf dem Buckel haben: Barbara<br />

Schulz (Mitte) übernimmt die Redaktionsleitung und die<br />

Ressorts „Künstler“ und „Lebensart“, Ruth Renée Reif<br />

kümmert sich um „Hören & Sehen“ sowie „Erleben“, während<br />

Klaus Härtel die „Ouvertüre“ beisteuert.<br />

FOTOS: PRIVAT<br />

8 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


O U V E R T Ü R E<br />

KLASSIK<br />

IN ZAHLEN<br />

90.000<br />

Euro<br />

– die Kosten für<br />

die Restauration des<br />

„Harlekin-Vorhangs“ der<br />

Dresdner Semperoper.<br />

215.000<br />

Euro schwer war das<br />

Geschenk eines Ehepaars aus<br />

den USA an den Leipziger<br />

Thomanerchor für den Bau<br />

seiner neuen Grundschule.<br />

4,79<br />

Millionen – so viele Zuschauer sahen<br />

den Schweizer „Klassik“-Tatort „Die<br />

Musik stirbt zuletzt“ aus Luzern. Das<br />

bedeutete eine Minuskulisse.<br />

150<br />

Rollen hat Plácido Domingo<br />

in seiner langen Karriere<br />

bisher gegeben. Zuletzt war<br />

der Zurga aus Les Pêcheurs<br />

de Perles von Georges Bizet bei<br />

den Salzburger Festspielen dran.<br />

FOTOS: MATTHIAS CREUTZIGER, GREG GORMAN/LA OPERA<br />

NEWSTICKER<br />

+++ Übungsräume per App: Music Traveler heißt der Anbieter, der es Musikern auf Reisen möglich machen soll, wo auch immer geeignete<br />

Probenräume zu finden. Es können Musikschulen Räume anbieten, vor allem aber sind Privatpersonen gefragt. Den Mietpreis pro Stunde legt<br />

der Anbieter fest. +++ Idagio expandiert: Der Streamingdienst Idagio bietet klassische Musik ab sofort auch in den USA und Kanada an.<br />

Bestehende Investoren hätten den Markteintritt in Nordamerika mit zehn Millionen Euro unterstützt, teilte das Berliner Start-up mit. Das<br />

Unternehmen hat nach eigenen Angaben Nutzer in mehr als 130 Ländern. +++ Recital auf der Mülldeponie: Der St. Petersburger Pianist<br />

Pavel Andreev hat einen Flügel auf eine Mülldeponie der Stadt gebracht und dort eigene Werke gespielt, um mit der Aktion auf die Umweltproblematik<br />

aufmerksam zu machen. +++ Robert-Schumann-Preis für Jörg Widmann: Der Klarinettist, Komponist und Dirigent Jörg<br />

Widmann erhält für seine Kompositionen den diesjährigen Schumann-Preis für Dichtung und Musik. Die Auszeichnung ist mit 15.000 Euro<br />

dotiert und wird Anfang <strong>November</strong> in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz verliehen.<br />

9


O U V E R T Ü R E<br />

Anruf bei Igor Levit<br />

Der in Berlin lebende und in Russland geborene Pianist äußert sich via Twitter immer wieder politisch.<br />

Nichts weiter als erste Bürgerpflicht, meint er, und will nicht wieder ein Gespräch führen, in dem er<br />

darauf reduziert wird. Genauso gern spricht er nämlich über die Musik.<br />

Genialer Musiker und<br />

kritischer Europäer:<br />

der Pianist Igor Levit<br />

crescendo: Herr Levit, Sie engagieren<br />

sich unter anderem auf Twitter aktiv<br />

gegen rechts. Woher kommt dieses<br />

Bedürfnis nach politischer Artikulation?<br />

Igor Levit: Das kommt so völlig unspektakulär<br />

daher, dass ich glaube, Sie<br />

und jeder andere Bürger haben genau<br />

die gleiche Verantwortung wie ich. Wir<br />

sind Staatsbürger, und ich habe in der<br />

Schule gelernt, dass das oberste Pflicht<br />

ist – nicht nur sein Kreuz zu machen<br />

und dann zu sagen, jetzt macht mal.<br />

Ich sehe, was um mich herum passiert<br />

und ich agiere dementsprechend.<br />

Mehr als das ist es auch nicht.<br />

Aber es wird dadurch besonders, dass<br />

andere öffentliche Personen die Bühne<br />

nicht vergleichbar nutzen.<br />

Die Bühne ist dafür kein exklusiver<br />

Ort. Aber an alle öffentlichen Personen<br />

gerichtet, die bis jetzt eine gewisse<br />

Form von Apathie an den Tag gelegt<br />

haben: Das haben sie sich die längste<br />

Zeit leisten können. Nicht positioniert zu sein und nicht klar zu<br />

agieren, kann man nur so lange, wie die Gesellschaft es einem erlaubt.<br />

Diese Zeit ist vorbei! Wer das jetzt noch nicht begriffen hat,<br />

der wird sehr bald eines Besseren belehrt werden.<br />

In welchem Verhältnis sehen Sie Musik und Politik?<br />

Das ist eine schwierige Frage. Musik kann sicherlich politisch sein.<br />

Aber letztendlich ist es nicht die Musik für sich, sondern immer das,<br />

was wir Menschen daraus machen. Nehmen Sie nur die Neunte Sinfonie<br />

von Beethoven – es gibt wohl kaum ein Stück, das zu so vielen<br />

verschiedenen Dingen missbraucht worden ist.<br />

Sie treten für einen „linken Humanismus“ ein. Was genau verstehen<br />

Sie darunter?<br />

Dass ich es im Privaten ebenso wie in der Öffentlichkeit niemals<br />

akzeptieren werde, dass Menschen die Idee vertreten, es gäbe Menschen<br />

zweiter Klasse. Das fängt bei kleinen Witzen am Abendbrottisch<br />

an bis hin zur öffentlichen Abwertung.<br />

Nach Ihrer Nationalität gefragt, war Ihre Antwort einmal „Europäer“.<br />

Wäre das heute immer noch dieselbe?<br />

Fügen Sie das Wort „kritischer“ hinzu. Aber: ja.<br />

Welche Rolle spielt in Ihrem Leben der Humor?<br />

Eine riesengroße. Aber ich habe gerade keinen. Mir hat ein Kabarettistenfreund<br />

mal geschrieben: Wir müssen so lange kämpfen, bis<br />

wir wieder einfach nur lustig sein und entspannt über Musik und<br />

Kunst reden können.<br />

Lassen Sie uns das jetzt versuchen, wenn auch zu einem sehr<br />

ernsten Thema. Sie haben Ihr neues Album Ihrem verstorbenen<br />

Freund Hannes Malte Mahler gewidmet und es „Life“ genannt.<br />

Was ist in den vergangenen zwei Jahren<br />

passiert?<br />

Es ging um nichts anderes als um einen<br />

totalen Neuaufbau für mich. Sie müssen<br />

sich klarmachen: Hannes war nicht<br />

nur mein bester Freund. Er war außerhalb<br />

meiner Familie der wichtigste<br />

Mensch in meinem Leben. Er war wie<br />

ein Bruder für mich und die engste Bezugsperson,<br />

die ich jemals hatte. Durch<br />

seinen Tod war all das auf einmal nicht<br />

mehr da und ich stand vor der Frage: In<br />

welche Richtung geht es jetzt? Wer bist<br />

du jetzt überhaupt?<br />

Tatsächlich liest sich das Programm<br />

auf dem Doppelalbum entsprechend<br />

existenziell. Die Stücke reichen von<br />

Bachs Chaconne bis zu Bill Evans<br />

Peace Piece. Was ist die Idee dahinter?<br />

Ich habe für dieses Album „Lebensfeierwerke“<br />

ausgewählt, die zutiefst<br />

menschliche Zustände beschreiben und<br />

mit denen ich sehr viel verbinde. Die<br />

Grundidee des Albums ist die Frage:<br />

Wie geht der Mensch damit um, wenn plötzlich existenzielle Fragen<br />

gestellt werden, es um Verlust geht, um den Tod oder die Liebe?<br />

Jedes Stück auf dem Album feiert das Leben auf seine ganz eigene<br />

Art. Das Herzstück des Programms ist Mensch von Frederic Rzewski.<br />

Es ist das einzige Stück, das wirklich unmittelbar mit Hannes verbunden<br />

ist.Ein sehr zentrales Werk ist aber auch die Fantasia after<br />

J. S. Bach von Busoni. Darin gedenkt Busoni zwar seines kurz vorher<br />

verstorbenen Vaters, gleichzeitig blickt er aber auch lebendig in die<br />

Zukunft. Die dunkelste Komposition dieses Albums sind sicher die<br />

Geistervariationen von Robert Schumann. Hier ist Schumann nur<br />

noch in sich selbst gefangen und kommt aus dieser Verfassung nicht<br />

mehr he raus. Auch das ist ein Zustand, den ich beim Verarbeiten<br />

des Todes von Hannes erlebt habe.<br />

Welche Rolle hat dabei die Musik gespielt?<br />

Überhaupt keine. Die Vorstellung, Musik könne helfen, war für<br />

mich grotesk. Mir hat nichts geholfen, außer Menschen. Und ich<br />

kann Ihnen versichern: Nichts, gar nichts von meiner Traurigkeit<br />

und meinem Unverständnis über diesen Verlust ist weniger geworden.<br />

Ich kann damit umgehen, ich kann damit leben lernen. Aber<br />

trotzdem bin ich genauso sauer wie vorher. Dennoch ist die Musik<br />

auf dem Album keine Therapie, sondern eher das Dokument eines<br />

inneren Zustandes. Ich bin sowieso dagegen, Musik<br />

irgendwelche Richtungen vorzugeben. Das<br />

halte ich für zutiefst unmusikalisch.<br />

■<br />

„Life“, Igor Levit (Sony)<br />

Dorothea Walchshäusl<br />

FOTO: HEJI SHIN / SONY MUSIC ENTERTAINMANT<br />

10 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


PLAYLIST<br />

Das Repertoire von Jean-Guihen Queyras, Solist des<br />

Ensemble Intercontemporain, ist beeinflusst von seiner<br />

langjährigen Zusammenarbeit mit Pierre Boulez und<br />

zeichnet sich durch seinen eklektizistischen Charakter<br />

aus: Die Diskografie reicht von Haydn (auf historischen<br />

Instrumenten) bis zu Dvořák und Komponisten des<br />

20. Jahrhunderts. Die aktuelle Einspielung beschäftigt sich<br />

mit Vivaldi. Was aber hört der Künstler privat?<br />

FOTO: MARCO BORGGREVE<br />

1. Mozart: Don Giovanni, Philharmonia Orchestra,<br />

Carlo Maria Giulini<br />

Eine Aufnahme, bei der man vergisst, dass es sich „nur“ um<br />

Musik handelt: Das Leben sprüht aus jeder Note, aus jeder<br />

Sängerin und jedem Sänger, aus dem Orchester! Und der Tod<br />

lauert an jeder Ecke …<br />

2. Stéphane Grapelli: Sweet Georgia Brown<br />

Stéphane Grapelli ist nicht nur wahrscheinlich der beste Geiger<br />

des 20. Jahrhunderts – er bringt uns zum innerlichen Glück!<br />

Man kann vor Seligkeit nur lächeln!<br />

3. Bach: Johannes-Passion, Philippe Herreweghe<br />

Ein Wunder, wie Herreweghe mit Wort und Musik umgeht. Ein<br />

Vorbild für uns Cellisten, wenn wir die Bach-<br />

Suiten spielen …<br />

4. Brahms: Violinkonzert, Perlman/<br />

Giulini, Chicago Symphony<br />

Das Meisterwerk schlechthin, interpretiert<br />

mit unwiderstehlichem Feuer und Intensität.<br />

Eine Aufnahme die mich über Jahre<br />

begleitet hat.<br />

5. Camille Bertault: En vie<br />

Die französische Sängerin macht ihre<br />

Stimme zu einem genialen groovigen<br />

Jazz- Instrument. Freude garantiert!<br />

Vivaldi: Sonatas for Violoncello &<br />

Basso, Jean-Guihen Queyras<br />

(Harmonia Mundi)<br />

11


K Ü N S T L E R<br />

Auf einen Kaffee mit …<br />

ADELE<br />

NEUHAUSER<br />

VON BARBARA SCHULZ<br />

FOTO: ADELE NEUHAUSER<br />

12 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


Adele Neuhauser (*1959) ist eine österreichische Schauspielerin.<br />

Sie machte Furore als Mephisto am Stadttheater Regensburg, ihren großen<br />

Durchbruch beim Fernsehen verdankt sie der Rolle der alkoholabhängigen<br />

Kommissarin Bibi Fellner. Aufsehen erregte ihre 2017 erschienene Biografie<br />

„Ich war mein größter Feind“.<br />

crescendo: Frau Neuhauser, Sie wollten Tänzerin, Kugelstoßerin,<br />

Speerwerferin und bereits mit sechs Jahren Schauspielerin werden.<br />

Im Wiener Stephansdom hatten Sie auch als Sängerin auf sich<br />

aufmerksam gemacht. War das nie ein Berufswunsch von Ihnen?<br />

Adele Neuhauser: Natürlich war es auch ein großer Wunsch von<br />

mir, Sängerin zu werden. Mit zwölf Jahren hab ich mich per<br />

Autostopp aufgemacht, um wie Billie Holiday in Bars aufzutreten.<br />

Ich wurde allerdings von der Polizei aufgegriffen und nach Hause<br />

zurückgeschickt. Damit hat mein Anlauf ein jähes Ende gefunden.<br />

Zur Musik Billie Holidays wollten Sie auch sterben, wie Sie im<br />

Zusammenhang mit mehreren Selbstmordversuchen erzählen.<br />

Musik spielt für Sie also eine große emotionale Rolle.<br />

Ja, ohne Musik kann ich nicht leben. Und damals wollte ich auch<br />

nicht ohne Musik sterben. Billie Holidays Gesang und vor allem<br />

ihre Texte haben mich in meiner Traurigkeit bestätigt und bestärkt.<br />

Ich wusste schon, wie ich mich „richtig“ stimulieren konnte, um<br />

einen so heftigen Schritt zu vollziehen.<br />

„Ich muss die Welt von mir befreien“ – Ihr Lebensgefühl als<br />

Jugendliche. Es war wohl eher eine Befreiung von sich selbst.<br />

Ja, in gewisser Weise war ich mir zu viel. Ich bin ein sehr emotionaler<br />

Mensch und habe auch ein sehr theatralisches Wesen. So<br />

überspitze oder überzeichne ich gerne Situationen und Stimmungen.<br />

Ich bin also nicht nur ein bisschen traurig, sondern gleich in<br />

Endzeitstimmung. Aber so schnell ich diese Gefühle hege, so<br />

schnell kann ich auch wieder zurück – mittlerweile … Damals hat<br />

mir meine Vehemenz Angst gemacht. Ich kann Ihnen gar nicht<br />

sagen, wie froh ich bin, dass ich mich überwunden habe.<br />

Sie hatten eine Stimmbandoperation. Das ist mehr als ein<br />

körperlicher Eingriff. Was hat sich dadurch verändert?<br />

Diese Stimmbandoperation hat eine elementare Veränderung bei<br />

mir bewirkt. Als junges Mädchen war ich eher burschikos, um<br />

meine Unsicherheiten zu kaschieren. Allerdings ist dadurch meine<br />

Weiblichkeit etwas auf der Strecke<br />

geblieben. Durch die OP hatte ich eine<br />

hellere Stimme und fühlte mich insgesamt<br />

weicher und angenehm weiblich.<br />

Hinter Ihnen liegt eine schwere Zeit.<br />

Vater, Mutter und Bruder sind innerhalb<br />

kurzer Zeit gestorben. Damit muss<br />

man erst mal fertig werden …<br />

Mir hat das Schreiben sehr geholfen, um<br />

den Verlust dieser drei geliebten Menschen zu verarbeiten. Ich<br />

habe zuerst gedacht, ich könnte jetzt gar nicht mehr an dem Buch<br />

weiterarbeiten. Aber ich habe das Schreiben auch als Chance<br />

gesehen. Nicht nur, um Trauerarbeit zu leisten, sondern auch, um<br />

zu sehen, wo ich stehe. Aber alle, mein Vater, meine Mutter und<br />

mein Bruder, sind immer um mich. Und das ist ein schönes Gefühl!<br />

Ihre Mutter hat Sie einmal gefragt: „Adele, wo ist jetzt eigentlich<br />

dein Glück?“ Wissen Sie heute, wo Sie es finden?<br />

Ich denke oft an den Moment, als meine Mutter mir diese so<br />

liebevolle Frage gestellt hat. Wenn man ehrlich ist, denkt man doch<br />

meist ans Glück, wenn man keines hat, oder? Ich bin zurzeit<br />

ziemlich zufrieden mit mir und meinen Lebensumständen, und<br />

das ist für mich immer mehr das eigentliche Glück.<br />

OHNE MUSIK KANN ICH<br />

NICHT LEBEN. UND DAMALS<br />

WOLLTE ICH AUCH NICHT<br />

OHNE MUSIK STERBEN<br />

Sie wurden in Athen geboren, Ihr Vater war Grieche. Spüren Sie<br />

die Mentalität – und wenn ja, wo und wie?<br />

Ich spüre meine Wurzeln immer mehr in den Menschen die mich<br />

begleiten und begleitet haben. So hat mir zum Beispiel mein letzter<br />

Aufenthalt in Griechenland gezeigt, dass dieses Land schon sehr<br />

mit meinem großartigen Vater gekoppelt war. Jetzt ist er nicht<br />

mehr, und ich habe irgendwie das Gefühl, dort keine Berechtigung<br />

mehr zu haben. Was natürlich Quatsch ist. Ich liebe Griechenland<br />

und muss wieder öfter dorthin, um meinen eigenen Zugang zu<br />

diesem Land zu erspüren. Denn im Grunde meines Herzens bin<br />

ich schon noch eine (kleine) Griechin. Das merke ich vor allem,<br />

wenn ich mich aufrege oder begeistert bin!<br />

Ihr Start als Schauspielerin war ziemlich steinig. Haben Sie<br />

immer an sich und Ihre Entscheidung geglaubt?<br />

Die Antwort ist ein klares Ja. Irgendwie bin ich nachträglich auch<br />

froh, dass mein Weg nicht so leicht war. Das hat mich noch mehr<br />

an mir arbeiten lassen und mich in meinem Entschluss bestärkt.<br />

Mit den Rollen der eigenbrötlerischen Amateurermittlerin Julie<br />

Zirbner und der eigenwilligen Kommissarin Bibi Fellner haben<br />

Sie einen phänomenalen Durchbruch erlebt. Grenzgängerinnen<br />

sind offenbar Ihr Metier?<br />

Ich mag es, wenn ich in meiner Profession, auf eigenwillige Weise,<br />

von meinen Charakteren gefordert werde. Diese Grenzgängerinnen<br />

sind ja auch spannende Figuren.<br />

Dazu passen auch die legendären Rollen der Medea und des<br />

Mephisto, die Sie am Theater gespielt haben …<br />

Absolut! Ich bin sehr froh, dass ich sie spielen durfte. Diese Rollen<br />

und Inszenierungen werden mir immer in Erinnerung bleiben.<br />

Und ich sehne mich auch nach mehr solcher Herausforderungen.<br />

Gutes Stichwort: Im Frühjahr 2019 sind Sie in der ARD als<br />

Helene Weigel neben Burghart Klaußner als Bert Brecht zu<br />

sehen. Keine einfache Frau, keine einfache Beziehung …<br />

Ja, absolut. Ich habe Helene Weigel seit<br />

jeher verehrt, und ihre Biografie wie auch<br />

ihre Verbindung mit Brecht haben mich<br />

schon immer sehr gefesselt. Brecht war ja<br />

kein einfacher Lebenspartner. Sie aber<br />

wollte nie als Opfer über ihn sprechen. Im<br />

Gegenteil. Die Zusammenarbeit mit<br />

Burghart Klaußner war toll. Ich bin sehr<br />

gespannt auf den fertigen Zweiteiler.<br />

Sie wandern am liebsten schnell und allein. Was macht das?<br />

Ich kann mich und meine Gedanken vergessen und mich, im<br />

Idealfall, völlig der Natur geben. Klingt ein bisschen schwülstig,<br />

aber so würde ich es mir wünschen. Und manchmal gelingt es mir<br />

eben auch. Dann empfinde ich übrigens großes Glück!<br />

Sie sagen, Sie könnten durch Ihr Alleinsein sehr verschwenderisch<br />

mit Liebe umgehen …<br />

Wenn man allein lebt, heißt das ja nicht zwingend, dass man keine<br />

Liebe mehr empfindet. Und ich kann meine Liebe jetzt allen geben,<br />

die mir herzlich und freundlich gegenübertreten. Und das sind<br />

ganz schön viele! (lacht)<br />

Der Termin der Ausstrahlung des Brecht-Films lag zum Zeitpunkt des Drucks noch nicht vor.<br />

■<br />

13


K Ü N S T L E R<br />

LIEDER IN ZEITEN<br />

DES KRIEGES<br />

Seit Jahren beschäftigt sich der britische Tenor Ian Bostridge<br />

mit den beiden Weltkriegen und der Musik, die in jenen Zeiten entstand.<br />

Nun erscheint sein Album mit Liedern zu dem Thema.<br />

VON MARIO-FELIX VOGT<br />

Ian Bostridge ist der absolute Gegenentwurf zum Typus<br />

des mit Schmelz und Schmalz auftrumpfenden Gondolieren-Tenors.<br />

Der hagere 54-Jährige ist der Inbegriff des intellektuellen<br />

Sängers, der nichts dem Zufall überlässt. Er ist umfangreich<br />

gebildet, hochreflektiert und hat nicht nur eine Gesangsausbildung<br />

absolviert, sondern auch Philosophie und Geschichte in<br />

Oxford und Cambridge studiert. Gemeinsam mit dem Bassisten<br />

Matthias Goerne Benjamin stand er an der Berliner Staatsoper<br />

Unter den Linden mit Brittens War Requiem auf der Bühne, am Pult<br />

stand Bostridges langjähriger musikalischer Gefährte, Sir Antonio<br />

Pappano, der auch als Pianist auf seinem neuen Weltkriegslieder-<br />

Album mitwirkte. Auffallend freundlich, offen und unprätentiös ist<br />

dieser Künstler, der, hat er einmal angefangen zu erzählen, sprudelt<br />

wie ein unerschöpflicher Quell.<br />

crescendo: Herr Bostridge, was war die Idee zu einem Album,<br />

das sich um den Ersten Weltkrieg dreht?<br />

Ian Bostridge: Ursprünglich hatte ich eigentlich geplant, zu dieser<br />

Thematik ein Buch zu veröffentlichen. Während eines Konzerts<br />

von Benjamin Brittens War Requiem in Montreal wurde mir<br />

plötzlich klar, dass es meine 74. Aufführung dieses Werks war. Und<br />

so dachte ich, ich sollte vielleicht über etwas schreiben, das einen<br />

Bezug zum War Requiem mitbringt.<br />

Ich konnte dafür die Lieder aus meinem Repertoire verwenden,<br />

die eine Verbindung zum Ersten Weltkrieg haben und eine Art<br />

intellektuelles Narrativ kreieren. Zum Beispiel mit drei Liedern von<br />

Gustav Mahler aus dem Zyklus Des Knaben Wunderhorn beginnen<br />

und die Ursprünge der Wunderhorn-Lieder anschauen – einige<br />

kamen aus dem Dreißigjährigen Krieg, andere aus den Napoleoni-<br />

FOTO: WARNER CLASSICS / SIMON FOWLER<br />

14 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


schen Kriegen. Es stellte sich dann die Frage, in welcher Gesellschaft<br />

Mahler aufwuchs, er hörte ja die ganze Zeit Militärmusik.<br />

War Österreich eine besonders militarisierte Gesellschaft? Und wie<br />

war Mahlers Haltung gegenüber dem Krieg?<br />

Damit wäre die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg abgedeckt.<br />

Genau. Dann hatte ich auch Lieder von zwei Komponisten<br />

gesungen, die in diesem Krieg auf beiden Seiten getötet wurden.<br />

Der Engländer George Butterworth fiel in der Schlacht an der<br />

Somme und der deutsche Komponist Rudi Stephan in Galizien an<br />

der Ostfront. Zwar haben Stephans Lieder nicht direkt mit dem<br />

Krieg zu tun, sie entstanden jedoch in den Kriegsjahren 1913/14.<br />

Es sind sind ungemein interessante Werke mit einem unverwechselbaren<br />

Ton – und Stephan versucht hier nicht, einen anderen<br />

Komponisten zu imitieren.<br />

Die Butterworth-Lieder hingegen sind enger mit dem Thema Krieg<br />

verknüpft. Die Gedichte, auf denen sie basieren, sind der berühmten<br />

Sammlung „A Shropshire Lad“ des englischen Dichters A. E.<br />

Housman entnommen. Sie wurden in der ersten Hälfte des 20.<br />

Jahrhunderts sehr häufig von englischen Komponisten vertont.<br />

Während des Ersten Weltkriegs nahmen viele Soldaten diese<br />

Gedichtsammlung mit in den Schützengraben, um während des<br />

Bombardements etwas Ablenkung zu haben.<br />

Wie ist denn die Verbindung von Kurt Weills Four Walt<br />

Whitman Songs zum Krieg?<br />

Da ist es etwas komplizierter. Den Rahmen bildet hier das Leben<br />

des Dichters Walt Whitman, der im amerikanischen Bürgerkrieg<br />

als freiwilliger Sanitätshelfer in Lazaretten arbeitete und während<br />

der <strong>18</strong>60er-Jahre eine Vielzahl an Gedichten über den Krieg<br />

schrieb. Dieser Bürgerkrieg ist wahrscheinlich der erste mechanisierte<br />

Krieg überhaupt, denn er ist der erste Krieg, in dem Maschinengewehre<br />

zum Einsatz kamen. Weill komponierte die Whitman-<br />

Lieder während des Zweiten Weltkriegs. In ihnen zeigt sich<br />

teilweise bereits ein amerikanischer Tonfall, der auch die Musicals,<br />

die er in den 1940er-Jahren schrieb, kennzeichnet.<br />

Sie selbst haben ja ebenfalls Geschichte studiert. Haben Sie sich<br />

im Rahmen Ihres Studiums auch mit den beiden Weltkriegen<br />

beschäftigt?<br />

Nicht professionell. Die Verbindung zum Ersten Weltkrieg lief für<br />

mich in erster Linie über meinen Bruder Mark. Er ist Schriftsteller<br />

und hat mehrere Bücher darüber verfasst, etwa über das Jahr 1914 in<br />

England oder über die englische Autorin Vera Brittain. Sie veröffentlichte<br />

1933 ihre Memoiren über ihre Erfahrungen als Frau während<br />

des Krieges und war in den 1940er-Jahren eine aktive Pazifistin.<br />

Ihre Doktorarbeit haben Sie über Hexerei geschrieben. Wie<br />

kamen Sie auf dieses Thema?<br />

Nun, ich habe ein großes Interesse an Wissenschaftsgeschichte und<br />

der Entwicklung der Rationalität. Während meiner Studienzeit in<br />

Cambridge kam ich auf die Idee, eine Doktorarbeit über Hexerei<br />

zu schreiben und darin zu untersuchen, warum gebildete Menschen<br />

um 1760 in England aufhörten, daran zu glauben. Meine<br />

Antwort war, dass die Leute nicht deshalb nicht mehr daran<br />

glaubten, weil sie plötzlich die Rationalität für sich entdeckt hatten,<br />

sondern weil es politisch peinlich wurde und<br />

unter religiösen Aspekten als nicht ganz richtig<br />

angesehen wurde.<br />

■<br />

Mahler, Stephan, Butterworth, Weill: „Requiem. The Pity of War“,<br />

Ian Bostridge, Antonio Pappano (Warner Classics)<br />

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16 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


AUF DER<br />

SUCHE<br />

NACH DER<br />

INNEREN<br />

WAHRHEIT<br />

Der Dirigent Robin Ticciati im Gespräch<br />

über seine neue Heimat Berlin,<br />

italienische Familienwurzeln und<br />

die Leidenschaft für französische Musik.<br />

VON CORINA KOLBE<br />

17<br />

FOTO: MONICA MENEZ


K Ü N S T L E R<br />

D<br />

FOTO: MONICA MENEZ<br />

ie üppige Lockenpracht ist nicht das Einzige, was<br />

Robin Ticciati mit Simon Rattle verbindet. Beide<br />

stammen aus England, sind international gefragte Dirigenten und<br />

können auch Schlagzeug spielen. Doch während sich Rattle kürzlich<br />

von den Berliner Philharmonikern nach London verabschiedet hat,<br />

ist Ticciati, seit Herbst 2017 Chefdirigent des Deutschen Symphonie-<br />

Orchesters Berlin, erst jetzt richtig in der Stadt angekommen.<br />

„Bis zum letzten Sommer bin ich viel gependelt, es war auch meine<br />

Abschiedssaison als Chef des Scottish Chamber Orchestra in Edinburgh“,<br />

sagt er. „Jetzt kann ich mich<br />

endlich ganz auf mein neues Orchester<br />

konzentrieren, seinen Klang formen.<br />

Mir geht es immer darum,<br />

nach der inneren Wahrheit in der<br />

Musik zu suchen.“<br />

Im Szeneviertel Prenzlauer<br />

Berg wohnt er bereits seit zwei Jahren.<br />

„Ich bin neugierig auf alles, was<br />

Berlin kulturell zu bieten hat“, verrät<br />

er, während er sich grünen Tee<br />

bestellt. „Auch in London, wo ich<br />

aufgewachsen bin, ist das Angebot<br />

groß. Doch hier scheint es mir, als<br />

hätten die Menschen einen noch<br />

direkteren Zugang zur Kultur. So, als<br />

gehöre sie physisch zum Alltag dazu.“<br />

Als Dirigent hat es Ticciati mit<br />

35 Jahren bereits weit gebracht.<br />

Orchester wie die Wiener Philharmoniker,<br />

das Symphonieorchester<br />

des Bayerischen Rundfunks und das<br />

London Symphony Orchestra luden<br />

ihn ein, außerdem gastierte er an der<br />

Mailänder Scala, bei den Salzburger<br />

Festspielen und im Royal Opera<br />

House in London. Seit 2014 ist er in<br />

seiner Heimat Musikdirektor der<br />

MIR GEHT ES IMMER DARUM,<br />

NACH DER INNEREN WAHRHEIT<br />

IN DER MUSIK ZU SUCHEN<br />

Glyndebourne Festival Opera. „Das<br />

Wichtigste ist, seinen eigenen Überzeugungen<br />

treu zu bleiben“, meint er.<br />

„Alles, was man tut, ist das Ergebnis<br />

von Arbeit und Passion.“<br />

Mit dem DSO geht Ticciati ausgiebig<br />

seiner Leidenschaft für französische<br />

Komponisten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts<br />

nach. Beim Label Linn erschien gerade ein Album mit Maurice<br />

Ravels Zweiter Orchestersuite zu Daphnis et Chloë, den Valses nobles<br />

et sentimentales sowie der sinfonischen Dichtung Aux étoiles und<br />

Liedern von Henri Duparc, interpretiert von der tschechischen<br />

Mezzosopranistin Magdalena Kožená. „Sie verleiht den Stücken<br />

eine besondere emotionale Färbung, das gefällt mir sehr.“ Auf Ticciatis<br />

Debüt-CD mit seinem Berliner Orchester hatte die Ehefrau<br />

von Simon Rattle bereits Ariettes oubliées von Claude Debussy<br />

gesungen. „Ich versuche mit den Musikern immer tiefer in das französische<br />

Repertoire vorzudringen. An Ravels Valses liebe ich diese<br />

Fin-de-Siècle-Atmosphäre“, schwärmt er. „Ich sehe hell erleuchtete<br />

Pariser Straßen vor mir. Das ist für mich ein bisschen wie Oper.“<br />

Musik begleitet den Briten mit italienischen Wurzeln seit seiner<br />

Kindheit. Sein Vater, ein Rechtsanwalt, spielt aus Leidenschaft<br />

Cello, die Mutter Bratsche. „Bei uns zu Hause wurde eigentlich<br />

immer musiziert“, erinnert er sich. Als Geiger, Pianist und Schlagzeuger<br />

ausgebildet, nahm Ticciati schon mit 15 Jahren den Dirigentenstab<br />

in die Hand. „Dadurch wollte ich der Musik noch näherkommen“,<br />

bekennt er. „Als Dirigent kann man mit einer Geste den<br />

Klang eines ganzen Orchesters verändern. Man muss in der Lage<br />

sein, seinen Körper wie ein Tänzer unter Kontrolle zu halten. In<br />

gewisser Weise ist der Körper also ein Instrument.“<br />

Der in Rom geborene Großvater war Komponist und Arrangeur.<br />

„Als ich in der Stadt zum ersten Mal mit dem Orchestra<br />

dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia auftrat, kamen nach dem<br />

Konzert sechs Namensvettern auf<br />

mich zu und strahlten mich an. Das<br />

war ein besonderes Erlebnis! Auch<br />

wenn meine Eltern Briten sind,<br />

steckt die italienische Kultur irgendwie<br />

in mir.“<br />

Von seinen Mentoren Colin<br />

Davis und Simon Rattle gefördert,<br />

trat Ticciati 2005 als jüngster Dirigent<br />

mit der von Claudio Abbado<br />

gegründeten Filarmonica della Scala<br />

auf. Später dirigierte er an dem<br />

Opernhaus Benjamin Brittens Oper<br />

Peter Grimes. „Das Temperament<br />

der Musiker hat mich sofort angesprochen.<br />

Britten klingt plötzlich ein<br />

bisschen nach Giacomo Puccini.“<br />

Für Abbado, von 1968 bis 1986<br />

Musikdirektor des Opernhauses und<br />

später Vorgänger Rattles bei den<br />

Berliner Philharmonikern, empfindet<br />

Ticciati große Bewunderung.<br />

„Seine Art zu dirigieren hatte vor<br />

allem gegen Ende seines Lebens<br />

etwas sehr Spirituelles. Seine Bewegungen<br />

waren fließend und schön<br />

anzusehen. Er besaß die Gabe,<br />

Orchester dazu zu bringen, für ihn<br />

ihr Bestes zu geben.“<br />

Unter Leitung Ticciatis führte<br />

das Deutsche Symphonie-Orchester<br />

im September beim Musikfest Berlin<br />

mit Gesangssolisten und dem Berliner<br />

Rundfunkchor neben Debussys<br />

Bühnenmusik zu Le martyre de Saint<br />

Sébastien auch eine von Abbado zusammengestellte Suite aus<br />

Richard Wagners Oper Parsifal für Chor und Orchester auf. Werke<br />

von Fauré, Berlioz und Mozart stehen auf dem Programm, wenn<br />

Ticciati im kommenden Januar in der Philharmonie zum fünften<br />

Todestag des großen Dirigenten ans Pult des Chamber Orchestra of<br />

Europe treten wird.<br />

Mit dem DSO widmet er sich in dieser Saison unter anderem<br />

auch Händels Messias, Brahms-Sinfonien oder zeitgenössischen<br />

Stücken, darunter eine Uraufführung von Aribert Reimann. „Mit<br />

dem Orchester will ich in Berlin Teil des großen Ganzen, des kulturellen<br />

Sturms sein“, so Ticciati. Mit seinen Musikern ist er außerdem<br />

auf Tourneen im In- und Ausland zu erleben,<br />

etwa in Köln, Ludwigshafen, Lugano und Lyon.■<br />

Ravel & Duparc: „Aimer et mourir“, Robin Ticciati, Magdalena Kožená,<br />

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin (Linn)<br />

Track 10 auf der crescendo Abo-CD:<br />

„Au pays où se fait la guerre“ von Henri Duparc<br />

<strong>18</strong> w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


Aktuelle<br />

NEUHEITEN<br />

bei Sony Classical<br />

Igor Levit<br />

Life<br />

Igor Levits neues Album „Life“<br />

ist eine ganz persönliche<br />

Auswahl aus Werken von<br />

Bach, Schumann, Liszt,<br />

Wagner, Busoni, Rzewski und<br />

Bill Evans. Eine musikalische<br />

Hymne an das Leben.<br />

www.igorlevit.de<br />

www.jonaskaufmann.com<br />

Jonas Kaufmann<br />

Eine italienische Nacht<br />

Das Konzert in der Berliner Waldbühne<br />

war ein Riesenerfolg für<br />

Jonas Kaufmann, Anita Rachvelishvili<br />

und das Rundfunk-Sinfonieorchester<br />

Berlin. Die zauberhafte<br />

„italienische Nacht“ mit Musik aus<br />

der Cavalleria Rusticana, populären<br />

Arien und Songs ist als CD, DVD &<br />

Blu-ray erhältlich.<br />

Best of Klassik 20<strong>18</strong><br />

Das Beste der Klassik 20<strong>18</strong><br />

auf einem preisgünstigen<br />

3-CD-Album mit allen Opus<br />

Klassik Preisträgern: Diana<br />

Damrau, Juan Diego Flórez,<br />

Daniil Trifonov, Regula<br />

Mühlemann, u.v.a.<br />

herausragende Künstler.<br />

www.teodor-currentzis.com<br />

Teodor Currentzis<br />

Mahler 6. Sinfonie<br />

Das neue, mit Spannung<br />

erwartete Album von Teodor<br />

Currentzis und seinem Orchester<br />

MusicAeterna mit Mahlers<br />

6. Sinfonie erscheint am 19.10.<br />

Lautten Compagney &<br />

Dorothee Mields<br />

War & Peace 16<strong>18</strong>-19<strong>18</strong><br />

Packende Musik zum Thema<br />

Krieg und Frieden, von<br />

Schütz und Scheidt bis hin<br />

zu Hollaender und Eisler.<br />

Erhältlich ab 19.10.<br />

www.lauttencompagney.de<br />

www.placidodomingo.com<br />

Plácido Domingo<br />

Volver<br />

Plácido Domingo und Gitarrist<br />

Pablo Sainz-Villegas, den das<br />

Billboard Magazine „Welt-<br />

Botschafter der spanischen Gitarre“<br />

nennt, spielen berühmte iberische<br />

und lateinamerikanische Lieder,<br />

spanische Coplas, nostalgischen<br />

Fado u.a.<br />

WWW.SONYCLASSICAL.DE<br />

www.facebook.com/sonyclassical<br />

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K Ü N S T L E R<br />

FOTO: WYASTONE ESTATE<br />

DIE KUNST DER<br />

BESCHRÄNKUNG<br />

Der russische Pianist Evgeny Kissin gilt als einer der bedeutendsten Interpreten seiner<br />

Generation. Bei seinem respektablen Repertoire kann er sich Lücken leisten. Muss er.<br />

Denn die Liste der Solo- und Orchesterwerke, die er noch spielen will, ist lang.<br />

VON MARIO-FELIX VOGT<br />

Immer schneller dreht sich das Interpreten-Karussell in den letzten<br />

Jahren. Immer wieder tauchen neue hübsche Gesichter auf,<br />

deren oft mittelmäßige Aufnahmen mit viel Marketing-Aufwand<br />

an den Konsumenten gebracht werden sollen. Und immer wieder<br />

passiert es, dass diese, meist jungen, Künstler wieder in der Versenkung<br />

verschwinden, bevor ihre Karriere überhaupt richtig begonnen<br />

hat. Im Vergleich zu diesen nach Popkriterien gecasteten Musikern<br />

erscheint Evgeny Kissin wie ein Wesen von einem anderen<br />

Stern. Er ist völlig uneitel, sehr auf die Musik fokussiert, die ihn<br />

wirklich interessiert, und versucht nicht, Wissen vorzutäuschen, das<br />

er nicht hat.<br />

Auf die Frage beispielsweise, was er denn von den Klavierwerken<br />

des amerikanischen Minimalisten Philip Glass oder von Crossover-Klassik<br />

hält, gesteht er denn auch freimütig, dass er beides<br />

„ehrlich gesagt nicht kenne“. Auch die Frage, ob er jemals Beethovens<br />

Klaviermusik auf einem historischen Hammerflügel gespielt<br />

habe, verneint er. Kissin zeigt hier, wie wichtig es in der Kunst sein<br />

kann, sich auf bestimmte Dinge zu beschränken, wenn man Großes<br />

erreichen möchte. So habe er auch, anders als die von ihm besonders<br />

geschätzten Beethoven-Interpreten Arthur Schnabel oder<br />

Richard Goode, „niemals daran gedacht, alle 32 Beethoven-Sonaten<br />

aufzunehmen“. Da konzentriert er sich lieber auf einige wenige<br />

Sonatenwerke, in die er sich dann aber versenkt. Beispielsweise in<br />

die Hammerklaviersonate. Mit diesem monumentalen Stück, das<br />

sowohl hinsichtlich Umfang als auch hinsichtlich der wahnwitzigen<br />

pianistischen Anforderungen jeglichen Rahmen sprengt, war er in<br />

den letzten beiden Jahren mehrfach live im Konzert zu erleben.<br />

Die Hauptschwierigkeit bei diesem Werk stellen die rasend<br />

schnellen Tempi dar, die Beethoven für die beiden Ecksätze mit<br />

Metronomzahlen exakt notierte. Wie die meisten seiner Pianistenkollegen<br />

ignoriert der russische Starpianist diese Vorschriften, da<br />

sie schlichtweg „unspielbar“ seien. „Beethoven schrieb diese Sonate,<br />

als er bereits taub war“, erklärt er, „also orientierte er sich bei den<br />

Metronomangaben an dem, was er in seinem Kopf hörte. Er hatte<br />

jedoch keine Gelegenheit zu überprüfen, wie seine Musik in diesen<br />

Tempi wirklich klingen würde.“ Kissin weist in diesem Zusammenhang<br />

darauf hin, dass sich sogar manche großen Komponisten bei<br />

der Interpretation ihrer eigenen Werke nicht an ihre Tempovorschriften<br />

gehalten haben, und nennt Sergej Rachmaninow als prominentes<br />

Beispiel. Mit dessen Préludes kombinierte er die Hammerklaviersonate<br />

im Konzert als Kontrast. Auf ein sehr langes klassisches<br />

Werk folgten dann zehn kurze romantische Stücke.<br />

Evgeny Kissin verfügt über ein umfangreiches Repertoire,<br />

doch ist da eine ganze Reihe an Klavierkonzerten, die er gerne noch<br />

einstudieren möchte. Dazu gehören so bekannte Werke wie Mozarts<br />

frühes Es-Dur Konzert Jenamy, früher Jeunehomme genannt, Liszts<br />

2. Klavierkonzert, das Kissin im nächsten Jahr live spielen wird, Bartóks<br />

Konzerte Nr. 1 und 3 oder Gershwins Rhapsody in Blue, aber<br />

auch selten zu hörende Stücke wie Karol Szymanowskis 4. Sinfonie<br />

für Klavier und Orchester oder die ersten beiden Konzerte des in<br />

deutschen Landen immer noch viel zu unbekannten russischen<br />

Spätromantikers Nikolai Medtner. Natürlich fallen ihm auch etliche<br />

Solowerke ein, die er mit Vergnügen lernen würde. „Allerdings<br />

würde ich mehrere Seiten brauchen, um sie alle zu nennen“, räumt<br />

er ein. „Ich hoffe nur, dass ich lange genug lebe,<br />

um all das spielen zu können, was ich gerne spielen<br />

würde.“<br />

■<br />

Shostakovich: Quartet No. 2, Kissin: Quartett (2016),<br />

Kopelman Quartett (Nimbus Records)<br />

20 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


„MEINE STIMME<br />

IST MEIN ZUHAUSE“<br />

Der Countertenor Yaniv d’Or ist ein feinsinniger Exot in der Welt der Klassik. Nun erscheint<br />

sein neues Album „Exaltation“ als Höhepunkt einer außergewöhnlichen Trilogie.<br />

