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CRESCENDO 6/18 Oktober-November 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Teodor Currentzis, Evgeny Kissin, Adele Neuhauser, Danil Trifonov und Robin Ticciati.

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Interviews unter anderem mit Teodor Currentzis, Evgeny Kissin, Adele Neuhauser, Danil Trifonov und Robin Ticciati.

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O P U S K L A S S I K<br />

Der ECHO KLASSIK heißt nun OPUS KLASSIK.<br />

Man mag über die Veranstaltung geteilter Meinung sein.<br />

Aber es gibt durchaus Preisträger, die es zu entdecken gilt.<br />

Neuer Name – und sonst? Der Musikpreis, einst<br />

bekannt als ECHO KLASSIK, heißt nun OPUS<br />

KLASSIK: Er besteht aus weitgehend derselben Jury.<br />

Die Preisverleihungs-Gala, die wieder vom ZDF<br />

übertragen wird, findet am selben Veranstaltungsort statt (Konzerthaus<br />

Berlin) und wird vom selben Moderator präsentiert<br />

(Thomas Gottschalk). Vom einstigen Sturm nach dem ECHO-<br />

POP-Skandal um die antisemitischen Texte der Rapper Kollegah<br />

und Farid Bang ist wenig übrig geblieben. Dabei waren es damals<br />

ausgerechnet die Klassikkünstler, die ihre Preise aus Protest als<br />

Erste zurückgegeben haben. Und nun? Weiter so, wie gehabt,<br />

außer dass die Phono-Akademie nicht mehr offizieller Veranstalter<br />

ist und ein neuer Name gefunden wurde?<br />

Ja, so sieht es leider aus. Zwar wird eine vollkommene Revolution<br />

des Preises im nächsten Jahr versprochen (dann auch mit<br />

Konzerten und Bühnenproduktionen als Preisträger), aber die<br />

Chance, ein Innehalten der Branche zu signalisieren, und sei es<br />

nur, indem die Preisträger in der ZDF-Gala Werke sogenannter<br />

„entarteter Komponisten“ spielen? Fehlanzeige!<br />

Unter diesen Umständen mag es verwundern, dass wir von<br />

crescendo uns dennoch entschlossen haben, auch in diesem Jahr<br />

wieder einen Schwerpunkt zum neuen Musikpreis herauszugeben.<br />

Wir haben innerhalb der Redaktion lange darüber debattiert. Und<br />

sind am Ende zu folgendem Schluss gekommen: Seit wir den<br />

ECHO KLASSIK begleiten, ging es uns stets darum, auch jenen<br />

Künstlern ein Forum zu bieten, die nicht in der großen ZDF-Sause<br />

auftreten. Dorthin zu horchen, wo Musik noch ein Abenteuer ist,<br />

wo couragierte Labels und leidenschaftliche Musiker, oft in der<br />

Nische der Öffentlichkeit, Trouvaillen ausgraben, sich akribisch<br />

um neues Repertoire und neue Interpretationsansätze kümmern.<br />

Denn das wäre für uns von crescendo der größte Verdienst einer<br />

solchen Veranstaltung: das Scheinwerferlicht auf jene Künstler zu<br />

werfen, die in den Massenmedien ansonsten in der Dunkelheit<br />

stehen. Sie haben wir in den letzten Jahren in intensiven Video-<br />

Gesprächen vorgestellt, uns von ihnen begeistern lassen und an<br />

ihrer Leidenschaft teilgenommen.<br />

Es sind auch diese Künstler, die besonders vehement gegen<br />

die antisemitischen Ausfälle bei der ECHO-POP-Verleihung protestiert<br />

haben (die Superstars der Branche haben erst später aus oft<br />

strategischen Gründen mitgemacht). Und wir finden, dass ein<br />

Preis, wie es der ECHO war und wie es der OPUS ist, noch immer<br />

eine gute Gelegenheit darstellt, diese Menschen in den Fokus zu<br />

rücken.<br />

Deshalb wird sich crescendo dieses Jahr im Hochglanzgeschäft<br />

des OPUS bewusst zurückhalten, nicht von der Verleihung<br />

und der großen Show berichten. In diesem Schwerpunkt<br />

geht es uns darum, Ihnen, verehrte Leser, jene Musiker vorzustellen,<br />

die auch bei der großen Gala nicht im Scheinwerferlicht stehen<br />

werden. Preisträger, die das Geschäft mit der klassischen Musik so<br />

spannend machen. Künstler, die keine x-beliebige La Traviata oder<br />

Beethoven 5 einspielen. Sondern Musiker, die sich intensiv mit<br />

dem Repertoire, das sie aufnehmen, auseinandersetzen, deren<br />

Ergebnisse nie beliebig, sondern existenziell für das sind, was sie<br />

mit ihrer Kunst aussagen wollen. Künstler, von denen wir fest<br />

überzeugt sind, dass sie und ihre Aufnahmen es wert sind, gehört<br />

zu werden. Künstler, die jenseits der schillernden Klassik-Oberfläche<br />

in die Tiefe abtauchen und wirklich Neues und Aufregendes<br />

für uns zutage fördern.<br />

So wie immer wird die ZDF-Gala auch wieder ein Treffen der<br />

Branche sein: Die Entscheider der Labels, Journalisten, Künstler<br />

und Publikum werden aufeinander treffen. Und in den Gesprächen<br />

auf den Fluren wird es in diesem Jahr sicherlich auch um die<br />

Frage gehen, wie es denn konkret mit dem Preis weitergehen soll.<br />

Ob man sich wieder mehr Ernsthaftigkeit leisten kann, ob die<br />

große Show sich auch wieder intensiver um die Musik kümmern<br />

sollte, ob man den Künstlern einen größeren Raum einräumen<br />

kann, um von ihren Projekten zu schwärmen, ob es nicht an der<br />

Zeit sei, neben den allgemein bekannten Megastars mehr Newcomer<br />

auf die Bühne zu stellen, um ihre Begeisterung zu erleben.<br />

crescendo freut sich auf all diese Diskussionen und auf einen<br />

bevorstehenden Wandel des Preises.<br />

Aber diese Debatte um die Zukunft des OPUS KLASSIK wird<br />

wohl erst beim ersten OPUS KLASSIK selbst geführt werden. Und<br />

wir von crescendo hoffen, dass allen Beteiligten klar wird, dass die<br />

Kunst, für die wir gemeinsam schwärmen, mehr ist als eine bunte<br />

und schrille Verpackung. Dass sie gerade nach den Vorfällen beim<br />

ECHO POP die Chance birgt, Bewusstsein für das Vergangene zu<br />

schärfen und Visionen für die Zukunft zu entwickeln. Und dass<br />

dafür zunächst einmal vollkommen offen alles Bisherige auf den<br />

Prüfstand gestellt werden sollte: von der Jury über die Präsentation<br />

der Preisträger bis zu den Kriterien, nach denen entschieden<br />

wird. Und deshalb nutzen wir diese Denkpause, um Ihnen, verehrte<br />

Leser, auf den nächsten Seiten jene Künstler intensiv vorzustellen,<br />

von denen wir glauben, dass sie die wahre Zukunft der<br />

klassischen Musik sind.<br />

Ihr crescendo-Team<br />

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