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CRESCENDO 6/18 Oktober-November 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Teodor Currentzis, Evgeny Kissin, Adele Neuhauser, Danil Trifonov und Robin Ticciati.

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Interviews unter anderem mit Teodor Currentzis, Evgeny Kissin, Adele Neuhauser, Danil Trifonov und Robin Ticciati.

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H Ö R E N & S E H E N<br />

ORCHES-<br />

TER<br />

Andrea Kauten<br />

Sangliche<br />

Melodien<br />

Hier wird tief im 19. Jahrhundert gegründelt, und das mit Erfolg. Der Komponist<br />

Hermann Goetz, geboren <strong>18</strong>40 in Königsberg, hatte in der Schweiz sein Glück<br />

gemacht. Auf den Opern- und Konzertbühnen in Zürich und Basel wurden seine<br />

Werke gefeiert, auch in den Salons schätzte man sie. Goetz pflegte eine Vorliebe<br />

für sangliche Melodien und solistische Klangfarben im Orchester. Genau diese<br />

Qualitäten zelebrieren nun die Pianistin Andrea Kauten und das Savaria Symphony<br />

Orchestra unter der Leitung von Ádám Medveczky in ihrer Einspielung des<br />

B-Dur Konzerts. Auf der Doppel-CD stellen sie ihm das d-Moll-Konzert von<br />

Brahms gegenüber, auch weil, wie man im Booklet erfährt, Brahms sich sehr für<br />

die Werke von Goetz einsetzte. Beim Hören erlebt man nicht nur ein engagiert<br />

betriebenes Wechselspiel von Klavier und Orchester, sondern auch von zwei<br />

sehr verschiedenen Kompositionen, die sich in manchen Details überraschend<br />

nahekommen. TS<br />

Hermann Goetz, Johannes<br />

Brahms: „Klavierkonzerte“,<br />

Andrea Kauten, Savaria<br />

Symphony Orchestra, Ádám<br />

Medvecki (Solo Musica)<br />

Track 5 auf der crescendo<br />

Abo-CD: Klavierkonzert Nr. 2<br />

B-Dur op. <strong>18</strong>. II. Mäßig langsam<br />

von Hermann Goetz<br />

FOTO: MANFRED ESSER<br />

Barbara Hannigan<br />

Nur wer die Sehnsucht kennt<br />

Der Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert muss eine unglaublich<br />

gefühlsintensive Zeit gewesen sein, geprägt von unbestimmter Sehnsucht<br />

und diffusen Ängsten. Noch war die Schwelle von der Spätromantik<br />

zur Moderne nicht überschritten, die Grenzen aber waren<br />

schon erreicht. Die Sopranistin Barbara Hannigan und der Pianist<br />

Reinbert de Leeuw spüren der Stimmung des Fin de Siècle mit der<br />

intimsten und konzentriertesten Musikform nach, dem Lied. Fündig<br />

wurden sie bei den typischen Wiener Protagonisten dieser Zeit:<br />

Hugo Wolf, Alexander von Zemlinsky, Alma Mahler, Schönberg,<br />

Webern und Berg. Die Stückauswahl lässt genau den „Moment<br />

unvergleichlicher Dekadenz“ hörbar werden. Die beiden Künstler<br />

musizieren innig miteinander, schwelgen in der Musik – manchmal<br />

fast mit zu viel Ausdruck. Die Sehnsucht<br />

dieser Zeit lässt sich erfahren, aber ob man<br />

sie auch (er-)kennt? UH<br />

„Vienna. Fin de Siècle“, Barbara Hannigan,<br />

Reinbert de Leeuw (Alpha)<br />

Track 8 auf der crescendo Abo-CD: Empfängnis.<br />

Aus: Lieder op. 2 von Alexander Zemlinsky<br />

GESANG<br />

Dmitri Hvorostovsky<br />

Baritonale Betörung<br />

Sein allerletzter Opernauftritt am 29. <strong>November</strong> 2016 als Giorgio<br />

Germont mit Marina Rebeka in Verdis La traviata ist auf dieser CD<br />

dokumentiert. Der 2017 im Alter von nur 55 Jahren im langen<br />

Kampf gegen einen Gehirntumor unterlegene Russe Dmitri Hvorostovsky<br />

vereinte wie kein anderer Bariton seiner Generation samtene<br />

Rundung und massive Erschütterungsenergie. Wie bei jeder<br />

Ausnahmestimme enthält auch diese Anthologie von Auftritten an<br />

der Wiener Staatsoper seit 1994 mindestens eine Überraschung.<br />

Hier ist es neben der phänomenal gestalteten Ansprache des Simon<br />

Boccanegra (2016) die Arie des Fürsten Yeletzky aus Tschaikowskys<br />

Pique Dame, den Dmitri Hvorostovsky 1999 an der Seite von Mirella<br />

Freni gesungen hat: keine Balz mit siegesgewisser Herzensrhetorik,<br />

sondern der fast stockende Versuch, Sympathie<br />

zu artikulieren. Charakterisierung mit<br />

nur vokalen Mitteln, bewegend! DIP<br />

„Dmitri Hvorostovsky. Live Recordings 1994–2016“,<br />

Wiener Staatsoper, Chor und Orchester der Wiener<br />

Staatsoper (Orfeo)<br />

30 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>18</strong>

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