VON DOROTHEA WALCHSHÄUSL<br />

Yaniv d’Or hat lange nach seiner Heimat gesucht. Er hat sie<br />

in sich selbst gefunden. Und zählt heute zu den spannendsten,<br />

ungewöhnlichsten Künstlern seines Fachs. Der<br />

Countertenor kam 1975 in Holon in Israel auf die Welt<br />

und fand über das Klavier zur Musik. Später entdeckte er die polyfone<br />

Kirchenmusik für sich und die großen klassischen Komponisten.<br />

„Auf der Highschool hatte ich Musik als Schwerpunkt und<br />

habe Mahler kennengelernt, Wagner, Händel und Monteverdi … Es<br />

war eine Offenbarung“, erzählt er. Doch bald schon fiel seine außergewöhnliche<br />

Stimme auf: füllig, kraftvoll, ein Countertenor, der mit<br />

sattem Vibrato und eindringlicher Dynamik die ganze Gefühlspalette<br />

ausdeuten kann. D’Ors Stimme hat wenig gemein mit der<br />

schlanken, schwebenden Eleganz mancher seiner Stimmfachkollegen.<br />

Bei ihm ist immer der ganze Körper spürbar. Und bis heute<br />

schwingt eine gewisse Wildheit mit. Was ihm während seines Studiums<br />

an der Guildhall School of Music and Drama in London durchaus<br />

Probleme bereitete. „Ich war immer ein wenig Außenseiter“,<br />

sagt Yaniv d’Or. Harte Kämpfe habe er fechten müssen, um sich<br />

selbst treu zu bleiben. „Keiner wusste, in welche Schublade er mich<br />

stecken soll“, erinnert sich d’Or. „Für einen Opernsänger habe ich<br />

mich zu sehr für traditionelles Liedgut interessiert, für Barockmusik<br />

zu viel Vibrato genommen. Es war ein langer Weg. Heute aber<br />

fühle ich mich komplett und frei. Meine Stimme ist mein Zuhause.“<br />

Meist ist Yaniv d’Or auf den Opernbühnen dieser Welt zu erleben<br />

– als Rinaldo, Giulio Cesare, Orfeo. Auf seinen Alben spürt der<br />

43-Jährige das musikalische Erbe seiner Vorfahren auf, mischt alte<br />

mit neuen Klängen und komponiert auch selbst. D’Or nennt diese<br />

Mixtur „Folk Barock“, und auch sein neuestes Album „Exaltation“<br />

zeugt davon. Es ist nach „Liquefacta Est“ und „Latino-Ladino“ der<br />

Abschluss einer Trilogie, auf der er die unterschiedlichen musikalischen<br />

Traditionen der drei monotheistischen Religionen erkundet.<br />

Hier wird er zum Brückenbauer, der da Gemeinsamkeiten aufzeigt,<br />

wo andere Grenzen ziehen – musikalisch wie menschlich. „Ich will<br />

kein Klischee auftischen. Aber es gibt so viel Tumult, Ausgrenzung<br />

und Angst in unserer Welt. Dabei ist für jeden Platz. Wir alle wollen<br />

gehört werden. Wir alle sehnen uns nach Liebe.“ Mit seiner Musik<br />

deutet Yaniv d’Or dieses urmenschliche Streben klangsinnlich aus,<br />

begleitet von seinem Ensemble NAYA, das mit klassischen und orientalischen<br />

Instrumenten aus Ost und West Klangfarben mischt.<br />

Unter „Exaltation“ versteht d’Or einen Zustand vollkommener<br />

Einheit. „Momente, in denen man sich verbunden fühlt mit der<br />

Welt, entspannt, ruhig, friedfertig, ganz bei sich und zugleich weit<br />

weg.“ Er selbst erreiche diesen Zustand immer wieder auf der<br />

Bühne: „Ich schlüpfe komplett in eine Rolle, ich werde die Person,<br />

die ich singe. Distanziert singen kann ich nicht“, stellt er fest. Es<br />

müsse auch gar nicht alles korrekt und exakt sein.<br />

Stattdessen sei das Singen für ihn ein Zustand,<br />

„der Körper und Seele gleichermaßen packt“.<br />

Dann fühlt Yaniv d’Or sich ganz zu Hause. ■<br />

„Exaltation“, Yaniv d’Or & Ensemble Naya (Naxos)<br />

FOTO: RONEN ACKERMANN<br />

21


K Ü N S T L E R<br />

„ALS MUSIKER<br />

KOMMT MAN NIE AN“<br />

„Sein Anschlag hat Zartheit und auch das dämonische Element“, zeigte sich Martha Argerich<br />

ungewöhnlich beeindruckt. Jetzt hat der erst 27-jährige Daniil Trifonov in Salzburg Rachmaninow<br />

eingespielt. Der Komponist ist die Brücke zu seiner russischen Heimat.<br />

VON TERESA PIESCHACÓN RAPHAEL<br />

Daniil Trifonov<br />

FOTO: DARIO ACOSTA<br />

erade haben Sie in Mozarts Geburtshaus ein Werk aus<br />

Ihrer neuen Rachmaninow-CD gespielt. Es wimmelt<br />

vor Touristen. Wie inspirierend ist dieser Ort für Sie als<br />

Musiker und Komponist?<br />

Daniil Trifonov: Der Ort ist ok. Ich bin hier zum ersten Mal.<br />

Ihre erste Klavierkomposition – da waren Sie noch ein Kind<br />

– widmeten Sie Mozart.<br />

Zu Mozart bekommt man als Kind sehr leicht Zugang. Erst, wenn<br />

man älter ist, merkt man, wie kompliziert seine Musik ist.<br />

Auch Rachmaninow widmeten Sie ein Klavierstück. Und damit<br />

von der Getreidegasse in Salzburg nach New York in die 505<br />

West End Avenue …<br />

… dorthin, wo Rachmaninow lebte. Natürlich war ich da. Leider<br />

gibt es dort kein Museum. Nur eine Plakette weist darauf hin, dass<br />

er dort gelebt hat.<br />

Er wurde auch in New York auf dem Kensico-Friedhof begraben.<br />

Ja, das ist nicht weit entfernt. Will man aber etwas über Rachmaninow<br />

erfahren, muss man in die Schweiz, an den Vierwaldstättersee.<br />

Dort hatte er ein Haus gebaut, die Villa Senar, Sitz der Serge<br />

Rachmaninoff Foundation. Auch sein original Steinway-Flügel<br />

steht da. Um als Interpret einem Komponisten näherzukommen,<br />

ist es gar nicht notwendig, seine Alltagsgegenstände zu erleben.<br />

Viel wichtiger ist, ihn zu hören.<br />

In der Sowjetunion hat man Rachmaninow als Abtrünnigen und<br />

22 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


Dissidenten beschimpft. Heute wünscht man sich, dass sein<br />

Erbe wieder zurück nach Russland kommt.<br />

Ja, ich habe davon gehört.<br />

1917 hatte Rachmaninow im Zuge der bolschewistischen<br />

Revolution seine Heimat verlassen. 500 Rubel hatte er dabei und<br />

die Partitur von Rimski-Korsakows Le Coq d’Or.<br />

Das wusste ich nicht, aber es passt. Rimski-Korsakow konnte<br />

fantastisch instrumentieren und orchestrieren. Für jeden angehenden<br />

Komponisten ist seine Harmonielehre eine Art Bibel. Nicht<br />

nur in Russland.<br />

Sie mussten Russland zwar nicht<br />

verlassen, aber dennoch: Was<br />

hätten Sie mitgenommen?<br />

Rachmaninows Musik bildet für<br />

mich die Brücke zu meiner Heimat<br />

Russland. Wirkliche Liebe aber<br />

habe ich für Skrjabin, seit ich mit<br />

elf Jahren sein Poème de l’Exstase<br />

hörte. Diese Partitur hätte ich<br />

mitgenommen. Und da wir vorhin von Komponistenmuseen<br />

sprachen: In Moskau kann man das Haus besichtigen, in dem<br />

Skrjabin lebte. Es wurde überhaupt nichts verändert. Sein Klavier<br />

steht dort, man kann sich genau vorstellen, wie er damals gelebt<br />

hat. Eine ganz besondere Atmosphäre.<br />

Skrjabin und Rachmaninow waren etwa gleich alt. Sie kannten<br />

sich vom Konservatorium und hatten so ihre Rivalitäten …<br />

Die beiden hatten ganz unterschiedliche musikalische Visionen.<br />

Skrjabin propagierte neue Wege der Tonalität, Rachmaninow<br />

nannte man den letzten Romantiker. Als aber Skrjabin 1915 starb,<br />

war Rachmaninow so erschüttert, dass er eine Tournee lang nur<br />

noch seine Werke spielte.<br />

Nachdem Rachmaninow seine Heimat verlassen hatte, wurde er<br />

zu einem der begehrtesten Klaviervirtuosen seiner Zeit.<br />

Dennoch war er voller Selbstzweifel.<br />

Nach einer vernichtenden Kritik seiner 1. Sinfonie <strong>18</strong>97 stürzte er<br />

in eine tiefe Schaffenskrise. Erst 1900 vollendete er sein 2. Klavierkonzert.<br />

Vielleicht waren diese Schwierigkeiten wichtig für den<br />

kreativen Prozess. Jeder Mensch empfindet das anders.<br />

„Die großen russischen Künstler waren in der Finsternis<br />

versunken“, schreibt der Dichter Alexander Blok, „aber sie<br />

fanden Kraft in dieser Dunkelheit, denn sie glaubten an das<br />

Licht.“<br />

Das Zitat stammt aus der Zeit um die Jahrhundertwende. Die<br />

russische Literatur war sehr düster, die Einstellung zum Leben fatalistisch.<br />

Heute passt das nicht mehr, jedenfalls nicht auf mich.<br />

Ich möchte Sie jetzt nicht auf die rote Couch legen …<br />

(Lächelt)<br />

Rachmaninow jedenfalls ließ sich von Dr. Dahl behandeln, der<br />

ihn unter Hypnose setzte.<br />

Damals waren solche Methoden ganz neu. Es schien ja zu helfen.<br />

Das 2. Klavierkonzert wurde fertig und weitere Werke folgten.<br />

Wie finden Sie Ihre Balance?<br />

In der taoistischen Meditation finde ich die Balance. Das kann man<br />

natürlich nicht mit der Hypnose vergleichen.<br />

Bei der Hypnose überlässt man dem Arzt die Kontrolle. Das<br />

würde zu Ihnen auch nicht passen.<br />

Kontrolle ist wichtig. Und Selbstbeobachtung – damit meine ich<br />

Selbstkritik. Beides gibt mir Sicherheit, ich kann so Fehler<br />

vermeiden. Man muss die eigenen Schwächen kennen. Ich denke<br />

mir immer wieder etwas Neues aus, um meine Hand beweglicher,<br />

flexibler zu machen. Ich hänge Billardkugeln in einer Tüte ans<br />

Handgelenk, um die Kraft der Hände zu trainieren, gehe ins<br />

ICH HÄNGE BILLARDKUGELN<br />

IN EINER TÜTE ANS HANDGELENK,<br />

UM DIE KRAFT DER HÄNDE<br />

ZU TRAINIEREN<br />

Schwimmbad, um unter Wasser Übungen zu machen. Auch der<br />

Rücken kann zum Problem werden. Wenn man lange am Flügel<br />

sitzt, schleichen sich Fehlhaltungen ein, und dann kann die<br />

Energie nicht aus dem Rücken strömen. Ich glaube allerdings, dass<br />

Rachmaninow in seiner Verzweiflung sich selbst nicht mehr helfen<br />

konnte.<br />

Über 20 Jahre blieb er in Behandlung bei Dr. Dahl. Dennoch<br />

war er nach eigenem Bekenntnis sehr nervös bei Schallplattenaufnahmen.<br />

Dabei hat er die meisten seiner Werke aufgenommen! Wie und in<br />

welchem Zustand, das habe ich<br />

mich nie gefragt. Ich bin nur sehr<br />

glücklich, dass er es getan hat. Er<br />

war ein großer Pianist. Auch,<br />

wenn er vielleicht nicht zufrieden<br />

war, den Aufnahmen merkt man<br />

die Unsicherheit nicht an. Sein<br />

2. Klavierkonzert hat er zweimal<br />

eingespielt: 1924 und 1929 – in<br />

Tempo und Dynamik liegen Welten dazwischen.<br />

Was ist Ihnen lieber: Studio oder Bühne?<br />

Ich habe mit beidem kein Problem. Auch nicht, wenn live aufgenommen<br />

wird, wie jetzt bei unserer Rachmaninow-Produktion<br />

aller Klavierkonzerte mit dem Philadelphia Orchestra unter<br />

Yannick Nézet-Séguin. Nur Nr. 1 haben wir im Studio aufgenommen.<br />

Ich war fasziniert davon, wie gut das Orchester Rachmaninows<br />

Idiom noch im Ohr hatte. 1913 hatte er ja mit dem Philadelphia<br />

Orchestra unter Leopold Stokowski sein 3. Klavierkonzert<br />

eingespielt. Auch sein 4. Klavierkonzert hat er in Philadelphia<br />

uraufgeführt.<br />

„Destination Rachmaninow – Departure“ nennen Sie die erste<br />

CD mit den Konzerten Nr. 2 und 4, „Destination Rachmaninow<br />

– Arrival“ die zweite CD mit den Konzerten Nr. 1 und 3. Werden<br />

Sie dann angekommen sein?<br />

Als Musiker kommt man nie an. Jedes Klavierkonzert hat seinen<br />

Stil. Mein Favorit ist Nr. 4. Weil Liszt es gespielt hat und wegen der<br />

experimentellen Harmonie, den kantigen Melodien, jazzigen<br />

Akkorden und mechanischen Momenten, die seinerzeit absolut<br />

modern waren.<br />

Wenn Sie das Leben der Klaviervirtuosen des 19. und 20.<br />

Jahrhunderts mit Ihrem vergleichen müssten …<br />

Abgesehen von den sozialen und politischen Umständen: Es war<br />

so spannend zu Beginn des 20. Jahrhunderts! Damals ist so viel<br />

passiert, jeder war neugierig auf das, was kommt, auf das, was<br />

Picasso gerade malt oder Strawinsky, Richard Strauss oder<br />

Schönberg komponiert. Es war die Zeit der großen Uraufführungen.<br />

Nicht nur in Europa, auch in Russland mit Alexander Skrjabin<br />

und seinen faszinierenden fantastischen Experimenten. Da wäre<br />

ich gerne dabei gewesen!<br />

Rachmaninow hingegen warf man „Melancholie der Untätigkeit“<br />

vor und „Resignation“. Für viele war er nur der „Hollywood-Komponist“.<br />

Das hängt sehr davon ab, wie man ihn interpretiert, vor allem sein<br />

2. Klavierkonzert! Auch aus Für Elise von Beethoven könnte man<br />

Kitsch machen. Sie nannten ihn so, weil viele romantische Filme,<br />

etwa Das verflixte siebte Jahr von Billy Wilder mit seinem<br />

2. Klavierkonzert unterlegt wurden. Er erreichte<br />

eben mit seiner Musik das Herz der Menschen.<br />

Aber was ist so schlimm daran?<br />

S. Rachmaninov: „Preghiera“, Piano Trios, Gidon Kremer,<br />

Giedre Dirvanauskaite, Daniil Trifonov (Deutsche Grammophon)<br />

■<br />

23


K Ü N S T L E R<br />

ALICE<br />

SARA<br />

OTT<br />

„Musik ist nicht<br />

immer nur schön!“<br />

VON BARBARA SCHULZ<br />

FOTO: ESTER HAASE<br />

Es ist diese magische Stunde, wenn Tag und Nacht sich treffen<br />

und eins werden, der die Pianistin Alice Sara Ott ihr neues<br />

Programm widmet. Weil sie wie keine andere Licht und<br />

Schatten der menschlichen Seele beleuchtet.<br />

crescendo: Das Thema „Nightfall“ ist eine Plattform für einerseits<br />

sehr romantische Musik, andererseits aber macht sie uns<br />

die Endlichkeit sehr bewusst. Sind Sie dafür nicht zu jung?<br />

Alice Sara Ott: Interessant ist ja, dass viele Komponisten in meinem<br />

Alter schon gestorben waren. Und haben trotzdem Werke hinterlassen,<br />

die in die Abgründe der menschlichen Seele blicken. Und<br />

gerade mit diesem Thema, glaube ich, hat man sich in meinem<br />

Alter schon auseinandergesetzt. Ich würde mich selbst als sehr<br />

hellen, optimistischen Charakter beschreiben. Fühle mich aber<br />

immer auch zur dunklen Seite hingezogen. Diese Zwiespältigkeit<br />

der Menschen fasziniert mich von jeher. Es geht um die Momente,<br />

wo sich Grenzen verwischen, wo man nicht mehr sagen kann, das<br />

ist gut, und das ist böse. Es ist auch die Stunde am Tag, die ich am<br />

interessantesten und mysteriösesten finde.<br />

Die Kompositionen sind sehr filigran …<br />

Ja, einerseits. Es gibt aber auch extrem raue und fast schon brutale<br />

und schmerzhafte Seiten in dieser Musik, gerade im Gaspard de la<br />

Nuit. Es hat viel Finesse. Debussy, der Meister der Klangfarben – er<br />

ist für mich wie Monet: Auf den ersten Blick ist alles wunderschön<br />

und harmonisch, aus der Nähe werden die Makel sichtbar. Debussy<br />

ist genauso. Alles klingt so harmlos, aber es ist teilweise grotesk.<br />

Claire de Lune zum Beispiel. Irgendwie hab ich immer gefühlt, dass<br />

es nicht nur so schön ist, wie es scheint. Und tatsächlich: Es handelt<br />

sich ja um eine Hommage an das Gedicht von Paul Verlaine: Die<br />

Menschen singen von Glück und Lebensfreude, hinter der Maske<br />

aber verbergen sich Schmerz und Ängste.<br />

Sie haben einmal gesagt, Sie würden alles, was Sie fühlen, durch<br />

die Musik fühlen. Was macht so ein Programm mit Ihnen?<br />

Tatsächlich war diese Vorbereitungszeit eine sehr düstere Zeit, in<br />

vielerlei Hinsicht. Es heißt ja oft, dass Musik Trost spendet und<br />

beruhigt. Das ist nicht immer so. Gerade, wenn man eine schmerzhafte<br />

oder traurige Erfahrung gemacht hat, kann Musik einen das<br />

noch viel tiefer empfinden lassen. Musik ist also nicht immer nur<br />

schön, sondern hat schmerzhafte und raue Seiten. Auch ich musste<br />

mich Dämonen stellen, denen ich sonst aus dem Weg gehe.<br />

Sie haben mit Ravel, Debussy und Satie drei Komponisten<br />

gewählt, die eine Ära geprägt haben. Spüren Sie die unterschiedlichen<br />

Charaktere und Befindlichkeiten in der Musik?<br />

Ja, aber ich denke während des Spielens nicht mehr drüber nach.<br />

Ich hab mich natürlich mit den Charakteren auseinandergesetzt,<br />

als ich die Stücke gelernt habe. Die drei sind sehr verschieden und<br />

haben einen ganz unterschiedlichen Kompositionsstil. Und<br />

dennoch: Gerade in diesem Thema gibt es einen großen gemeinsamen<br />

Nenner.<br />

Weist „Nightfall“ ein wenig in die Richtung, in die die Marke<br />

Alice Sara Ott gehen soll?<br />

Nein, für mich sind solche Aufgaben und Projekte nur das<br />

Festhalten eines Moments, der mir sehr wichtig ist. Aber dann gehe<br />

ich auch weiter. Deshalb höre ich mir auch nie meine alten<br />

Aufnahmen an. Das ist für mich dann Vergangenheit. Und ich<br />

schaue ungern in die Vergangenheit zurück. Aber ja, ich denke<br />

jetzt mehr über jeden Schritt nach. Ich bin ja auch kein Newcomer<br />

mehr. In meinem Alter überlegt man noch, was einen ausmacht,<br />

worüber man sich definiert und womit man sich identifiziert.<br />

Sie sind gerade 30 geworden. Kommen Sie langsam an?<br />

Ich weiß nicht, ob ich mich schon zu 100 Prozent gefunden habe.<br />

Als Musiker ist man doch immer auf der Suche.<br />

Es heißt, Sie hätten großen Respekt vor Mozart. Ravel, Debussy,<br />

Satie fallen leichter?<br />

Ich finde leichter Eintritt in ihre Welt. Mit ihnen fühle ich mich<br />

nicht so nackt auf der Bühne. Bei Mozart habe ich das Gefühl, dass<br />

ich in einem Spiegelraum spiele, in dem mich jeder beobachtet. Ich<br />

schätze seine Musik unglaublich und habe schon so viele Konzerte<br />

und Aufnahmen erlebt, wo es so klingt, wie es sein muss. Und<br />

dann setze ich mich hin und denke: Nein, so darf es nicht sein.<br />

Gab es denn eine größte Herausforderung für Sie bei diesem<br />

Programm?<br />

Gaspard de la Nuit ist auf alle Fälle eine sehr große Herausforderung.<br />

Aber eigentlich: alles. Die Stimmungen, die Struktur. Das ist<br />

es ja meistens. Ich würde generell nicht sagen, dass das eine Stück<br />

leichter ist als das andere. Das gilt für alles, was<br />

ich bisher gespielt habe. Jedes ist eine Herausforderung.<br />

Es ist geniale Musik. Muss es ja sein. ■<br />

Claude Debussy, Erik Satie, Maurice Ravel: „Nightfall“, Alice Sara Ott<br />

(Deutsche Grammophon)<br />

24 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


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Venetien – Verdis Inspirationsquellen<br />

Im Mittelpunkt dieser Reise stehen das berühmte »Lied an die<br />

Weide« aus der Oper »Otello« und das Werk »La Traviata«<br />

im Teatro La Fenice. Weitere Höhepunkt sind die privaten<br />

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Eugnäischen Hügeln.<br />

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Fotos: Jonathan Tichler, Cooper Copter, Peter Fischli/Lucerne Festival, Michele Crosera; Anbieter: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Buceriusstraße, Hamburg<br />

Wir beraten Sie gern! Ihre Ansprechpartnerin: Lena Böhlke 040/32 80-455<br />

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HÖREN & SEHEN<br />

Die besten CDs, DVDs & Vinylplatten des Monats von Oper über Jazz bis Tanz<br />

Attila Csampais Auswahl (Seite 28)<br />

crescendo-Empfehlungen lesen und direkt kostenlos dabei anhören?<br />

Kein Problem: Auf www.crescendo.de finden Sie unsere Rezensionen mit direktem Link zum Anhören!<br />

Marlis Petersen<br />

Elfischer Glanz<br />

LIED<br />

Mit berühmten Männerfantasien wie dem Waldesgespräch Schumanns hält sich dieses<br />

Konzeptalbum nicht auf. Dafür enthält es Poeme aus den Zwischenwelten des skandinavisch-isländischen<br />

Raums (Carl Nielsen, Wilhelm Stenhammar, Sigvaldi Kaldalóns,<br />

Sigurd von Koch) und Funde aus der Spätromantik bis zur Moderne (Friedrich Gulda,<br />

Walter Braunfels, Harald Genzmer, Hermann Reutter). Marlis Petersens klarer<br />

Sopran lockt, klagt und leuchtet. Sie legt über alles Leid und kreatürliches Treiben<br />

einen Schimmer von reiner wie souveräner Sangesgewalt. Erstaunlich ist, dass noch<br />

niemand bisher die Idee zu einer derart ausladenden Lied-Anthologie über Sirenen,<br />

Sylphiden und Elfen hatte. Mit Camillo Radicke am Klavier weiß die „Salome“ der<br />

Münchner Opernfestspiele 2019 einen Zaubermeister neben sich, der ihr auf den<br />

Reisen in die Anderswelt mit Weitblick eine silbrig empathische<br />

Weg spur durch die Noten bahnt. So vereinen beide faszinierendes<br />

Blendwerk und Belcanto-Zauber. DIP<br />

„Dimensionen Anderswelt. Mensch & Lied“, Marlis Petersen, Camillo Radicke (Solo Musica)<br />

Track 12 auf der crescendo Abo-CD: Fylgia op.16,4 von Wilhelm Stenhammar<br />

FOTO: YIORGOS MAVROPOULOS<br />

27


H Ö R E N & S E H E N<br />

Empfehlungen von Attila Csampai<br />

MUSIK IN FESSELNDEN<br />

INTERPRETATIONEN<br />

… bringt unser Chefrezensent für den Herbst.<br />

ANTON ZIMMERMANN: SYMPHONIES<br />

l’arte del mondo, Werner Ehrhardt<br />

(Deutsche Harmonia Mundi)<br />

Anton Zimmermann (1741–1781) stammte<br />

aus Schlesien und war einer der innovativsten<br />

Köpfe der Wiener Vorklassik. In Pressburg<br />

formte er die Hofkapelle des ungarischen<br />

Fürst erzbischofs Graf Batthányi zu einem der besten Orchester<br />

Europas. Fast 300 Werke sind von ihm überliefert, darunter 40<br />

Sinfonien. Einige davon wurden sogar Joseph Haydn zugeschrieben.<br />

Jetzt hat einer der großen Pioniere der deutschen Originalklangszene,<br />

Werner Ehrhardt, dieses vergessene Genie wiederentdeckt<br />

und mit seinem 2005 gegründeten Ensemble l’arte del<br />

mondo drei seiner spektakulärsten Sinfonien als Weltpremiere<br />

eingespielt. Alle drei Arbeiten ragen wie Unikate eines geradezu<br />

rebellischen Erfindungsreichtums und wie schrille Alarmglocken<br />

einer entfesselten Sturm-und-Drang-Motorik aus dem Mainstream<br />

der höfisch-diskreten frühen Klassik. Sie lassen uns ahnen,<br />

welche unglaublichen kreativen Kräfte in jenen Jahren des<br />

Umbruchs auch im Umfeld Haydns und Mozarts am Werk waren:<br />

Die drei Sinfonien strotzen vor neuen Ideen, stilistischen und formalen<br />

Experimenten und weisen in ihrer Dramatik und in der<br />

Vielfalt kontrastierender Tonfälle weit in die Zukunft. Ehrhardt<br />

und seine hochmotivierte 25-köpfige Truppe legen sich energisch<br />

und lustvoll ins Zeug, um uns den revolutionären Puls dieser<br />

Musik unmittelbar erleben zu lassen.<br />

IN TIME – MENDELSSOHN: VIOLIN CONCERTO<br />

Chouchane Siranossian, Anima Eterna Brugge,<br />

Jakob Lehmann (Alpha)<br />

Kaum ein Geiger von Rang ließ Mendelssohns<br />

Violinkonzert links liegen: Die Diskografie<br />

quillt schier über und ist gespickt mit zeitlosen<br />

Referenzen wie Heifetz, Milstein und anderen. Trotzdem gelingt<br />

es jungen Interpreten immer wieder, dieses Gipfelwerk des Genres<br />

neu zu beleben und ihm neue Facetten abzugewinnen, wie jetzt<br />

der exzellenten französischen Geigerin Chouchane Siranossian.<br />

Sie hat dieses reife Opus Mendelssohns in der seltenen Erstfassung<br />

von <strong>18</strong>44 und „historisch orientiert“ eingespielt. Das lässt dessen<br />

lyrischen, märchenhaft-schwebenden Grundcharakter viel deutlicher<br />

hervortreten als die bisher dominierenden virtuosen Lesarten.<br />

Ihr vibratoarmes, mit Flageoletts und feinen Portamenti<br />

durchsetztes Spiel wirkt auf eine charmante Weise altmodisch und<br />

empfindsam und zugleich ungemein frisch, beseelt und impulsiv.<br />

Mit dem ähnlich befreit und knackig aufspielenden Solistenkollektiv<br />

von Anima Eterna Brugge verstrickt Siranossian sich in<br />

wunderbar fließende und pulsierende Dialoge. Das enorme dramatische<br />

und spirituelle Potenzial dieses Engelsgesangs blüht in<br />

seiner „keuschen“ Schönheit neu auf. Im anschließenden Es-Dur<br />

Oktett des 16-jährigen Mendelssohn fügt Siranossian sich perfekt<br />

ein in die ähnlich impulsreiche und lebendige Interaktion von sieben<br />

Topsolisten des Anima Eterna Orchesters.<br />

PICTURES AT AN EXHIBITION<br />

Fauré Quartett (Berlin Classics)<br />

Die weltweite Popularität von Mussorgskys<br />

Klavierzyklus Bilder einer Ausstellung verdankt<br />

sich auch der Orchesterversion, die Maurice<br />

Ravel 1922 im Auftrag Sergei Kussewizkis<br />

anfertigte: Seither konnte sich keine weitere<br />

Bearbeitung daran messen. Jetzt aber, fast 100 Jahre später, hat das<br />

weltweit renommierte Fauré Quartett dieses Evergreen in einer<br />

neuen Version für Klavierquartett eingespielt. Dirk Mommertz,<br />

der Pianist des Ensembles, richtete es mit seinem russischen Kollegen<br />

Grigory Gruzman ein. Den beiden gelang damit ein überzeugender<br />

Coup, der dem arg strapazierten Opus neue, starke,<br />

authentisch anmutende Profile abtrotzt. Sie kultivieren eine wieder<br />

auf die russischen Wurzeln des Werks zielende Lesart und setzen<br />

sich klar und entschieden von Ravels französischem Klangzauber<br />

ab. Durch ihre betont energische, ja geradezu dramatische<br />

Interpretation unterstreichen die vier Topmusiker die Absicht der<br />

Bearbeiter, den dunkel-bodenständigen Charakter und die Modernität<br />

des Originals auf das um drei Streicher erweiterte Klangspektrum<br />

zu übertragen. So erfährt Mussorgskys Klaviersatz eine märchenhaft-verwunschene,<br />

fast gespenstische Verdichtung. Man<br />

spürt die dunklen Zauberkräfte alter russischer Mythen. Sugges-<br />

ZEICHNUNG: STEFAN STEITZ<br />

28 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


Aris Quartett<br />

New Generation Artists der BBC<br />

tive Klangbilder von ähnlicher Durchschlagskraft entfachen die vier auch in Rachmaninows<br />

Études-Tableaux.<br />

FRANZ LISZT: DANCES<br />

Goran Filipec (Naxos)<br />

Track 11 auf der crescendo Abo-CD: Valse Mélancolique<br />

Schon im vergangenen Jahr setzte der kroatische Pianist Goran Filipec<br />

ein deutliches Signal, als er ein glasklar pointiertes, geradezu virtuoses<br />

Scarlatti-Album herausbrachte. Jetzt hat der 37-jährige Liszt-<br />

Spezialist eine komplette CD mit Tanz-Sätzen des Klavier-Revolutionärs<br />

eingespielt. Er berücksichtigt endlich auch alle vier Valses oubliées aus Liszts letzter<br />

Schaffensphase, die in ihrem sperrig-asketischen, experimentellen Charakter diesen Tanz<br />

des 19. Jahrhunderts schon zu demontieren und auszuhöhlen beginnen. Dann folgen drei<br />

späte Csárdás und die dämonische Mephisto-Polka, in denen Liszt seine eigene Virtuosität<br />

ad absurdum führt, als würde er, der Gottesmann, hier am Ende seiner Tage bereits<br />

mit dem Teufel tanzen. Filipec versteht es glänzend, die unfassbare Modernität dieser<br />

klingenden Abstraktionen in nackte, schlackenlose Materie zu bündeln. Eine seltene chopineske<br />

Mazurka und vier intakte Walzer des mittleren Liszt dagegen meistert er mit der<br />

unwiderstehlichen Eleganz und der leuchtenden Akrobatik eines echten Verführers. Er<br />

entpuppt sich so als unglaublich souveräner und charismatischer Liszt-Magier, der die<br />

Bravour eines Horowitz oder Cziffra mit der rigorosen Präzision heutiger Virtuosen zu<br />

verbinden weiß.<br />

SCHULHOFF, POULENC, ARNOLD<br />

Duo Cernavka (Musicom)<br />

Der aus Prag stammende jüdische Komponist Erwin Schulhoff zählte<br />

zu den radikalsten Neuerern der Zwischenkriegszeit: Er engagierte<br />

sich für die Wiener Schule, den Jazz, den Dadaismus und vertonte<br />

auch das Kommunistische Manifest. Für die Nazis galt er als „entartet“,<br />

und sie deportierten ihn in ein Lager in Bayern, wo er 1942 starb. Zu<br />

seinen bekanntesten Werken zählt die 1930 entstandene Hot-Sonate für Altsaxofon und<br />

Klavier, in der er ein facettenreiches Kaleidoskop der damals angesagten Jazz-Stile in<br />

viersätzige Sonatenform goss. Dieses vertrackt rhythmisierte Juwel hat der in München<br />

lebende moldawische Klarinettist Slava Cernavka feinfühlig für sein Instrument transkribiert<br />

und mit der exzellenten Pianistin Zoryana Tkachyk-Cernavka suggestiv und verführerisch<br />

schön in Klang gesetzt. Cernavka ist ein weltoffener Musiker, der alle Spielarten<br />

seines Instruments perfekt beherrscht und dabei Geschmack, Stilsicherheit und technische<br />

Bravour lebendig und sinnlich auszubalancieren versteht. Seine Partnerin<br />

kontrastiert sein charismatisches Spiel mit punktgenauer rhythmischer Prägnanz, sodass<br />

die beiden sich einen impulsreichen Dialog auf Augenhöhe liefern. Cernavkas strömende<br />

Legati, sein Reichtum an Klangfarben und seine stupende Virtuosität verleihen auch den<br />

beiden anderen Sonaten Francis Poulencs und Malcolm Arnolds auratischen Zauber und<br />

Modellcharakter.<br />

AusGEwähltE KoN z E rttE rmiNE<br />

17. oktober Frankfurt am Main<br />

28. oktober Zürich (CH)<br />

<strong>18</strong>. <strong>November</strong> Göttingen<br />

19. <strong>November</strong> Eckernförde<br />

13. Dezember Madrid (ES)<br />

<strong>18</strong>. Dezember Tilburg (NL) www.arisquartett.de<br />

NEuE CD<br />

Jetzt erhältlich!<br />

Foto: S. Bednarek<br />

RACHMANINOFF: PIANO CONCERTO N° 3, CORELLI-VARIATIONS,<br />

SONATA N° 2<br />

Michael Korstick, Janáček Philharmonie Ostrava, Dmitry Liss (Oehms)<br />

Michael Korstick zählt zur seltenen Spezies des intelligenten, unbestechlichen<br />

Virtuosen: Sein weltweit gefeierter Beethoven-Zyklus war<br />

ein solches Manifest kompromissloser Objektivität. Doch auch seine<br />

zahlreichen Einspielungen des romantischen Repertoires bezeugen<br />

seine rigorose Werktreue. Sein erstes Rachmaninow-Album widmet er drei Schlüsselwerken<br />

des „letzten“ Romantikers und glänzt vor allem im Dritten Klavierkonzert und in der<br />

orkanartig überbordenden Zweiten Sonate mit extremer, alle Details prägnant durchzeichnender<br />

Klarheit. So gewinnt das Konzert eine neue Art struktureller Strenge und<br />

Logik, die es erstaunlich modern klingen lassen und das Klischee vom depressiven Parfümeur<br />

Rachmaninow endgültig ad acta legen: Zum musikalischen Höhepunkt aber geraten<br />

die bis heute unterschätzten späten Corelli-Variationen, in denen Rachmaninow ein<br />

dunkles Gegenbild zu der heiter-verspielten Paganini-Rhapsodie entwirft. Korstick unternimmt<br />

auf seinem exzellenten Steinway D eine vulkanisch brodelnde Traumreise durch<br />

die Nacht, einen wahrlich dämonischen Seelentrip durch die Abgründe der menschlichen<br />

Existenz, deren drastisch-explosive Gefühlskurve weit in die Zukunft weist. Rachmaninow<br />

hat dem alten Genre und seinem archaischen Thema noch ein spätes, großartiges<br />

Monument gesetzt.<br />

GEN<strong>18</strong>617<br />

“.... eines der<br />

aufsehenerregendsten<br />

Ensembles der<br />

jungen Generation...”<br />

ARTE<br />

GEN17478<br />

29<br />

GENuiN classics<br />

Das Leipziger Tonmeisterlabel<br />

www.genuin.de<br />

Vertrieb:<br />

note 1 music gmbh<br />

www.note1-music.com


H Ö R E N & S E H E N<br />

ORCHES-<br />

TER<br />

Andrea Kauten<br />

Sangliche<br />

Melodien<br />

Hier wird tief im 19. Jahrhundert gegründelt, und das mit Erfolg. Der Komponist<br />

Hermann Goetz, geboren <strong>18</strong>40 in Königsberg, hatte in der Schweiz sein Glück<br />

gemacht. Auf den Opern- und Konzertbühnen in Zürich und Basel wurden seine<br />

Werke gefeiert, auch in den Salons schätzte man sie. Goetz pflegte eine Vorliebe<br />

für sangliche Melodien und solistische Klangfarben im Orchester. Genau diese<br />

Qualitäten zelebrieren nun die Pianistin Andrea Kauten und das Savaria Symphony<br />

Orchestra unter der Leitung von Ádám Medveczky in ihrer Einspielung des<br />

B-Dur Konzerts. Auf der Doppel-CD stellen sie ihm das d-Moll-Konzert von<br />

Brahms gegenüber, auch weil, wie man im Booklet erfährt, Brahms sich sehr für<br />

die Werke von Goetz einsetzte. Beim Hören erlebt man nicht nur ein engagiert<br />

betriebenes Wechselspiel von Klavier und Orchester, sondern auch von zwei<br />

sehr verschiedenen Kompositionen, die sich in manchen Details überraschend<br />

nahekommen. TS<br />

Hermann Goetz, Johannes<br />

Brahms: „Klavierkonzerte“,<br />

Andrea Kauten, Savaria<br />

Symphony Orchestra, Ádám<br />

Medvecki (Solo Musica)<br />

Track 5 auf der crescendo<br />

Abo-CD: Klavierkonzert Nr. 2<br />

B-Dur op. <strong>18</strong>. II. Mäßig langsam<br />

von Hermann Goetz<br />

FOTO: MANFRED ESSER<br />

Barbara Hannigan<br />

Nur wer die Sehnsucht kennt<br />

Der Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert muss eine unglaublich<br />

gefühlsintensive Zeit gewesen sein, geprägt von unbestimmter Sehnsucht<br />

und diffusen Ängsten. Noch war die Schwelle von der Spätromantik<br />

zur Moderne nicht überschritten, die Grenzen aber waren<br />

schon erreicht. Die Sopranistin Barbara Hannigan und der Pianist<br />

Reinbert de Leeuw spüren der Stimmung des Fin de Siècle mit der<br />

intimsten und konzentriertesten Musikform nach, dem Lied. Fündig<br />

wurden sie bei den typischen Wiener Protagonisten dieser Zeit:<br />

Hugo Wolf, Alexander von Zemlinsky, Alma Mahler, Schönberg,<br />

Webern und Berg. Die Stückauswahl lässt genau den „Moment<br />

unvergleichlicher Dekadenz“ hörbar werden. Die beiden Künstler<br />

musizieren innig miteinander, schwelgen in der Musik – manchmal<br />

fast mit zu viel Ausdruck. Die Sehnsucht<br />

dieser Zeit lässt sich erfahren, aber ob man<br />

sie auch (er-)kennt? UH<br />

„Vienna. Fin de Siècle“, Barbara Hannigan,<br />

Reinbert de Leeuw (Alpha)<br />

Track 8 auf der crescendo Abo-CD: Empfängnis.<br />

Aus: Lieder op. 2 von Alexander Zemlinsky<br />

GESANG<br />

Dmitri Hvorostovsky<br />

Baritonale Betörung<br />

Sein allerletzter Opernauftritt am 29. <strong>November</strong> 2016 als Giorgio<br />

