Sie werden sich nicht nur in neue Länder verlieben. Sondern auch in die Reise dorthin. Willkommen an Bord einer Kreuzfahrtflotte, die jedem Vergleich vorausfährt – mit kleinen, individuellen Schiffen und größter persönlicher Freiheit. Mehr über unsere Luxus- und Expeditionsreisen erfahren Sie unter www.vor-uns-die-welt.de V O R U N S D I E W E L T
John Axelrods Weinkolumne ANDALUSISCHE MÄCHTE Spanien und insbesondere Andalusien sind Exoten in jeglicher Hinsicht. In der Musik wie in den Weinen spiegelt sich die Tradition, immer offen zu sein: für Wege, die anders sind. ZEICHNUNG: STEFAN STEITZ Nun ist er vorbei, der Sommer. Grund genug, wieder einen Blick auf das endlich wieder echte, weil touristenfreie Spanien zu werfen. Schließlich kommen einige der schönsten Rotweine von dort. Zugleich sollte man sich immer mal wieder in Erinnerung rufen, dass Spanien über Jahrhunderte hinweg die wichtigste Quelle für die musikalisch-romantische Fremdartigkeit in Europa war. Dass das 500-jährige maurische Kalifat in Al-Andalus das Land ganz deutlich anders und außereuropäisch geprägt hatte. Sevilla zum Beispiel, die Hauptstadt der Region Andalusien: Immerhin sagt man der ersten Musikstadt der UNESCO nach, Schauplatz für mehr als 250 Opern zu sein. Nehmen wir nur mal die beliebtesten. Mindestens vier von ihnen spielen in Sevilla: Don Giovanni, Hochzeit des Figaro, Carmen und natürlich Der Barbier von Sevilla. Dazu der Flamenco, diese indigene Form der Zigeunermusik, deren Wurzeln auf die Mauren zurückgehen. Sie förderte diesen ganz speziellen „spanischen Klang“. Er war europäisch – und dann doch wieder nicht. Er war vertraut – und dann doch geheimnisvoll anders. Und genau dieses „Anderssein“ beflügelte die musikalische Fantasie von Komponisten, die nicht aus Spanien kamen: von Mozart über Verdi und Glinka bis Nikolai Rimsky-Korsakov, von Debussy über Beethoven bis Donizetti und natürlich von Rossini bis Ravel – sie alle fanden im spanischen Traum ihre Stimme. In dieser Romantisierung wurde Spanien, und ja, vor allem Sevilla, selbst zum Leitmotiv. Das Motiv hieß: anders, besonders zu sein. Wer einmal die Rhapsodie España von Emmanuel Chabrier gehört hat – inspiriert von seiner Zeit in Sevilla <strong>18</strong>83 –, der versteht: authentisch transkribierte Rhythmen und Klänge, „à la française“ aufgehübscht, um zu gefallen. Nun könnte man hier natürlich einen französischen Wein empfehlen, da vor allem die Franzosen so von der spanischen Seele begeistert waren. Noch besser aber ist ein spanischer und zugleich exotischer Wein, der das Land repräsentiert und nicht das Ideal, das sich in der Musik dieser französischen Komponisten manifestiert hatte. Tatsächlich gibt es trotz der Fülle preisgekrönter spanischer Weine aus dem Rioja und der anderen Sterne-Appellation, Ribera del Duero, eine Region, die genauso anspruchsvoll ist. Juan Gil hat in Jumilla mehrere Weine produziert, die anders sind. Er verzichtet auf den allgegenwärtigen Tempranillo zugunsten eines hundertprozentigen Monastrell – einer Traube, die jahrzehntelang als mittelmäßig galt. Als die Reben dort nach einer Reblausplage neu gepflanzt wurden, haben Produzenten dieses Gold neu für sich entdeckt. Juan Gil und seine Familie besitzen 120 Hektar Weinberge, gelegen auf einer Höhe von mehr als 700 Meter über dem Meeresspiegel, mit sandigen, kalkhaltigen Böden. Hier fallen in der Nacht die Temperaturen so ex trem, dass die täglichen Schwankungen mehr als 25 Grad betragen EIN WEIN WIE EIN SCHOCK. UND WIE ANDALUSIEN SELBST: SUBTIL IN SEINEN VIELFÄLTIGEN EINFLÜSSEN können. Dieses kühle Klima lässt den Trauben die Zeit, vollständig zu reifen. Mein erster Eindruck vom Juan Gil <strong>18</strong> Monate Blue Label war ein Schock. Ich liebe alle tiefen spanischen Rotweine, ihrer Würze wegen, aber das war eine Überraschung. Voller Frucht, mit viel Körper und hohem Alkoholgehalt, lang am Gaumen, dabei süß in der Spitze und trocken genug, um die spanische Küche zu unterstützen, und: subtil in seinen vielfältigen und außergewöhnlichen Einflüssen. Ein Wein wie Andalusien selbst. Mag man Tannine auch noch so verteufeln – Juan Gil macht einen sensationellen Wein. Hätte Chabrier während seines Spanienaufenthalts einen Juan Gil genossen, wäre seine España möglicherweise göttlich inspiriert gewesen. Nun, immerhin ist uns beides gegönnt: die Musik und dazu ein Schluck exotisches Spanien aus himmlischer Höhe. ■ John Axelrod ist Generalmusikdirektor und Geschäftsführer des Real Orquesta Sinfónica de Sevilla und erster Gastdirigent des Orchestra Sinfonica di Milano „Giuseppe Verdi“. Nebenbei schreibt er Bücher und sorgt sich um das Wohl des crescendo-Lesergaumens. Außerdem schreibt er einen englischsprachigen Blog zum Thema Wein und Musik: www.IamBacchus.com. Übersetzung: Barbara Schulz. Infos zum Wein von Juan Gil finden Sie hier: www.bodegasjuangil.com 81