Germont mit Marina Rebeka in Verdis La traviata ist auf dieser CD<br />

dokumentiert. Der 2017 im Alter von nur 55 Jahren im langen<br />

Kampf gegen einen Gehirntumor unterlegene Russe Dmitri Hvorostovsky<br />

vereinte wie kein anderer Bariton seiner Generation samtene<br />

Rundung und massive Erschütterungsenergie. Wie bei jeder<br />

Ausnahmestimme enthält auch diese Anthologie von Auftritten an<br />

der Wiener Staatsoper seit 1994 mindestens eine Überraschung.<br />

Hier ist es neben der phänomenal gestalteten Ansprache des Simon<br />

Boccanegra (2016) die Arie des Fürsten Yeletzky aus Tschaikowskys<br />

Pique Dame, den Dmitri Hvorostovsky 1999 an der Seite von Mirella<br />

Freni gesungen hat: keine Balz mit siegesgewisser Herzensrhetorik,<br />

sondern der fast stockende Versuch, Sympathie<br />

zu artikulieren. Charakterisierung mit<br />

nur vokalen Mitteln, bewegend! DIP<br />

„Dmitri Hvorostovsky. Live Recordings 1994–2016“,<br />

Wiener Staatsoper, Chor und Orchester der Wiener<br />

Staatsoper (Orfeo)<br />

30 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


SOLO<br />

Eduard Brunner<br />

Clarinettissimo<br />

Rund 250 Werke hat der Schweizer Klarinettist Eduard Brunner im Laufe seines Lebens eingespielt,<br />

viele davon als Solist mit bedeutenden Orchestern und Ensembles. Im Gedenken an den<br />

langjährigen Solo-Klarinettisten des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, der<br />

2017 verstarb, wurde das Album „Il Carnevale di Venezia“ mit Werken von Cimarosa, Donizetti,<br />

Rossini und Saverio Mercadante neu veröffentlicht. Gemeinsam mit dem Münchener<br />

Kammerorchester und dem Dirigenten Hans Stadlmair erkundet der vielseitige und renommierte<br />

Musiker darin das musikalische Italien um <strong>18</strong>00. Es ist erstaunlich, welch präzisen und<br />

zugleich lebhaft-flexiblen Ton Brunner seiner Klarinette entlockt. Die lyrische Schönheit seines<br />

in vielfältigsten Klangfarben singenden Instruments und seine ausdrucksstarken,<br />

lebendigen Interpretationen führen uns auf eine lohnende<br />

Entdeckungsreise zu Raritäten des Klarinetten-Repertoires. FA<br />

FESTLICH<br />

FAMILIÄR<br />

Cimarosa, Donizetti, Rossini, Mercadante: „Il Carnevale di Venezia“, Eduard Brunner,<br />

Münchener Kammerorchester, Hans Stadlmair (Tudor)<br />

Track 4 auf der crescendo Abo-CD:<br />

Concertino für Klarinette und Orchester B-Dur. I. Andante sostenuto von Gaetano Donizetti<br />

GESANG<br />

Joyce DiDonato<br />

„Thank you for remembering me“<br />

Selbstbewusst und ausdrucksstark erhebt die Mezzosopranistin Joyce DiDonato auf ihrem<br />

neuen Album ihre Stimme für die bedeutende Bildhauerin Camille Claudel (<strong>18</strong>64–1943), die bis<br />

vor Kurzem nur als Schülerin und Geliebte des Bildhauers Auguste Rodin Eingang in die Kunstgeschichte<br />

gefunden hatte und gegen ihren Willen 30 Jahre lang bis zu ihrem Tod in einer psychiatrischen<br />

Anstalt festgehalten wurde. Hier setzt der 2012 von DiDonato und dem Brentano<br />

Quartett uraufgeführte Liederzyklus Camille Claudel: Into the Fire von Jake Heggie an. Er<br />

steht im Zentrum des Live-Mitschnitts aus der Londoner Wigmore Hall. In sieben Liedern auf<br />

Texte von Gene Scheer durchlebt die Sängerin erschütternd die gebrochenen emotionalen<br />

Erinnerungen Claudels am Vorabend der Einlieferung in die Psychiatrie.<br />

Nicht nur ein musikalisches Denkmal, sondern auch ein starkes Zeichen<br />

für Gleichberechtigung! Kombiniert wird der Zyklus mit Werken<br />

von Claudels Zeitgenossen Strauss, Lekeu und Debussy. FA<br />

Strauss, Lekeu, Debussy, Heggie: „Into the Fire. Live at Wigmor Hall“, Joyce DiDonato,<br />

Brentano String Quartet (Erato)<br />

ORCHES-<br />

TER<br />

Simon Rattle<br />

Auf neuen Wegen mit Mahler<br />

Einen fulminanten Abschied als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker feierte Simon Rattle<br />

letzten Sommer mit Gustav Mahlers Sechster Sinfonie. Neue Projekte hatte er schon während<br />

der Saison 2017/<strong>18</strong> in Angriff genommen, nicht nur mit seinem London Symphony Orchestra,<br />

sondern auch als Gast beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Der Live-Mitschnitt<br />

des sinfonischen Liederzyklus Das Lied von der Erde zeigt, dass ihm mit den Münchnern<br />

eine überzeugende Mahler-Deutung gelungen ist. Kammermusikalisch transparent und nuanciert<br />

entfaltet sich der Klang des Orchesters, das längst zu den weltbesten Klangkörpern<br />

gerechnet wird. Die Gesangspartien des Zyklus gestalten der Tenor Stuart Skelton und die<br />

Mezzosopranistin Magdalena Kožená mit bezwingender Expressivität.<br />

Rattles Ehefrau und bewährte Bühnenpartnerin berührt die Zuhörer<br />

vor allem in dem langen, melancholiegetränkten Schlusssatz Der<br />

Abschied. CK<br />

Gustav Mahler: „Das Lied von der Erde“, Magdalena Kožená, Stuart Skelton, Symphonieorchester<br />

des Bayerischen Rundfunks, Sir Simon Rattle (BR Klassik)<br />

Track 7 auf der crescendo Abo-CD: Von der Schönheit<br />

The Family Songbook ist das Ergebnis<br />

eines einzigartig musikalischen<br />

Familientreffens: Zusammen mit ihren<br />

Eltern, Kindern, Geschwistern, Cousinen<br />

& Cousins und engen Freunden haben<br />

Tamar Halperin & Andreas Scholl ihre<br />

Lieblingslieder aufgenommen.<br />

Ein Album so bunt wie ihre Familie.<br />

Musik für richtig viel Blech! Matthias Höfs<br />

bringt aktuelle und ehemalige Studenten<br />

seiner Trompetenklasse zusammen<br />

und lässt mit Strauss, Janácek, Strawinsky<br />

und Kerschek alle gold-glänzenden<br />

Facetten der Trompete erklingen.<br />

www.berlin-classics-music.com<br />

31


H Ö R E N & S E H E N<br />

Samuel Hasselhorn & Boris Kusnezow<br />

Doppelte Dichterliebe<br />

„Ein Jüngling liebt ein Mädchen …“ – mit diesem Liedbeginn<br />

ist die Handlung von Robert Schumanns berühmtestem<br />

Zyklus Dichterliebe bereits zusammengefasst. Von<br />

Liebe, Leid und Sehnen singt der junge Bariton Samuel<br />

Hasselhorn, der mit „Dichterliebe²“ bereits sein zweites<br />

Album präsentiert. Gemeinsam mit Boris Kusnezow, der<br />

in dieser Aufnahme nicht als begleitender, sondern mitschaffender<br />

Kammermusikpartner ins Ohr sticht, durchlebt<br />

Hasselhorn gleich zweimal die Geschichte des<br />

unglücklich verliebten Jünglings. Neben Schumanns Vertonung<br />

der 16 Heinrich-Heine-Gedichte findet sich ein<br />

zweiter Zyklus derselben Gedichte in Interpretationen<br />

anderer Komponisten wie Felix Mendelssohn, Fanny<br />

Hensel, Franz Liszt, Edvard Grieg, Carl Loewe, Hugo<br />

Wolf, Modest Mussorgsky, Charles Ives und Stefan<br />

Heucke. Durch diese breite Spanne an Stilen und Persönlichkeiten<br />

ergibt sich ein Kontrapunkt zu Schumanns<br />

Werk. Hasselhorn und Kusnezow gelingt eine bewegende<br />

Aufnahme, die den Hörer die Dichterliebe in ihren unterschiedlichsten<br />

Facetten erleben lässt. SK<br />

LIED<br />

Robert Schumann: „Dichterliebe²“, Samuel Hasselhorn,<br />

Boris Kusnezow (gwk Records)<br />

Track 9 auf der crescendo Abo-CD: Hör ich das Liedchen<br />

klingen. Op. 39, Nr. 6 von Edvard Grieg<br />

FOTO: SAMUEL HASSELHORN<br />

Ólafur Arnalds<br />

Erkundung des<br />

kreativen Prozesses<br />

Sie fangen sanft an und enden ebenso, jeder Titel für sich ist<br />

anders und doch irgendwie ähnlich. So entsteht beim Anhören<br />

des vierten Studio-Solo-Albums von Ólafur Arnalds eine Wirkung<br />

wie beim Betrachten ruhiger Meereswellen, die in stetem<br />

Rhythmus kommen und gehen. Die Gedanken können schweifen,<br />

innere Bilder entstehen zu Musik mit Ambient-, Electronicund<br />

Klassikanteilen. Eingespielt hat der 32-jährige Isländer<br />

„re:member“ mit einer von ihm und Halldór Eldjárn entwickelten<br />

Software namens Stratus: Sie gibt durch das, was<br />

Arnalds auf einem zentralen Klavier spielt, in Form von Algorithmen<br />

zwei anderen selbst spielenden Pianos Impulse zu<br />

Klängen; aus einer von ihm gespielten Note entstehen zwei<br />

neue mit unerwarteten Harmonien und Melodiefolgen. Für<br />

Arnalds selbst stellt die Aufnahme von „re:member“, die in den<br />

Londoner Air Studios zusätzlich mit Synthesizern, Live-Streichern<br />

und -Percussion eingespielt wurde, einen Durchbruch<br />

dar. Denn diese Erkundung des kreativen<br />

Prozesses habe ihm geholfen, den<br />

Kreislauf eigener Erwartungen und<br />

Gewohnheiten zu durchbrechen. ASK<br />

Ólafur Arnalds: „re:member“ (Mercury)<br />

SOLO<br />

Dan Ettinger<br />

Mozart<br />

ohne Umschweife<br />

ORCHES-<br />

TER<br />

Es ist ein Wunder, immer wieder: Nur 35 Jahre dauerte das<br />

Leben von Wolfgang Amadeus Mozart, doch sein musikalisches<br />

Erbe ist schier grenzenlos. Die Stuttgarter Philharmoniker<br />

schöpfen aus diesem überbordenden Reichtum und<br />

präsentieren unter Leitung von Dan Ettinger die zwei Moll-<br />

Sinfonien Mozarts 25 und 40. Die beiden charakterlich äußerst<br />

unterschiedlichen Werke werden von dem Klangkörper mit<br />

inniger Musikalität und sattem Grundton ausgestaltet. Dabei<br />

wird auf alles lieblich Verklärende verzichtet, und man erlebt<br />

stattdessen einen überaus direkten und zupackenden Mozart,<br />

dem allerdings bisweilen die klangliche Vielschichtigkeit<br />

abhandenkommt. Dazwischen gesetzt ist die Sonate für zwei<br />

Klaviere, dynamisch eingespielt von Ettinger und Hagai Yodan,<br />

die ein spannendes Gegengewicht setzt zu den sinfonischen<br />

Werken und in ihrer unbeschwerten Sanglichkeit unmittelbar<br />

in den Bann zieht. DW<br />

Wolfgang Amadeus Mozart: „Symphonies 25 & 40,<br />

Sonata for two Pianos“, Hagai Yodan, Stuttgarter<br />

Philharmoniker, Dan Ettinger (Hänssler Classic)<br />

Track 3 auf der crescendo Abo-CD:<br />

Sinfonie G-Dur KV 550. I. Molto allegro<br />

32 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


OPER<br />

Christophe Rousset<br />

Wiederbelebung<br />

Szenisch war die Oper ein Flop. Nach<br />

nur drei Aufführungen fiel 1786 der<br />

letzte Vorhang für Antonio Salieris Les<br />

Horaces. Das Urteil von Tausendsassa<br />

Beaumarchais war eindeutig: „Ein wirklich<br />

schönes Werk, aber ein bisschen zu<br />

düster für Paris.“ Wie schön Salieris<br />

dritte französische Oper wirklich ist,<br />

macht Christophe Rousset mit seinem<br />

Ensemble Les Talens Lyriques erlebbar.<br />

Die Geschichte über Liebe und Pflicht<br />

wird mit einer exzellenten Solistenriege<br />

wieder aus der Rumpelkammer der<br />

Musikgeschichte befreit. Das auf der<br />

Stuhlkante musizierende Orchester<br />

spielt hinreißend frisch und fast schon<br />

ein bisschen aufgekratzt, allein der Chor<br />

könnte zuweilen etwas homogener klingen.<br />

Rousset macht seinem Ruf als Rettungssanitäter<br />

längst vergessen geglaubter<br />

Werke alle Ehre. GK<br />

Antonio Salieri: „Les<br />

Horaces“, Les Talens<br />

Lyriques, Christophe<br />

Rousset (Aparté)<br />

Track 1 auf der crescendo<br />

Abo-CD: Ouvertüre<br />

aus: Les Horaces<br />

von Antonio Salieri<br />

Ewa Kupiec<br />

Romantik<br />

vom Feinsten<br />

ORCHES-<br />

TER<br />

Komponieren sei eine „Domaine des männlichen<br />

Schöpfergeistes, und nur selten einmal zeigt eine<br />

weibliche Persönlichkeit, dass auch diese Regel<br />

nicht ohne Ausnahme ist“, ließ die Neue Berliner<br />

Musikzeitung <strong>18</strong>78 verlauten. „Eine solche Ausnahme“<br />

sei „Frl. E. Mayer“, der das Blatt schon<br />

<strong>18</strong>50 zugestand: „Was weibliche Kräfte, Kräfte<br />

zweiter Ordnung vermögen, das hat Emilie Mayer<br />

errungen.“ Quotenartig zu betonen, sie sei eine<br />

Frau, hat ihr Werk nicht nötig. „Weiblicher Beethoven“<br />

wurde sie genannt, war zu Lebzeiten eine<br />

gefragte Pianistin und Komponistin, die ein breitgefächertes<br />

Œuvre hinterließ, das, bald vergessen,<br />

mehr und mehr ins heutige Musikgeschehen<br />

zurückfindet. Bei allen Werken dieser erfreulichen<br />

Einspielung ist es die Begeisterung der Ausführenden,<br />

ihre vor Hingabe und Präsenz sprühende<br />

Interpretation, die das Entdecken zum Vergnügen<br />

werden lässt. SELL<br />

Emilie Mayer: „Symphonie N° 4, Piano Concerto, String Quartet,<br />

Piano Sonata“, Ewa Kupiec, Yang<br />

Rai, Klenke Quartett, Neubrandenburger<br />

Philharmonie, Stefan Malzew<br />

und Sebastian Tewinkel (Capriccio)<br />

Track 2 auf der crescendo Abo-CD:<br />

Concerto für Klavier und kleines Orchester<br />

B-Dur. II. Un poco adagio<br />

Olli-Pekka Tuomisalo<br />

Saxofon<br />

in concert<br />

SOLO<br />

Die Konzertbühne ist nicht so der rechte Ort<br />

für das Saxofon, meint man. Dabei wurde es<br />

von seinem Erfinder Adolphe Sax ursprünglich<br />

genau dafür entworfen. Die weiche Tiefe und<br />

die charmant-näselnde Höhe des Saxofons<br />

haben seither Komponisten zu fast 2.000 Konzerten<br />

inspiriert, aber nur eine Handvoll davon<br />

hat sich etabliert. Der finnische Saxofonist<br />

Olli-Pekka Tuomisalo hat fünf weitere aus dem<br />

Dornröschenschlaf erweckt: Neben Stücken<br />

von John Beach Cragun, Yrjö Gunaropulos,<br />

Eilert Lindorff-Larsen und Leopold van der Pals<br />

ist auch die Komponistin Phyllis Tate mit einem<br />

Konzert vertreten. Ob virtuos oder gesanglich,<br />

schwelgerisch oder keck, derb oder elegant:<br />

Tuomisalo zeigt überzeugend, welch eine<br />

klangliche Vielfalt in so einem Saxofon schlummert,<br />

und beweist, dass es seinen „klassischen“<br />

Instrumentenkollegen in nichts nachsteht –<br />

außer vielleicht, was sein Alter betrifft. UH<br />

„Lost Saxophone Concertos“,<br />

Olli-Pekka Tuomisalo and his<br />

Orchestra (Naxos)<br />

Track 6 auf der crescendo Abo-<br />

CD: Saxophone Concerto.<br />

II. Romanza von Cragun<br />

J.S. BACH<br />

DIE NEUE GESAMTAUSGABE<br />

JEDE NOTE, DIE BACH<br />

JE GESCHRIEBEN HAT<br />

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H Ö R E N & S E H E N<br />

Danish String Quartet<br />

Beethoven wie Bergkristall<br />

Dreimal das Es als Tonika – und dreimal famoses Quartettspiel:<br />

Das Danish String Quartet erweist sich als Meisterensemble<br />

mit seinem Konzeptalbum „Prism 1“, der Eröffnung einer Serie,<br />

bei der eine Bach-Fuge und ein spätes Beethoven-Quartett<br />

jeweils ein weiteres Werk umschließen. Großartig, wie ausgewogen<br />

und klar, dynamisch differenziert und sauber die vier die<br />

Notentexte auffächern: Keiner drängt bei Soli ins Rampenlicht.<br />

Jeder lauscht auch weiter auf die anderen, die ihrerseits nicht<br />

zu harmonischen Füllern abgleiten, sondern als Linie präsent<br />

bleiben. Schostakowitschs tristes letztes Quartett wird in dieser<br />

Aufnahme nie tranig, sondern fesselt durch gebärdenreiche<br />

Deklamation. Und in Beethovens Opus 127 vereinen sich nicht<br />

nur im großen Adagio Innigkeit und markante Rhythmik zu einer<br />

Lesart, so konturiert und klar wie<br />

Bergkristall. WW<br />

Beethoven, Shostakovich, Bach: „Prism I“,<br />

Danish String Quartet (ECM New Series)<br />

Ed Partyka Jazz Orchestra<br />

Satte Bigband-Sounds<br />

Wer klassische Bigband-Sounds liebt, sollte sich das neue Album des<br />

Ed Partyka Jazz Orchestra nicht entgehen lassen: Der renommierte<br />

US-Arrangeur arbeitete in den letzten Jahren vor allem für zahlreiche<br />

europäische Bigbands und gründete 2007 in Berlin sein eigenes<br />

Jazz orches ter. Unter dem Titel In the Tradition knüpft er mit 20<br />

jungen Topmusikern an die großen Namen der Vergangenheit wie<br />

Count Basie, Duke Ellington, Stan Kenton oder Bob Brookmeyer an<br />

und formt deren Erbe in fünf Standards und einer rockigen Eigenkomposition<br />

zu eigenen, großflächigen und dicht gewebten Arrangements.<br />

Das gesamte Klangspektrum seines mächtigen Bläserapparats<br />

von der Flöte bis zum Bass-Saxofon schöpft er aus und öffnet<br />

seinen exzellenten Solisten genügend Freiräume. Die junge deutsche<br />

Jazz-Sängerin Julia Olschewsky verströmt in zwei Titeln zudem verführerisches<br />

Las-Vegas-Feeling. Tonmeister<br />

Philipp Heck hat den orchestralen<br />

Furor über 40 Mikrofone in ein wunderbar<br />

durchsichtiges, audiophiles<br />

Klangpanaroma aufgefächert. AC<br />

KAMMER-<br />

MUSIK<br />

JAZZ<br />

FOTO: MORITZ SCHELL<br />

Ed Partyka Jazz Orchestra:<br />

„In the Tradition“ (Neuklang)<br />

Georg Breinschmid<br />

Kakanische<br />

Fusion<br />

Während andere in Europa die<br />

Zäune wieder hochziehen, setzt der<br />

Wiener Kontrabass-Virtuose, Komponist,<br />

Sänger und Texter Georg<br />

Breinschmid seine grenzensprengende<br />

musikalische Offensive unbeirrt<br />

fort: Auf seinem neuen Doppelalbum<br />

„breinländ“ hat er wieder den<br />

gesamten österreichischen Jazz-Adel,<br />

darunter Topgeiger wie Benjamin<br />

Schmid und Florian Willeitner, versammelt.<br />

Mit ihnen unternimmt er<br />

eine durchaus besinnliche Traumreise<br />

durch die subversive Poetik Ernst<br />

Jandls, die er feinfühlig-dezent vertont<br />

und mit eigenen neuen Wiener<br />

Liedern angereichert hat. Dazwischen<br />

gibt er mitreißende, knackig<br />

groovende Kostproben seiner faszinierenden<br />

Bass-Akrobatik, stets<br />

unplugged und trocken fokussiert.<br />

Als seriösen Hauptgang serviert er<br />

eine 20-minütige magisch-dunkle<br />

Kontrabass-Fantasie über Bizets Carmen,<br />

gespickt mit allerlei Nebengedanken<br />

eines Jazz-Bassisten. Überraschenderweise<br />

hat Breinschmid in<br />

dieser neuen Folge seiner kakanischen<br />

Fusion auch das Pfeifen wiederentdeckt,<br />

die munterste,<br />

leichteste Lebensform,<br />

um Angst zu<br />

verscheuchen. AC<br />

Georg Breinschmid: „breinländ“<br />

(Preiser Records)<br />

34 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


VINYL<br />

Pablo Casals<br />

Existenzielle Monologe<br />

Spaniens Cello-Ikone Pablo Casals war der Erste, der Bachs Cello-Suiten in den Jahren 1936 bis<br />

1939 komplett einspielte. Über 30 Jahre lang hatte er sie zuvor öffentlich aufgeführt. In einem<br />

Antiquariat hatte er als 13-Jähriger die Noten aufgestöbert und schon damals gespürt, dass sie<br />

sein Leben bestimmen würden: Erst im Alter von 60 Jahren war er jedoch bereit, seine lebenslange<br />

Symbiose mit Bachs Solosuiten für die Nachwelt zu dokumentieren. Die jetzt auf drei<br />

<strong>18</strong>0-g-Vinyls überspielten, digital restaurierten Mono-Aufnahmen präsentieren Casals’ voluminösen<br />

Celloklang in erstaunlich rauschfreier, haptischer Präsenz. Man spürt in jedem Takt<br />

sein existenzielles Ringen mit der Materie, zugleich auch das emotionale Feuer und die spirituelle<br />

Kraft dieser einzigartigen Monologe, als würde er Bachs<br />

Botschaften in antike Gesetzestafeln meißeln.<br />

In ihrer lodernden Intensität und in ihrem unerschütterlichen<br />

Ernst bezeugen sie bis heute Casals’ rigorose<br />

Humanität. AC<br />

Johann Sebastian Bach: „The Cello Suites“, Pablo Casals (Warner)<br />

Richard Strauss<br />

Neues<br />

Album<br />

Aber der<br />

Richtige...<br />

Violin Concerto<br />

Miniatures<br />

GESANG<br />

Plácido Domingo und Pablo Sáinz-Villegas<br />

Traumpaar der Weltmusik<br />

Ob Bühne, Film oder Tonträger, in der Welt der Oper ist Plácido Domingo omnipräsent.<br />

Zudem feierte er als einer der „Drei Tenöre“ unsagbare Welterfolge und unternahm immer<br />

wieder Ausflüge in die Welt der Popmusik. Jetzt widmet er sich einem Traumpaar der Weltmusik,<br />

dem Gesang zu spanischer Gitarre. Gemeinsam mit dem Gitarristen Pablo Sáinz-Villegas<br />

präsentiert er ein zauberhaft intimes Album aus spanischen und lateinamerikanischen Liedern<br />

wie Volver (Komm zurück) von der Tango-Legende Carlos Gardel, dessen Originalaufnahmen<br />

zum Weltdokumentenerbe erklärt wurden. Guantanamera findet sich hier ebenso wie<br />

das berührende Gracias a la vida der chilenischen Musikerin und Künstlerin<br />

Violeta Parra. Das Wechselspiel von Domingo und Sáinz-Villegas<br />

harmoniert wunderbar. Schade, dass sie nicht alle Stücke gemeinsam<br />

bestreiten. Statt der Solostücke für Gitarre hätte man sich weitere<br />

Lieder gewünscht. SELL<br />

„Volver”, Plácido Domingo, Pablo Sáinz-Villegas (Sony Classical)<br />

Arabella Steinbacher<br />

WDR Symphony Orchestra<br />

Lawrence Foster<br />

SCHUBERT<br />

SYMPHONIES 1 & 6<br />

RENÉ JACOBS<br />

B’ROCK ORCHESTRA<br />

BUCH<br />

Daniel Barenboim<br />

Die größere Bedeutung von Musik<br />

„Ich glaube fest an die größere Bedeutung von Musik und ihre Fähigkeit, uns Menschen zu lehren<br />

und zu verstehen, wer wir sind und wie wir uns verhalten.“ Aus dieser humanistischen Haltung<br />

riefen Daniel Barenboim und Edward A. Said vor nahezu 20 Jahren mit israelischen und<br />

palästinensischen Musiker/innen das West-Eastern Divan Orchestra ins Leben. Der Band lässt<br />

in zahlreichen Bildern, Erinnerungen und Dokumenten die Geschichte des Orchesters<br />

Revue passieren, vom ersten Workshop 1999 in Weimar über den Besuch im KZ Buchenwald<br />

und dem Konzert in Ramallah in der Westbank 2005 bis zu den Folgeprojekten wie der<br />

Barenboim- Said Akademie, deren Gründungsdirektor Michael<br />

Naumann als Co-Herausgeber zeichnet, und dem Pierre Boulez<br />

Saal, das Herzstück der Akademie. Dokumentiert sind auch die heftigen<br />

Kontroversen über Richard Wagners Musik, die Lage im<br />

Nahen Osten oder den Zweiten Libanonkrieg. Aber sie werden<br />

überwunden vom Geist der Utopie, der die beiden Visionäre<br />

umtrieb und von dem man wünscht, er möge ewig fortwirken im<br />

Sinn der letzten Worte des Bandes: „Musik ist eine universelle<br />

Sprache. Feindschaft gehört nicht zu ihrem Wortschatz.“ RRR<br />

Daniel Barenboim, Michael Naumann (Hrsg.): „Klang der Utopie. Vom West-Eastern Divan<br />

Orchestra zur Barenboim-Said Akademie“ (Henschel Verlag)<br />

www.pentatonemusic.com<br />

Im Vertrieb von NAXOS Deutschland<br />

Neues<br />

Album<br />

35


H Ö R E N & S E H E N<br />

Unerhörtes & neu Entdecktes<br />

von Christoph Schlüren<br />

DIE SINFONISCHE STIMME<br />

ASERBAIDSCHANS<br />

Einfachheit und subtile Vielschichtigkeit kennzeichnen die Klangwelt Kara Karajews,<br />

dessen Geburtstag sich zum 100. Mal jährt.<br />

Kara Karajew war im 20. Jahrhundert der bedeutendste Komponist<br />

Aserbaidschans und der erste, der international<br />

Erfolg hatte. Sein Tod 1982 in Moskau markiert das Ende<br />

einer Ära in der aserbaidschanischen Musikgeschichte. Als<br />

sich am 5. Februar sein Geburtstag zum 100. Mal jährte, wurde dies<br />

in seiner Geburtsstadt Baku ausgiebig gefeiert. Hierzulande taucht<br />

das zarte und elegische Œuvre Karajews allerdings nur höchst vereinzelt<br />

im Konzertleben und auf dem Tonträgermarkt auf.<br />

Drei Musikerpersönlichkeiten waren es, die die Entwicklung<br />

Kara Karajews entscheidend prägten. Üseir Gadschibekow (<strong>18</strong>85–<br />

1948), der große Volksmusiksammler und -arrangeur, machte Karajew<br />

während seines Studiums am Konservatorium in Baku mit den<br />

Grundlagen der aserbaidschanischen Musik vertraut. Zum sinfonischen<br />

Baumeister stieg Karajew unter dem Einfluss von Dmitri<br />

Schostakowitsch auf, bei dem er in den 1940er-Jahren am Moskauer<br />

Konservatorium seine Studien fortsetzte und der ihm ein lebenslanger<br />

Freund und Förderer seiner Musik blieb. Und eine stilistische<br />

Erneuerung löste 1961 während seiner Reise in die USA die Begegnung<br />

mit Igor Strawinsky aus: In seiner Dritten Sinfonie (1965) und<br />

in dem auch von Gidon Kremer aufgenommenen Violinkonzert<br />

(1967) war Karajew einer der ersten Komponisten der Sowjetunion,<br />

der das Verfahren der Zwölfton-Reihentechnik anwendete. Doch<br />

wie fern von Trockenheit und Grau-in-Grau-Dissonanz<br />

ist diese Musik, die mit gesanglicher Intuition<br />

herrlich verschränkte Dreiklangsbildungen überlagert<br />

und mit einem bestechenden Sinn für Klang und<br />

Zusammenhang fesselt!<br />

Die berühmtesten und populärsten<br />

Werke Kara Karajews entstanden ab 1947,<br />

beginnend mit der dramatischen sinfonischen<br />

Dichtung Leila und Madschnun<br />

nach der legendären Liebesgeschichte, die<br />

zahlreiche Poeten und Komponisten inspirierte.<br />

Karajews Schaffen steigerte sich<br />

fortan zu den suggestiven Tongemälden<br />

und Tänzen der Ballette Die sieben Schönheiten<br />

(1949) nach Motiven des persischen<br />

Dichters Nezāmi und Der Pfad des Donners<br />

(1957). Mit der kompakten Gegenüberstellung<br />

der Charaktere in den sinfonischen Gravuren Don Quixote<br />

(1960) erreichte Karajew schließlich einen Gipfel zugleich einfacher<br />

und höchst raffiniert ausgearbeiteter sinfonischer Konturierung.<br />

Das Schönste gibt Karajew in den von der aserbaidschanischen<br />

Volksmusik mystisch gefärbten, unverkennbar orientalischen und<br />

von tiefer Empfindung und transzendenter Feinstrukturierung zeugenden<br />

langsamen Sätzen. Wenige Komponisten verstanden sich<br />

auf die hohe Kunst, mit wenigen Noten so viel auszudrücken wie<br />

Karajew etwa im Wiegenlied seines Balletts Pfad des Donners oder<br />

im Adagio des Balletts Sieben Schönheiten. Ähnlich wie bei seinem<br />

großen armenischen Zeitgenossen Arno Babadschanjan geht es um<br />

maximale Einfachheit auf der Grundlage subtiler Vielschichtigkeit.<br />

Er schafft damit einen bewussten Gegenentwurf zur Komplexität<br />

der westlichen Moderne.<br />

Karajews Orchestermusik ist auf drei CDs bei Naxos dokumentiert.<br />

Was noch aussteht, ist die Zweite Sinfonie. Mit dem Pianisten<br />

Murad Huseynov und dem Violinisten Vadim Repin brachte<br />

Toccata Classics Aufnahmen von Sonaten und Präludien heraus,<br />

darunter auch die herausragende Violinsonate aus dem Jahr 1960.<br />

Einsteigern in das Werk Karajews sei die Aufnahme der Pianistin<br />

Elnara Ismailova ans Herz gelegt. Ismailova spielt die herrlichen<br />

Klavierstücke charakterstark ein, und die 24 Präludien packen den<br />

Hörer mit unvorhersehbarem Abwechslungsreichtum<br />

und durchgehender Substanz. Ismailova versteht die<br />

über einen Zeitraum von zehn Jahren entstandenen<br />

Präludien als ein musikalisches Tagebuch zum übrigen<br />

Schaffen Karajews. „Es ist mir ein großes Herzensanliegen“,<br />

bekennt sie im Booklet, „diese 24 Präludien den<br />

Pianisten in Europa, auf der ganzen Welt als<br />

eine Bereicherung ihres Repertoires zu empfehlen.“<br />

Kara Karayev: „Symphony No 1, Violin Concerto“, Janna Gandelman,<br />

Kiev Virtuosi Symphony Orchestra, Dmitry Yablonsky (Naxos)<br />

Kara Karayev: „The Seven Beauties, The Path of Thunder“, Royal<br />

Philharmonic Orchestra, Dmitry Yablonsky (Naxos)<br />

Gara Garayev: „Sonata for Violin and Piano, 24 Preludes for<br />

Piano“, Vadim Repin, Murad Huseynov (Toccata Classics)<br />

Kara Karayev: „24 Preludes, Six Pieces for Children, The Statue of Tsarskoe Selo, Three<br />

Piano Arrangements from: Don Quixotte, Nos 1, 4 & 5“, Elnara Ismailova (CAvi)<br />

36 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


Daniel Barenboim<br />

Ein kongenialer Wurf<br />

Im Vergleich zu Barenboims erster Gesamteinspielung mit dem Chicago<br />

Symphony Orchestra, die sehr gut ist, entsteht bei dieser Aufnahme<br />

das Gefühl, dass mit der Staatskapelle Berlin etwas Ultimatives<br />

geschaffen wurde, ein Klangbild, das sich jede Freiheit nimmt<br />

zu schwelgen, zu werden und zu welken. Bedachtsam setzen Barenboim<br />

und sein Orchester jede kleinste dynamische Abstufung wirkungsvoll<br />

in Szene, ein kongenialer Wurf. Innig beherzt das Finale<br />

der Dritten Sinfonie, voller Leidenschaft die zarten, filigran anmutenden,<br />

doch markant ausgeführten Pizzicati im vierten Satz der<br />

Ersten Sinfonie, die das grandios gloriose C-Dur-Finale geradezu herbeizaubern.<br />

Alle Fäden in der Hand behaltend, gewahrt Barenboim<br />

die Komplexität der Brahms’schen Sinfonik,<br />

in dieser Einspielung eine Sinfonik im epischen<br />

Breitwandformat ohne jeden Hauch<br />

von Klischee oder Kitsch, meisterhaft und<br />

berührend. SELL<br />

Johannes Brahms: „The Symphonies“, Staats kapelle Berlin,<br />

Daniel Barenboim (Deutsche Grammophon)<br />

Pierre Boulez<br />

Radikaler Erneuerer der Musik<br />

Komponist, Dirigent und Vorkämpfer der Moderne: Pierre Boulez war<br />

ein Jahrhundertgenie. Mit einem facettenreichen Porträt erinnert der<br />

Regisseur Reiner E. Moritz an den im Januar 2016 verstorbenen Künstler.<br />

Sein Dokumentarfilm enthält seltene Archivaufnahmen, die den<br />

Dirigenten am Pult verschiedener Orchester zeigen. Debussy, Berg und<br />

Strawinsky prägten ihn ebenso wie Mozart, Mahler oder Bruckner.<br />

Neben Boulez kommt auch sein langjähriger Freund und Weggefährte<br />

Daniel Barenboim zu Wort. Gespräche mit seinem jüngerem Bruder<br />

Roger geben außerdem Einblicke in Kindheit und Jugend. Er habe versucht,<br />

„dem Menschen Boulez so nah wie möglich<br />

zu kommen“, schreibt Moritz in seinem<br />

Booklet-Text. Die zweite DVD zeigt eine 1973<br />

entstandene Live-Aufnahme von Strawinskys Le<br />

Sacre du Printemps und den Bläsersinfonien mit<br />

dem London Symphony Orchestra. CK<br />

„Pierre Boulez. A Life for Music“,<br />

Documentary & A Special Concert (Arthaus Musik)<br />

ORCHES-<br />

TER<br />

FILM<br />

Musikgeschichte<br />

Aus aller Welt<br />

Kindern ab sieben Jahren auf unterhaltsame Weise 1.100 Jahre Musikhistorie<br />

nahezubringen, ist eine gewaltige Aufgabe. So waren an<br />

der Koproduktion von Igel Records und BR Klassik zahlreiche<br />

Autoren und Sprecher beteiligt. „Hauptperson“ ist der Uhu Bubo,<br />

der sich auf nicht weniger als 14 gut einstündigen CDs an<br />

Gespräche und Erlebnisse mit größeren und kleineren Akteuren<br />

der Musikgeschichte aus aller Welt erinnert. Diese Episoden – mal<br />

eine belauschte Auseinandersetzung über Ars antiqua und Ars<br />

nova, mal Begegnungen mit Antonio Vivaldi, Richard Wagner u. a. –<br />

werden durch mehrere Musikstücke aus dem jeweiligen Jahrhundert<br />

ergänzt. Auch wenn es inhaltlich hie und da recht detailliert<br />

und kompliziert wird, ist das Hörspiel mit<br />

seinen Geräusch untermalungen und verschiedenen<br />

Sprecherrollen überaus liebevoll<br />

gestaltet. Im Praxistest zeigt sich, dass<br />

das Anhören Spaß macht – Kindern wie<br />

Erwachsenen! JH<br />

„Uhus Reise durch die Musikgeschichte“ (Igel Records)<br />

FÜR<br />

KINDER<br />

Yuja Wang<br />

Bäume müssen Blüten tragen<br />

Jeder Künstler kennt das: von Tausenden auf der Bühne bejubelt und<br />

dann, im stillen Hotelzimmer, tut sich Leere und das beängstigende<br />

Gefühl der Einsamkeit auf. „Pianisten müssen immer allein sein, das ist<br />

hart, das ist einsam“, räumt auch Yuja Wang ein. Kaum an einem Ort,<br />

muss sie wieder los, zum nächsten Konzert, 120 Mal im Jahr. Selten<br />

Gelegenheit, Bindungen zu festigen. Das kostet Kraft, erfordert Disziplin<br />

und lässt auch Zweifel an der künstlerischen Existenz aufkommen.<br />

Yuja ist ehrlich genug, sich das einzugestehen. Respekt. Doch dann<br />

zieht es sie wieder auf die Bühne. Mit der „Unkaputtbarkeit einer<br />

Helene Fischer“, wie Der Standard schreibt, gibt<br />

sie im Mini und mörderisch hohen Stilettos eine<br />

halbe Stunde (!) Zugaben. „The show must go<br />

on“, wird sich die Wahlamerikanerin sagen, doch<br />

die Asiatin weiß: „Bäume müssen Blüten oder<br />

Früchte tragen. Menschen müssen kreativ sein.<br />

Sonst gehen sie ein“. TPR<br />

„Through the Eyes of Yuja.<br />

A Road Movie by Anaïs & Olivier Spiro“ (CMajor)<br />

ZEIT UND EWIGKEIT<br />

ZEITGENÖSSISCHE MUSIK FÜR CHOR, SCHLAGWERK<br />

UND SOLOSTREICHER<br />

WOLFRAM BUCHENBERG O NATA LUX<br />

ANNA IGNATOWICZ TOCCATA FOR MARIMBA<br />

TOBIAS PM SCHNEID … WIE DIE ZEIT VERGEHT …<br />

ĒRIKS EŠENVALDS IN PARADISUM<br />

SIMONE RUBINO CORALE PER MARIMBAPHONE<br />

KNUT NYSTEDT IMMORTAL BACH<br />

B 108102<br />

SIMONE RUBINO, SCHLAGWERK<br />

MARTIN STEIDLER, LEITUNG<br />

CD IM FACHHANDEL SOWIE ALS DOWNLOAD ERHÄLTLICH.<br />

WWW.FARAO-CLASSICS.DE


R Ä T S E L<br />

& R E A K T I O N E N<br />

GEWINNSPIEL<br />

Wer verbirgt sich hinter diesem Text?<br />

ZICKENALARM!<br />

crescendo freut sich über die lebhaften Diskussionen auf<br />

seiner Facebook-Seite. Vor allem der Beitrag unseres<br />

Kolumnisten Axel Brüggemann mit dem Titel „Zickenalarm“<br />

über „selbstverliebte Superstars und prekäre Arbeitsverhältnisse<br />

an den Stadttheatern“ stieß auf reges Interesse.<br />

„Ich studierte beim Schwiegersohn<br />

von Antonín Dvořák“<br />

Ich stamme aus einem kleinen böhmischen Dorf – und feierte<br />

Triumphe in New York! Künstlerischer Eigensinn und die politischen<br />

Umstände führten mich um die halbe Welt. Meine fantasievolle,<br />

rhythmusbetonte Kammermusik ist eine wahre Fundgrube<br />

für virtuose Bläser.<br />

Mit 15 Jahren schon trat ich ins Prager Konservatorium ein<br />

und studierte Violine beim Schwiegersohn von Antonín Dvořák.<br />

Wegen fehlender Anpassungsbereitschaft warf man mich zweimal<br />

raus, später aber war ich Geiger bei der Tschechischen Philharmonie<br />

und machte das Musiklehrer-Diplom. Doch irgendwann wurde<br />

mir der musikalische Horizont in Prag zu eng, und so ging ich nach<br />

Paris, wo ich Kompositionsschüler von Albert Roussel wurde.<br />

Eigentlich aber war es so: Ich ging nach Frankreich, um meine<br />

Ansichten bestätigt zu finden! Paris war der Befreiungsschlag für<br />

meine bis dato sehr eingeschränkte Kreativität. 1939 aber besetzte<br />

das NS-Regime erst meine tschechische Heimat, 1940 auch Paris.<br />

Und so floh ich mit meiner französischen Ehefrau nach Amerika.<br />

Die Flucht über die Pyrenäen, Spanien und Portugal bis New Jersey<br />

dauerte fast zehn Monate. Gelohnt hat sie sich: In den USA wurde<br />

ich einer der meistgespielten Komponisten. 1953 wurde ich amerikanischer<br />

Staatsbürger, kam später aber wieder zurück nach Europa.<br />

Die letzte Ruhe fand ich in der Schweiz.<br />

RÄTSEL LÖSEN UND EINE<br />

CLAUDIO ABBADO-BOX<br />

GEWINNEN!<br />

Wer ist hier gesucht? Wenn Sie die<br />

Antwort kennen, dann nehmen Sie an der<br />

Verlosung teil unter www.crescendo.de/<br />

mitmachen. Diese CD-Box können Sie<br />

gewinnen: „Claudio Abbado & Berliner Philharmoniker. The Complete<br />

Deutsche Grammophon Recordings“. Einsendeschluss ist der 11.11.20<strong>18</strong>.<br />

Gewinnerin unseres letzten Gewinnspiels ist Maria Walburger aus<br />

Jettingen-Scheppach. Die Lösung lautete: Johannes Brahms.<br />

ABB.: DIGITALE BIBLIOTHEK GALLICA<br />

Die folgenden Kommentare wurden im Original und<br />

ohne Rechtschreibkorrektur übernommen.<br />

Friederike Rentzsch Ich verstehe den Kern des Artikels,<br />

aber eine Neiddiskussion empfinde ich als nicht zielführend.<br />

Die Posterboys und -girls der Klassikbranche sind abgehoben?<br />

Vielleicht. Ich sehe unser Problem vielmehr darin, dass kaum<br />

einer mehr Musik macht = ein Instrument auch nur halbwegs<br />

beherrscht.<br />

Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden<br />

Guido Krawinkel Demut, ja, Demut ist nie verkehrt ...<br />

Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden<br />

Thomas Quasthoff Die großen Namen füllen halt die Opernhäuser<br />

und Konzerthallen,auch wenn Intendanten wie in Slalzburg<br />

Sänger puschen,und diese Sänger sich in Rollen puschen<br />

lassen,die sie nicht beherrschen.Kein Kritiker traut sich zu<br />

sagen,dass der diesjährige Salzburger Sarastro ein immer größeres<br />

technisches Problem hat.Er drückt seine Stimme knödelnd in<br />

eine Lage,die er nicht beherrscht.Wichtig ist die Sensation,ein<br />

lyrischer Bariton singt Sarastro,wie im Zirkus.<br />

Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden<br />

Sigfried Schibli Was den Salzburger Sarastro betrifft, habe<br />

ich den gegenteiligen Eindruck: Habe noch nie ein so einhelliges<br />

Bashing durch die Musikkritik erlebt. Übrigens zu Recht. Da haben<br />

sich die Kritiker durchaus getraut, einem Promi-Sänger an<br />

den Karren zu fahren.<br />

Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden<br />

Hans-Jürgen Mende Ich finde die Diskussion überflüssig und<br />

nicht ungefährlich, denn es ist Wasser auf die Mühlen derjenigen,<br />

die der Meinung sind, es sollten keinerlei Steuergelder für<br />

Theater in öff. Hand aufgewendet werden.<br />

Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden<br />

Karlheinz Schöberl Denn Text von Axel Brüggemann noch<br />

einmal lesen! Einige Argumentationen und Meinungen entfernen<br />

sich zu sehr vom ursprünglichen Text. Oper war immer Luxus<br />

und wird es wohl auch in Zukunft bleiben-solange man sie finanzieren<br />

kann.<br />

Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden<br />

Axel Brüggemann Es geht hier nicht um Bashing oder Neid,<br />

es geht um das Bewusstsein, dass auch Gagen von Superstars am<br />

Ende steuerfinanziert sind, und man dafür eine Bringschuld, was<br />

Offenheit gegenüber dem Publikum betrifft, erwarten kann.<br />

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FOTO: FACEBOOK<br />

38 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


ERLEBEN<br />

Die wichtigsten Termine und Veranstaltungen im <strong>Oktober</strong> und <strong>November</strong> im Überblick (ab Seite 40)<br />

Eins mit dem Orchester: Teodor Currentzis ist neuer Chefdirigent des SWR-Symphonieorchesters (Seite 46)<br />

Starkes Jubiläum: Am 12. <strong>November</strong> 19<strong>18</strong> wurde das Frauenwahlrecht eingeführt (Seite 48)<br />

Ab 17. <strong>Oktober</strong>, München<br />

BUNTE VIELFALT DER MUSIK<br />

„Ich liebe Verdi“, schwärmt Ivan Repušić, der Chefdirigent des Münchner Rundfunkorchesters. In der Reihe<br />

„Sonntagskonzerte“ widmet er sich der Tragödie I due Foscari über eben jene Familie Foscari, die durch Hass und<br />

Intrigen zerstört wurde. „Die Besetzung des Orchesters mit rund 55 Musikern ist optimal für die Klangsprache<br />

früher Verdi-Opern“, zeigt sich Repušić begeistert. Doch will das Rundfunkorchester über die Klassiker hinaus<br />

noch viel mehr für sein Programm: Es soll Vielfalt, Abwechslung und auch Humor in der Musik abbilden. So bringt<br />

der Schlagzeuger Simone Rubino zu seinem Willkommenskonzert als Artist in Residence Werke von Steve Reich<br />

und der japanischen Komponistin und Marimbafonspielerin Keiko Abe mit. Geistliche Werke aus Renaissance und<br />

Barock mit Sakralkompositionen des 20. Jahrhunderts verbindet die von Marcello Viotti ins Leben gerufene Reihe<br />

„Paradisi gloria“. Sehr offen schließlich für alle Stilrichtungen: die Konzerte „Mittwochs um halb acht“. crescendo<br />

freut sich auf spannende Konzerte und präsentiert in Kooperation mit dem Rundfunkorchester alle Konzerte<br />

dieser Reihe mit Exklusivleistungen für seine Leser. Und das heißt: Karten in der besten Kategorie, eine Backstage-Führung<br />

und: die komfortable crescendo-Lounge im Gartensaal des Prinzregententheaters samt prickelndem<br />

Getränk. Wer mehr wissen will: Informationen und Buchung über www.crescendo.de/live. Am 17. <strong>Oktober</strong> startet<br />

die Mezzosopranistin Anna Bonitatibus in dieser Reihe mit „En Travesti – Hosenrollen in der Oper“.<br />

München, Prinzregententheater, www.rundfunkorchester.de<br />

Als neuer Abonnent erhalten<br />

Sie die CD „en travesti“ (siehe S. 66)<br />

FOTO: MIERSWA-KLUSKA.DE<br />

39


E R L E B E N<br />

<strong>Oktober</strong> / <strong>November</strong> 20<strong>18</strong><br />

DIE WICHTIGSTEN<br />

VERANSTALTUNGEN AUF<br />

EINEN BLICK<br />

Ihr persönlicher Navigator für Premieren, Konzerte und Festivals<br />

PREMIEREN<br />

19.10. GERA LANDESTHEATER ALTEN-<br />

BURG Die verkaufte Braut / B. Smetana<br />

20.10. KAISERSLAUTERN<br />

PFALZTHEATER Die Hochzeit des Figaro<br />

/ W. A. Mozart<br />

20.10. LEIPZIG OPER<br />

Die Herzogin von Chicago / E. Kálmán<br />

20.10. LÜNEBURG THEATER<br />

Jephtha / G. F. Händel<br />

21.10. BREMEN THEATER<br />

Ein Maskenball / G. Verdi<br />

25.10. KAISERSLAUTERN PFALZ-<br />

THEATER Tell Me on a Sunday / Andrew<br />

Lloyd Webber<br />

26.10. DARMSTADT STAATSTHEA-<br />

TER Die Zauberflöte / W. A. Mozart<br />

26.10. DESSAU ANHALTISCHES<br />

THEATER Der Freischütz / C. M. v. Weber<br />

26.10. HOF THEATER<br />

Höllisch moderne Millie / Jeanine Tesori<br />

26.10. LÜNEBURG THEATER<br />

Bonnie and Clyde / Frank Wildhorn<br />

27.10. AUGSBURG THEATER<br />

Vier Jahreszeiten (Ballett, UA) /<br />

Ricardo Fernando<br />

27.10. FLENSBURG SCHLESWIG-<br />

HOLSTEINISCHES LANDESTHEATER<br />

Der fliegende Holländer / R. Wagner<br />

27.10. LEIPZIG OPER<br />

Siebente Symphonie (Ballett) / Uwe<br />

Scholz – Tu Tu (Ballett) / Stanton Welch<br />

– Neues Ballett / Mario Schröder<br />

27.10. MÜNCHEN NATIONALTHEATER<br />

Jewels / G. Balanchine<br />

27.10. MÜNSTER THEATER<br />

Saul / G. F. Händel<br />

27.10. REGENSBURG THEATER<br />

Una cosa rara / Vicente Martín y Soler<br />

28.10. AACHEN THEATER AACHEN<br />

Il trionfo del Tempo e del Disinganno /<br />

G. F. Händel<br />

28.10. BERLIN KOMISCHE OPER<br />

Der Zauberer von Oz / P. Valtinoni<br />

28.10. FRANKFURT AM MAIN OPER<br />

Iolanta / P. Tschaikowski –<br />

Oedipus Rex / I. Strawinsky<br />

28.10. HAMBURG STAATSOPER<br />

Szenen aus Goethes Faust / R. Schumann<br />

28.10. MANNHEIM<br />

NATIONALTHEATER<br />

Die Meistersinger von Nürnberg /<br />

R. Wagner<br />

31.10. SALZBURG (AT)<br />

LANDESTHEATER<br />

2. und 3. <strong>November</strong>, Niederalteich<br />

Schöpfung zum Jubiläum<br />

Die Audi Jugendchorakademie feiert 20<strong>18</strong> ihr zehnjähriges Bestehen<br />

mit einem Jubiläumsfestival am 2. und 3. <strong>November</strong>. Auf dem<br />

Programm stehen zwei Konzerte, die die große Bandbreite des<br />

Repertoires und das beeindruckende Können der jungen Sänger-<br />

Innen zeigen. Während sie mit der Akademie für Alte Musik Berlin<br />

Haydns Oratorium Die Schöpfung zur Aufführung bringen und<br />

dabei auch die Solopartien übernehmen, widmen sie sich in einem<br />

A-cappella-Konzert Werken von Johannes Brahms bis zu Ēriks<br />

Ešenvalds, der zeitgenössischen Koryphäe der Chormusik. Zum<br />

Abschluss stimmen die über 150 Mitwirkenden das besinnliche<br />

Abendlied von Josef Rheinberger an: Bleib bei uns, denn es will Abend<br />

werden, und der Tag hat sich geneiget.<br />

„Gemeinschaft und musikalische Herausforderung“ nennt Chorleiter<br />

Martin Steidler die beiden Erfolgssäulen der Audi Jugendchorakademie.<br />

„Wir schenken uns nichts und arbeiten hart“, betont er.<br />

Vor zehn Jahren wurde der Chor als Auswahlensemble ins Leben<br />

gerufen. Einmal jährlich findet an unterschiedlichen Orten in<br />

Deutschland ein Vorsingen statt, bei dem sich interessierte Jugendliche<br />

qualifizieren können. Neben dem gemeinsamen Musizieren<br />

bestimmt individuelle stimmliche Weiterbildung die Arbeit der<br />

Chorakademie. Konzertreisen führten den Chor bis nach Asien.<br />

Niederalteich, Basilika, www.audi-jugendchorakademie.de<br />

FOTO: ZAPF<br />

Motezuma / Baldassare Galuppi<br />

2.11. ROSTOCK VOLKSTHEATER<br />

Herz.Still.Stand (Ballett, UA) /<br />

Anton Schulz, Katja Taranu und Hung-<br />

Wen Mischnick<br />

2.11. STUTTGART OPER<br />

Herzog Blaubarts Burg / B. Bartók<br />

3.11. CHEMNITZ DIE THEATER<br />

Hamlet / Franco Faccio<br />

3.11. DORTMUND THEATER<br />

Die göttliche Komödie I: Inferno (Ballett)<br />

/ Xin Peng Wang<br />

3.11. HALLE AN DER SAALE OPER<br />

Annie / Charles Strouse<br />

3.11. KIEL THEATER<br />

Falscher Verrat (UA) / Marco Tutino<br />

3.11. KOBLENZ THEATER<br />

Die Csárdásfürstin / E. Kálmán<br />

3.11. NÜRNBERG STAATSTHEATER<br />

Anna Nicole / Mark-Anthony Turnage<br />

3.11. SALZBURG (AT)<br />

LANDESTHEATER<br />

Othello (Ballett) / Reginaldo Oliveira<br />

4.11. BERLIN STAATSOPER<br />

La Bayadère / A. Ratmansky n. M. Petipa<br />

4.11. BONN THEATER<br />

Lohengrin / R. Wagner<br />

4.11. FLENSBURG SCHLESWIG-<br />

HOLSTEINISCHES LANDESTHEATER<br />

Aschenputtel / G. Rossini<br />

4.11. GERA LANDESTHEATER<br />

ALTENBURG<br />

Weiße Rose / Udo Zimmermann<br />

4.11. HANNOVER STAATSOPER<br />

König Karotte / J. Offenbach<br />

4.11. ZÜRICH (CH) OPERNHAUS<br />

Così fan tutte / W. A. Mozart<br />

7.11. FRANKFURT AM MAIN OPER<br />

Il corsaro / G. Verdi<br />

8.11. ZÜRICH (CH) OPERNHAUS<br />

Hänsel und Gretel / E. Humperdinck<br />

10.11. FREIBURG THEATER<br />

Die Fledermaus / Johann Strauß<br />

10.11. WIEN (AT) STAATSOPER<br />

Sylvia (Ballett) / Manuel Legris<br />

11.11. GERA LANDESTHEATER<br />

ALTENBURG<br />

Die Entführung aus dem Serail /<br />

W. A. Mozart<br />

13.11. KREFELD THEATER<br />

Hänsel und Gretel / E. Humperdinck<br />

15.11. BASEL (CH) THEATER BASEL<br />

Carmen (Ballett) / Johan Inger<br />

16.11. FREIBURG THEATER<br />

Acta est Fabula (Ballett) / Yuval Pick<br />

16.11. HEIDELBERG THEATER<br />

Idomeneo / W. A. Mozart<br />

40 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


FOTOS: HANS GERRITSEN; PIA BETZER; PEPE LANGE<br />

7. <strong>November</strong><br />

LUDWIGSHAFEN SCAPINO BALLETT<br />

Die Gegensätze sind es, die den Choreografen<br />

Ed Wubbe am Barockzeitalter faszinieren: die<br />

Schönheit der Kleider, der Musik und der Kunst<br />

und zugleich die katastrophalen hygienischen<br />

Verhältnisse, der Gestank und die verfaulten<br />

Zähne der Menschen. Seit 1992 ist er künstlerischer<br />

Leiter des Scapino Balletts in Rotterdam.<br />

Auf seinem Gastspiel im Rahmen des BASF-Kulturprogramms zeigt<br />

das Ballett, das für seine von Oper und Zirkus inspirierten Produktionen<br />

gefeiert wird, Scala, eine musikalische und theatralische Odyssee.<br />

Wubbe verarbeitet darin die barocken Elemente, vom historischen<br />

Tanz bis zu den Kostümen, zu einer zeitgenössischen Choreografie. Die<br />

Musik holt er sich von den barocken Meistern wie Henrico Albicastro,<br />

Giovanni Battista Ferrandini und Georg Muffat.<br />

Ludwigshafen, Theater im Pfalzbau, www.basf.com<br />

14. Dezember bis 5. Januar<br />

BAD KISSINGEN KISSINGER WINTERZAUBER<br />

Der Nussknacker, das zauberhafte Ballett nach<br />

der Erzählung von E. T. A. Hoffmann mit der<br />

herrlichen Musik von Peter Tschaikowsky,<br />

kommt nach Bad Kissingen. Die Tanzkompanie<br />

aus Moskau bringt Klaras Traum, durch den sie<br />

zur Frau wird, auf die Bühne des Kurtheaters.<br />

Seit 20 Jahren bereichert das Festival die Weihnachtstage<br />

mit Musik. Die Jubiläumsausgabe eröffnet die Show „Es lebe<br />

die Stimme“ der A-cappella-Band Viva Voce, die ebenfalls ihr 20-jähriges<br />

Bestehen feiert. Der Pianist Lewin Krumpschmid und die Klarinettistin<br />

Mirja Betzer (Foto), Preisträger von „Jugend musiziert“, laden zu romantischen<br />

Klängen in den Rossini-Saal. Und im neuen Jahr gastieren das<br />

Baye rische Landesjugendorchester unter Joseph Bastian und die Sängerinnen<br />

Juliane Banse und Lioba Braun mit der Auferstehungssinfonie von<br />

Gustav Mahler in der Kurstadt.<br />

Bad Kissingen, verschiedene Spielorte, www.badkissingen.de/de/veranstaltungen/kissinger-winterzauber<br />

3. <strong>November</strong><br />

KIEL FALSCHER VERRAT<br />

Der Kieler Matrosenaufstand jährt sich zum<br />

100. Mal. Zahlreiche Marinesoldaten verweigerten<br />

den Befehl zu einem letzten sinnlosen Angriff<br />

auf die britische Flotte. In der Folge verbündeten<br />

sich Matrosen und Arbeiter, die beide<br />

Frieden wollten. Ihr Aufstand entzündete die<br />

<strong>November</strong>revolution. In Marco Tutinos Oper<br />

Falscher Verrat werden politische Überzeugungen von privaten Gefühlen<br />

durchkreuzt. Korvettenkapitän Arno von Stahl will den Aufstand unterstützen.<br />

Der Matrose Gabriel aber ist eifersüchtig auf ihn wegen seiner<br />

Jugendliebe Henriette, die ihm als Hure Lola wiederbegegnet, und verrät<br />

ihn. Generalintendant Daniel Karasek setzt die Tragödie in Szene. Unter<br />

der musikalischen Leitung von Georg Fritzsch singt Agnieszka Hauzer<br />

(Foto) die Partie von Lola. Michael Müller-Kasztelan und alternierend<br />

Yoonki Baek verkörpern Gabriel, und Tomohiro Takada übernimmt die<br />

Rolle von Arno von Stahl.<br />

Kiel, Theater, 9. und 21.11., 13.12., 6. und 10.1., 2. und 16.3. sowie 2., 7. und 20.3.,<br />

www.theater-kiel.de<br />

29. <strong>November</strong> und 1. Dezember<br />

DESSAU STAGING THE BAUHAUS<br />

Erik Satie geriet in Wut, als das Publikum sich bei seiner Musique<br />

d’ameublement hinsetzte, anstatt „weiter zu spazieren, zu plaudern und<br />

zu trinken“. Er wollte mit dieser Musik ein Konsumprodukt schaffen, eine<br />

Absicht, die durchaus kritisch gemeint war. In der Projektreihe „Staging<br />

the Bauhaus“, bei der das Anhaltische Theater zu Gast im Bauhaus ist,<br />

Jetzt zwei Ausgaben EMOTION<br />

kostenlos testen unter<br />

www.emotion.de/crescendo<br />

41<br />

Dies ist ein Angebot der EMOTION Verlag GmbH , Geschäftsführung: Dr. Katarzyna Mol-Wolf, Hoheluftchaussee 95,<br />

20253 Hamburg. AG Hamburg, HRA 110793; Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch die DPV Deutscher<br />

Pressevertrieb GmbH, vertreten durch Oliver Radtke (Sprecher der Geschäftsführung), Christina Dohmann, Marco Graffitti,<br />

Dr. Michael Rathje, Am Sandtorkai 74, 20457 Hamburg, USt-ID: DE814583779, als leistender Unternehmer.<br />

41


E R L E B E N<br />

30. <strong>November</strong> bis 16. Dezember, Salzburg<br />

BOTSCHAFT DER LIEBE UND DES FRIEDENS<br />

Die Hirtenkinder vom<br />

Salzburger Adventsingen<br />

FOTO: SALZBURGER ADVENTSINGEN<br />

Das Salzburger Adventsingen feiert 200 Jahre Stille Nacht! Heilige<br />

Nacht! Während der Christmette <strong>18</strong><strong>18</strong> erklang das für viele schönste<br />

aller Weihnachtslieder zum ersten Mal. Seit 2011 zählt es zum immateriellen<br />

Kulturerbe Österreichs. Aushilfspriester Joseph Mohr und<br />

Dorfschullehrer Franz Xaver Gruber schufen es in einer Zeit des Umbruchs.<br />

Nach dem Fall Napoleons erhielt Europa eine neue Ordnung.<br />

Der für Salzburg wichtige Salztransport auf der Salzach stand infrage.<br />

Denn der Fluss bildete die neue Grenze zwischen dem Habsburgerreich<br />

und dem Königreich Bayern. Die Oberndorfer Salzschiffer mussten<br />

um Arbeit und Verdienst bangen. Das Salzburger Adventsingen erinnert<br />

mit einem szenischen Spiel an die Not der Salzschiffer. Alle zehn<br />

Jahre wird das Lied angestimmt, mit dem Gruber und Mohr vor 200<br />

Jahren die Hoffnung auf Frieden und bessere Zeiten zum Ausdruck<br />

brachten. Im Jubiläumsjahr erklingt es wieder. Eine Botschaft der Liebe<br />

und des Friedens ist das schlichte Lied, das in 300 Sprachen übersetzt<br />

wurde und alle Welt berührt. Die Veranstaltungen sind ausverkauft.<br />

Aber da es Rückläufe gibt, kann man mit Glück doch noch eine Karte<br />

ergattern. Und 2019 gibt es wieder ein Adventsingen mit einem neuen<br />

szenischen Spiel: DerSterngucker.<br />

Salzburg, Großes Festspielhaus, www.salzburgeradventsingen.at<br />

erklingt sie in den Räumen des Bauhauses. Auf der Bauhausbühne inszeniert<br />

Johannes Weigand Europera V für zwei Sänger, einen Pianisten und<br />

einen Grammofonspieler. Es entstand im Todesjahr von John Cage und<br />

ist das letzte des Zyklus, mit dem er 1987 begann, in die europäische<br />

Operntradition einzudringen. Aus Fragmenten unterschiedlicher Opern<br />

baute er Szenarien zusammen, die verblüffende Sinnzusammenhänge<br />

offenbaren. Der Beginn des Zyklus wurde seinerzeit in Frankfurt uraufgeführt<br />

und veranlasste Cage zu der Feststellung: „200 Jahre haben uns<br />

die Europäer ihre Opern geschickt. Nun schicke ich sie alle zurück.“<br />

Dessau, Bauhaus, www.bauhaus-dessau.de<br />

23. <strong>November</strong> bis 2. Dezember<br />

BADEN-BADEN HERBSTFESTSPIELE<br />

Yehudi Menuhin und Maurice Béjart waren neugierig,<br />

persische Musik kennenzulernen. Besuchern<br />

der Herbstfestspiele wird dieses Vergnügen<br />

zuteil. Im Entdecker-Konzert des Cellisten<br />

Kian Soltani (Foto) und dem Shiraz Ensemble<br />

begegnen einander klassische europäische und<br />

persische Musik. Gemäß der Tradition, die sich<br />

im 19. Jahrhundert herausgebildet hat, beginnt die persische Suite mit<br />

einer schnellen instrumentalen Einleitung. Dann folgt, instrumental begleitet,<br />

ein langer Gesangsteil. Sepideh Raissadat singt klassische persische<br />

Lieder. Ähnlich wie die Poesie sich eines festen Vorrats an Bildern<br />

und Formeln bedient, ist auch die persische Musik an ein Kompendium<br />

von Melodien gebunden. Komponisten und Interpreten kommt die Aufgabe<br />

zu, diesen Vorrat mit kunstvollen Verzierungen immer feiner auszugestalten.<br />

Am Ende spielt Kian Soltani seinen Persian Fire Dance.<br />

Baden-Baden, Festspielhaus, www.festspielhaus.de<br />

21. und 22. <strong>November</strong><br />

GÜTERSLOH GIUSTINO<br />

Mit wilden Kämpfen gegen einen Bären, ein Seeungeheuer<br />

und den Meeressturm gewinnt der<br />

Bauernbursche Giustino Krone und Frau. Die<br />

Compagnia Marionettistica Carlo Colla & Figli<br />

aus Mailand bringt Händels Oper Giustino mit<br />

barocken Bühneneffekten und zauberhaft gestalteten<br />

Puppen auf die Bühne. Die Kompanie,<br />

deren Anfänge zurückreichen bis ins <strong>18</strong>. Jahrhundert, verfügt über einen<br />

enormen Fundus an Marionetten, Kostümen, Accessoires und Skripten,<br />

darunter auch Szenarien der Commedia dell’arte. Bedeutende Bildhauer<br />

waren am Fertigen der Köpfe beteiligt. Das raffinierte Spiel der Hände<br />

und ein System aus Fäden und Gelenkmechanismen vermögen es, den<br />

Puppen eine Vielfalt an Ausdrucks- und Bewegungsnuancen zu entlocken.<br />

Musikalisch werden sie von einem Sängerensemble und der auf Originalinstrumenten<br />

spielenden Lautten Compagney Berlin unterstützt.<br />

Gütersloh, Theater, www.theater-gt.de<br />

42 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


16.11. LÜBECK THEATER<br />

Werther / J. Massenet<br />

17.11. MANNHEIM<br />

NATIONALTHEATER Blaubarts Geheimnis<br />

(Ballett) / Stephan Tross<br />

<strong>18</strong>.11. BERLIN STAATSOPER<br />

A Monteverdi Project (Ballett)<br />

22.11. MÜNCHEN GÄRTNERPLATZ-<br />

THEATER<br />

Romeo und Julia (Ballett, UA) / Erna<br />

Ómarsdóttir<br />

23.11. MÜNCHEN OPER<br />

Otello / G. Verdi<br />

24.11. BERLIN KOMISCHE OPER<br />

Candide / L. Bernstein<br />

24.11. BERN (CH) KONZERT THEATER<br />

La Bohème / G. Puccini<br />

24.11. DORTMUND THEATER<br />

West Side Story / L. Bernstein<br />

24.11. HALLE AN DER SAALE OPER<br />

Bastien und Bastienne / W. A. Mozart –<br />

Eine florentinische Tragödie / Alexander<br />

Zemlinsky<br />

24.11. MÖNCHENGLADBACH<br />

THEATER Hamlet / Ambroise Thomas<br />

24.11. SALZBURG (AT) LANDES-<br />

THEATER<br />

Meine Stille Nacht (UA) / John Debney<br />

25.11. BERLIN STAATSOPER<br />

Hippolyte et Aricie / J.-Ph. Rameau<br />

25.11. KÖLN OPER<br />

Peter Grimes / B. Britten<br />

25.11. MAINZ STAATSTHEATER<br />

Märchen im Grand-Hotel / P. Abraham<br />

28.11. HILDESHEIM THEATER<br />

Orpheus / G. P. Telemann<br />

30.11. COTTBUS STAATSTHEATER<br />

Das Traumfresserchen / W. Hiller<br />

30.11. HEIDELBERG THEATER<br />

La verità in Cimento / Antonio Vivaldi<br />

30.11. LEIPZIG OPER<br />

Carmen / G. Bizet<br />

KÜNSTLER<br />

L’ARTE DEL MONDO<br />

2., 3. und 30.11. Leverkusen,<br />

Bayer Erholungshaus<br />

11.11. Dortmund, Konzerthaus<br />

21. und 23.11. Ingolstadt, Stadttheater<br />

ASASELLO QUARTETT<br />

22.10. Greifswald, Theater<br />

23.10. Stuttgart, Liederhalle<br />

25.10. Schwerin, Mecklenburgisches<br />

Staatstheater<br />

27.10. München,<br />

Allerheiligen-Hofkirche<br />

29.11. Eupen, Kloster Heidberg<br />

DANIEL BARENBOIM<br />

17., 10., 25. und 28.10. Berlin, Staatsoper<br />

Unter den Linden<br />

22.10. Regensburg, Universität<br />

23.10. Dresden, Kulturpalast<br />

24. und 26.10. Berlin, Pierre Boulez<br />

Saal<br />

LISA BATIASHVILI<br />

4.11. Coesfeld, Theater<br />

5.11. Wien (AT), Musikverein<br />

7.11. München, Herkulessaal<br />

9.11. Berlin, Pierre Boulez Saal<br />

10.11. Essen, Philharmonie<br />

11.11. Zürich (CH), Tonhalle Maag<br />

14.11. Hamburg, Elbphilharmonie<br />

KHATIA BUNIATISHVILI<br />

28.10. Wien (AT), Musikverein<br />

5.11. Berlin, Philharmonie<br />

6.11. Leipzig, Gewandhaus<br />

7.11. Erlangen, Heinrich-Lades-Halle<br />

10.11. Mannheim, Congress Center<br />

13.11. München, Philharmonie<br />

THEODOR CURRENTZIS<br />

<strong>18</strong>.10. Dortmund, Konzerthaus<br />

21. und 26.10. Hamburg,<br />

Elbphilharmonie<br />

23.10. Wien (AT), Konzerthaus<br />

SOL GABETTA<br />

25.10. München, Philharmonie<br />

27.11. Düsseldorf, Tonhalle<br />

28.11. Hamburg, Elbphilharmonie<br />

29.11. Bremen, Die Glocke<br />

30.11. Braunschweig, Stadthalle<br />

MARTIN GRUBINGER<br />

5.11. Dortmund, Konzerthaus<br />

6.11. Luxembourg (L), Philharmonie<br />

26.11. Wien (AT), Konzerthaus<br />

27.11. München, Philharmonie<br />

28.11. Berlin, Philharmonie<br />

BARBARA HANNIGAN<br />

28.10. Köln, Philharmonie<br />

1.11. Bamberg, Konzerthalle<br />

3.11. Wien (AT), Konzerthaus<br />

SAMUEL HASSELHORN<br />

3.11. Leipzig, Peterskirche<br />

9.11. Passau, Spectrum Kirche<br />

DANIEL HOPE<br />

20.10. Neuhardenberg, Schinkel-Kirche<br />

23.10. Zürich (CH), Tonhalle Maag<br />

<strong>18</strong>. <strong>November</strong> 20<strong>18</strong><br />

Für das Unaussprechliche<br />

Kompositionen von Debussy,<br />

Satie und Wagner<br />

Christiane Karg (Sopran)<br />

Joseph Middleton (Klavier)<br />

14. Februar 2019<br />

Die Luft, in der ich atme<br />

Künstlerpaar Clara und Robert<br />

Schumann im Portrait<br />

Christiane Karg (Sopran)<br />

Malcolm Martineau (Klavier)<br />

Jutta Speidel (Rezitation)<br />

www.kunstklang-feuchtwangen.de<br />

Kartentelefon 09852 904 44<br />

Foto: Gisela Schenker<br />

7.11. Zürich (CH), Schauspielhaus<br />

10.11. Dresden, Frauenkirche<br />

11.11. Celle, Schlosstheater<br />

IGOR LEVIT<br />

25. und 26.10. München, Herkulessaal<br />

27.10. Köln, Philharmonie<br />

8.11. Wien (AT), Konzerthaus<br />

12.11. Dresden, Philharmonie<br />

17.11. Lucerne (CH), Konzertsaal<br />

25.11. München, Prinzregententheater<br />

9. <strong>November</strong> bis 11. März, Berlin<br />

FREIHEIT – DIE KUNST DER NOVEMBERGRUPPE<br />

FOTOS: JUVENTINO MATEO; MARCUS LIEBERENZ<br />

„Wir waren innerlich bereit, alles wegzuwerfen,<br />

das Alte, den Ballast“, beschreibt der Maler und<br />

Schriftsteller Karl Jakob Hirsch die Zeit der <strong>November</strong>gruppe.<br />

19<strong>18</strong> gegründet, als die Revolution<br />

ganz Deutschland erfasste, wurde sie zur prägenden<br />

Künstlervereinigung der Weimarer Republik.<br />

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – voller<br />

Enthusiasmus griffen ihre Mitglieder den Wahlspruch<br />

der Französischen Revolution auf. Mittels<br />

einer Kunst, die die akademische Malerei überwunden<br />

hatte, wollten sie hineinwirken in die<br />

Gesellschaft. „Die <strong>November</strong>gruppe ist Zusammenschluss<br />

radikaler Künstler / radikal im Verwerfen<br />

bisheriger Ausdrucksformen / radikal im<br />

Anwenden neuer Ausdrucksmittel“, hieß es im<br />

Katalog ihrer ersten Ausstellung im Juli 1919. Ihre<br />

„MEIN TÖCHTERCHEN KIKI“ VON ISSAI KULVIANSKI, 1927, FOTO: MUSEUM BERLIN<br />

Mitglieder waren überzeugt, am Aufbau einer demokratischen<br />

Gesellschaft und an der Formung<br />

eines neuen Menschen mitzuwirken. Verstanden<br />

wurden sie von keiner Seite, und diese kritische<br />

Sicht auf die Gruppe besteht bis heute. Offen für<br />

alle Stilrichtungen, erwarb sie jedoch Verdienste in<br />

der Kunstvermittlung. Bis zur Machtübernahme<br />

der Nationalsozialisten zeigte sie in ihren Ausstellungen<br />

an die 3.000 Werke von über 470 Kunstschaffenden.<br />

Im Rahmen des Themenwinters „100<br />

Jahre Revolution Berlin 19<strong>18</strong>/19“ gibt es in Berlin<br />

120 Exponate aus den Ausstellungen der <strong>November</strong>gruppe<br />

zu sehen, darunter Gemälde, Skulpturen<br />

und Architekturmodelle.<br />

Berlin, Berlinische Galerie Museum der Modernen<br />

Kunst Berlin, www.berlinischegalerie.de<br />

43


E R L E B E N<br />

IMPRESSUM<br />

VERLAG<br />

Port Media GmbH, Rindermarkt 6, 80331 München<br />

Telefon: +49-(0)89-74 15 09-0, Fax: -11, info@crescendo.de, www.crescendo.de<br />

Port Media ist Mitglied im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger<br />

und im AKS Arbeitskreis Kultursponsoring<br />

HERAUSGEBER<br />

Winfried Hanuschik | hanuschik@crescendo.de<br />

VERLAGSLEITUNG<br />

Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de<br />

ART DIRECTOR<br />

Stefan Steitz | steitz@crescendo.de<br />

LEITENDE REDAKTEURIN<br />

Barbara Schulz | schulz@crescendo.de<br />

RESSORT „SCHWERPUNKT“<br />

Dr. Maria Goeth | goeth@crescendo.de<br />

RESSORT „HÖREN UND SEHEN“ UND „ERLEBEN“<br />

Ruth Renée Reif | reif@crescendo.de<br />

RESSORT „STANDARDS”<br />

Klaus Härtel | haertel@crescendo.de<br />

RESSORT „KÜNSTLER“ & „LEBENSART“<br />

Barbara Schulz | schulz@crescendo.de<br />

REDAKTION ONLINE<br />

Anna Mareis | mareis@crescendo.de<br />

SCHLUSSREDAKTION<br />

Maike Zürcher<br />

KOLUMNISTEN<br />

John Axelrod, Axel Brüggemann, Attila Csampai (AC), Daniel Hope,<br />

Christoph Schlüren (CS), Stefan Sell (SELL)<br />

MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />

Florian Amort (FA), Roland H. Dippel (DIP), Ute Elena Hamm (UH), Julia Hartel (JH),<br />

Sina Kleinedler (SK), Corina Kolbe (CK), Guido Krawinkel (GK), Jens Laurson (JL), Teresa<br />

Pieschacón Raphael (TPR), Ruth Renée Reif (RRR), Antoinette Schmelter-Kaiser (ASK),<br />

Thomas Sonner (DS), Mario-Felix Vogt (MV), Dorothea Walchshäusl (DW),<br />

Walter Weidringer (WW)<br />

VERLAGSREPRÄSENTANTEN<br />

Tonträger: Petra Lettenmeier | lettenmeier@crescendo.de<br />

Kulturbetriebe: Dr. Cornelia Engelhard | engelhard@crescendo.de<br />

Touristik & Marke: Heinz Mannsdorff | mannsdorff@crescendo.de<br />

Verlage: Hanspeter Reiter | reiter@crescendo.de<br />

AUFTRAGSMANAGEMENT<br />

Michaela Bendomir | bendomir@portmedia.de<br />

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Nr. 2 1 vom 09.09.2017<br />

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Westermann Druck, Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig<br />

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crescendo ist im Zeitschriftenhandel, bei Opern- und Konzert häusern, im Kartenvorkauf<br />

und im Hifi- und Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Bei träge bei Port Media<br />

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unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise,<br />

nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

und Fotos wird keine Gewähr übernommen.<br />

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Festspiel-Guide“ und zusätzlich sechs exklusive heftbegleitende Premium-CDs und kostet<br />

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Verbreitete Auflage:<br />

74.190 (lt. IVW-Meldung 1I/20<strong>18</strong>)<br />

ISSN: 1436-5529<br />

(TEIL-)BEILAGEN / BEIHEFTER:<br />

Münchner Rundfunkorchester<br />

DAS NÄCHSTE <strong>CRESCENDO</strong><br />

ERSCHEINT AM 30. NOVEMBER 20<strong>18</strong>.<br />

crescendo<br />

unterstützt<br />

3. und 4. <strong>November</strong><br />

BERLIN FLAMMENSCHRIFT<br />

„Ich wollte ein zorniges Stück schreiben“, erklärt<br />

Guillaume Connesson die Absicht hinter<br />

seiner Flammenschrift. Beethoven sei nicht müde<br />

geworden, in seinen Werken die Brüderlichkeit<br />

zu preisen, während er sich gegenüber seinen<br />

Nächsten oft grob und rücksichtslos benahm.<br />

Dieses Paradoxon weckte in Connesson das<br />

Verlangen, ein psychologisches Porträt Beethovens zu komponieren.<br />

„Dieser Misanthrop Beethoven, dieser Einsame, den das Schicksal hart<br />

schlug, aber den sein Genie für alles entschuldigte, hat mich immer fasziniert.“<br />

Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Stéphane<br />

Denève (Foto) nimmt sich die deutsche Erstaufführung vor. Um Beethoven<br />

Reverenz zu erweisen, verwendet Connesson dieselbe Orchesterbesetzung<br />

wie Beethoven in seiner Fünften Sinfonie, und wie in der Fünften<br />

lässt er dem Drama einen Freudentanz folgen.<br />

Berlin, Philharmonie, www.dso-berlin.de<br />

27. <strong>Oktober</strong><br />

MÜNCHEN JEWELS<br />

Einen Klassiker bringt das Bayerische Staatsballett<br />

auf die Bühne. George Balanchine (Foto)<br />

kreierte Jewels 1967 mit dem New York City<br />

Ballet, das er bis zu seinem Tod 1983 leitete. Ein<br />

Besuch beim berühmten Juwelier Arpels hatte<br />

ihn so begeistert, dass er die leuchtende Pracht<br />

in Tanz umsetzen wollte. Er schuf eine Choreografie,<br />

die von den Tänzern Eleganz und technische Vollendung auf<br />

höchstem Niveau fordert. Die Kostüme, die aussehen sollten wie Juwelen,<br />

entwarf Barbara Karinska. Die Musik wählte Balanchine von drei<br />

Komponisten. Für die Smaragde nahm er Gabriel Fauré, die Rubine<br />

schimmern bei Igor Strawinsky, und die Diamanten bringen die Klänge<br />

von Peter Tschaikowsky zum Funkeln.<br />

München, Nationaltheater, 27. (Premiere) und 28.10., 1., 3.11., 21.4. sowie 4.7.,<br />

www.staatsoper.de<br />

28., 29. und 30. <strong>November</strong><br />

WUPPERTAL U. A. WIENER SÄNGERKNABEN<br />

Sie kommen im Matrosenanzug, sind über 500<br />

Jahre alt und singen in allen Sprachen der Welt:<br />

die Wiener Sängerknaben. Ihre Anfänge reichen<br />

zurück bis ins Jahr 1498, als die Habsburger ihre<br />

Residenz nach Wien verlegten. Berühmte Musiker<br />

kamen an den Hof, darunter Gluck, Salieri,<br />

Mozart und Bruckner. Sie wirkten mit bei der<br />

Hofkapelle und bei den Sängerknaben. Joseph Haydn, sein Bruder Michael<br />

und Franz Schubert waren selbst Chorknaben. Bis 19<strong>18</strong> sang der Chor<br />

ausschließlich im Auftrag des Hofes. Heute gibt es rund 100 Sängerknaben.<br />

Ihr Repertoire reicht vom Mittelalter bis zu zeitgenössischer Musik.<br />

Benjamin Britten, Elena Kats-Chernin, Wolfram Wagner und Gerald<br />

Wirth, Dirigent und künstlerischer Leiter, schrieben für den Chor. Auf<br />

ihrer Tournee singen sie klassische Werke sowie Advents- und Weihnachtslieder<br />

aus aller Welt.<br />

Wuppertal, Historische Stadthalle, 28.11., www.stadthalle.de<br />

Dortmund, Konzerthaus, 29.11., www.konzerthaus-dortmund.de<br />

Duisburg, Salvatorkirche, 30.11., www.salvatorkirche.de<br />

25. <strong>Oktober</strong> bis 4. <strong>November</strong><br />

KASSEL KASSELER MUSIKTAGE<br />

Klaus Nomi gehört zu den großen Idolen der<br />

Komponistin Olga Neuwirth (Foto). Bereits als<br />

13-Jährige weckte der exzentrische Sänger, dessen<br />

Stimme sechs Oktaven umfasste, ihre Neugier.<br />

Für ihre Hommage à Klaus Nomi arrangierte<br />

sie seine Songs zu einer musikalischen Col lage.<br />

44 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


FOTOS: SWR; NYPL.DIGITALCOLLECTION; LUKAS BECK; HARALD HOFFMANN; GISELA SCHENKER; MARJOLEIN VINKENOOG; CHRIS VAN DER BURGHT<br />

Countertenor Daniel Gloger gibt den Nomi. „Wann singst du?“, fragen<br />

die Musiktage und stellen verschiedene Formen des Gesangs vor. Barocke<br />

Koloraturen gibt es zur Eröffnung von dem Countertenor Valer<br />

Sabadus, der mit dem Ensemble Concerto Köln auf den Spuren Farinellis<br />

wandelt. Volkslieder aus Island bringt Herdís Anna Jónasdóttir. Und<br />

Kunstlieder von Gustav Mahler und Richard Strauss trägt die Mezzosopranistin<br />

Okka von der Damerau vor.<br />

Kassel, verschiedene Spielorte, www.kasseler-musiktage.de<br />

<strong>18</strong>. <strong>November</strong><br />

FEUCHTWANGEN CHRISTIANE KARG<br />

Lieder von Claude Debussy, Erik Satie und<br />

Richard Wagner singt Christiane Karg in ihrer<br />

Matinee „Für das Unaussprechliche“. Dabei<br />

stellt sie „den exzentrischen Minimalisten“ bewusst<br />

in die Mitte. Satie war es nämlich, der<br />

Debussy ermutigte, sich von Wagner zu befreien.<br />

Debussy und Satie studierten drei Jahre zusammen<br />

am Pariser Konservatorium und begegneten einander einige<br />

Jahre später wieder im Cabaret Auberge du clou. Sie fühlten sich voneinander<br />

angezogen. Und während Debussy sich vom Wagnerismus in<br />

Frankreich mitreißen ließ und sogar zweimal Bayreuth besuchte, erklärte<br />

Satie ihm, es sei für einen Franzosen notwendig, sich von Wagner zu<br />

lösen. Christiane Karg ist überzeugt, dass Debussy ohne Satie nicht<br />

denkbar gewesen wäre. Den pianistischen Teil der Lieder übernimmt<br />

Joseph Middleton.<br />

Feuchtwangen, BauAkademie, www.kunstklang-feuchtwangen.de<br />

31. <strong>Oktober</strong> bis 13. <strong>November</strong><br />

9. HAMBURGER KAMMERMUSIKFEST<br />

INTERNATIONAL<br />

Viele verschiedene Instrumente und Besetzungen<br />

möchte Elisaveta Blumina zeigen. Seit<br />

2012 leitet die Pianistin, die Kammermusik ihr<br />

Leben nennt, das Festival. Akkordeonist Roman<br />

Yusipey spielt aus Alfred Schnittkes Bühnenmusik<br />

die Gogol-Suite und mit dem Violinisten Noé<br />

Inui (Foto) das Orchesterstück Eine kleine Daneliade<br />

von Gija Kantscheli. Der aus Georgien stammende Komponist ist<br />

einer der zahlreichen Vertreter zeitgenössischer Musik auf dem Festival.<br />

Blumina bekräftigt bei ihrem Auftritt mit Freunden nicht nur ihren Einsatz<br />

für die Wiederentdeckung Mieczysław Weinbergs, sondern widmet<br />

sich mit dem Klarinettisten Tibor Reman und dem Fagottisten Mathias<br />

Baier auch Haifa von Benjamin Yusupov aus Tadschikistan. Für das<br />

Abschlusskonzert komponiert Frank Raschke, inspiriert von Schuberts<br />

Oktett F-Dur D 803, Schubertiaden Feeling für Violine, Viola, Klarinette,<br />

Fagott und Kontrabass.<br />

Hamburg, verschiedene Spielorte, www.musikfoerderung.de/kammermusikfest<br />

31. <strong>Oktober</strong><br />

STUTTGART REQUIEM POUR L.<br />

Für Mozart war der Tod „der wahre Endzweck<br />

unseres Lebens“. Er betrachtete ihn als „besten<br />

Freund des Menschen“ und als „den Schlüssel zu<br />

unserer wahren Glückseligkeit“. Auf dem<br />

Totenbett liegend, ließ er sich die Partitur des<br />

Requiems bringen, zu dem er einen anonymen<br />

Auftrag erhalten hatte und das zu seinem eigenen<br />

wurde. Unvollendet geblieben, bildete es den Abschluss seines Schaffens.<br />

Requiem pour L. nimmt Mozarts Requiem zum Ausgangspunkt. 2017<br />

luden der Komponist Fabrizio Cassol und der Choreograf Alain Platel 14<br />

Musiker aus Europa und Afrika ein, Mozarts Requiem in ein Crossover<br />

mit ihren musikalischen Welten zu bringen. Gemeinsam schaffen sie eine<br />

zeitgenössische Zeremonie der Trauer und des Abschieds, musikalisch<br />

geleitet von Rodriguez Vangama.<br />

Stuttgart, Oper, 31.10. (Premiere) sowie 1., 2., und 4.11., www.oper-stuttgart.de<br />

29.11. Bielefeld, Rudolf-Oetker-Halle<br />

OLGA PERETYATKO<br />

3.11. Berlin, Deutsche Oper<br />

25.11. Baden-Baden, Festspielhaus<br />

MARLIS PETERSEN<br />

<strong>18</strong>.10. München, Milla Club<br />

19.10. MS Europa,<br />

Gran Canaria – Kapstadt<br />

13.11. Berlin, Philharmonie<br />

16.11. Eisenstadt (AT), Haydnsaal<br />

NEMANJA RADULOVIĆ<br />

23.11. Stuttgart, Liederhalle<br />

24.11. Stuttgart, Philharmonie<br />

25.11. Weingarten, Kultur-und Kongresszentrum<br />

Oberschwaben<br />

28.11. Wolfsburg, Theater<br />

VALER SABADUS<br />

8.11. Köln, Philharmonie<br />

9.11. Hamburg, Laeiszhalle<br />

29.11. Friedrichshafen,<br />

Graf-Zeppelin-Haus<br />

CHOUCHANE SIRANOSSIAN<br />

20.10. Illertissen, Kolleg der<br />

Schulbrüder<br />

Mozarteumorchester<br />

Salzburg<br />

11. und 13. <strong>November</strong>, Salzburg<br />

21.10. Bad Cannstatt, Kursaal<br />

11.11. Baden-Baden, Festspielhaus<br />

12.11. Basel (CH), Martinskirche<br />

13.11. Berlin, Konzerthaus<br />

16.11. Dortmund, Konzerthaus<br />

ROBIN TICCIATI<br />

9., 16. und 17. 11. Berlin, Philharmonie<br />

11.11. Berlin, Haus des Rundfunks<br />

EMMANUEL TJEKNAVORIAN<br />

20.10. Stuttgart, Liederhalle<br />

2.11. Groß Schwansee, Schlossgut<br />

17.11. Wien (AT), Musikverein<br />

19. und 20.11. Wien (AT), Konzerthaus<br />

23.11. Dortmund, Konzerthaus<br />

24.11. Essen, Philharmonie<br />

25.11. Köln, Philharmonie<br />

DANIIL TRIFONOV<br />

25.10. Luxembourg (L), Philharmonie<br />

27.10. Lugano (CH), LAC (Lugano Arte e<br />

Cultura)<br />

YUJA WANG<br />

3.11. Winterthur (CH), Stadthaus<br />

5.11. Dortmund, Konzerthaus<br />

14.11. München, Philharmonie<br />

UNBESIEGBARE<br />

HOFFNUNG<br />

Blues, Rock ’n’ Roll, Rock, Folk, Gospel, Broadway- und Jazz-Idiome,<br />

sinfonische Märsche, feierliche Hymnen, orientalische Tänze,<br />

orches trale Meditationen und üppige Choräle bot Leonard Bernstein<br />

auf, um die Dogmen der Kirche herauszufordern. Als inszenierten<br />

Festzug verstand er seine Mass. Die lateinische Liturgie bildet<br />

das Gerüst des Werkes. Bernstein und Stephen Schwartz aber<br />

fügen, inspiriert von der jüdischen Tradition, Texte in zeitgenössischem<br />

Englisch ein, um mit Gott in einen Disput zu treten. Die Uraufführung<br />

1971 fand vor dem Hintergrund der sexuellen Revolution,<br />

der Frauenbewegung sowie der Proteste gegen den Vietnamkrieg<br />

statt. Das Mozarteumorchester Salzburg (Foto) unter Riccardo<br />

Minasi bringt Mass als „ein Werk unbesiegbarerer Hoffnung, ein<br />

Werk für Frieden und Toleranz“ mit über 200 Mitwirkenden zur Aufführung.<br />

Der Zelebrant, dessen Glaubenskrise das Werk thematisiert,<br />

wird von Yngve Gasoy Romdal gespielt. Sein schlichter Glaube,<br />

der sich in einem „einfachen Lied“ zum Lob Gottes ausdrückt, wird<br />

durch menschliches Leid und die Niedertracht weltlicher Macht<br />

erschüttert. Er entschließt sich, ihm abzuschwören. Doch da wird er<br />

gewahr, wie nichtig seine Zweifel sind gegenüber der Freude, sich<br />

mit anderen zum Lobgesang zu vereinen.<br />

Salzburg, Großes Festspielhaus, www.mozorch.at<br />

FOTO: NANCY HOROWITZ<br />

45


E R L E B E N<br />

Das SWR Symphonieorchester unter Teodor Currentzis<br />

DIE SPIRITUELLE KRAFT<br />

DER MUSIK<br />

Mit dem charismatischen Chefdirigenten Teodor Currentzis am Pult des<br />

SWR Symphonieorchesters wird Musik zu einer Abenteuerreise in seelische Tiefen.<br />

VON RUTH RENÉE REIF<br />

Plötzlich ist er da, dieser kostbare Augenblick. Der Funke entzündet<br />

sich, und die Musik enthebt uns dem Hier und Jetzt. Sie lässt<br />

uns teilhaben an jenem göttlichen Klang, von dem die heiligen<br />

Schriften der Welt erzählen, aus dem heraus alles geboren ist und<br />

der uns unmittelbar in unserem Sein erfasst. Teodor Currentzis ist<br />

der Mystiker am Pult. Seine Dirigate, an denen er sich verzehrt<br />

und die die Musikerinnen und Musiker zu absoluter Hingabe an<br />

die Musik fordern, ergreifen das Publikum mit unwiderstehlicher<br />

spiritueller Kraft. Vor diesem Hintergrund ist auch sein Bekenntnis<br />

zu einer Mission zu verstehen: „Wenn ich dirigiere, erfüllt sich<br />

meine Bestimmung.“<br />

Seit Beginn der Spielzeit 20<strong>18</strong>/19 ist Teodor Currentzis der<br />

erste Chefdirigent des SWR Symphonieorchesters in Stuttgart.<br />

Und schon sein Antrittskonzert im Beethovensaal der Liederhalle<br />

mit Gustav Mahlers riesenhafter Dritter Sinfonie hat die Verantwortlichen<br />

in ihrer Wahl mehr als bestätigt. Er habe dieses Orchester<br />

noch nie in dieser künstlerischen Hochspannung erlebt,<br />

schwärmte Peter Boudgoust, Intendant des Südwestrundfunks.<br />

„Ein Dirigent, der eins zu sein scheint mit diesem Orchester.“ Und<br />

Johannes Bultmann, der künstlerische Leiter des Klangkörpers,<br />

erzählt im Gespräch, wie inspiriert und begeistert er die Musiker<br />

bereits seit den ersten Proben erlebt habe: „Wenn ich sehe, mit wie<br />

viel Enthusiasmus und Empathie die Musikerinnen und Musiker<br />

des Symphonierochesters Teodor Currentzis begegnen, macht<br />

auch mich das sehr glücklich.“ Die Empathie war beim Publikum.<br />

ebenfalls zu spüren. Konzentriert folgte es Mahlers Musik durch<br />

alle Stationen der Welt. Als in der Schlussapotheose nach vierfachem<br />

vergeblichen Ansetzen sich endlich die befreiende Erlösung<br />

in der Liebe vollzog, verharrte es in ergriffenem Schweigen, ehe<br />

Beifallsstürme losbrachen.<br />

Mit den Worten „Was mir die Liebe erzählt“, wie Mahler den<br />

letzten Satz ursprünglich betitelte, hat Currentzis auch seine erste<br />

Spielzeit überschrieben. „Liebe und Hingabe an die Musik“ sollen<br />

den Musikern und ihm Ansporn sein. „Das ist seine Lebensphilo-<br />

46 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


FOTO: SWR / MATTHIAS CREUTZIGER<br />

sophie“, bekräftigt Bultmann. „Das Anliegen,<br />

Menschen zu bewegen, kann man als<br />

roten Faden in seiner Arbeit ausmachen.<br />

Er möchte dem Publikum Zugänge eröffnen<br />

zu dem, was in der Komposition angelegt<br />

ist.“ Und Bultmann erinnert sich an<br />

die bewegende erste Veranstaltung von „Currentzis Lab“. Über die<br />

Informationsreihe sucht Currentzis das Gespräch mit dem Publikum,<br />

um mit ihm in ein Werk einzutauchen und herauszufinden,<br />

welche Hoffnungen, Wünsche und Enttäuschungen der Komponist<br />

hineingelegt hat und was die Musik erzählt. Zu Mahler fühlt<br />

Currentzis sich auf besondere Weise hingezogen. Er empfindet<br />

sich seelenverwandt mit ihm. Aufführungen seiner Musik werden<br />

für ihn zu intimen Zwiegesprächen mit dem Wiener Meister. Im<br />

Februar wendet er sich Mahlers beglückender Vierter Sinfonie zu.<br />

Doch bereits davor im Dezember kehrt er ans Stuttgarter Pult<br />

zurück, im Gepäck abermals ein klangmächtiges Werk: Tschaikowskys<br />

triumphale Fünfte Sinfonie. „Das russische Repertoire<br />

mit ihm zu erarbeiten, ist für das Orchester besonders interessant“,<br />

betont Bultmann, „da Currentzis sich seit 20 Jahren zur russischen<br />

Kultur hingezogen fühlt.“ Currentzis wurde 1972 in Athen geboren,<br />

wo er 1987 bei George Hadjinikos ein Dirigierstudium begann,<br />

ehe er 1994 ans St. Petersburger Konservatorium wechselte. Er<br />

wurde Schüler des bereits 90-jährigen Ilja Mussin, von dem auch<br />

Semjon Bytschkow und Valery Gergiev ihre Ausbildung erhielten.<br />

2004 zog er in den hohen Norden und wirkte bis 2012 als Chefdirigent<br />

am Opernhaus in Nowosibirsk. Er rief das Ensemble Music-<br />

Aeterna ins Leben, dem er sich, einer Bruderschaft gleich, verbunden<br />

fühlt und das ihn in den Ural begleitete, als er 2011 Musikdirektor<br />

des Opern- und Balletttheaters Perm wurde.<br />

„Ein ideelles Russland“ habe Currentzis sich aus der Musik<br />

DAS SWR SYMPHONIEORCHESTER<br />

UNTER TEODOR CURRENTZIS<br />

Spielzeit 20<strong>18</strong>/19<br />

Informationen und Kartenservice:<br />

www.swrclassicservice.de<br />

heraus aufgebaut, befindet der Komponist<br />

Sergej Newski. Er begrüßt seinen Einsatz<br />

für zeitgenössische Musik. Currentzis wiederum<br />

sucht auch in der zeitgenössischen<br />

Musik das Rituelle und Spirituelle. Aus<br />

dieser Perspektive folgt er Newskis Versuchen,<br />

die Wurzeln des Klangs aufzuspüren. Er schätzt Newskis<br />

Œuvre als „facettenreiches Projekt der Klangrecherche“. Im Mai<br />

gestaltet er im Auftrag des Festivals Acht Brücken und der Philharmonie<br />

Köln ein Programm aus Werken Rachmaninows und<br />

Dmitri Kourliandskis sowie einer neuen Komposition von Newski.<br />

Neue Musik gehört ebenso zum Profil des Orchesters wie die<br />

historisch informierte Aufführungspraxis. Beides findet über das<br />

große sinfonische Repertoire hinaus seine Fortsetzung in Currentzis,<br />

der auf Norringtons einst so gerühmtem „Stuttgart Sound“<br />

aufbauen will. Sir Roger Norrington war von 1998 bis 2011 Chefdirigent<br />

des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart. Er propagierte die<br />

Rückkehr „zu dem, was der Komponist schrieb“ und verfolgte<br />

damit das Ziel, die Musik „schön und aufregend“ klingen zu lassen.<br />

Currentzis will noch weiter. Er will die Unmittelbarkeit zurückgewinnen,<br />

den Zeitgeist auferstehen lassen und vorstoßen zur inneren<br />

Botschaft der Musik. Seine Interpretationen verwirklichen<br />

keine vorgefertigten Ideen. Sie erwachsen aus dem energetischen<br />

Strom, der ihn mit den Musikern verbindet.<br />

„Vor zwei Jahren haben wir die Reise begonnen“, resümiert<br />

Johannes Bultmann. Im September 2016 wurden das Radio-Sinfonieorchester<br />

Stuttgart und das SWR Sinfonieorchester Baden-<br />

Baden und Freiburg zum SWR Symphonieorchester zusammengeführt.<br />

„Mit Teodor Currentzis schlagen wir ein neues Kapitel auf<br />

in der jungen Geschichte des Orchesters, und wir blicken mit Lust<br />

und Bereitschaft auf Neues in die Zukunft.“ <br />

n<br />

47


E R L E B E N<br />

100 JAHRE<br />

FRAUENWAHLRECHT<br />

Mit der Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts für Frauen wurde ein<br />

Meilenstein in der Geschichte der deutschen Demokratie errungen.<br />

VON RUTH RENÉE REIF<br />

Seit 100 Jahren können Frauen in<br />

Deutschland wählen und gewählt werden.<br />

Anlass genug für ein Festkonzert. Nicht<br />

nur in die Politik fanden Frauen erst nach<br />

zähem Ringen Eingang. Auch in der<br />

Musik wollte man lange nichts von komponierenden,<br />

dirigierenden oder regieführenden<br />

Frauen wissen. Das 19. Jahrhundert<br />

ließ alle Hoffnungen der Französischen<br />

Revolution und der Aufklärung<br />

schwinden. Richard Wagner teilte Liszt<br />

<strong>18</strong>52 in einem Brief mit, er habe mit der<br />

Gestalt der Ortrud im Lohengrin eine<br />

Figur zeichnen wollen, „die Liebe nicht<br />

kennt. Hiermit ist alles, und das Furchtbarste<br />

gesagt. Ihr Wesen ist Politik. Ein<br />

politischer Mann ist widerlich; ein politisches<br />

Weib aber grauenhaft. Diese Grauenhaftigkeit<br />

hatte ich darzustellen“.<br />

Bereits im Jahr zuvor äußerte der<br />

Philosoph Arthur Schopenhauer in seinem<br />

Text Über die Weiber die Überzeugung,<br />

sie seien „weder zu geistiger noch<br />

zu körperlicher Leistung fähig“, sondern ihrer „Natur nach zum<br />

Gehorchen bestimmt“. Anschauungen wie diese schufen das geistige<br />

Klima, in dem Frauen von öffentlichen Tätigkeiten ausgeschlossen<br />

waren, nicht Mitglieder einer politischen Vereinigung werden<br />

durften und auch nicht das Recht hatten, sich politisch zu äußern.<br />

Hatte der Sozialkritiker der Aufklärung, Theodor Gottlieb von Hippel,<br />

1792 in seiner Schrift Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber<br />

noch eine Befreiung durch Erziehung verlangt, die Frauen voll<br />

in die bürgerlichen Rechte und Verantwortlichkeiten einsetzen<br />

würde, wiesen die Denker des 19. Jahrhunderts dies empört zurück.<br />

„Unser Staat ist männlichen Geschlechts“, erklärte der Kulturhistoriker<br />

Wilhelm Heinrich Riehl <strong>18</strong>55. Auch der Rechtswissenschaftler<br />

Johann Caspar Bluntschli bezeichnete im Deutschen Staatswörterbuch<br />

die unmittelbare Teilnahme an den Staatsgeschäften als<br />

unweiblich, für den Staat gefährlich und für Frauen verderblich. Die<br />

Parlamentarier in der Frankfurter Nationalversammlung warfen<br />

die Frage der Frauenrechte gar nicht erst auf.<br />

Dennoch gab es zahllose Bestrebungen, eine Frauenrechtsbewegung<br />

ins Leben zu rufen. Auch Frauen aus adeligen und bürgerlichen<br />

Kreisen suchten die Beteiligung am öffentlichen Leben. Bettina<br />

von Arnim etwa, die Schwester des Dichters<br />

Clemens von Brentano und Ehefrau von<br />

Achim von Arnim, wollte Teil sein von allem,<br />

„was mit mir auf dieser Welt ist“. Nach dem Tod<br />

ihres Mannes setzte sie sich für die Beseitigung<br />

Titel der Festschrift zum Internationalen<br />

Frauentag 1913 der Wiener Werkstätten-<br />

Künstlerin Marianne Saxl-Deutsch<br />

FESTKONZERT „STARKE FRAUEN“<br />

Am 11. <strong>November</strong> in der<br />

Münchner Philharmonie<br />

Informationen und Kartenservice:<br />

www.musikerlebnis.de<br />

der Elendsviertel in Berlin ein. Ihre ausführlichen<br />

Schilderungen der Not der<br />

Arbeitslosen, die sie unter dem Titel Dies<br />

Buch gehört dem Könige an Friedrich Wilhelm<br />

IV. richtete, wurden jedoch beschlagnahmt.<br />

Die soziale Spaltung der Gesellschaft<br />

erschwerte es bürgerlichen und sozialdemokratischen<br />

Frauenverbänden, sich gemeinsam<br />

für die politische Teilhabe einzusetzen.<br />

Clara Zetkin und Rosa Luxemburg<br />

ging es um Klassenkampf und die proletarischen<br />

Frauen. An eine Gemeinschaft<br />

aller Frauen glaubten sie nicht. Erst als der<br />

deutsche Kaiser 1917 mitten im Krieg eine<br />

Wahlrechtsreform anstrebte, die Frauenforderungen<br />

aber ignorierte, kam es zu<br />

einem Zusammenschluss bürgerlicher und<br />

sozialistischer Aktivistinnen.<br />

Im <strong>Oktober</strong> 19<strong>18</strong> forderten 58 deutsche<br />

Frauenorganisationen in einem gemeinsamen<br />

Schreiben das allgemeine<br />

Wahlrecht. Die dichte zeitliche Abfolge, in<br />

der hernach alles wie auf einmal erfolgte, die militärische Niederlage,<br />

die <strong>November</strong>revolution, die Ausrufung der Republik und die<br />

große Wahlrechtsreform, mag dazu beigetragen haben, den Krieg<br />

als Vater des Frauenwahlrechts erscheinen zu lassen. Ausgeblendet<br />

wurden der mühselige Weg dahin und die Bedeutung all der Frauenverbände,<br />

die vor dem Krieg aktiv waren. Den deutschen Historikern<br />

war das Frauenwahlrecht allenfalls eine Erwähnung wert. Tatsächlich<br />

bildeten die Frauen eine der wenigen Gruppen, die über<br />

viele Jahrzehnte für ihr Wahlrecht kämpften, und zwar europaweit.<br />

So kam es, dass von 1906 bis 1932 rund 40 Staaten das Frauenwahlrecht<br />

einführten. In Deutschland erhielten die Frauen am 12.<br />

<strong>November</strong> 19<strong>18</strong> das Wahlrecht. Am 30. <strong>November</strong> wurde es in der<br />

Weimarer Verfassung verankert: „Frauen und Männer haben<br />

grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.“<br />

Die Wahl zur verfassunggebenden Nationalversammlung am 19.<br />

Januar 1919 war die erste, an der Frauen als Wählerinnen und<br />

Gewählte teilnahmen. Über 80 Prozent der wahlberechtigten<br />

Frauen gaben ihre Stimme ab.<br />

„Starke Frauen“ ist das Festkonzert zum Jubiläum in der Münchner<br />

Philharmonie überschrieben. Ein Frauenorchester mit Musikerinnen<br />

der großen Münchner Klangkörper<br />

spielt unter der Leitung von Kristiina Poska<br />

Kompositionen von Sofia Gubaidulina, Clara<br />

Schumann und der wiederentdeckten Emilie<br />

Mayer. Solistin am Klavier ist Lauma Skride.n<br />

48 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


OPUS KLASSIK<br />

Eine Würdigung der Jahrhundertsängerin Christa Ludwig (Seite 54)<br />

OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>: Alle Preisträger im Überblick (Seite 52)<br />

crescendo macht sich Gedanken: Wie sollte ein Musikpreis aussehen? (Seite 64)<br />

OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong><br />

DIE VERSTECKTEN JUWELEN<br />

TATJANA RUHLAND<br />

FOTO: MARCO BORGGREVE<br />

49


O P U S K L A S S I K<br />

DER OPUS KLASSIK<br />

IN ZAHLEN<br />

DIE JURY<br />

5 Vertreter von Plattenfirmen<br />

2 Fachjournalisten<br />

2 Vertreter ZDF-Redaktion Musik<br />

1 Kulturmanager<br />

1 Vertreter Deutscher Musikrat<br />

511 Einreichungen<br />

22 Kategorien<br />

53 Preisträger, davon gehen:<br />

28 Preise an die Majors<br />

(Universal, Sony, Warner)<br />

25 Preise an kleinere Plattenfirmen<br />

(„Independents“)<br />

DIE ZDF-GALA<br />

10 auftretende Preisträger, davon<br />

9 Major-Künstler<br />

1 Independent-Künstler<br />

43 Preisträger, die Sie nicht<br />

sehen werden …<br />

Scheinwerfer ins Dunkel!<br />

50 w w w . c r e s c e n d o . d e — Verlags-Sonderveröffentlichung zum OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>


O P U S K L A S S I K<br />

Der ECHO KLASSIK heißt nun OPUS KLASSIK.<br />

Man mag über die Veranstaltung geteilter Meinung sein.<br />

Aber es gibt durchaus Preisträger, die es zu entdecken gilt.<br />

Neuer Name – und sonst? Der Musikpreis, einst<br />

bekannt als ECHO KLASSIK, heißt nun OPUS<br />

KLASSIK: Er besteht aus weitgehend derselben Jury.<br />

Die Preisverleihungs-Gala, die wieder vom ZDF<br />

übertragen wird, findet am selben Veranstaltungsort statt (Konzerthaus<br />

Berlin) und wird vom selben Moderator präsentiert<br />

(Thomas Gottschalk). Vom einstigen Sturm nach dem ECHO-<br />

POP-Skandal um die antisemitischen Texte der Rapper Kollegah<br />

und Farid Bang ist wenig übrig geblieben. Dabei waren es damals<br />

ausgerechnet die Klassikkünstler, die ihre Preise aus Protest als<br />

Erste zurückgegeben haben. Und nun? Weiter so, wie gehabt,<br />

außer dass die Phono-Akademie nicht mehr offizieller Veranstalter<br />

ist und ein neuer Name gefunden wurde?<br />

Ja, so sieht es leider aus. Zwar wird eine vollkommene Revolution<br />

des Preises im nächsten Jahr versprochen (dann auch mit<br />

Konzerten und Bühnenproduktionen als Preisträger), aber die<br />

Chance, ein Innehalten der Branche zu signalisieren, und sei es<br />

nur, indem die Preisträger in der ZDF-Gala Werke sogenannter<br />

„entarteter Komponisten“ spielen? Fehlanzeige!<br />

Unter diesen Umständen mag es verwundern, dass wir von<br />

crescendo uns dennoch entschlossen haben, auch in diesem Jahr<br />

wieder einen Schwerpunkt zum neuen Musikpreis herauszugeben.<br />

Wir haben innerhalb der Redaktion lange darüber debattiert. Und<br />

sind am Ende zu folgendem Schluss gekommen: Seit wir den<br />

ECHO KLASSIK begleiten, ging es uns stets darum, auch jenen<br />

Künstlern ein Forum zu bieten, die nicht in der großen ZDF-Sause<br />

auftreten. Dorthin zu horchen, wo Musik noch ein Abenteuer ist,<br />

wo couragierte Labels und leidenschaftliche Musiker, oft in der<br />

Nische der Öffentlichkeit, Trouvaillen ausgraben, sich akribisch<br />

um neues Repertoire und neue Interpretationsansätze kümmern.<br />

Denn das wäre für uns von crescendo der größte Verdienst einer<br />

solchen Veranstaltung: das Scheinwerferlicht auf jene Künstler zu<br />

werfen, die in den Massenmedien ansonsten in der Dunkelheit<br />

stehen. Sie haben wir in den letzten Jahren in intensiven Video-<br />

Gesprächen vorgestellt, uns von ihnen begeistern lassen und an<br />

ihrer Leidenschaft teilgenommen.<br />

Es sind auch diese Künstler, die besonders vehement gegen<br />

die antisemitischen Ausfälle bei der ECHO-POP-Verleihung protestiert<br />

haben (die Superstars der Branche haben erst später aus oft<br />

strategischen Gründen mitgemacht). Und wir finden, dass ein<br />

Preis, wie es der ECHO war und wie es der OPUS ist, noch immer<br />

eine gute Gelegenheit darstellt, diese Menschen in den Fokus zu<br />

rücken.<br />

Deshalb wird sich crescendo dieses Jahr im Hochglanzgeschäft<br />

des OPUS bewusst zurückhalten, nicht von der Verleihung<br />

und der großen Show berichten. In diesem Schwerpunkt<br />

geht es uns darum, Ihnen, verehrte Leser, jene Musiker vorzustellen,<br />

die auch bei der großen Gala nicht im Scheinwerferlicht stehen<br />

werden. Preisträger, die das Geschäft mit der klassischen Musik so<br />

spannend machen. Künstler, die keine x-beliebige La Traviata oder<br />

Beethoven 5 einspielen. Sondern Musiker, die sich intensiv mit<br />

dem Repertoire, das sie aufnehmen, auseinandersetzen, deren<br />

Ergebnisse nie beliebig, sondern existenziell für das sind, was sie<br />

mit ihrer Kunst aussagen wollen. Künstler, von denen wir fest<br />

überzeugt sind, dass sie und ihre Aufnahmen es wert sind, gehört<br />

zu werden. Künstler, die jenseits der schillernden Klassik-Oberfläche<br />

in die Tiefe abtauchen und wirklich Neues und Aufregendes<br />

für uns zutage fördern.<br />

So wie immer wird die ZDF-Gala auch wieder ein Treffen der<br />

Branche sein: Die Entscheider der Labels, Journalisten, Künstler<br />

und Publikum werden aufeinander treffen. Und in den Gesprächen<br />

auf den Fluren wird es in diesem Jahr sicherlich auch um die<br />

Frage gehen, wie es denn konkret mit dem Preis weitergehen soll.<br />

Ob man sich wieder mehr Ernsthaftigkeit leisten kann, ob die<br />

große Show sich auch wieder intensiver um die Musik kümmern<br />

sollte, ob man den Künstlern einen größeren Raum einräumen<br />

kann, um von ihren Projekten zu schwärmen, ob es nicht an der<br />

Zeit sei, neben den allgemein bekannten Megastars mehr Newcomer<br />

auf die Bühne zu stellen, um ihre Begeisterung zu erleben.<br />

crescendo freut sich auf all diese Diskussionen und auf einen<br />

bevorstehenden Wandel des Preises.<br />

Aber diese Debatte um die Zukunft des OPUS KLASSIK wird<br />

wohl erst beim ersten OPUS KLASSIK selbst geführt werden. Und<br />

wir von crescendo hoffen, dass allen Beteiligten klar wird, dass die<br />

Kunst, für die wir gemeinsam schwärmen, mehr ist als eine bunte<br />

und schrille Verpackung. Dass sie gerade nach den Vorfällen beim<br />

ECHO POP die Chance birgt, Bewusstsein für das Vergangene zu<br />

schärfen und Visionen für die Zukunft zu entwickeln. Und dass<br />

dafür zunächst einmal vollkommen offen alles Bisherige auf den<br />

Prüfstand gestellt werden sollte: von der Jury über die Präsentation<br />

der Preisträger bis zu den Kriterien, nach denen entschieden<br />

wird. Und deshalb nutzen wir diese Denkpause, um Ihnen, verehrte<br />

Leser, auf den nächsten Seiten jene Künstler intensiv vorzustellen,<br />

von denen wir glauben, dass sie die wahre Zukunft der<br />

klassischen Musik sind.<br />

Ihr crescendo-Team<br />

51


O P U S K L A S S I K<br />

FOTO: DAVID VON BECKER<br />

Die Gewinner<br />

Von der Würdigung des Lebenswerks bis zum Preis für Nachwuchsförderung:<br />

Hier sind alle Preisträger des diesjährigen OPUS KLASSIK auf einen Blick.<br />

Sängerin des Jahres<br />

Diana Damrau<br />

Meyerbeer: Grand Opera<br />

Erato (Warner Music)<br />

Sänger des Jahres<br />

Juan Diego Flórez<br />

Mozart<br />

Sony Classical (Sony Music)<br />

Instrumentalist | Gitarre<br />

Frank Bungarten<br />

Johann Kaspar Mertz:<br />

Der letzte Wiener Virtuose<br />

MDG (Dabringhaus & Grimm) S. 58<br />

Instrumentalist | Oboe<br />

Albrecht Mayer<br />

Tesori d’Italia<br />

Deutsche Grammophon<br />

Instrumentalistin | Akkordeon<br />

Mie Miki<br />

Das wohltemperierte Akkordeon<br />

BIS (Klassik Center Kassel) S. 60<br />

Instrumentalist | Kontrabass<br />

Roman Patkoló<br />

The Six Seasons<br />

nasswetter music group<br />

(fours entertainment)<br />

Instrumentalist | Klavier<br />

Daniil Trifonov<br />

Chopin Evocations<br />

Deutsche Grammophon<br />

Dirigent des Jahres<br />

Cornelius Meister<br />

Bohuslav Martinů: The Symphonies<br />

Capriccio (Naxos) S. 59<br />

Ensemble/Orchester<br />

Gewandhausorchester<br />

Bruckner: Symphony No. 3,<br />

Wagner: Tannhäuser Overture<br />

Deutsche Grammophon<br />

Ensemble/Orchester<br />

L’Arpeggiata<br />

Händel goes wild<br />

Erato (Warner Music)<br />

Ensemble/Orchester<br />

Ora<br />

Many are the Wonders<br />

harmonia mundi<br />

Nachwuchskünstler | gem. Ensemble<br />

4 Times Baroque<br />

Caught in Italian Virtuosity<br />

deutsche harmonia mundi (Sony Music)<br />

Nachwuchskünstlerin | Flöte<br />

Kathrin Christians<br />

Feld – Weinberg – Theodorakis<br />

hänssler classic (Profil Medien) S. 60<br />

Nachwuchskünstler | Cello<br />

Sheku Kanneh-Mason<br />

Inspiration<br />

Decca (Deutsche Grammophon)<br />

Nachwuchskünstlerin | Gesang<br />

Regula Mühlemann<br />

Cleopatra – Baroque Arias<br />

Sony Classical (Sony Music)<br />

Nachwuchskünstler | Geige<br />

Emmanuel Tjeknavorian<br />

Solo<br />

Sony Classical (Sony Music)<br />

Klassik ohne Grenzen<br />

Benny Andersson<br />

Piano<br />

Deutsche Grammophon<br />

Klassik ohne Grenzen<br />

Bjarte Eike, Barokksolistene<br />

The Alehouse Sessions<br />

Rubicon (harmonia mundi)<br />

Klassik ohne Grenzen<br />

Philharmonix<br />

The Vienna Berlin Music Club Vol.1<br />

Deutsche Grammophon<br />

Sinfonische Einspielung |<br />

Musik bis inkl. <strong>18</strong>. Jh.<br />

Capricornus Consort Basel<br />

Franz Xaver Richter: Sinfonias,<br />

Sonatas & Oboe Concerto<br />

CHRISTOPHORUS (note 1)<br />

Sinfonische Einspielung | Musik 19. Jh.<br />

Paavo Järvi, Die Deutsche<br />

Kammerphilharmonie Bremen<br />

Brahms<br />

RCA Red Seal (Sony)<br />

52 w w w . c r e s c e n d o . d e — Verlags-Sonderveröffentlichung zum OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>


O P U S K L A S S I K<br />

Sinfonische Einspielung |<br />

Musik 20./21. Jh.<br />

Baltimore Symphony Orchestra<br />

Marin Alsop<br />

Bernstein: Symphonies Nos. 1 and 2<br />

Naxos S. 60<br />

Konzerteinspielung |<br />

Musik bis inkl. <strong>18</strong>. Jh.<br />

Berliner Barock Solisten<br />

Reinhard Goebel<br />

J. S. Bach: Brandenburg Concertos<br />

Sony Classical (Sony Music)<br />

Konzerteinspielung |<br />

Musik bis inkl. <strong>18</strong>. Jh.<br />

Alon Sariel<br />

Telemandolin<br />

Berlin Classics (Edel)<br />

Konzerteinspielung | Musik 19. Jh.<br />

Tatjana Ruhland, Radio-Sinfonieorchester<br />

Stuttgart des SWR<br />

Alexander Liebreich<br />

Carl Reinecke: Flute Concertos;<br />

Flute Sonatas<br />

cpo (jpc) S. 62<br />

Konzerteinspielung | Musik 19. Jh.<br />

Howard Shelley, Tasmanian<br />

Symphony Orchestra<br />

Potter: Piano Concertos 2 & 4<br />

HYPERION (note 1)<br />

Konzerteinspielung | Musik 20./21. Jh.<br />

Lisa Batiashvili<br />

Yannick Nézet-Séguin<br />

Chamber Orchestra of Europe<br />

Visions of Prokofiev<br />

Deutsche Grammophon<br />

Konzerteinspielung | Musik 20./21. Jh.<br />

Frank Dupree<br />

Deutsche Staatsphilharmonie<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Karl-Heinz Steffens<br />

George Antheil: A Jazz Symphony, Piano<br />

Concerto No. 1, Capital of the World<br />

Suite, Archipelago Rhumba<br />

Capriccio (Naxos) S. 59<br />

Chorwerkeinspielung des Jahres<br />

Renner Ensemble Regensburg<br />

War No More<br />

ARS Produktion<br />

Operneinspielung |<br />

Oper bis inkl. 17./<strong>18</strong>. Jh.<br />

Pygmalion Raphaël Pichon<br />

Stravaganza D’Amore<br />

harmonia mundi<br />

Operneinspielung | Oper 19. Jh.<br />

Joyce DiDonato, Michael Spyres<br />

John Nelson, Orchestre philharmonique<br />

de Strasbourg<br />

Berlioz: Les Troyens<br />

Erato (Warner)<br />

Operneinspielung | Oper 20./21. Jh.<br />

London Symphony Chorus<br />

London Symphony Orchestra<br />

Sir Simon Rattle<br />

Debussy: Pelléas et Mélisande<br />

LSO Live (note 1)<br />

Solistische Einspielung |<br />

Musik bis inkl. <strong>18</strong>. Jh. / Cembalo<br />

Jean Rondeau<br />

Vertigo<br />

Erato (Warner)<br />

Solistische Einspielung |<br />

Musik 19. Jh. / Klavier<br />

George Li<br />

Live at the Mariinsky<br />

Warner Classics<br />

Solistische Einspielung |<br />

Musik 20./21. Jh. / Klavier<br />

Boris Giltburg<br />

Rachmaninov: Piano Concerto No. 2,<br />

Études-tableaux Op. 33<br />

Naxos S. 61<br />

Solistische Einspielung/Gesang | Oper<br />

Julia Lezhneva<br />

Carl Heinrich Graun: Opera Arias<br />

Decca (Deutsche Grammophon)<br />

Solistische Einspielung/Gesang | Oper<br />

Olga Peretyatko<br />

Russian Light<br />

Sony Classical (Sony Music)<br />

Solistische Einspielung/Gesang |<br />

Oratorien/Konzert/Lied<br />

Barbara Hannigan<br />

Crazy Girl Crazy<br />

Alpha Classics (Outhere) S. 58<br />

Kammermusikeinspielung | Musik bis<br />

inkl. 17./<strong>18</strong>. Jh. / Bläser<br />

Capella de la Torre<br />

Katharina Bäuml<br />

Una Serata Venexiana<br />

deutsche harmonia mundi (Sony)<br />

Kammermusikeinspielung | Musik<br />

bis inkl. 17./<strong>18</strong>. Jh. / gem. Ensemble<br />

Yo-Yo Ma, Chris Thile<br />

Edgar Meyer<br />

Bach Trios<br />

Nonesuch (Warner)<br />

Kammermusikeinspielung |<br />

Musik 19. Jh. / gem. Ensemble<br />

Mozart Piano Quartet<br />

Georg Hendrik Witte:<br />

Piano Quartet / Horn Quintet<br />

MDG (Dabringhaus & Grimm) S. 62<br />

Kammermusikeinspielung |<br />

Musik 19. Jh. / gem. Ensemble<br />

Tabea Zimmermann<br />

Jörg Widmann, Dénes Várjon<br />

Es war einmal …<br />

myrios classics S. 57<br />

Kammermusikeinspielung |<br />

Musik 20./21. Jh. / gem. Ensemble<br />

Hinrich Alpers, Kuss Quartett<br />

Agata Szymczewska, Nabil<br />

Shehata, Marie-Pierre Langlamet<br />

Rudi Stephan:<br />

Chamber Works and Songs<br />

Sony Classical (Sony Music)<br />

Kammermusikeinspielung | Musik<br />

20./21. Jh. / Klavier<br />

Martha Argerich, Sergei Babayan<br />

Prokofiev for two<br />

Deutsche Grammophon<br />

Editorische Leistung<br />

hänssler classic<br />

Legends – Vsevolod Zaderatsky:<br />

Klavierwerke (Jascha Nemtsov, Klavier)<br />

hänssler classic (Profil Medien) S. 57<br />

Editorische Leistung<br />

Sony Classical<br />

Leonard Bernstein: The Composer<br />

Sony Classical (Sony Music)<br />

Welt-Ersteinspielung<br />

EntArteOpera Choir<br />

Israel Chamber Orchestra<br />

Martin Sieghart<br />

Walter Braunfels: Ulenspiegel<br />

Capriccio (Naxos) S. 59<br />

Klassik für Kinder<br />

Lucas & Arthur Jussen<br />

Katja Riemann<br />

Roger Willemsen (Text)<br />

Camille Saint-Saëns:<br />

Der Karneval der Tiere<br />

Deutsche Grammophon<br />

Audiophile Mehrkanaleinspielung<br />

Iván Fischer, Budapest Festival<br />

Orchestra, Gerhild Romberger<br />

Cantemus Children’s Choir Chor<br />

des Bayerischen Rundfunks<br />

Mahler: Symphony no. 3<br />

Channel Classics Records<br />

Musik-DVD-/Blu-ray-Produktion<br />

Axel Borup-Jørgensen<br />

Marin (Regie: Morten Bartholdy)<br />

OUR Recordings (Naxos) S. 61<br />

Preis für Nachwuchsförderung<br />

Ensemble Esperanza<br />

ARS Produktion<br />

Bestseller<br />

NDR Elbphilharmonie Orchester<br />

Thomas Hengelbrock<br />

Johannes Brahms: Symphonien Nr. 3 & 4<br />

(die erste Aufnahme aus der neuen<br />

Elbphilharmonie Hamburg)<br />

Sony Classical (Sony Music)<br />

Würdigung des Lebenswerkes<br />

Christa Ludwig<br />

S. 54<br />

53


O P U S K L A S S I K<br />

Christa Ludwig:<br />

Kniefall vor<br />

einem Lebenswerk<br />

FOTO: SUSESCH BAYAT<br />

„QUIETSCHFIDEL?<br />

NUN JA, ICH FREUE MICH<br />

AUCH MIT 90 AM LEBEN.<br />

UND MANCHMAL<br />

QUIETSCHT ES HALT<br />

INZWISCHEN“<br />

54 w w w . c r e s c e n d o . d e — Verlags-Sonderveröffentlichung zum OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>


O P U S K L A S S I K<br />

WÜRDIGUNG DES LEBENSWERKES<br />

Christa Ludwig kann mit quietschfidelen 90 nicht nur auf<br />

ein viel bewundertes Lebenswerk zurückblicken, sie<br />

erlebt auch noch die Ehrungen dafür. Das gibt einem<br />

Preis fürs Lebenswerk eine noch viel lebendigere, ja<br />

fröhlichere Note. Schwierig ist es freilich, aus Christa Ludwigs Diskografie<br />

die „Greatest Hits“ herauszustellen. Denn wie soll man sich<br />

einschränken bei einer Sängerin, die anscheinend nicht nur keine<br />

schlechten Einspielungen abgeliefert hat, sondern sogar ausschließlich<br />

gute, ja meist sogar hervorragende? Christa Ludwig lieh ihren<br />

feinen, ungekünstelten Ton reihenweise Aufnahmen, die zu Meilensteinen<br />

wurden. Das ist auch zurückzuführen auf die Tatsache, dass<br />

ihr warmer, geschmeidiger und gleichmäßiger Mezzo mit dem feinen<br />

Schmelz von den größten Dirigenten ihrer Zeit geschätzt und<br />

geliebt wurde: Otto Klemperer, Karl Böhm, Leonard Bernstein und<br />

Herbert von Karajan. So ein unterschiedliches Taktstock-Quadrumvirat<br />

kann nicht falsch liegen.<br />

DIE ALLESKÖNNERIN: LIED<br />

Christa Ludwig war, wenn man so will, eine<br />

echte Dreispartensängerin: gleichermaßen<br />

in Oper, Oratorium und Lied zu Hause, was<br />

man in solcher Ausgewogenheit wohl von<br />

kaum einer Sängerin sagen kann. Lied war<br />

auf Tonträger freilich das am wenigsten von<br />

ihr bespielte Feld. Ihr Ruhm als Liedsängerin<br />

– von live erlebten Liederabenden und<br />

der bis heute noch tätigen Pädagogin in<br />

Meisterkursen abgesehen – beruht eigentlich<br />

auf einer Einspielung: 15 Schubert-Lieder,<br />

mit (größtenteils) Geoffrey Parsons am<br />

Klavier, unter denen Gretchen am Spinnrade<br />

und Litanei auf das Fest Aller Seelen als<br />

Ideal einer gesanglich noch jugendlichen,<br />

gleichzeitig aber reifen Liedinterpretation<br />

gelten können. Etwas, was ihr knappe zehn<br />

Jahre später mit Irwin Gage (1973/74) oder<br />

der Winterreise mit James Levine (1986)<br />

vielleicht nicht mehr so gelang. Das ist wohl<br />

die Crux im Liedgesang: Bevorzugt man<br />

verständnislose Schönheit oder verständnisvolle<br />

Unebenmäßigkeit?<br />

Christa Ludwig selber schwankt: „Ein<br />

Sänger muss den Text ja erst mal begreifen,<br />

die Musik begreifen, bis er es wiedergeben<br />

kann. Ein Lied muss reflektiert gesungen<br />

sein – dabei muss man sich total identifizieren<br />

mit dem Text. Und dann muss der Text,<br />

das Wort, die Silbe, auch noch so gesungen<br />

werden, dass sie auch aussagt, was sie aussagen<br />

soll. Das ist ein langer Prozess, ein ewiges<br />

Lernen. Und wird man älter, verändert<br />

sich der eigene Blick auf Musik und für die<br />

Interpretation. Meine Mutter hat mir gesagt:<br />

‚Ich hoffe, dass du dir die Stimme so<br />

lange behältst, bis du weißt, um was es sich<br />

handelt.‘ Das Beste wäre freilich wenn man<br />

den Inhalt versteht und man es noch gut<br />

singen kann. Beides ist wichtig. Obwohl ich<br />

sagen muss, dass mir der Fischer-Dieskau,<br />

zum Beispiel, als er noch sehr jung war, wie<br />

ein Engel vom Himmel erschien. Mit so<br />

einer Naivität und schönen Stimme – wunderbar.<br />

Dann kam die Zeit, als er sehr<br />

manieriert war. Und dann die Zeit, als er<br />

schon krank war und sehr abgenommen<br />

hatte. Die Stimme war nicht mehr seine<br />

jugendfrische Stimme. Aber der Ausdruck,<br />

der war einfach fabelhaft! Überhaupt nicht<br />

mehr manieriert.“<br />

ORCHESTERLIEDER<br />

Im Schilfbereich zwischen Lied und Oratorium<br />

sind die Orchesterlieder zu Hause,<br />

in denen Ludwig ebenfalls brillierte. Vier<br />

Lieder von der Erde sind uns mit Christa<br />

Ludwig erhalten: einmal mit Leonard<br />

Bernstein und René Kollo (1972). Aus dem<br />

darauffolgenden Jahr mit Karajan und<br />

wieder René Kollo. Davor kam freilich<br />

schon eine der ganz großen, klassischen<br />

Mahler-Aufnahmen des letzten Jahrhunderts,<br />

unter Otto Klemperer mit Fritz<br />

Wunderlich (1964/66). Vermutlich werden<br />

mehr Hörer mit diesem letzteren Lied von<br />

der Erde aufgewachsen sein als mit irgendeiner<br />

anderen Version. Erst seit Kurzem,<br />

aus dem Archiv der Wiener Symphoniker<br />

auferstanden, kann man Christa Ludwig,<br />

Carlos Kleiber und Waldemar Kmentt<br />

(1967) bewundern. Überhaupt: Mahler<br />

liegt ihr. Des jungen wilden Zubin Mehtas<br />

Zweite Symphonie ist nicht zuletzt der Sänger<br />

wegen – einer reifen und doch engelgleichen<br />

Ludwig und Ileana Cotrubas –<br />

noch heute die Referenz. Was für ein Röschen<br />

rot! Das kristallklare O Mensch in<br />

Bernsteins zweiter Aufnahme der Dritten<br />

hat immer noch seinen Gänsehautfaktor.<br />

Ihre Kindertotenlieder und Rückertlieder<br />

mit Karajan haben nichts von ihrer Herrlichkeit<br />

verloren. Ihre frühe Aufnahme der<br />

Brahms’schen Alt-Rhapsodie, Wagners<br />

Wesendonck-Lieder, Beethovens Abscheulicher!<br />

und fünf Orchesterlieder Mahlers<br />

unter Klemperer sind seit über einem halben<br />

Jahrhundert Vorzeigeaufnahmen.<br />

(weiter auf S. 56)<br />

Das launige Interview mit Christa Ludwig<br />

zum 90. Geburtstag, bei dem sie auf ihre<br />

unverwechselbare Art plaudert, sehen Sie<br />

auf www.crescendo.de/live<br />

55


O P U S K L A S S I K<br />

ORATORIUM<br />

CHRISTA LUDWIG AUF DER BÜHNE:<br />

Ob Haydns Schöpfung, Beethovens Missa Solemnis (jeweils mit<br />

Karajan, Gundula Janowitz, Fritz Wunderlich und Walter Berry)<br />

oder Bach – Christa Ludwig ist immer mit von der Partie in Aufnahmen,<br />

die Generationen geprägt haben. Geschmäcker ändern<br />

sich und freilich ist Karl Richters Weihnachtsoratorium (wieder sind<br />

Janowitz und Wunderlich mit von der Partie) nicht auf neuestem,<br />

historisch informiertem Forschungsstand. Gleichwohl ist es bis<br />

heute der Weihnachtsstandard für jeden, der mit dieser hochmusikalischen<br />

Aufnahme in Kontakt gekommen ist. Selbst Klemperers<br />

Matthäus-Passion trotzt aufgrund der Sängerbesetzung weiterhin<br />

beharrlich jedem Zeitgeist – insbesondere in der angloamerikanischen<br />

Welt.<br />

1<br />

2<br />

OPER<br />

Schließlich war ihre ganz große Domäne aber die Oper. Und gleich<br />

1956 kam mit dem von Walter Legge produzierten Rosenkavalier<br />

eine Aufnahme heraus, auf der das Trio Schwarzkopf/Ludwig/<br />

Stich-Randall Maßstäbe setzte. Von da an hagelte es Spitzenaufnahmen<br />

und „instant classics“. Die Frau ohne Schatten (1964) – „Frau<br />

Ludwig ist (…) gelöst und sinnlich (…) heftig und intensiv. Einen<br />

ganzen Abend lang wurde Wohlklang und faszinierende Expansion,<br />

Sicherheit sowie eine Art legere Konzentration geboten, die<br />

(…) dem Hörer das Gefühl gibt, hier sei einer Sängerin das Schwierige<br />

spielend leicht geworden.“ (Karl Löbl im Express, nach der Premiere<br />

an der Wiener Staatsoper). Blaubarts Burg unter István Kertész,<br />

gesungen mit ihrem damaligen Mann, Walter Berry (1965).<br />

David Hurwitz, der Christa Ludwig 2008 den Cannes MIDEM<br />

Classical Lifetime Achievement Award überreichte, erinnert an ihre<br />

Leonore in Klemperers Fidelio und die manchmal übersehene Aufnahme<br />

des Rosenkavaliers unter Bernstein, in der Ludwig die Rolle<br />

der Marschallin übernimmt und wo sie „Schwarzkopfs sorgfältige<br />

Textbehandlung mit einem gänzlich natürlichen, unmanierierten<br />

Vortrag vereint“.<br />

BESTE ZWEITE GEIGE ALLER ZEITEN<br />

Vielleicht ist das Maß für wahrlich große Musiker nicht so sehr, wie<br />

sie im Rampenlicht scheinen, sondern wie sie gerade auch in vermeintlichen<br />

Nebenrollen strahlen können und sich ganz der Musik<br />

und nicht nur ihrem Ego widmen. Es kann kein Zufall sein, dass die<br />

große Christa Ludwig gerade da entzückt und betört, wo sie quasi<br />

nur die Beilage zu sein scheint: als Elvira in Klemperers Don Giovanni,<br />

als Kundry in Soltis Parsifal, als Szuki neben Mirella Frenis<br />

Butterfly unter Karajan, als Adalgisa neben Maria Callas’ Norma,<br />

gar als Zweite Dame in Klemperers Zauberflöte. Als Old Lady in<br />

Bernsteins Candide, wo die damals immerhin schon 61-Jährige mit<br />

herzerfrischendem Humor und perfekter Aussprache in fünf, sechs<br />

Sprachen singt. Und nicht zuletzt als Brangäne neben Birgit Nilssons<br />

Isolde in Karl Böhms wegweisendem, überragend gutem Tristan<br />

von 1966. Das sind unvergleichliche und beglückende Momente,<br />

die uns heute noch Freude en masse schenken. Selbst der Verleih<br />

des OPUS KLASSIK Lebenswerk-Preises kann hier unserer Dankbarkeit<br />

nur bedingt Ausdruck verleihen. <br />

Jens Laurson<br />

Lebenswerk<br />

3<br />

5<br />

1. Christa Ludwig als Die Färberin und<br />

Walter Berry als Färber in Die Frau ohne Schatten<br />

von Richard Strauss (1966)<br />

2. … als Fricka in Die Walküre<br />

von Richard Wagner (1967)<br />

3. & 4. … als Octavian im Rosenkavalier<br />

von Richard Strauss (1960 & 1970)<br />

5. … als Ortrud im Lohengrin<br />

von Richard Wagner (1967)<br />

6. … zusammen mit Leonard Bernstein<br />

4<br />

6<br />

FOTOS: LOUIS MÉLANÇON; BILDARCHIV DER ÖSTERREICHISCHEN NATIONALBIBLIOTHEK; SIEGFRIED LAUTERWASSER<br />

56 w w w . c r e s c e n d o . d e — Verlags-Sonderveröffentlichung zum OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>


O P U S K L A S S I K<br />

KAMMERMUSIKEINSPIELUNG | MUSIK 19. JH. / GEM. ENSEMBLE<br />

FOTO: MARCO BORGGREVE<br />

EIN MÄRCHEN<br />

FÜR UNSERE<br />

ZEIT<br />

JÖRG WIDMANNS<br />

Komposition „Es war einmal …“<br />

spielt mit alten Ritualen und<br />

öffnet dennoch neue Welten.<br />

„Es war einmal …“ – so beginnen Märchen,<br />

so beginnen Reisen in vollkommen neue<br />

Welten, so beginnen Geschichten zum<br />

Träumen. Und so beginnt für viele die<br />

Kindheit. Auch für den Klarinettisten und<br />

Komponisten Jörg Widmann: „Märchen<br />

mit ihren archetypischen Figuren und ihren<br />

Märchenformeln wie ‚Und wenn sie nicht<br />

gestorben sind …‘ haben mich, seit ich denken<br />

kann, fasziniert und in Unruhe versetzt“,<br />

sagt er. „Weil sie immer auch Seismograf<br />

unterschwelliger menschlicher Ur-<br />

Ängste und -Wünsche sind.“ Das „Es war<br />

einmal …“-Phänomen hat Widmann bis<br />

heute nicht losgelassen. Ihm geht er in seiner<br />

wunderbar-wundersamen Komposition<br />

nun auf den Grund. Natürlich mit<br />

einem Vorbild im Kopf: Robert Schumanns<br />

Märchenerzählungen.<br />

Das Label myrios classics hat Es war einmal<br />

… mit Widmann selbst, der wunderbaren<br />

Bratschistin Tabea Zimmermann und<br />

dem Pianisten Dénes Várjon aufgenommen.<br />

Widmanns Idee ist, das Märchen aus<br />

unserer Zeit heraus neu zu beleben: Die<br />

„Es war einmal …“-Welt ist für ihn auch<br />

ein Gegenentwurf zu unserer Wirk -<br />

lichkeit, zu dem, was wir Realität nennen,<br />

zu Zwängen und Erwartungen und<br />

gleichsam ein Kosmos dunkler Ab -<br />

gründe, unserer Ängste und Sorgen.<br />

„Als Interpret und als Komponist<br />

habe ich Robert Schumanns<br />

Märchenerzählungen immer als ein<br />

zerrissenes, modernes, komplexes<br />

Stück empfunden“, sagt<br />

Widmann. „Insofern möchte ich<br />

mein eigenes ‚Es war einmal …‘<br />

auch nicht als sentimental-nostalgische<br />

Flucht in lang zurückliegende<br />

Zeiten verstanden wissen, sondern als<br />

naiv-fantastischen Gegenentwurf zu<br />

unserer realen Welt mit all ihren Verwerfungen.“<br />

Genau das macht den Charme dieser<br />

Aufnahme aus. Tabea Zimmermann ist mit<br />

ihrem dunkel-leuchtenden Bratschenton<br />

keine Märchenoma, ebensowenig erzählen<br />

Jörg Widmann mit seinem samt-seidigen<br />

Klarinettenklang und Dénes Várjon mit seinem<br />

singenden Klavier alte Geschichten<br />

wie alte Männer. Im Gegenteil: Es war einmal<br />

… ist eine Komposition, die den Geist<br />

unserer Gegenwart trägt und gleichsam<br />

abtaucht in Welten des rituellen Erzählens<br />

und auch Visionen für ein neues, gegenwärtiges<br />

Märchen entwirft. Der Kontrast zwischen<br />

neuen und alten Märchen, zwischen<br />

Oberfläche und Tiefgang tut sich besonders<br />

dann auf, wenn am Ende der Aufnahme<br />

die alten Märchenbilder von Schumann<br />

in ihrer modernen Zerrissenheit zu<br />

hören sind.<br />

EDITORISCHE LEISTUNG DES JAHRES<br />

MUSIK, DIE NIE<br />

VERGESSEN<br />

WERDEN DARF<br />

HÄNSSLER classic feiert Jubiläum<br />

und wird für die Legends-Edition<br />

mit dem Klavierwerk<br />

Vsevolod Zaderatskys ausgezeichnet.<br />

Wenn ein Preis wie der neue OPUS KLASSIK<br />

einen Sinn hat, dann auch, um Persönlichkeiten<br />

wie Günter Hänssler auszuzeichnen! Der<br />

Musikverleger hat über Jahre hinweg Aufnahmen<br />

auf den Markt gebracht, die unseren Kosmos<br />

ins Unendliche erweitert haben: legendäre<br />

Einspielungen großer Werke, unter anderem<br />

mit Dirigenten wie Helmuth Rilling, Editionen<br />

großartiger Orchester, vor allen Dingen aber<br />

Einspielungen von Komponisten, die viele Menschen<br />

gar nicht auf dem Zettel haben – und die<br />

am Ende gigantische Entdeckungen sind!<br />

Genau eine solche Aufnahme wird nun prämiert:<br />

Die Klavierwerke von Vsevolod Zaderatsky,<br />

herausgekommen in der Legends-Edition<br />

mit Jascha Nemtsov am Klavier. Zaderatskys<br />

Lebenslauf ist der Soundtrack seiner Musik:<br />

Der russische Adelige war Klavierlehrer des<br />

Zarensohns, kämpfte im russischen Bürgerkrieg,<br />

gehörte zum engen Freundeskreis Skrjabins,<br />

wurde als „Volksfeind“ der Sowjets inhaftiert<br />

und kam in den Gulag. Hier komponierte<br />

er seine 24 Präludien für Klavier (in Anlehnung<br />

an den Schostakowitsch-Zyklus) aus Papiermangel<br />

auf Telegrafformularen – für jeweils<br />

zwei Stunden am Tag. Ein Klavier stand ihm<br />

dabei nicht zur Verfügung. Später wurde Zaderatsky<br />

aus dem Gulag entlassen und lebte bis zu<br />

seinem Tod 1953 in Lemberg.<br />

In seine Musik ist das eigene Leben eingeschrieben,<br />

die Wirren der Zeit, die Verzweiflung<br />

und die Hoffnung. All das erzählt der Pianist<br />

Jascha Nemtsov in dieser wunderbaren<br />

und unbedingt hörenswerten Einspielung von<br />

Hänssler classic.<br />

FOTO: HAENSSLER CLASSIC<br />

57


O P U S K L A S S I K<br />

FOTO: MICHA NEUGEBAUER<br />

INSTRUMENTALIST | GITARRE<br />

DIE GEZUPFTE<br />

ORGEL<br />

FRANK BUNGARTEN entdeckt das<br />

Gitarrenwerk des „letzten Wiener Virtuosen“,<br />

Johann Kaspar Mertz.<br />

Sie könnten Brüder im Geiste sein, der in Pressburg geborene,<br />

wohl größte Gitarrenvirtuose des 19. Jahrhunderts, Johann Kaspar<br />

Mertz, und der gegenwärtige Meister dieses Instruments,<br />

Frank Bungarten. Beide suchen nach vollkommen neuen Ausdrucksmöglichkeiten<br />

für das Instrument, erweitern seinen Tonumfang<br />

und versuchen, die Grenzen des Spielbaren auszuloten.<br />

Kein Wunder also, dass Bungarten sich nun dieses „letzten Wiener<br />

Virtuosen“ angenommen hat.<br />

Mit unglaublich warmem Ton, präziser Technik und Mut zur<br />

Melancholie hat Bungarten neben den sechs Schubert’schen Liedern<br />

auch Mertz’ Trois Morceau, einige der Bardenklänge und<br />

seine Bearbeitung von Verdis Ernani-Ouvertüre aufgenommen.<br />

Dafür hat der Gitarrenmeister die Kontragitarre ausgewählt,<br />

gefertigt nach einer exemplarisch erhaltenen historischen Vorlage<br />

von Johann Gottfried Scherzer. Sie verfügt über einen zweiten<br />

Hals und eine Reihe zusätzlicher Basssaiten. Gerade dieser<br />

Bass macht die nun preisgekrönte Aufnahme in glänzender<br />

MDG-Qualität aus!<br />

Bungarten, der bereits vielfach ausgezeichnet ist, besticht in<br />

seinen Konzerten und seinen Aufnahmen nicht allein durch<br />

seine einfühlsame Virtuosität, sondern auch dadurch, dass er<br />

immer wieder hinabsteigt in die oft vergessenen Winkel der<br />

Musikgeschichte. Mit Mertz hebt er nun einen faszinierenden<br />

Musiker ins Rampenlicht: Als er nach Wien zog, nahm das allgemeine<br />

Interesse an der Gitarre gerade wieder ab, von Konzertauftritten<br />

konnte der Ausnahmemusiker nicht mehr leben, er<br />

war gezwungen, auch zu unterrichten, und bearbeitete – den<br />

Moden der Zeit entsprechend – zahlreiche Werke großer<br />

Meister wie eben Verdi oder Schubert.<br />

Mertz’ anspruchsvolle Kompositionen<br />

waren zum großen Teil für<br />

eine zehnsaitige Gitarre mit den<br />

zusätzlichen Saiten D-C-H-A<br />

be stimmt (die in der Regel leer<br />

gezupft wurden). So wird das<br />

Instrument zum Teil zu einem<br />

großen Orchester, oder, wie<br />

Bungarten in seiner Aufnahme<br />

hören lässt, zu einer gezupften<br />

Orgel, wenn er Mertz’ Orgelfuge<br />

nach Johann Georg Albrechtsberger<br />

interpretiert.<br />

Frank Bungarten hat auch mit<br />

dieser Einspielung unter Beweis<br />

gestellt, dass die Gitarre ein Lebensgefühl<br />

ist, gleichsam zur individuellen<br />

Adaption großer Meister wie zur<br />

eigenständigen Suche zutiefst<br />

sehnsüchtiger Musik.<br />

Aktuelle CD:<br />

„Vienna. Fin de siècle“,<br />

Barbara Hannigan,<br />

Reinbert de Leeuw<br />

(Alpha)<br />

SOLISTISCHE EINSPIELUNG/GESANG<br />

ORATORIEN/KONZERT/LIED<br />

MIT STIMME,<br />

HAUT UND HAAREN<br />

BARBARA HANNIGAN stellt Bergs Lulu in ein<br />

Spiegelkabinett mit George Gershwin und Luciano Berio.<br />

Barbara Hannigan ist selbst so etwas wie ein „Crazy Girl Crazy“ – eine<br />

fast anarchische Sängerin, die ihre Charaktere durch ihre Stimme bis auf<br />

die Knochen entkleidet. Für ihr gleichnamiges Album hat Hannigan, die<br />

als exzessive Lulu überall auf der Welt Erfolge feiert, ein „Spiegelkabinett“<br />

des Weibes in der Musik an sich vorgelegt: Visionen von Frauencharakteren<br />

am Abgrund der Existenz, im andauernden Ausnahmezustand<br />

und in größtmöglicher Eskalation. Im Zentrum stehen dabei drei Werke:<br />

Teile aus Luciano Berios Sequenza III, natürlich Alban Bergs Lulu-Suite und<br />

George Gershwins Girl Crazy-Suite.<br />

Auf den ersten Blick scheint es nicht leicht, diese Werke in einen<br />

Bogen zu bringen. Auf den zweiten durchaus: Gemeinsam mit ihren<br />

Freunden aus dem Ludwig Orchester, das Hannigan dirigiert, während sie<br />

singt, entsteht ein Kaleidoskop des Existenziellen. Und musikhistorische<br />

Zusammenhänge sind durchaus erkennbar: So haben Gershwin und Berg<br />

einander nicht nur geschätzt, sondern auch gemeinsam Tennis gespielt,<br />

und Berios Stimme in Sequenza III erscheint plötzlich als Widerhall Lulus<br />

in unserer Zeit.<br />

Hannigan selbst beschreibt die Lulu als „ultimativen Freigeist“, als<br />

„Frau, deren Präsenz überwältigend ist, die uns zu Stärke und Wagemut<br />

inspiriert und gerade in ihrem Schmerz zu strahlen scheint.“ Das eigentliche<br />

Kommunikationsmittel ihrer Lulu ist für Hannigan weniger der Körper<br />

als vielmehr ihre Stimme: Sie schreit, sie reibt die Konsonanten, sie<br />

zischt – und atmet dann wieder unendliche Legatobögen. Vokalakrobatik<br />

und Gesang als Seelenspiegel.<br />

Am Ende dreht sich in dieser Aufnahme alles um diese Lulu-Suite, zu<br />

der die anderen Werke wie Kommentare erscheinen, als Spiegelbilder<br />

eines der facettenreichsten Operncharaktere. Gemeinsam mit ihrem<br />

Co-Arrangeur Bill Elliott hat sie unter anderem George und Ira Gershwins<br />

Song But Not for Me zu einem fast wagnerhaften Klangrausch umgeschrieben.<br />

Im Gegenüber zur Lulu-Suite entsteht so ein wahnsinnig<br />

erscheinender Seelenwandel, eine ureigene Stimmung wie in einer<br />

Nachtbar, in der das benebelte Extrakt des Menschen irgendwann allein<br />

an einer Bar sitzt und die Gespenster des Geistes Revue passieren lässt.<br />

Es ist die Ambition, die dieses Album (und eigentlich jede Arbeit und<br />

Interpretation von Hannigan) ausmacht. Der Mut, Musik vollkommen<br />

neu zu denken und an jenen Rand zu treiben, an dem das alte Ideal der<br />

Schönheit einem neuen weicht: der Schönheit des Existenziellen, des<br />

„So-und-nicht-anders“, eines „Mit-Haut-und-Haaren-Gefühls“.<br />

FOTO: ELMER DE HAAS<br />

58 w w w . c r e s c e n d o . d e — Verlags-Sonderveröffentlichung zum OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>


O P U S K L A S S I K<br />

1 2 3<br />

1. DIRIGENT DES JAHRES 2. KONZERTEINSPIELUNG | MUSIK 20./21. JH. 3. WELTERSTEINSPIELUNG DES JAHRES<br />

Mutige Musiker<br />

entdecken mutige Musiker<br />

Das Erfolgsrezept des Labels Capriccio: die Begeisterung seiner Künstler<br />

für vergessene Komponisten zu fördern. So entstanden drei große Einspielungen<br />

mit Werken von MARTINŮ, ANTHEIL und BRAUNFELS.<br />

FOTOS: MARCOBORGGREVE; STEFAN WILDHIRT; ROBERT MAYBACH<br />

Gleich dreimal geht der neue OPUS KLASSIK an das<br />

Label Capriccio. Und schnell wird klar, was die Aufnahmen<br />

dieser Firma so unverzichtbar macht: Mutige<br />

Orchester, wache Künstler und oft vergessene Komponisten<br />

wachsen hier zu Referenzaufnahmen zusammen.<br />

Kein Wunder also, dass der „Dirigent des Jahres“ ebenfalls bei<br />

Capriccio zu hören ist: Cornelius Meister (1), Sohn zweier Klavierlehrer<br />

aus Hannover, heute Generalmusikdirektor der Staatsoper<br />

Stuttgart und erster Gastdirigent des Yomiuri-Nippon-Sinfonieorchesters.<br />

Nun wird er auch für seine verdienstvolle Auseinandersetzung<br />

mit Bohuslav Martinů ausgezeichnet. Gemeinsam mit<br />

dem Radio-Symphonieorchester Wien hat er sämtliche Sinfonien<br />

des tschechischen Komponisten, der noch immer im Schatten von<br />

Smetana, Dvořák oder Janáček steht, aufgenommen. Der Schuhmacher-Sohn<br />

Martinů war so begabt, dass sein Heimatort ihm die<br />

musikalische Ausbildung finanzierte, allerdings wurde er wegen<br />

mangelndem Interesse schnell vom Unterricht am Konservatorium<br />

ausgeschlossen. Seine Musik ist eigenwillig: Anklänge an die Volksmusik<br />

seiner Heimat, aber auch die gekonnte Verarbeitung des<br />

Zeitgeistes – vor allen Dingen aber das Bekenntnis zur Musik als<br />

gefühlhafte und emotionale Kategorie. Seine erste Sinfonie nahm<br />

Martinů in Angriff, nachdem er von den Nazis verboten worden<br />

und in die USA emigriert war. Das war 1942, bis 1946 legte er jedes<br />

Jahr eine neue Sinfonie vor, die sechste entstand dann 1953. Cornelius<br />

Meister und sein Wiener Orchester erzählen auch die Zwischentöne<br />

seiner Klangsprache, sezieren die unterschiedlichen Ebenen<br />

und stellen die Musik in einen historischen Bogen. Ein Projekt,<br />

an dessen Ende sicherlich auch anderswo die Neuentdeckung<br />

Martinůs stehen wird.<br />

Auch die zweite preisgekrönte Aufnahme aus dem Hause Capriccio<br />

basiert auf Entdeckergeist, einem engagierten Orchester, der<br />

Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und Musikern wie<br />

Karl-Heinz Steffens (2) und Frank Dupree. Auch bei ihnen steht<br />

ein Musiker im Vordergrund, der zu Unrecht vergessen ist: Der USamerikanische<br />

Komponist und Pianist George Antheil war aufgrund<br />

seiner musikalischen Provokationen und seiner Selbstinszenierung<br />

im Paris der 20er-Jahre berühmt und berüchtigt. So trug er<br />

einer Legende nach (die er selbst geschaffen hat) während seiner<br />

Konzerte stets eine Pistole bei sich, um sich einen Fluchtweg freischießen<br />

zu können. Bis heute schmunzelt man über diese charmante<br />

Anekdote. Besonders die 1925, kurze Zeit nach George<br />

Gershwins Rhapsody in Blue entstandene Jazz Symphony, die damals<br />

die Grenzen der Hörerfahrungen sprengte, erscheint heute als<br />

lustvoller, spielerischer und zutiefst inspirierter Musik-Sog. Das<br />

Porträt des „Bad Boy of Music“ wird durch Antheils erstes Klavierkonzert<br />

und weitere Werke abgerundet. Eine äußerst spannende<br />

Veröffentlichung der Capriccio-Reihe „modern times“ auf technisch<br />

hohem Niveau.<br />

Für die letzte mit dem OPUS KLASSIK ausgezeichnete Aufnahme<br />

folgte Capriccio dem Musikausgräber und Dirigenten<br />

Martin Sieghart (3) in die Tabakfabrik Linz. Hier sorgte Sieghart<br />

mit der Ausgrabung von Walter Braunfels’ Oper Ulenspiegel für<br />

Aufsehen beim Festival EntArteOpera. Die Oper entstand 1913,<br />

orientiert sich an der Figur Thyl und erzählt die „Legende und die<br />

heldenhaften, fröhlichen und ruhmreichen Abenteuer von Ulenspiegel<br />

und Lamme Goedzak im flandrischen Lande und anderswo“<br />

von Charles de Coster. Braunfels, der in Frankfurt geboren wurde,<br />

arbeitet sich in seiner Choroper Ulenspiegel auch an den Wirren seiner<br />

Welt ab. Unter den Nazis ging Braunfels in innere Emigration,<br />

nahm seine Lehrtätigkeit in Deutschland nach dem Krieg wieder<br />

auf, wurde aber von Altnazis geschnitten und behindert. Umso<br />

wichtiger ist diese Aufnahme seiner Oper im Arrangement für<br />

Kammerorchester, mit der Martin Sieghart bewusst „gegen die geistige<br />

Trägheit unserer Zeit“ antreten will.<br />

59


O P U S K L A S S I K<br />

INSTRUMENTALISTIN<br />

AKKORDEON<br />

BACH,<br />

SO<br />

UNTER-<br />

HALTSAM<br />

WIE<br />

KLUG<br />

In ihrer neuen Einspielung<br />

widmet sich<br />

die Akkordeonspielerin<br />

MIE MIKI<br />

dem Wohltemperierten Klavier<br />

SINFONISCHE EINSPIELUNG | MUSIK 20. / 21. JH.<br />

INNIGE BESCHREIBUNG<br />

UNSERER WELT<br />

MARIN ALSOP und das Baltimore Symphony Orchestra<br />

spielen für Naxos die ersten beiden Bernstein-Sinfonien ein.<br />

Natürlich, eine Amerikanerin!<br />

Wer sonst, wenn nicht<br />

die wohl bekannteste Schülerin<br />

Leonard Bernsteins,<br />

sollte sich – pünktlich zu seinem<br />

100. Geburtstag – seiner<br />

Sinfonien annehmen?<br />

Gemeinsam mit ihrem Baltimore<br />

Symphony Orchestra<br />

tut Marin Alsop das mit<br />

einer so unglaublich hautnahen<br />

und fast schon verstörenden<br />

Kraft und katapultiert<br />

die Sinfonien Nr. 1 und 2<br />

als Spiegelbild in unsere verrückte<br />

Gegenwart.<br />

Es ist im Jubeljahr weitgehend<br />

verpasst worden, Leonard Bernstein<br />

abseits von Candide und West Side Story noch<br />

einmal neu zu entdecken. Aber gerade das<br />

lohnt sich. Denn hier ist ein Komponist zu<br />

hören, der nicht allein an die leidenschaftliche<br />

Größe der Musik als gesellschaftliche<br />

Kraft glaubte, sondern – mit allen Mitteln der<br />

Moderne gewaschen – auch an die Möglichkeit,<br />

die eigene Zeit zu beschreiben und sie<br />

vielleicht zum Besseren zu wenden.<br />

FOTO: GRANT LEIGHTO<br />

In beiden Sinfonien geht<br />

es Bernstein um das Verschwinden<br />

von Glaubensgrundsätzen<br />

und Hoff -<br />

nung. Eine Tendenz, die<br />

bis heute anhält. Was er<br />

dem entgegenzusetzen<br />

hat, verdeutlichen Alsop<br />

und ihr Orchester in ihrer<br />

eindringlichen Interpretation.<br />

In seiner ersten, der<br />

Jeremiah Sinfonie, hören<br />

wir, gespickt mit zahlreichen<br />

Anleihen an die<br />

jüdische Musiktradition,<br />

ein inbrünstiges Klagen<br />

über den Verfall der<br />

Moral, in der Zweiten Sinfonie, dem „Zeitalter<br />

der Angst“, bezieht sich Bernstein auf ein<br />

Gedicht von W. H. Auden: auch hier Musik<br />

der Klage, Elemente des Jazz und eindringliche<br />

Leidenschaft. Ein Maskenball führt uns<br />

unsere Welt vor Augen, in dem die Angst<br />

regiert und die Verstellung zur Tugend<br />

geworden ist. Trouvaillen der Kammermusik,<br />

die durchaus für sinnliche Begeisterung sorgen<br />

können.<br />

FOTO: MARCO BORGGREVE<br />

Die japanische Akkordeon-Professorin an<br />

der Folkwang-Hochschule, Mie Miki, kennt<br />

keine Grenzen innerhalb der Musik: Sie hat<br />

bereits ein Album mit japanischen Komponisten<br />

für ihr Instrument vorgestellt, nun<br />

betritt sie die ehrwürdige Halle europäisch-klassischer<br />

Urkultur und nimmt sich,<br />

wie schon viele vor ihr, Bachs Wohltemperiertes<br />

Klavier vor (nachdem sie für das<br />

Label BIS bereits Bachs Italienisches Konzert<br />

eingespielt hat).<br />

Noch eine Adaption des Meisterwerkes,<br />

möchte man meinen, aber Mie<br />

Miki ist mit allen Wassern gewaschen und<br />

vermag es, das komplexe harmonische<br />

Konstrukt, Fugen und Partitas, mit dem<br />

Wissen um die Musikgeschichte in die<br />

Dimension der Unterhaltung zu transponieren,<br />

ohne dass ihrer Musik ein Quäntchen<br />

an Ernsthaftigkeit abgeht. Zu jeder<br />

Zeit scheint die Virtuosin genau zu wissen,<br />

was sie tut und vor allen Dingen, was sie<br />

sagen will. Spielfreudig, technisch brillant<br />

und vollkommen entstaubt setzt sie ihr<br />

„wohltemperiertes Akkordeon“ in Szene,<br />

nicht als „altes Testament“ der Musikgeschichte,<br />

sondern als gegenwärtige, aktuelle,<br />

hautnahe Musik, die den Zuhörer<br />

unmittelbar berührt und sofort mitreißt.<br />

NACHWUCHSKÜNSTLERIN | FLÖTE<br />

EINLADUNG IN DIE MUSIK<br />

Die Flötistin KATHRIN CHRISTIANS zeigt ihre technische Vielfalt<br />

in Werken von Feld, Weinberg und Theodorakis.<br />

Man könnte die Geschichte der jungen Flötistin<br />

Kathrin Christians als Geschichte einer<br />

Kämpferin beschreiben: Musikerkarriere,<br />

früher Schlaganfall, Rehabilitation<br />

– und Auferstehung.<br />

Aber so sehr man ihren mu -<br />

tigen und kraftvollen, le -<br />

bens bejahenden Weg würdigen<br />

will, so sehr lohnt es<br />

sich, jenseits dieser Ge -<br />

schichte auf ihr Spiel zu achten.<br />

In ihrer Interpretation<br />

der Con certi von Jindřich<br />

Feld und Mieczysław Weinberg,<br />

zweier zutiefst individuellen<br />

und eigensinnigen<br />

Kom ponisten des 20. Jahrhunderts,<br />

lässt Christians,<br />

ge meinsam mit dem Württembergischen<br />

Kammerorchester<br />

Heilbronn unter Leitung von Ruben<br />

Gazarian, in tiefster Intimität das Verwunderliche<br />

und Wunderbare aufleuchten.<br />

FOTO: JANINE KÜHN<br />

Ebenso wie sie im kurzen Adagio von Mikis<br />

Theodorakis pure, melancholische Lebensfreude<br />

versprüht. Das Bestechende an dieser<br />

Einspielung ist Christians’<br />

Kunst der Nähe. In jedem<br />

Werk vermittelt sie eine<br />

Einladung an den Zuhörer,<br />

sich ge meinsam mit ihr in<br />

der Musik zu bewegen.<br />

Sie selbst bezeichnet<br />

Felds Concerto als Paradebeispiel<br />

für ein zu Unrecht vergessenes<br />

Meisterwerk des<br />

20. Jahrhunderts: Es steht in<br />

der klassi schen Tradition,<br />

spielt gleichsam mit dem<br />

Seriellen und be wegt sich so<br />

zwischen Rückschau und<br />

Zu kunft. Christians be weist<br />

hier ihr spieltechnisch vielfältiges<br />

Können und changiert souverän zwischen<br />

Klarheit und ei genem rauschhaften<br />

Interpretationsansatz.<br />

60 w w w . c r e s c e n d o . d e — Verlags-Sonderveröffentlichung zum OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>


O P U S K L A S S I K<br />

SOLISTISCHE EINSPIELUNG | MUSIK 20. / 21. JH. / KLAVIER<br />

SEIN OHNE SCHEIN<br />

BORIS GILTBURG beweist sich mit Rachmaninovs 2. Klavierkonzert als Seelenerzähler des Komponisten.<br />

FOTO: ASHA GUSOV<br />

Nachdem Boris Giltburg vor einiger Zeit<br />

Sergei Rachmaninows Études-tableaux op.<br />

39 vorgestellt hat, war klar: Der in Moskau<br />

geborene und in Israel aufgewachsene Pianist<br />

beschreitet einen vollkommen neuen<br />

Weg, um das Werk des russischen Komponisten<br />

in unsere Zeit zu stellen. Diese Vermutung<br />

bestätigt er nun mit der Einspielung<br />

des wohl bekanntesten und größten<br />

Werkes des Komponisten, seinem Klavierkonzert<br />

Nr. 2, mit dem Royal Scottish National<br />

Orchestra und Carlos Miguel Prieto<br />

für das Label Naxos.<br />

Beeindruckend, wie Giltburg sich als<br />

Interpret einerseits zurücknimmt, es auf<br />

der anderen Seite versteht, einen vollkommen<br />

neuen und individuellen Zugang hören<br />

zu lassen. Das zuweilen Oberflächige, das<br />

provokant Bombastische, das Laute verschwindet<br />

bei ihm hinter einer vollkommen<br />

neuen Perspektive: Giltburg scheint so tief<br />

mit dem Werk Rachmaninows vereint,<br />

dass es ihm gelingt, den Geist des Komponisten<br />

aufzuspüren und auszustellen. In seiner<br />

Interpretation erzählt er Geschichten,<br />

horcht auf das Orchester, lässt die Soli<br />

neben seinem Spiel atmen, reist durch<br />

schneebedeckte Landschaften und variiert<br />

immer wieder seine Ausdrucksformen. So<br />

entsteht ein 2. Klavierkonzert, das energiegeladen<br />

ist, einen großen, einheitlichen<br />

Bogen spannt und sich niemals verrennt –<br />

ein zutiefst wahrhaftiger Rachmaninow,<br />

der ohne Schein nur das Sein ausstrahlt.<br />

Ebenso klar und unprätentiös kommen die<br />

Études-tableaux op. 33 daher. Auch hier<br />

behält Giltburg stets die Erzählung im<br />

Auge, lässt sich nie durch Effekte ablenken<br />

und steuert durch die verblüffende Klangvielfalt<br />

der Partiturlandschaft.<br />

Aktuelle CD:<br />

Rachmaninov:<br />

Piano concerto No. 3<br />

(Naxos)<br />

MUSIK-DVD-/BLU-RAY-PRODUKTION | MUSIK<br />

WENN MUSIK AUGEN BEKOMMT<br />

Das Orchesterstück Marin von Axel Borup-Jørgensen taucht mit spektakulären Animationsbildern in tiefe See.<br />

FOTO: MARTIN BUBANDT<br />

Thomas<br />

Søndergård<br />

Weite, surreale Welten aus Natur und Technik eröffnen sich in dieser für<br />

alle Sinne bestimmten DVD. Marin ist der Titel des orchestralen Hauptwerks<br />

des dänischen Komponisten Axel Borup-Jørgensen, das er zwischen<br />

1963 und 1970 geschrieben hat. Der Musiker wuchs in Schweden<br />

auf, studierte noch in Kopenhagen und war der erste Däne, der in der<br />

Darmstädter Schule zu Hause war, aber nie selbst serielle Musik<br />

geschrieben hat.<br />

Marin ist derart komplex, dass es über 55 individuelle Streicherstimmen<br />

verfügt und längst als Meisterwerk gefeiert wird: Musik der Verästelungen,<br />

in dem das Individuelle sich zum Kollektiven verwebt. Borup-Jørgensen<br />

selbst nannte sein Orchesterstück ein „Gedicht in Musik“. Inspirationsquelle<br />

für sein Opus magnum war der Ozean: auch er ein Biotop,<br />

das durch unendlich kleine Teile zum Großen und Ganzen wird. Und in<br />

dessen abenteuerliche Tiefen taucht Axel Borup-Jørgensen in seinen<br />

vollkommen neuen Klangwelten ab. Für diese Aufnahme leitet Thomas<br />

Søndergård das Danish National Symphony Orchestra mit virtuoser<br />

Vielschichtigkeit.<br />

Und die Musik bekommt nun plötzlich Augen und einen visuellen, kunstvoll<br />

animierten Rahmen, der im Zusammenspiel von Auge und Ohr vor<br />

allen Dingen den Geist öffnet. Eine animierte Fantasie, die den Zuschauer<br />

in eine spektakuläre Unterwasserwelt einlädt, in der sich unterschiedliche<br />

Kreaturen eingerichtet haben. Einige dieser Wesen, die das Reich<br />

unter der Wasseroberfläche bevölkern, sind von Axel Borup-Jørgensens<br />

eigenen Zeichnungen inspiriert. Regisseur Morten Bartholdy schafft eine<br />

Welt, die vom Ozean angeregt ist, farbliche und kaleidoskopische<br />

Räume, archaische Fabelwesen, Licht und Schatten, Figuren, die aus der<br />

Antike in unsere Zeit hinüberzuschwimmen scheinen, virtuell und dennoch<br />

verblüffend real. Mit dieser monumentalen Arbeit hat Bartholdy<br />

nicht nur einen vollkommen neuen Zugang gefunden, um Musik im Film<br />

zu animieren, sondern lockt durch seine spektakulären Bilder in eine<br />

Welt, in deren fantastischer Tiefe man gern verweilt.<br />

61


O P U S K L A S S I K<br />

KONZERTEINSPIELUNG | MUSIK 19. JH.<br />

ROMANTISCHER NEBEL IN LICHT GETAUCHT<br />

TATJANA RUHLAND betritt mit den Flötenwerken von Carl Reinecke einen vergessenen Ort der Romantik.<br />

„Das Flötenkonzert von Carl Reinecke ist das<br />

Konzert, das Schumann nie schrieb.“ So sieht es<br />

die Flötistin Tatjana Ruhland. In ihrer mit dem<br />

OPUS KLASSIK ausgezeichneten Aufnahme<br />

betritt sie, wie es ein Kritiker sagte, „lost<br />

spaces“ der Musik: Orte, die lange nicht besucht<br />

wurden, an denen sich der romantische Nebel<br />

niedergelassen hat und an denen Ruhland nun<br />

nach neuen Lichtstrahlen sucht. Genau dafür<br />

bieten sich die Flötenkonzerte von Carl Reinecke<br />

an. Der Musiker, der <strong>18</strong>42 in Hamburg geboren<br />

wurde, war in Leipzig, in Paris, in Bremen und<br />

Breslau tätig, traf die größten Musiker seiner<br />

Zeit wie Hector Berlioz, Felix Mendelssohn<br />

Bartholdy oder Robert Schumann. Reinecke<br />

stellte sich bewusst in ihre Tradition: „Ich<br />

würde mich nicht wehren, wenn man mich<br />

einen Epigonen nennt“, sagte er einmal.<br />

Gemeinsam mit dem Radio-Sinfonieorchester<br />

Stuttgart unter Alexander Liebreich interpretiert<br />

Ruhland seine Musik, die sie als „hochromantisch“<br />

und „zu Herzen gehend“<br />

beschreibt, mit ungestillter Sehnsucht,<br />

mit dunkler Freude am Abgrund und<br />

gleichsam lichtdurchflutet. „Die<br />

bescheidene, feinsinnige Persönlichkeit<br />

des Komponisten drückt<br />

sich besonders in seinen tiefgründigen<br />

und virtuosen Werken<br />

für die filigrane Querflöte<br />

aus“, findet Reinecke. Und so<br />

hört sich ihre Interpretation<br />

auch an: wie eine leidenschaftliche<br />

Liebeserklärung<br />

und das vorsichtige, aber<br />

bestimmte Betreten eines<br />

verlorenen Ortes der<br />

Mu sikgeschichte, der in<br />

Zu kunft auch durch diese<br />

Aufnahme si cherlich wieder<br />

öf ter besucht werden<br />

wird.<br />

FOTO: MARCO BORGGREVE<br />

KAMMERMUSIKEINSPIELUNG | MUSIK 19. JH. / GEM. ENSEMBLE<br />

DIE ANDERE SEITE DES HERRN WITTE<br />

Das MOZART PIANO QUARTET entdeckt den Musikmanager Georg Hendrik Witte<br />

als romantischen Kammermusik-Komponisten.<br />

Es gibt Musiker, deren Werk in der Ge -<br />

schichte schnell vergessen wird, weil sie<br />

auch andere große Dinge geleistet haben<br />

oder weil ihr Handeln zuweilen politisch<br />

umstritten war. Georg Hendrik Witte ist<br />

einer dieser Menschen: Sein Ruhm basiert<br />

darauf, den Musikverein Essen groß gemacht<br />

zu haben. Während der Industriellen Revolution<br />

lockte Witte Brahms nach Essen, gründete<br />

ein Orchester, errichtete einen neuen<br />

Saal, der in Anwesenheit von Richard Strauss<br />

eingeweiht wurde. Vergessen wurde darüber<br />

oft Wittes eigenes kompositorisches Werk.<br />

Das Mozart Piano Quartet hat sich nun<br />

für MDG mit Freunden zusammengetan und<br />

Wittes Kammermusik ausgegraben, sein Klavierquartett<br />

und das Hornquintett – zwei<br />

Werke aus der Leipziger Frühzeit des Komponisten.<br />

Beide Stücke sind Weltersteinspielungen,<br />

und der romantische Sog, den sie<br />

entfalten, ist großartig: Erfindungsreichtum,<br />

große Melodien, dramatische Momente,<br />

aber immer auch versteckter Humor und<br />

lyrische Passagen.<br />

Anders als in Wittes Violinkonzert wird<br />

in seiner Kammermusik der romantische<br />

Duktus im Dialogischen deutlich. Für das<br />

Mozart Piano Quartet und seine musikalischen<br />

Mitstreiter scheint der vielfältige<br />

Klangkosmos, den Witte entstehen lässt,<br />

der eigentliche Kern zu sein. Sie lassen einen<br />

Komponisten hören, der mitten in seiner<br />

Zeit steht, unterschiedliche Strömungen<br />

miteinander verbindet und in seinem<br />

Abwechslungsreichtum eine mehr als spannende<br />

Entdeckung darstellt.<br />

FOTO: MOZART PIANO QUARTET<br />

62 w w w . c r e s c e n d o . d e — Verlags-Sonderveröffentlichung zum OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>


O P U S K L A S S I K<br />

WOHER KOMMT<br />

EIGENTLICH …<br />

… „Opus“ ?<br />

VON STEFAN SELL<br />

Franz Schubert, der seinen Erlkönig<br />

rückwirkend zum Opus 1 deklarierte<br />

Manchmal macht man sich viel<br />

Arbeit und nichts kommt dabei<br />

herum. Umso größer die Freude,<br />

wenn etwas dabei herumkommt,<br />

die Arbeit ein Ergebnis erzielt. Dann ist es<br />

ein Werk, ein Opus. Ob „opusculum“ oder<br />

„opus magnum“, ob also klein oder groß –<br />

mit Opus ist immer ein Werk gemeint, ein<br />

Kunstwerk, ein Bauwerk, ein literarisches<br />

oder eben: ein musikalisches Werk.<br />

Im Jahr 1537 veröffentlichte der aus<br />

Hamburg stammende Musiktheoretiker<br />

Nicolas Listenius mit seiner Musiklehre<br />

„Musica“ eine Art Handbuch für Komponisten<br />

und wertete den Komponisten gegenüber<br />

dem Interpreten auf. Vorher waren beide<br />

ebenbürtig gewesen, die „musica practica“ bezeichnete das praktische<br />

Tun, sowohl in der Komposition als auch in der Vortragskunst.<br />

Tonsetzer wie Tonkünstler, Komponisten wie Ausführende standen<br />

sich in nichts nach, oft genug waren sie ein und dieselbe Person.<br />

Doch während die Vortragskunst ein flüchtiges Element ist, bleibt<br />

eine Komposition für die Ewigkeit. Listenius brachte hierfür erstmals<br />

die „musica poetica“ ins Spiel: Aus der künstlerischen Arbeit<br />

eines Tonsetzers sollte ein „opus perfectum et absolutum“ resultieren,<br />

ein perfektes und endgültiges Werk, das als „opus consumatum<br />

et effectum“ vollendet über seinen Schöpfer hinauswirkt. Leicht<br />

ließe sich nun hinter „poetica“ das Poetische vermuten. Allein:<br />

„poetica“ bezieht sich auf die poetische Wissenschaft des Aristoteles,<br />

in der es darum geht, etwas zu „machen“, das bleibt, schwarz auf<br />

weiß. „Denn was man schwarz auf weiß besitzt“, meldet der Schüler<br />

in Goethes Faust, „kann man getrost nach Hause tragen.“ Ein<br />

schriftlich niedergelegtes und gedrucktes Werk kann von Nachfolgenden<br />

immer wieder aufgeführt und interpretiert werden.<br />

Apropos Druck: Man stelle sich den Druck vor, unter dem ein<br />

Komponist steht, schweißgebadet vor dem leeren Blatt Papier sitzend,<br />

gleich beim ersten Werk sich als Titan zu erweisen. Eine Reihe<br />

bekannter Komponisten hat daher rückwirkend reiferen Werken<br />

das Etikett „op. 1“ verliehen. Als Franz Schubert, damals gerade <strong>18</strong>,<br />

an einem einzigen Tag seinen Erlkönig komponierte, hatte er sich<br />

mit Gretchen am Spinnrade (op. 2) und Schäfers Klagelied (op. 3.1)<br />

schon warmgeschrieben. Dennoch, op. 1 wurde der Erlkönig. Beethoven<br />

hat gleich drei Klaviertrios zu seinem op. 1 gemacht, obwohl<br />

seine erste Publikation die Figaro-Variationen<br />

waren, heute „WoO 40“, ein „Werk ohne<br />

Opuszahl“. Mehrere Werke unter ein und<br />

derselben Opuszahl veröffentlichte auch<br />

Corelli. Sein op. 1 besteht aus zwölf Kirchensonaten,<br />

1681 der schwedischen Königin<br />

zugeeignet. Händels op. 1 sind gar 20 höchst<br />

virtuos zu spielende Sonaten – ob sie alle seinem<br />

Kopfe entsprungen sind, darüber streitet<br />

die Fachwelt. Beide zählen zu den ersten,<br />

die mit Opuszahlen operierten. César Franck<br />

übrigens, der gerne als Nachfolger Beethovens<br />

gehandelt wurde, übernahm Beethovens<br />

Idee, drei Klaviertrios in den op.-1-Stand zu<br />

erheben, obwohl auch er vorher schon anderes<br />

komponiert hatte.<br />

Wichtig wurden Opuszahlen, als die Musikverleger mitmischten.<br />

Was nicht bedeuten musste, dass ein Werk, das gleichermaßen<br />

in London wie in Wien erschien, auch dieselbe Opuszahl trug. Verleger<br />

griffen auch gerne zu hohen Opuszahlen, zeugten die doch<br />

von einem gereiften Komponisten und vor allem: von frischer Ware.<br />

Das Durcheinander zu beheben, machten sich die Verzeichnisse zur<br />

Aufgabe. Schuberts op. 1 ist im Deutsch-Verzeichnis Nr. 328. Vater<br />

Leopold Mozart legte bereits 1768 für die Werke seines Sohnes „ein<br />

Verzeichnisz alles desjenigen was dieser 12jährige Knab seit seinem<br />

7ten jahre componiert und in originali kann aufgezeiget werden“.<br />

Sohn Mozart schrieb 1784 eigenhändig ein „Verzeichnüss aller meiner<br />

Werke“, das natürlich nicht alle seine Werke beinhaltete.<br />

Was Listenius nicht wissen konnte: Seit es Tonträger gibt, verewigen<br />

sich auch die Interpreten. Mit jedem neuen Silberling hinterlassen<br />

sie ein Opus. Sie stehen heute in vorderster Reihe und auf<br />

dem Podest, und damit höher als der Komponist. Die Vortragskunst<br />

nannte Listenius übrigens „musica modulatoria“. Um sie zu<br />

ehren, wird nun also in der Nachfolge des ECHO KLASSIK der<br />

OPUS KLASSIK verliehen. Was wäre, wenn der taufrische Preis<br />

sich der „musica practica“ erinnern würde und, unabhängig von<br />

Verkaufszahlen, den Interpreten wie den Komponisten gleichermaßen<br />

schätzend, die Chance nutzen würde, sich weiter zu öffnen?<br />

Um in Zukunft neben lebenden Interpreten vielleicht auch lebende<br />

Komponisten zu ehren? „When we all give the power, we all give the<br />

best (…) Then it’s live, live is life!“ sang, über alle Grenzen hinweg,<br />

1985 eine österreichische Band. Ihr Name: „Opus“. ■<br />

63


M E I N U N G<br />

Der Axel-Brüggemann-Kommentar<br />

EIN PREIS VOM<br />

WEISSEN BLATT<br />

Der ECHO heißt nun OPUS.<br />

Wie aber würde ein Musikpreis aussehen, wenn man ihn<br />

vollkommen ohne Zwänge erfinden dürfte?<br />

IST ES MÖGLICH, EINE VERANSTALTUNG<br />

ZU ERFINDEN, IN DER DIE MUSIK ALS<br />

SINNLICHES KOMMUNIKATIONSMITTEL<br />

IM ZENTRUM STEHT?<br />

Angenommen, wir hätten ein weißes Blatt Papier vor uns liegen und<br />

würden gebeten, einen eigenen Klassikpreis zu veranstalten – wie<br />

würde der aussehen? Nun, zunächst würden wir vielleicht einige<br />

Stichpunkte notieren: Im Vordergrund sollten die Musik und ihre<br />

Interpreten stehen. Der Preis sollte transparent sein. Die Präsentation<br />

jene Leidenschaft transportieren, welche die Preisträger<br />

antreibt. Und, klar: Der Preis sollte das Publikum durch Virtuosität,<br />

Können und Überraschungen<br />

begeistern. Man will die Preisträger<br />

hautnah erleben, ihre Musik<br />

und ihre Arbeit. Und ein solcher<br />

Preis sollte natürlich auch all das<br />

vereinen, was die klassische Musik<br />

für viele bedeutet: spielerische<br />

Tiefe, eine Brücke aus der Vergangenheit<br />

in die Zukunft, Unterhaltung<br />

und Besinnung, emotionale<br />

Berührungspunkte, Abgründe und Hochgefühle. Kurz gesagt: eine<br />

Werbeveranstaltung nicht für einzelne Künstler oder Labels, sondern<br />

für die Musik an sich, die derzeit eh um jeden öffentlichen<br />

Raum kämpft, in dem sie noch stattfinden kann.<br />

Es ist hier nicht die Frage, ob der ECHO KLASSIK oder der<br />

OPUS KLASSIK diese Erwartungen erfüllt haben oder erfüllen werden.<br />

Es geht um die grundsätzliche Frage, ob es eine Möglichkeit<br />

gibt, eine Veranstaltung zu erfinden, in der die Künstler so ernst<br />

genommen werden wie das Publikum – und in der die Musik als<br />

sinnliches Kommunikationsmittel im Zentrum steht. Durch die<br />

Musik selber und durch das Reden über die Musik.<br />

In Deutschland – und weltweit – gibt es zahlreiche Klassikpreise<br />

und noch mehr Klassikwettbewerbe. Allein das zeigt, dass wir<br />

Menschen uns nach Vergleichen sehnen, nach Wettbewerb, nach<br />

Konkurrenz und nach Kriterien, mit denen wir Musik einordnen<br />

können. Dabei muss man allerdings genau trennen: Während Preise<br />

wie der OPUS KLASSIK bewusst (und durchaus legitim) erfunden<br />

wurden, damit die Phonoindustrie ihre Besten in die Öffentlichkeit<br />

schickt, sind Wettbewerbe wie der ARD-Musikwettbewerb, Jugend<br />

musiziert, der Tschaikowsky-Wettbewerb<br />

in Russland oder der Chopin-Wettbewerb<br />

in Warschau Leistungsshows,<br />

in denen junge Talente<br />

sich einer fach kundigen Jury aussetzen.<br />

An dieser Stelle ist vielleicht<br />

ein kleiner Rückblick hilfreich. Tatsächlich<br />

geben Preise vielen Karrieren<br />

einen Schub: Plattenvertrag,<br />

öffentliche Aufmerksamkeit, Preisträgerkonzerte und eine erhöhte<br />

Nachfrage bei Konzert-Engagements. Es gab aber auch Zeiten, in<br />

denen Wettbewerbe weit weniger wichtig waren, besonders auf dem<br />

Feld des Gesangs. Damals war die Bühne eines Stadttheaters ein allabendlicher<br />

Wettbewerb. Hinter den Kulissen wurden junge Sänger<br />

über viele Jahre hinweg ernsthaft von Dirigenten begleitet, man hat<br />

geeignetes Repertoire gesucht, hat Nebenrollen gesungen, um die<br />

eine, die große Hauptrolle im Jahr perfekt vorzubereiten. Ein Engagement<br />

war die Fortsetzung des Studiums unter realen Bedingungen.<br />

Eine Zeit, in der Agenten und Intendanten noch selber gereist<br />

sind, um junge Stimmen in Oldenburg oder Bremerhaven, in Nürnberg<br />

oder Zwickau zu entdecken und an das nächst größere Haus zu<br />

ZEICHNUNG: STEFAN STEITZ<br />

64 w w w . c r e s c e n d o . d e — Verlags-Sonderveröffentlichung zum OPUS KLASSIK 20<strong>18</strong>


O P U S K L A S S I K<br />

holen – oder ihnen gar einen Plattenvertrag anzubieten.<br />

Diese Zeiten sind vorbei. Die Stadttheater, gefangen in Sparzwängen,<br />

können diesen Aufwand und diese Förderung kaum noch<br />

leisten. Zugegeben, einigen Orchestern gelingt das noch immer,<br />

indem sie ihre Stimmführer in Solokonzerten auftreten lassen und<br />

ihnen die Möglichkeit geben, sich im Rundfunk oder auf CD-Einspielungen<br />

zu behaupten. Grundsätzlich aber ist ein Großteil der<br />

Entdeckungsreise Kultur in Wettbewerbe abgewandert. Und hier<br />

sitzen meist die üblichen Verdächtigen, oft Agenten, die dann wiederum<br />

ihre Spitzenkandidaten an die Orchester oder Bühnen schicken,<br />

wo an einem Nachmittag von GMDs oder Intendanten über<br />

ein Engagement – oder eben keines – entschieden wird.<br />

Auch wenn Wettbewerbe gern den Maßstab der Objektivität<br />

für sich beanspruchen, wenn sie behaupten, dass aus allen Bewerbern<br />

am Ende der oder die Beste ausgewählt<br />

wird, so ist dieses natürlich nur<br />

DAS SPANNENDE IST, DASS<br />

DAS STREITEN UM QUALITÄT<br />

EIN SPANNENDER TEIL DER KUNST<br />

AN SICH IST<br />

ein Teil der Wahrheit. Zahlreiche Wettbewerbe<br />

sind Veranstaltungen arrivierter<br />

Künstler, an deren Ende nicht selten<br />

ihre eigenen Schüler mit dem Preis nach<br />

Hause gehen. Ich selbst war Teil einiger<br />

Jurys, in denen am Ende die Mehrheit<br />

der Teilnehmer mit dem Vorsitzenden<br />

gemeinsame Sache machte und – gegen<br />

das Votum geladener Experten und<br />

Journalisten – die eigenen Schüler ausgezeichnet hat (was mich<br />

dazu bewogen hat, kaum noch in Jurys anwesend zu sein).<br />

Und noch etwas: Der Gewinn eines großen internationalen<br />

Preises mag kurzzeitig Ruhm nach sich ziehen. Dann aber folgt ein<br />

inzwischen fast schon perverser Marktmechanismus, der in der<br />

Regel so aussieht: Auf die Preisträger-CD folgt eine „carte blanche“<br />

für den Künstler, die sich vielleicht nicht mehr so gut verkauft – und<br />

schnell hat die Aufnahme-Karriere ein Ende. Die Liste dieser Künstler<br />

ist lang. 2005 gewann Rafał Blechacz den Chopin-Wettbewerb,<br />

als erster Pole nach Krystian Zimerman. Ein Genie! Seine erste<br />

Aufnahme mit 24 Chopin-Préludes war ein Ereignis. Zwar nimmt<br />

Blechacz noch immer auf, zuletzt 2017 ein durchaus hörenswertes<br />

Album mit Werken von Bach, aber sein Plattenlabel hat kaum noch<br />

Interesse, diesen komplexen, feinsinnigen und vielleicht nicht PRaffinen<br />

Künstler zu vermarkten und zu bewerben. Und so ist auch<br />

ein Rafał Blechacz in der Realität des Alltäglichen angekommen.<br />

Deutlicher noch wird die geschmolzene Halbwertzeit bei Künstlern<br />

wie Ingolf Wunder, der 2010 zwar allgemein als Sieger angenommen<br />

wurde, am Ende aber nur den zweiten Platz belegte, den ersten<br />

bekam stattdessen Julianna Awdejewa. Wunder wurde zwar zum<br />

Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon, ist aber inzwischen<br />

in der Versenkung gelandet. Und auch von Frau Awdejewa hat man<br />

nur mehr wenig gehört.<br />

Natürlich gibt es zahlreiche andere, positive Beispiele von<br />

Musikern, für die Wettbewerbe wegweisend waren: Jessye Norman,<br />

Christoph Eschenbach, Thomas Quasthoff, Christian Tetzlaff oder<br />

Peter Sadlo waren alle Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs –<br />

und haben Weltkarrieren hingelegt.<br />

Der Exkurs in die Welt der Klassikwettbewerbe ist vielleicht<br />

nicht ganz unwichtig, wenn wir noch immer vor unserem weißen<br />

Blatt Papier sitzen, um uns einen idealen Musikpreis zu backen.<br />

Die Faszination dieser Wettbewerbe geht in der Regel vom Ringen<br />

darum aus, welcher der vielen guten Musiker denn nun der beste ist.<br />

Mit anderen Worten: Es geht um die Glaubwürdigkeit der Jury und –<br />

im Idealfall – um die Transparenz der Debatte. Ein Literaturwettbewerb<br />

wie der Bachmann-Preis lebt davon, dass eine Jury öffentlich<br />

über die jeweiligen Texte debattiert. Das Spannende ist, dass dem<br />

Publikum klar wird, dass in jeder Jury unterschiedliche Kriterien<br />

aufeinandertreffen, dass das Streiten um Qualität ein spannender<br />

Teil der Kunst an sich ist, dass jede Entscheidung mit anderen Argumenten<br />

auch ganz anders ausfallen könnte – dass ein Großteil der<br />

Kunst subjektiven Kriterien folgt und dass die Spannung darin liegt,<br />

sie öffentlich auszutauschen.<br />

Gleichzeitig gibt es Preise (ohne Wettbewerb), die auch in<br />

der Klassik einen hohen Stellenwert haben. Einer ist etwa der Preis<br />

des Grammophone Magazins, bei dem die Unantastbarkeit der Jury<br />

einen Garant für Qualität darstellt. Oder der Preis, den die Zeitschrift<br />

Opernwelt alljährlich für Produktionen, Sänger, Orchester<br />

und Regisseure verteilt: auf Grundlage einer sehr breit angelegten<br />

Kritikerumfrage.<br />

Wenn wir nun all diese Überlegungen<br />

zusammentragen, entsteht vielleicht<br />

allmählich ein Bild auf unserem weißen<br />

Blatt Papier. Ein neuer Klassikpreis<br />

müsste es schaffen, seine Kriterien transparent<br />

zu machen, hätte die Chance, die<br />

Diskussion um die jeweiligen Leistungen<br />

öffentlich auszutragen und müsste<br />

so angelegt sein, dass er auch nachhaltig<br />

wäre – durch die gezielte, langfristige<br />

Förderung der Preisträger. Hinzu kämen die Kriterien des Anfangs:<br />

Künstler dürfen in einem solchen Preis nicht als „Ware“ angesehen<br />

werden, die bewertet wird, sondern müssten die Chance bekommen,<br />

in ihrer Leidenschaft, in ihrem Denken, in ihrer Arbeit als<br />

Menschen gesehen zu werden.<br />

Und so formt sich auf meinem ganz persönlichen weißen Blatt<br />

ein Preis, der ungefähr so aussehen würde: Eine ausgewogene Jury<br />

(gern aus alten Haudegen, aus Vertretern der Phono- und Veranstaltungsindustrie,<br />

aus ausgewählten Journalisten, aber vielleicht auch<br />

aus Nachwuchskünstlern oder Gesandten von Volkshochschulen<br />

(wie beim Grimme-Preis)) trifft für jede Kategorie eine Vorauswahl<br />

von drei Künstlern, die einem breiten Publikum präsentiert wird.<br />

Wichtig dabei: Sowohl renommierte Künstler als auch Nachwuchskünstler<br />

stehen zu Wahl.<br />

Für die Präsentation in persönlichen Porträts würden sich die<br />

Kulturkanäle der öffentlich-rechtlichen Sender anbieten, Arte oder<br />

3sat. Hier könnten die Künstler in kurzen Porträts vorgestellt werden.<br />

In einer großen Gala im Hauptprogramm käme es schließlich<br />

vor einer prominenten Jury zur Debatte über die einzelnen Künstler.<br />

Dabei hätten die Jurymitglieder Mentorenaufgaben zu übernehmen<br />

und sich zu überlegen, inwiefern sie mit den einzelnen Künstlern<br />

in Zukunft gern zusammenarbeiten würden. Am Ende könnte das<br />

Publikum in die Abstimmung miteinbezogen werden, im Saal oder<br />

vor den Fernsehern. Das würde dafür sorgen, dass Klassik auch wieder<br />

in den Wohnzimmern debattiert würde.<br />

Natürlich ist mir klar, dass mein inzwischen beschriebener<br />

Zettel aus ganz unterschiedlichen Gründen bei vielen Verantwortlichen<br />

sofort in den Mülleimer wandern würde. Weil man den großen<br />

Klassikstars eine Abstimmung nicht zumuten kann, weil einige<br />

Labels sichergehen wollen, dass der Gewinner auch in ihr PR-Konzept<br />

passt. Weil die Bedenken nach einer großen (und langen) Show<br />

der Klassik in vielen Sendern jenseits der Kulturredaktionen für<br />

Skepsis sorgen würde. Und, und, und …<br />

Aber bitte, gerade wenn ein alter Preis durch einen neuen<br />

ersetzt wird, wird man ja wohl träumen dürfen. <br />

n<br />

65


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Abb.: Portmedia Verlag; Strezhnev Pavel / fotolia.com<br />

66 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong><br />

66 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


LEBENSART<br />

Wein ist ein Lernprozess: Die Sommelière Paula Bosch über eine lebenslange Leidenschaft (Seite 70)<br />

Die Künstlerin Renate Busse hat dem crescendo-CD-Cover einen Strauß Blumen spendiert (Seite 72)<br />

Komm ein bisschen mit nach Italien: Von der Kunst, den Dingen ihre Zeit zu geben (Seite 73)<br />

DER FLIEGENDE<br />

HOLENDER<br />

Ob Ioan Holender wirklich immer fliegt, wissen<br />

wir nicht. Auf alle Fälle aber ist er ab <strong>18</strong>.<br />

<strong>Oktober</strong> wieder unterwegs in die spannendsten<br />

Kunst-, Musik- und Theaterstädte<br />

Europas. crescendo freut sich, den so neugierigen<br />

wie kunstsinnigen Moderator begleiten<br />

und mit Servus TV die neuen Folgen von<br />

„kulTOUR mit Holender“ zu präsentieren.<br />

Der erste Ausflug geht zu den Innsbrucker<br />

Festwochen für Alte Musik, dem wichtigsten<br />

Barockmusikfestival Österreichs,<br />

wo er u. a. den Kultregisseur Jürgen Flimm<br />

trifft. Weitere Ziele: Mailand, Prag, Brüssel,<br />

Venedig u. v. a. Gute Reise wünschen wir.<br />

Und nein, Flug ist wirklich nicht nötig. Ein<br />

einfacher Fernsehsessel genügt!<br />

Weitere Informationen unter www.servustv.com<br />

xxxxxx<br />

FOTO: SERVUS TV / GEMINI 5<br />

67


L E B E N S A R T<br />

Garnelenspieße<br />

auf Reis<br />

mit Fenchelsalat<br />

<strong>CRESCENDO</strong> –<br />

HIER KOCHEN DIE STARS<br />

„NEUE MUSIK ZU<br />

MACHEN, IST WICHTIG.<br />

WIR KÖNNEN NICHT<br />

IN EINEM MUSEUM<br />

LEBEN UND IMMER NUR<br />

REPRODUZIEREN“<br />

JULIANE BANSE<br />

FOTOS: MARIA GOETH<br />

68 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


JULIANE BANSE SOPRANISTIN<br />

Wenn sie In dem Schatten meiner Locken aus dem Spanischen Liederbuch von Hugo<br />

Wolf singt, dann passt das. Und doch kann von Schatten keine Rede sein: Quirlig,<br />

pragmatisch und sehr präsent ist Juliane Banses Rolle am Herd – gekocht wird,<br />

was all ihre drei Kinder mögen. Sie selbst mag, dass sie endlich erwachsene Rollen<br />

singen darf, zum Beispiel die Marschallin im Rosenkavalier von Strauss.<br />

Gastgeber und Blockflötist Stefan Temmingh freut sich mit Juliane Banse: Essen ist fertig!<br />

•<br />

GARNELENSPIESSE AUF REIS MIT FENCHELSALAT<br />

Reis für 2 Portionen (Mischung aus Wild- und Naturreis)<br />

2 Knollen Fenchel, Salz, Pfeffer, weißer Balsamico, Olivenöl<br />

2 Zehen Knoblauch, Schaschlikspieße, 1 EL Kokosöl<br />

1 Packung Riesengarnelen (geschält, ohne Kopf, frisch oder TK)<br />

Parmesan<br />

1. Reis nach Packungsanleitung kochen.<br />

2. Fenchel schneiden, salzen, pfeffern, mit weißem Balsamico und Olivenöl anmachen.<br />

3. Knoblauch in feine Scheiben schneiden, Garnelen auf die Schaschlikspieße stecken.<br />

4. Knoblauch in einer Pfanne im heißen Kokosöl kurz anbraten,<br />

Garnelenspieße zugeben und glasig anbraten.<br />

5. Parmesan in großen Splittern über den Salat hobeln<br />

und zusammen mit den Spießen und dem Reis servieren.<br />

Das Video zum Rezept finden Sie unter: www.youtube.de/crescendomagazin<br />

Orchesterlieder des beginnenden 20. Jahrhunderts:<br />

„Im Arm der Liebe“, Juliane Banse, Münchner Rundfunkorchester, Sebastian Weigle<br />

(BR Klassik)<br />

69


L E B E N S A R T<br />

Von Winzern, Wein<br />

und Weisheit<br />

Paula Bosch ist die bekannteste Sommelière Deutschlands. Kein Wunder:<br />

Sie lebt ihre Passion. Ohne Seitenblicke auf Eitelkeit und laue Moden.<br />

VON ANTOINETTE SCHMELTER-KAISER<br />

FOTO: JÖRG LEHMANN<br />

Aus ihrem Faible für französischen Bordeaux, deutschen<br />

Riesling und Grünen Veltliner aus Österreich<br />

macht Paula Bosch kein Geheimnis. Darüber hinaus<br />

lässt sie sich aber nicht auf einen Lieblingswein festlegen.<br />

Stattdessen fahndet sie ständig nach Tropfen<br />

von hoher Qualität – rund um den Globus, bei etablierten Winzern<br />

oder jungen Talenten, auf Messen, in Restaurants oder im Rahmen<br />

von Verkostungen. Ist sie fündig geworden, lässt sie es aber nicht bei<br />

einer Probe bewenden. Idealerweise beobachtet und degustiert sie<br />

Weine über Jahre hinweg. Denn nur im Vergleich können die von<br />

ihr auserwählten beweisen, dass sie keine Eintagsfliegen waren, sondern<br />

Dauerbrenner auf gleichbleibend hohem Level sind. Ihr strenges<br />

Urteil fällt Paula Bosch stets nach Kriterien wie Farbe, Geruch,<br />

Geschmack und Textur, die sie seit Beginn ihrer Karriere akribisch<br />

in Notizbüchern festhält und später samt vertiefenden Informationen<br />

ausformuliert.<br />

Entdecken und empfehlen – in dieser kurzen Formel lässt sich<br />

die Passion von Paula Bosch zusammenfassen. Bis vor sieben Jahren<br />

tat die 1956 Geborene das als festangestellte Sommelière, die sich<br />

mit breit gefächertem Wissen, unermüdlichem Fleiß und großem<br />

Ehrgeiz als erste Frau der Branche ihren Weg in die Spitzengastronomie<br />

erkämpfte: angefangen in der Weinstube Leimeister im Taunus<br />

über das Hotel Inter-Continental in Köln und das Düsseldorfer<br />

Restaurant Victorian bis hin zum Gourmettempel Tantris in München,<br />

wo Paula Bosch 20 Jahre blieb. 2011 entschied sie sich von hier<br />

aus zum Schritt in die Selbstständigkeit, weil ihrer Ansicht nach<br />

„jeder Star rechtzeitig von der Bühne abtreten sollte“. Seither hat sie<br />

zwei Bücher für den Callwey Verlag geschrieben, professionellem<br />

Nachwuchs ebenso wie interessierten Laien Kurse gegeben, zahllose<br />

Weinproben organisiert und moderiert, Gastronomen beraten,<br />

Weine für Events ausgewählt – von der privaten Feier bis hin zu Festivals<br />

wie „Kulinarik & Kunst“ am Arlberg – und ihre Internetseite<br />

70 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


aufgebaut. „Viele Versuche, die nicht alle gut gelaufen sind“, resümiert<br />

sie. „Zum Glück hatte ich durch Ersparnisse von früher finanziell<br />

Luft für einige Jahre. Offensichtlich muss man für seinen Erfolg<br />

vor allem viel Zeit investieren und auch warten können.“<br />

Momentan hat sie mehrere Eisen<br />

gleichzeitig im Feuer: Für eine Internet-<br />

Plattform wird sie als Consultant Weinempfehlungen<br />

geben und Weine beurteilen,<br />

in die Anleger im Stil von Blue Chips<br />

investieren können. Für Sicherheit sorgen<br />

dabei die Garantie auf originalverpackte<br />

Flaschen und fachgemäße Lagerung<br />

der edlen Tropfen. Ergänzend zu<br />

einer Spirituosen-Edition, die sie bereits<br />

in Kooperation mit Brandstatt „r“ von Reisetbauer Junior anbietet,<br />

geht eine weitere mit Weinen in Serie: Peu à peu sucht Paula Bosch<br />

die Tropfen persönlich aus, versieht sie – zusätzlich zum Etikett des<br />

Winzers – mit ihrem Siegel und vertreibt sie über Weingüter und<br />

den Fachhandel. Außerdem will sie auf ihrer Seite Wein-Accessoires<br />

anbieten, ab <strong>Oktober</strong> alle sechs bis acht Wochen für ein Dutzend<br />

Gäste dreistündige Events zu internationalen Weinen aus weniger<br />

bekannten Regionen veranstalten, von der Schweiz bis Griechenland.<br />

Im Visier hat sie überdies Kräfte aus der Gastronomie, die sich<br />

von einem Profi weiterbilden lassen wollen – egal ob in der Auswahl<br />

von Weinen, im Servieren oder im Griff zum richtigen Glas. Über<br />

Letzteres macht sich Paula Bosch nämlich auch schon lange Gedanken<br />

und tüftelt mit Fachleuten hartnäckig an der optimalen Form.<br />

An Ideen mangelt es ihr eindeutig nicht, ebenso wenig an einschlägigen<br />

Kontakten, Energie und Unternehmungslust. Und während<br />

sie all diese Projekte verfolgt, pendelt sie zwischen einer Wohnung<br />

in München und ihrem Elternhaus am Bodensee, daneben<br />

reist sie regelmäßig. „Ich brauche immer ein bisschen Zeit zum<br />

DIE MEISTEN SOMMELIERS<br />

SCHREIBEN ÜBER<br />

ZUSAMMENHÄNGE ODER<br />

WEINE, DIE SIE NUR AUS IHREN<br />

TRÄUMEN KENNEN<br />

Ankommen, langsam fehlt mir ein Lebensmittelpunkt“, räumt sie<br />

ein. Andererseits steckt sie als „Reisetante“ voller Neugier. Zum Beispiel<br />

auf Istrien, wo sie im Herbst noch mehr über Land, Winzer<br />

und Weine erfahren will. Zu Recht stolz ist Paula Bosch auf ihr<br />

Renommee als Weinkennerin, die sich<br />

ihr profundes Know-how über vier Jahrzehnte<br />

hinweg erarbeitet hat und weiterhin<br />

„nicht locker“ lässt. Gleichzeitig sind<br />

„brutales Lampenfieber“ und „ein schwaches<br />

Selbstvertrauen“ bis heute ihre Wegbegleiter;<br />

das im Frühjahr bei Callwey<br />

erschienene Buch „Wein genießen“<br />

bezeichnet sie als „Zangengeburt“, weil<br />

ihr nach all den Vorgaben der Projektleitung<br />

so mancher Text „schwer aus der Feder geflossen ist“ und der<br />

eine oder andere Beitrag im Papierkorb landete. „Bescheidenheit ist<br />

eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr“, kommentiert sie ihr<br />

Manko. Doch lieber lebt sie mit diesem Zwiespalt, statt selbstverliebt<br />

wie so mancher „Influencer“ zu sein. „Bald jeder Sommelier<br />

hat heute seinen eigenen Blog. Auch wenn er viel zu wenig Erfahrung<br />

hat, schreibt er über Zusammenhänge oder Weine, die er nur<br />

aus seinen Träumen kennt“, ärgert sie sich. „Oder er verwendet<br />

Begriffe wie ‚karaffieren‘ anstelle von ‚dekantieren‘ – eine idiotische<br />

Erfindung, überflüssig und falsch.“ Für Paula Bosch selbst ist die<br />

Faszination für Wein ein „langer, nicht enden wollender<br />

Lernprozess“. Schön, dass der Stoff Jahr für<br />

Jahr neue Überraschungen bietet. <br />

■<br />

Paula Bosch wird ab der nächsten Ausgabe<br />

regelmäßige Autorin unserer Weinkolumne sein.<br />

Paula Bosch: „Wein genießen“ (Callwey)<br />

Perfekte<br />

Aufführung<br />

Voller Harmonie lässt dieser reich bemalte Engel<br />

aus der weltberühmten Manufaktur Wendt & Kühn<br />

seinen Bogen über die Violine gleiten. Elegant und<br />

voller Anmut wirkt sein Spiel. Eindrucksvoll kommt<br />

die Perfektion in Formgebung und Farbgestaltung<br />

zur Geltung. Zum Dekorieren und Verschenken.<br />

Damit das Konzerterlebnis nie zu Ende geht.<br />

Erhältlich über autorisierte Fachhändler auf dem<br />

Online-Marktplatz von Wendt & Kühn unter<br />

WWW.WENDT-KUEHN.DE<br />

Wendt & Kühn KG<br />

Chemnitzer Str. 40 · 09579 Grünhainichen<br />

Telefon (037294) 86 286


L E B E N S A R T<br />

DIE KÜNSTLERIN RENATE BUSSE:<br />

SIE GESTALTETE DAS COVER UNSERER PREMIUM-CD<br />

Die Poesie von Obstkisten<br />

Florales Feeling: ein Strauß Tulpen im Atelier der Künstlerin Renate Busse<br />

FOTOS: RENATE BUSSE<br />

Flora et Pomona“, „Blumen und Früchte“, hieß<br />

die letzte Ausstellung von Renate Busse, die sie<br />

vor Kurzem zusammen mit Floristinnen in<br />

ihrer Heimatstadt Schorndorf geradezu zelebriert<br />

hat. Ein Fest für die Augen, erklärten viele Besucher<br />

begeistert. Für Renate Busse aber war es mehr als<br />

das: „Es war ein Gesamtkunstwerk! Schließlich wurden<br />

zur Vernissage unter anderem Gedichte meines Großvaters<br />

Carl Trost gelesen“, freut sich die Künstlerin.<br />

Mit diesen Großvater-Gedichten ist sie groß<br />

geworden: „Zu Geburtstagen und anderen Familienanlässen wurde<br />

man von ihm immer mit einem kunstvollen poetischen Gedicht<br />

beschenkt.“ Doch wurde Renate Busses Metier nicht das Schreiben<br />

– es war – und ist: die Malerei. Dass Renate Busse an der Kunstakademie<br />

Stuttgart studierte, war ihr aber nicht weniger in die Wiege<br />

gelegt: „Ich bin in einem Fluidum von Kunst aufgewachsen. Mein<br />

Vater war ein wunderbarer Zeichner und Fotograf, meine Geschwister,<br />

meine Onkel und Tanten – sie alle malten und dichteten.<br />

Dieser unverkrampfte Umgang mit der Kunst war von Anfang<br />

an Renate Busses solide Basis. „Natürlich arbeite ich hart als freiberufliche<br />

Künstlerin. Und doch habe ich mir meine Flexibilität und<br />

Spielfreude bewahrt.“ Von eher opulenten Ölbildern bis hin zu<br />

spartanischen und auf die Linie reduzierten Zeichnungen reicht ihr<br />

Repertoire. Dazwischen gibt es fantasievolle Spielereien<br />

wie die Obstkisten-Objekte, die auch schon in<br />

New York und im Goethe-Institut Thessaloniki ausgestellt<br />

waren. „Ich kann kaum an einem Supermarkt<br />

vorbeigehen, ohne nach hölzernen Obstkisten Ausschau<br />

zu halten“ erzählt sie. Wird sie fündig, nimmt sie<br />

die Kisten auseinander, übermalt und überklebt sie und<br />

setzt sie neu zusammen. So schafft sie kleine Kunstwerke,<br />

die an Theaterbühnen für Puppenstuben erinnern.<br />

„Mich fasziniert dabei das Thema Import–Export,<br />

die hieroglyphenartigen Abbildungen der Früchte, die zum Kauf<br />

verführen sollen. Das macht für mich den Witz bei der Sache aus …“<br />

Warum erstaunt es da nicht, dass sie über viele Jahre eine<br />

Gruppe munterer Frauen um sich versammelte, mit ihnen malte<br />

und auch ausstellte? Das war die „Südfrucht G. g. O.“ – die<br />

Gesellschaft für gemaltes Obst. Das fünfjährige Intermezzo der<br />

Künstlerin als Galeristin der „Galerie Zitrone“ ist da nur ein weiterer<br />

Tropfen Fruchtsaft.<br />

Ihre Werke wurden unter anderem von der Staatsgalerie Stuttgart<br />

und dem Land Baden-Württemberg angekauft. Das BAB<br />

(Bahnhof-Atelier-Busse) ist – wo auch sonst – im Bahnhofsgebäude<br />

in Schorndorf zu finden. <br />

n<br />

Mehr über die Künstlerin auf www.babusse.de<br />

72 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


REISE & KULTUR<br />

themenspecial 9. Jahrgang | Herbst & Winter 20<strong>18</strong><br />

GENUSS-<br />

GIPFEL<br />

KEIN ANDERES LAND<br />

LEBT SEINE REGIONALE VIELFALT<br />

SO LIEBEVOLL WIE ITALIEN<br />

MUSIK UNTER FREUNDEN<br />

Bürgenstock Festival: ein Konzert-Feuerwerk<br />

KREATIVE VIELFALT<br />

Musik, Kunst und mehr in Salzburg und Linz<br />

FOTO: PIXABAY<br />

Sonderveröffentlichung/Anzeigen/Präsentationen 73


R E I S E & K U L T U R<br />

KÜCHE, KEL<br />

SO ISST<br />

Matera ist Kulturhauptstadt<br />

Europas<br />

2019. Gelegen inmitten<br />

einer Landschaft<br />

endloser Weite und<br />

Ursprünglichkeit, kündet<br />

die süditalienische<br />

Stadt von ferner Vergangenheit.<br />

Bis zurück<br />

in die Antike führt die<br />

Geschichte Palermos,<br />

italienische Kulturhauptstadt<br />

20<strong>18</strong>.<br />

WINTERGLANZ<br />

IN BREMEN<br />

Märchenhaft & Muckelig<br />

Wir sind die Bremen-Profis.<br />

0421 / 30 800 10<br />

bremen-tourismus.de<br />

Böttcherstraße 4<br />

und Hauptbahnhof<br />

BTZ<br />

BREMER TOURISTIK-ZENTRALE<br />

Wer in der Abenddämmerung<br />

die<br />

Basilikata erreicht,<br />

den umfängt eine<br />

erhabene Stille. Die sich übereinandertürmenden Fassaden<br />

und Treppen der in die Tuffsteinhänge gebauten<br />

Höhlenstadt Matera vollführen im Licht der untergehenden<br />

Sonne ein faszinierendes Farbenspiel changierender<br />

Ockertöne. Die Sassi, also Steine, genannten Höhlensiedlungen<br />

von Matera entstanden zwischen dem 6. und 10.<br />

Jahrhundert. 1993 bekamen sie von der UNESCO den<br />

Titel Weltkulturerbe verliehen, einen Titel, der bisher am<br />

häufigsten in Italien vergeben wurde. 2019 ist Matera<br />

europäische Kulturhauptstadt.<br />

Besucher schlendern durch das Auf und Ab der engen<br />

Gassen, bevor es abends in die Trattoria geht, um die<br />

regionale Spezialität zu genießen: Peperoncini. Die „verrückten<br />

knallroten Teufelszähne“, wie der Dichter Gabriele<br />

d’Annunzio sie nannte, würzen das Ragù für hausgemachte<br />

Pasta. Nicht umsonst erklärten das Landwirtschafts-<br />

und Kultusministerium Italien 20<strong>18</strong> zum Jahr des<br />

italienischen Essens. Sie betonen damit die enge Verbundenheit<br />

von Kultur, Landschaft und italienischer Küche.<br />

INFORMATIONEN<br />

Italienische Zentrale für<br />

Tourismus ENIT<br />

www.enit.de<br />

www.italia.it<br />

www.facebook.com/EntdeckeItalien<br />

#ILikeItaly und #ItalyforFoodies<br />

74 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


TER UND KULTUR:<br />

ITALIEN<br />

Meravigliosa<br />

Italia:<br />

malerisch<br />

verwinkelte<br />

Gassen und<br />

Antipasti<br />

satt!<br />

DIE WELT entdecken!<br />

JETZT DIE NEUEN KATALOGE<br />

2019 KOSTENFREI BESTELLEN<br />

FOTOS. PIXABAY<br />

In Palermo, das 20<strong>18</strong> zur Kulturhauptstadt Italiens erwählt wurde, ist diese<br />

Beziehung über Jahrhunderte gewachsen. Die Vielfalt an Kulturen, die die Stadt im<br />

Laufe der Zeit mitgestalteten, spiegelt sich auch im Kulinarischen. Die alten Griechen<br />

brachten das Kultgetränk des Dionysos mit, den Wein. Von den Byzantinern<br />

zeugen nicht nur die wunderbaren Mosaike der Palatina-Kapelle, sondern auch die<br />

Vorliebe für Süßsaures. Die Eroberung durch die Araber, die der Stadt im Goldenen<br />

Becken malerische Gartenanlagen mit Brunnen und Wasserfontänen bescherten,<br />

bereicherte zudem die Küche mit allen Wohlgerüchen Arabiens. Und während<br />

die Normannen sich architektonisch mit der Kathedrale verewigten und in der<br />

Küche Rezepte für deftige Fleischgerichte hinterließen, brachten die Spanier Kakao,<br />

Mais und Tomaten aus der Neuen Welt mit.<br />

Slow Food und langsames Reisen sind die Leitgedanken, unter denen Italien<br />

zum Genuss seiner berühmten, von regionaler Vielfalt geprägten Kulinarik willkommen<br />

heißt. Die Weinstraße entlang der etruskischen Küste, die Prosecco-Straße<br />

in Venetien, zahlreiche Olivenöl-Routen sowie viele weitere Schlemmerstraßen<br />

versprechen (und halten) kulinarische Offenbarungen. Veranstaltungen wie die<br />

Trüffel-Messe im piemontesischen Alba, die Prosciutto-Verkostung in San Daniele,<br />

das Eis-Festival in Florenz oder die Ernte der Pistazien, des grünen Golds Persiens,<br />

in Bronte schenken dem Reisenden Dolce Vita von Südtirol bis Sizilien.<br />

IMPRESSUM<br />

Reise & Kultur ist ein Themenspecial von crescendo – Deutschlands großem Magazin<br />

für klassische Musik & Lebensart<br />

Verlag: Port Media GmbH, Rindermarkt 6, D-80331 München, www.crescendo.de, Tel. +49-(0)89 74 15 09-0<br />

Herausgeber: Winfried Hanuschik (v. i. S. d. P.) | Redaktion: Petra Lettenmeier | Autoren: Katherina Knees, Corina Kolbe,<br />

Ruth Renée Reif, Dorothea Walchshäusl | Artdirector: Stefan Steitz | Anzeigen: Cornelia Engelhard, Petra Lettenmeier,<br />

Heinz Mannsdorff, www.crescendo.de/media, anzeigen@portmedia.de, Tel. +49-(0)89 74 15 09-20<br />

Verbreitete Auflage 132.000 Expl. | crescendo Themenspecials unterliegen der<br />

Auflagenkontrolle durch die IVW | Druck: Westermann, D-38104 Braunschweig<br />

unter www.ikarus.com oder per<br />

E-Mail an: magazin@ikarus.com<br />

REISEWELTEN-ERLEBNISABENDE<br />

Besuchen Sie im <strong>November</strong> 20<strong>18</strong> unsere Programmvorstellungen<br />

mit Zielgebietspräsentationen zu Chile,<br />

Indien, Marokko und Polar-Kreuzfahrten. Infos und<br />

Anmeldung unter www.ikarus.com.<br />

IKARUS TOURS GmbH<br />

Am Kaltenborn 49-51 . 61462 Königstein<br />

Tel. 06174 - 2 90 20 . www.ikarus.com<br />

Sonderveröffentlichung/Anzeigen/Präsentationen 75


R E I S E & K U L T U R<br />

DER<br />

KULTUR-<br />

HERBST<br />

IN<br />

LINZ<br />

Linz lockt mit einer Fülle<br />

von Musikerlebnissen.<br />

Musiktheater Linz<br />

Brucknerhaus Linz<br />

Linz duftet nach Kultur. Denn an der Donau weht<br />

ein kreativer Geist durch die Gassen und hat den<br />

Ruf einer staubigen Stahlstadt der Nachkriegszeit<br />

längst vertrieben. Seitdem Linz 2009 zur europäischen<br />

Kulturhauptstadt gekürt wurde, hat sich das kulturelle<br />

Leben in der Stadt komplett gewandelt. Erst 2013 erhielt<br />

das Landestheater Linz mit dem Musiktheater am Volksgarten<br />

seine neue, lang ersehnte Spielstätte, die als modernstes<br />

Opernhaus Europas ein sichtbarer Spiegel für<br />

den Fortschritt und den Stellenwert von Kultur in der<br />

Stadt ist. Am 1. Dezember 2014 wurde Linz als City of<br />

Media Arts in das internationale Netzwerk der UNESCO<br />

Creative Cities aufgenommen, das es sich zur Aufgabe<br />

gemacht hat, die kulturelle Vielfalt von Literatur, Film,<br />

Musik, Volkskunst, Design, Medien und Gastronomie<br />

zum Ausdruck zu bringen.<br />

Der Kulturherbst in Linz fasst, passend zur bunten<br />

Jahreszeit, diverse künstlerische Stilrichtungen zusammen.<br />

Elf Opern und Operetten, fünf Musicals und zahlreiche<br />

Tanz- und Theaterstücke rücken unter dem Motto<br />

„Welt aus den Fugen“ aktuelle Gesellschaftsthemen in den<br />

Fokus und erzählen – ob im Kontext eines David-Bowie-Musicals<br />

oder mit der Strauss-Oper Elektra – von Aufbruch<br />

und Veränderung. Das Musik theater Linz quillt<br />

dabei nur so über vor musikalischen Ereignissen: Der<br />

Linzer Schauspieldirektor Stephan Suschke bringt Tristan<br />

und Isolde von Richard Wagner in der Bayreuther Festspielinszenierung<br />

von 1993 auf die Bühne, ab dem 2. <strong>November</strong><br />

steht Mozarts Oper La clemenza di Tito auf dem Spielplan,<br />

und am 25. <strong>November</strong> feiert die deutschsprachige<br />

Erstaufführung des Gershwin-Musicals Ein Amerikaner in<br />

Paris Premiere.<br />

Das Linzer Brucknerhaus säumt gemeinsam mit<br />

dem Lentos Kunstmuseum und dem Ars Electronica<br />

Center die Kulturmeile am Ufer der Donau und verwöhnt<br />

das Publikum in der neuen Saison unter dem Titel<br />

„Credo“ mit sage und schreibe über 200 Konzerten. Das<br />

Johann Strauß Ensemble lässt das Brucknerhaus anlässlich<br />

des österreichischen Nationalfeiertags am 26. <strong>Oktober</strong><br />

mit Franz von Suppés fantastisch-burlesker Operette<br />

Der Teufel auf Erden im Dreivierteltakt erbeben. Der „Musikalische<br />

Adventkalender“ und eine Große Weihnachtsgala<br />

versüßen dem Publikum die Vorweihnachtszeit, sodass<br />

man Linz auch weit über den Kulturherbst hinaus<br />

Tag für Tag als inspirierende und lebendige Kulturstadt<br />

wahrnehmen kann.<br />

FOTO: LINZ TOURISMUS / STEINKELLNER; OBERÖSTERREICH WERBUNG / STANKIEWICZ; OBERÖSTERREICH TOURISMUS / SUSANNE EINZENBERGER; PETER PHILIPP<br />

INFORMATIONEN<br />

Tourist Information Linz<br />

+43-(0)732-70 70 20 09<br />

www.linztourismus.at<br />

www.landestheater-linz.at<br />

www.brucknerhaus.at<br />

www.linztourismus.at/kulturhighlights<br />

Brucknerhaus<br />

26.10. Konzert: Der Teufel auf Erden<br />

01. bis 23.12. Musik. Adventkalender<br />

17.12. Große Weihnachtsgala<br />

Musiktheater Premieren<br />

02.11. Mozart: La clemenza di Tito<br />

25.11. Gershwin: Ein Amerikaner in Paris<br />

19.01. Strauss: Elektra<br />

76 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


ainy days<br />

Festival de musiques nouvelles<br />

Philharmonie Luxembourg<br />

13.–25.11.20<strong>18</strong><br />

rainydays.lu<br />

FOTO: TOURISMUS SALZBURG GMBH<br />

SALZBURGER<br />

HERBSTFREUDEN<br />

Eine Saison der Vielseitigkeit! Die Barockstadt feiert die Künste in all<br />

ihren Facetten: Klassik, Jazz, bildende Kunst & Brauchtum.<br />

Die Salzburger Festspiele lassen die Mozartstadt jeden Sommer in voller<br />

Blüte erstrahlen, doch auch der Herbst hat jede Menge künstlerischer<br />

Facet ten. Als Musikfestival von Rang und Namen präsentieren die Salzburger<br />

Kulturtage bis zum 21. <strong>Oktober</strong> sowohl Konzerte mit großen Klangkörpern<br />

und internationalen Solisten als auch mit Newcomern der Klassikszene. Seit fast 50<br />

Jahren kreiert die Salzburger Kulturvereinigung jeden Herbst eine musikalische<br />

Mischung, auf deren Qualität und Unterhaltungswert Verlass ist.<br />

Vom 17. bis 21. <strong>Oktober</strong> 20<strong>18</strong> lockt „Jazz & The City“ in die Salzburger Altstadt.<br />

Hochkarätige Jazz-Größen aus der ganzen Welt ziehen das Publikum mit Konzerten<br />

und Jam Sessions in ihren Bann und sorgen für Stimmung an außergewöhnlichen<br />

Spielorten. Salzburg wäre nicht Salzburg, wenn nicht auch die bildende Kunst omnipräsent<br />

stattfinden würde. Eine Sonderausstellung im DomQuartier rückt ab dem<br />

<strong>18</strong>. <strong>Oktober</strong> das Leben und Wirken des Fürsterzbischofs Maximilian Gandolph<br />

Graf von Kuenburg in den Fokus, der maßgeblich daran beteiligt war, dass Salzburg<br />

sich zur europäischen Hochburg der Barockmusik entwickelt hat. Das Museum der<br />

Moderne Mönchsberg nimmt ab dem 10. <strong>November</strong> die druckgrafischen Werke von<br />

Oskar Kokoschka unter die Lupe und betrachtet sie im Kontext seiner Zeit. Kokoschka,<br />

der Anfang des 20. Jahrhunderts in Wien, als Hauptvertreter und Gründer<br />

des Österreichischen Expressionismus, gemeinsam mit Egon Schiele für die Kunstwelt<br />

neue Wege geöffnet hat.<br />

Ein bisschen weihnachtlich darf es dann auch schon werden: 200 Jahre nachdem<br />

am Heiligabend „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ in Oberndorf zum ersten Mal<br />

erklang, spürt das Salzburg Museum mit der Landesausstellung „Stille Nacht 200 –<br />

Geschichte. Botschaft. Gegenwart“ noch bis zum bis 3. Februar 2019 ganz unterschiedlichen<br />

Fragestellungen rund um das Lied nach. Stimmungsvoller kann man<br />

den Advent nicht einläuten.<br />

INFORMATIONEN Tourismus Salzburg<br />

+43-(0)662-88 98 70<br />

www.salzburg.info<br />

www.kulturvereinigung.com/<br />

de/salzburger-kulturtage<br />

www.salzburgjazz.com<br />

www.stillenacht.com<br />

www.museumdermoderne.at<br />

get real<br />

Premieres and works by Georges Aperghis,<br />

Joanna Bailie, Franck Bedrossian, Huihui<br />

Chen, Micheline Coulombe Saint-Marcoux,<br />

Sivan Eldar, Evelyne Gayou, Rama Gottfried,<br />

Johannes Kreidler, Genoël von Lilienstern,<br />

Yan Maresz, Enno Poppe, Alberto Posadas,<br />

Stefan Prins / Daniel Linehan, Éliane<br />

Radigue, Rebecca Saunders, Matthew<br />

Shlomowitz, Chris Swithinbank, Annette<br />

Vande Gorne, Francesca Verunelli and others<br />

With Einstürzende Neubauten, ensemble<br />

mosaik, Ensemble Resonanz, Hiatus,<br />

Klangforum Wien, Nadar, Noise Watchers,<br />

Orchestre Philharmonique du Luxembourg,<br />

Phace, Quatuor Diotima, Synergy Vocals,<br />

United Instruments of Lucilin, Baldur<br />

Brönnimann, Christina Daletska, Florian<br />

Hoelscher, Miriam Overlach, Nacho de Paz,<br />

Emilio Pomàrico, Benjamin Vandewalle, Bas<br />

Wiegers, Agata Zubel and others<br />

Exclusive automobile partner<br />

Media Partner<br />

Sonderveröffentlichung/Anzeigen/Präsentationen 77


R E I S E & K U L T U R<br />

KAMMERKONZERTE<br />

MIT ALPENBLICK<br />

Auf dem Bürgenstock, einer zauberhaften Berghalbinsel inmitten des<br />

Vierwaldstättersees, verfolgen die künstlerischen Leiter des Bürgenstock Festivals,<br />

Andreas Ottensamer und José Gallardo, das Konzept „Musik unter Freunden“.<br />

José Gallardo und Andreas Ottensamer<br />

Blau glitzerndes Wasser, imposante Berge<br />

und darüber ein weiter Himmel, der bei<br />

Sonnenuntergang in vielen Farbschattierungen<br />

leuchtet. Vom Bürgenstock aus genießt<br />

man einen atemberaubenden Pa noramablick<br />

über den Vierwaldstättersee und die Schweizer<br />

Voralpen. Inmitten der Natur veranstaltet das<br />

Bürgenstock Festival Kammerkonzerte, die<br />

Brücken zwischen Klassik, Jazz und Folk schlagen.<br />

„Musik unter Freunden“ – so lautet das<br />

Motto des Klarinettisten Andreas Ottensamer<br />

und des Pianisten José Gallardo. Unter den Kollegen, die<br />

das künstlerische Leitungsduo einlädt, sind häufig auch<br />

Mitglieder der Berliner Philharmoniker, bei denen Ottensamer<br />

als Solist spielt. Von Luzern aus ist der bewaldete<br />

Bergrücken gut per Schiff zu erreichen. Hinauf kommt<br />

man mit einer Standseilbahn, einem modernen Ersatz für<br />

die Bürgenstock-Bahn, die bereits <strong>18</strong>88 Touristen zu den<br />

ersten Hotels des Kurorts brachte. In den 1950er- und<br />

1960er-Jahren holte Fritz Frey, Vater des Festivalgründers<br />

Peter Frey, Prominente aus Kultur und Politik in die grüne<br />

Idylle. Sergej Rachmaninow komponierte hier, Konrad<br />

Adenauer und Indira Gandhi waren Gäste, ebenso Sophia<br />

Loren und Sean Connery. 1954 heirateten Audrey<br />

Hepburn und Mel Ferrer in der Bürgenstock-Kapelle,<br />

die dem Festival im Sommer als<br />

Spielort dient. Im Herbst und Winter finden<br />

die Konzerte im exklusiven und intimen Rahmen<br />

des Hotels Villa Honegg statt, das in der<br />

Nähe des neuen Bürgenstock Resorts liegt.<br />

Bei den Konzerten vom 2. bis 4. <strong>November</strong><br />

präsentiert der Flötist Emmanuel Pahud<br />

mit weiteren Berliner Philharmonikern wie<br />

Maja Avramovic (Violine), Joaquín Riquelme<br />

García (Viola) und Stephan Koncz (Cello) sowie José Gallardo<br />

Mozarts berühmtes Flötenquartett und Arrangements<br />

von Rossini und Dvořák. Mit Koncz und dem ungarischen<br />

Geiger Barnabás Kelemen spielt Gallardo außerdem<br />

Klaviertrios von Mozart und Mendelssohn. Unter<br />

dem Motto „Winterreise“ steht das Festival vom 6. bis 10.<br />

Februar 2019 in der Villa Honegg und im Club Kaufleuten<br />

in Zürich. Auf dem Programm: Schuberts Winterreise,<br />

interpretiert von dem Bariton Benjamin Appl. Der Liederzyklus<br />

wird kombiniert mit Arrangements von Mendelssohns<br />

Liedern ohne Worte sowie mit Stücken von Weber,<br />

Bruch, Brahms und Janácek.<br />

FOTOS: HOTEL VILLA HONEGG; NIKOLAS HAGELE; KATJA RUGE / DECCA<br />

INFORMATIONEN<br />

Stiftung Bürgenstock Festival<br />

Bürgenstock 33, CH-6363<br />

Bürgenstock<br />

+41-(0)41-210 66 55<br />

info@buergenstock-festival.ch<br />

www.buergenstock-festival.ch<br />

TICKETVORVERKAUF<br />

Herbstkonzerte 02. bis 04.11.20<strong>18</strong><br />

Winterfestival 06. bis 10.02.2019<br />

Hotel Villa Honegg<br />

+41-(0)41-6<strong>18</strong> 32 00<br />

marketing@villa-honegg.ch<br />

www.villa-honegg.ch<br />

78 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>


SAVOIR-VIVRE<br />

Zwei neue Häuser in Wetzlar und Bremen von arcona LIVING<br />

bieten Stil und Genuss an geschichtsträchtigen Orten<br />

Savoir-vivre“ ist die besondere Kunst,<br />

das Leben zu genießen und mit allen<br />

Sinnen zu erfahren. Die arcona<br />

LIVING Hotels sind hierfür die bestmöglichen<br />

Orte und bieten ihren Gästen<br />

weit mehr als nur eine gediegene<br />

Übernachtungsmöglichkeit. Über<br />

ganz Deutschland verteilt haben die<br />

verschiedenen Häuser jeweils ihre ganz<br />

eigene Mischung aus Stil, Individualität<br />

und Herzlichkeit. Zentral gelegen und<br />

liebevoll gestaltet, bieten die Hotels der<br />

jungen Marke arcona LIVING somit<br />

die perfekte Ausgangsbasis, um einige<br />

der schönsten und kulturell spannendsten<br />

Ecken Deutschlands zu<br />

entdecken. In diesem Jahr wurde das<br />

reiche Angebot noch einmal deutlich erweitert mit attraktiven<br />

neuen Hotels in Wetzlar und Bremen.<br />

Die Stadt Wetzlar wartet mit einer reichen Geschichte<br />

auf und ist mit ihrer historischen Altstadt entlang des<br />

Flusses Lahn definitiv eine Reise wert. Von 1772 bis 1775<br />

lebte Goethe hier. Zudem ist die nur 40 Minuten von<br />

Frankfurt am Main entfernte Stadt der Sitz der Leica Camera<br />

AG und bietet allen interessierten Besuchern die<br />

Möglichkeit, in der täglich geöffneten Leica-Erlebniswelt<br />

einzutauchen in die Welt der Fotografie<br />

– kostenfrei. In unmittelbarer Nähe zur<br />

Erlebniswelt hat in diesem Frühjahr das arcona<br />

LIVING ERNST LEITZ Hotel seine<br />

Tore geöffnet. Nach einem entdeckungsreichen<br />

Ausflug können die Gäste den<br />

Tag in Wetzlar in der hoteleigenen Weinwirtschaft<br />

mit exquisiter Küche und einer<br />

großen Weinauswahl ausklingen lassen.<br />

Wen es in den Norden Deutschlands<br />

zieht, der kann seit Kurzem<br />

im arcona LIVING Hotel in Bremen<br />

übernachten, einem sty lishen<br />

Apart-Hotel, das nur wenige<br />

Schritte vom Hauptbahnhof entfernt<br />

im Herzen der Hansestadt liegt.<br />

Verschiedenste Museen wie das Universum oder das<br />

Übersee-Museum machen die berühmte Heimatstadt<br />

der tierischen Stadtmusikanten zu einem spannenden Ziel<br />

für eine Städtereise. Als besonderes Highlight lockt dort<br />

die Suite im Dachgeschoss mit fantastischem Blick über<br />

die Stadt und die Sauna mit Terrasse – ein idealer Erholungsraum<br />

nach der Erkundungstour durch die Bremer<br />

Altstadt.<br />

So bieten sich verschiedenste Möglichkeiten für einen<br />

genussvollen Start in den Herbst.<br />

arcona LIVING ERNST LEITZ Hotel<br />

FOTOS: ARCONA HOTELS UND RESORTS<br />

INORMATIONEN<br />

arcona Management GmbH<br />

Steinstraße 9, <strong>18</strong>055 Rostock<br />

+49-(0)381-458 51 10<br />

info@arcona.de<br />

www.arcona.de<br />

ARCONA HOTELANGEBOTE<br />

ANKOMMEN, WOHLFÜHLEN, GENIESSEN<br />

– unter den Angebots-Rubriken Kultur,<br />

Wellness, Städte, Aktiv, Abenteuer, Familie,<br />

Shopping, Kurztrip, Weihnachten & Silvester<br />

der arcona HOTELS & RESORTS finden Sie<br />

das Besondere für eine kleine Auszeit.<br />

www.arcona.de/hotelangebote<br />

Sonderveröffentlichung/Anzeigen/Präsentationen 79


Sie werden sich nicht nur in neue Länder verlieben.<br />

Sondern auch in die Reise dorthin.<br />

Willkommen an Bord einer Kreuzfahrtflotte, die jedem Vergleich vorausfährt –<br />

mit kleinen, individuellen Schiffen und größter persönlicher Freiheit.<br />

Mehr über unsere Luxus- und Expeditionsreisen erfahren Sie unter<br />

www.vor-uns-die-welt.de<br />

V O R U N S D I E W E L T


John Axelrods Weinkolumne<br />

ANDALUSISCHE MÄCHTE<br />

Spanien und insbesondere Andalusien sind Exoten in jeglicher Hinsicht.<br />

In der Musik wie in den Weinen spiegelt sich die Tradition, immer offen zu sein:<br />

für Wege, die anders sind.<br />

ZEICHNUNG: STEFAN STEITZ<br />

Nun ist er vorbei, der Sommer. Grund<br />

genug, wieder einen Blick auf das endlich<br />

wieder echte, weil touristenfreie Spanien zu<br />

werfen. Schließlich kommen einige der<br />

schönsten Rotweine von dort. Zugleich<br />

sollte man sich immer mal wieder in Erinnerung<br />

rufen, dass Spanien über Jahrhunderte<br />

hinweg die wichtigste Quelle für die<br />

musikalisch-romantische Fremdartigkeit in<br />

Europa war. Dass das 500-jährige maurische<br />

Kalifat in Al-Andalus das Land ganz deutlich<br />

anders und außereuropäisch geprägt<br />

hatte. Sevilla zum Beispiel, die Hauptstadt<br />

der Region Andalusien: Immerhin sagt man<br />

der ersten Musikstadt der UNESCO nach,<br />

Schauplatz für mehr als 250 Opern zu<br />

sein. Nehmen wir nur mal die beliebtesten.<br />

Mindestens vier von ihnen spielen<br />

in Sevilla: Don Giovanni, Hochzeit<br />

des Figaro, Carmen und natürlich Der<br />

Barbier von Sevilla. Dazu der Flamenco,<br />

diese indigene Form der Zigeunermusik,<br />

deren Wurzeln auf die<br />

Mauren zurückgehen. Sie förderte<br />

diesen ganz speziellen „spanischen<br />

Klang“. Er war europäisch – und<br />

dann doch wieder nicht. Er war<br />

vertraut – und dann doch geheimnisvoll<br />

anders. Und genau dieses<br />

„Anderssein“ beflügelte die musikalische<br />

Fantasie von Komponisten,<br />

die nicht aus Spanien kamen:<br />

von Mozart über Verdi und Glinka<br />

bis Nikolai Rimsky-Korsakov, von<br />

Debussy über Beethoven bis Donizetti<br />

und natürlich von Rossini bis Ravel –<br />

sie alle fanden im spanischen Traum ihre<br />

Stimme. In dieser Romantisierung wurde<br />

Spanien, und ja, vor allem Sevilla, selbst<br />

zum Leitmotiv. Das Motiv hieß: anders,<br />

besonders zu sein.<br />

Wer einmal die Rhapsodie España von<br />

Emmanuel Chabrier gehört hat – inspiriert<br />

von seiner Zeit in Sevilla <strong>18</strong>83 –, der versteht:<br />

authentisch transkribierte Rhythmen<br />

und Klänge, „à la française“ aufgehübscht,<br />

um zu gefallen. Nun könnte man hier natürlich<br />

einen französischen Wein empfehlen,<br />

da vor allem die Franzosen so von der spanischen<br />

Seele begeistert waren. Noch besser<br />

aber ist ein spanischer und zugleich exotischer<br />

Wein, der das Land repräsentiert<br />

und nicht das Ideal, das sich in der<br />

Musik dieser französischen Komponisten<br />

manifestiert hatte.<br />

Tatsächlich gibt es trotz der Fülle<br />

preisgekrönter spanischer Weine aus<br />

dem Rioja und der anderen Sterne-Appellation,<br />

Ribera del Duero,<br />

eine Region, die genauso anspruchsvoll<br />

ist. Juan Gil hat in Jumilla mehrere<br />

Weine produziert, die anders<br />

sind. Er verzichtet auf den allgegenwärtigen<br />

Tempranillo zugunsten<br />

eines hundertprozentigen Monastrell<br />

– einer Traube, die jahrzehntelang<br />

als mittelmäßig galt. Als die<br />

Reben dort nach einer Reblausplage<br />

neu gepflanzt wurden, haben Produzenten<br />

dieses Gold neu für sich entdeckt.<br />

Juan Gil und seine Familie besitzen<br />

120 Hektar Weinberge, gelegen auf einer<br />

Höhe von mehr als 700 Meter über dem<br />

Meeresspiegel, mit sandigen, kalkhaltigen<br />

Böden. Hier fallen in der Nacht die Temperaturen<br />

so ex trem, dass die täglichen<br />

Schwankungen mehr als 25 Grad betragen<br />

EIN WEIN WIE EIN SCHOCK.<br />

UND WIE ANDALUSIEN<br />

SELBST: SUBTIL IN SEINEN<br />

VIELFÄLTIGEN EINFLÜSSEN<br />

können. Dieses kühle Klima lässt den Trauben<br />

die Zeit, vollständig zu reifen. Mein erster<br />

Eindruck vom Juan Gil <strong>18</strong> Monate Blue<br />

Label war ein Schock. Ich liebe alle tiefen<br />

spanischen Rotweine, ihrer Würze wegen,<br />

aber das war eine Überraschung. Voller<br />

Frucht, mit viel Körper und hohem Alkoholgehalt,<br />

lang am Gaumen, dabei süß in der<br />

Spitze und trocken genug, um die spanische<br />

Küche zu unterstützen, und: subtil in seinen<br />

vielfältigen und außergewöhnlichen Einflüssen.<br />

Ein Wein wie Andalusien selbst. Mag<br />

man Tannine auch noch so verteufeln – Juan<br />

Gil macht einen sensationellen Wein. Hätte<br />

Chabrier während seines Spanienaufenthalts<br />

einen Juan Gil genossen, wäre seine España<br />

möglicherweise göttlich inspiriert gewesen.<br />

Nun, immerhin ist uns beides gegönnt: die<br />

Musik und dazu ein Schluck exotisches Spanien<br />

aus himmlischer Höhe.<br />

■<br />

John Axelrod ist Generalmusikdirektor und Geschäftsführer des Real Orquesta Sinfónica de Sevilla und erster Gastdirigent des Orchestra Sinfonica di Milano „Giuseppe Verdi“. Nebenbei schreibt er<br />

Bücher und sorgt sich um das Wohl des crescendo-Lesergaumens. Außerdem schreibt er einen englischsprachigen Blog zum Thema Wein und Musik: www.IamBacchus.com. Übersetzung: Barbara<br />

Schulz. Infos zum Wein von Juan Gil finden Sie hier: www.bodegasjuangil.com<br />

81


H O P E T R I F F T<br />

Daniel-Hope-Kolumne<br />

„DU MUSST BESESSEN SEIN“<br />

Daniel Hope spielte mit Vadim Repin in Istanbul die Premiere von<br />

Shadow Walker, einem Konzert für zwei Geigen von Mark-Anthony Turnage.<br />

Ein Gespräch über Kompromisslosigkeit, Offenheit, Kontrapunkt und – Fußball.<br />

Daniel Hope: Mark, was war die Herausforderung,<br />

für zwei Violinen zu schreiben?<br />

Mark-Anthony Turnage: Ich fand es in<br />

gewisser Weise gar nicht so herausfordernd,<br />

weil mir die Vorstellung, dass zwei Persönlichkeiten<br />

sich gegenseitig ausspielen,<br />

ziemlich gefallen hat. Ich mag diese Idee mit<br />

zwei Solisten. Die eigentliche Challenge war,<br />

dass es nicht viele Konzerte für zwei<br />

Solisten gibt. Eines davon ist ein absolutes<br />

Meisterwerk: das Bach-Doppelkonzert. Das<br />

hat mich etwas eingeschüchtert.<br />

War das türkische Orchester eine Hürde?<br />

Ich wollte die Instrumente kennenlernen,<br />

die westlichen Orchestern nicht vertraut<br />

sind. Und noch bevor man Lauten,<br />

orientalische oder türkische Instrumente<br />

wahrnimmt, hört man hauptsächlich<br />

Schlagzeug. Deshalb habe ich recherchiert.<br />

Das Problem dabei war, dass es künftige<br />

Auftritte aufgrund der ungewöhnlichen<br />

Instrumentation einschränken könnte.<br />

Also habe ich nach Alternativen gesucht.<br />

Gleichzeitig ist es wunderbar, eine türkische<br />

Klangwelt zu haben. Ich kannte das<br />

Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra,<br />

denn ich habe es – mit dir als Solist – im<br />

Radio bei den BBC Proms gehört. Sascha<br />

Goetzel dirigierte.<br />

Kurios ist, dass ich gerade in Luxemburg<br />

war und mit Vadim Repin und Sascha<br />

Goetzel zu Abend aß. Wir meinten, wie<br />

wunderbar es wäre, mal ein Stück für zwei<br />

Violinen zusammen zu spielen und sagten<br />

aus Spaß: Lasst uns versuchen, Mark zu<br />

erreichen! Es hat geklappt!<br />

Das hat mich alles fasziniert. Und natürlich<br />

hat mich Istanbul gereizt! Ich war Mitte der<br />

80er-Jahre dort – und habe es geliebt. Das<br />

ganze Paket, das du dir ausgedacht hast, war<br />

sehr attraktiv. Vadim Repin – ich kannte ihn<br />

Vadim Repin, Sascha Goetzel, Mark-Anthony<br />

Turnage und Daniel Hope (v. l. n. r.)<br />

von einer Aufnahme des Violinkonzerts von<br />

Brahms. Mir waren alle bekannt, was ein<br />

schöner Anfang für das ganze Stück war.<br />

2006, als ich im Beaux Arts Trio spielte,<br />

bekamst du von uns den Auftrag für A Slow<br />

Pavane. Für Menahem Pressler, Gründer<br />

des Beaux Art Trios – er war damals schon<br />

fast 80 –, war das eine völlig neue Musiksprache.<br />

Er war bei den Proben so in<br />

seinem Element! Ist es für dich ein<br />

Unterschied, ob ein Interpret deine Ideen<br />

umsetzt oder ob er auch sein eigenes Ding<br />

durchzieht?<br />

Das Tolle an der Arbeit mit verschiedenen<br />

Spielern – deshalb arbeite ich auch gern mit<br />

Jazzmusikern – ist dieser einzigartige<br />

Sound. Ich mag die Teamarbeit. Und ich<br />

mochte die Erfahrung mit den Beaux Arts<br />

sehr. Meine einzige Chance, wirklich Teil<br />

von etwas zu sein, ist, mit Musikern<br />

zusammenzuarbeiten. Ich erinnere mich,<br />

dass du mich mehrmals gebeten hast, nichts<br />

zu ändern. Aber ihr habt einen Satz neu<br />

interpretiert. Ich mag das. Es regt mich an.<br />

Deine Oper Greek feiert 30-jähriges<br />

Bestehen. Greek hat die Oper verändert.<br />

Welchen Anteil hat Hans Werner Henze<br />

an deinem Weg?<br />

Henze hat gewissermaßen meine internationale<br />

Karriere bereits vor meiner ersten<br />

Zusammenarbeit mit Simon Rattle angeschoben.<br />

Ich war mit Henze in Tanglewood<br />

und traf ihn auch durch meinen großartigen<br />

Lehrer Oliver Knussen, der leider kürzlich<br />

verstorben ist. Henze hat an mich geglaubt.<br />

Er sagte immer, ich sei ein dramatischer<br />

Komponist und würde gut für das Theater<br />

schreiben. Er hat etwas gewagt mit mir. Ich<br />

war ja gerade mal 26, als Greek in Auftrag<br />

gegeben wurde. Er machte mich mit dem<br />

Dramatiker Steven Berkoff und dem<br />

Regisseur Jonathan Moore bekannt. Hinter<br />

fast jeder Idee steckte Henze.<br />

Wenn heute ein junger Komponist nach<br />

Ratschlägen fragt, was antwortest du ihm?<br />

(Lacht) Nun, du musst komplett von Musik<br />

besessen sein. Als junger Komponist musst<br />

du alles wissen, musst dir alles anhören. Als<br />

ich 15 oder 16 war, habe ich einfach alles<br />

aufgesogen. Wenn man anfängt, dann<br />

braucht man die Technik, man muss<br />

wirklich lernen. Ich würde sagen, du<br />

brauchst Obsession, aber auch: Kontrapunkt.<br />

Lerne den Kontrapunkt – er ist eine<br />

Schwäche vieler Komponisten. Ich bin froh,<br />

dass ich einen Lehrer hatte, der darauf<br />

bestand. Ich wurde in gewisser Weise auf<br />

eine deutsche Art erzogen, weil es die Musik<br />

war, von der ich besessen war. Wenn ich<br />

heute vor Studenten stehe, die keine<br />

Obsession haben, macht mir das Sorgen.<br />

Letzte Frage: Wir sind beide Fans von<br />

Arsenal London. Wie wird die Saison?<br />

Wir werden wieder Fünfter oder Sechster?<br />

Es ist erbärmlich. Weil es keine Entwicklung<br />

gibt. Mag falsch sein. Als pessimistischer<br />

Fan aber sage ich jedem: Wir werden 3:0<br />

verlieren. Und hoffe, dass es<br />

besser wird! <br />

n<br />

Mark-Anthony Turnage: Shadow Walker,<br />

Daniel Hope, Vadim Repin (Onyx)<br />

ZEICHNUNG: STEFAN STEITZ<br />

FOTO: PRIVAT<br />

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Daniil<br />

Trifonov<br />

Eine Entdeckungsreise<br />

zu den Klavierkonzerten<br />

von Rachmaninov<br />

» Das vierte Klavierkonzert ist mein Lieblingskonzert.<br />

Die Eröffnung ist für mich wie eine Bahnfahrt.<br />

Sie beginnt mit diesem ungestümen rhythmischen<br />

Schwung, der zeigt, wie Rachmaninov Musik als<br />

Emotion auffasste … « Daniil Trifonov<br />

Ab sofort als CD,<br />

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Ab 26. <strong>Oktober</strong><br />

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© Dario Acosta<br />

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