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ERGSTE . . . UND WIR! Das Bürgermagazin für die Bürger des <strong>Ruhrtal</strong>s November 2010<br />
riesigen Überschwemmung des <strong>Ruhrtal</strong>es auf mehrere Kilometer Länge<br />
führte <strong>und</strong> mehrere h<strong>und</strong>ert russischen Arbeiterinnen, deren Baracken<br />
unterhalt der Sperrmauer errichtet worden waren, das Leben kostete,<br />
innerhalb von nicht ganz 5 Monaten wieder aufgebaut. - Dieses<br />
<strong>Ergste</strong>r Lazarett hatten die Amerikaner in Besitz genommen, die deutsche<br />
Patienten vertrieben <strong>und</strong> statt ihrer kranke <strong>und</strong> schwache Russen<br />
hineingelegt, die sie in der Umgebung aufgelesen hatten. Die neuen<br />
Insassen erhielten hervorragende Verpflegung, für ihre ärztliche Versorgung<br />
stand ein russsischer „Arzt“ zur Verfügung, ein bildhübscher,<br />
ganz junger Mann, der zu Pferd wild durch die Gegend ritt <strong>und</strong> mit<br />
seiner Pistole Schießübungen anstellte; wir nahmen an, daß er vielleicht<br />
Sanitäter gewesen war. In ihn verliebte sich eine schon etwas<br />
angejahrte deutsche Ärztin, die auf unserem Nachbarhof untergekommen<br />
war, heiratete ihn auf dem neu eingerichteten Bürgermeisteramt<br />
<strong>und</strong> zog zu ihm in das Lazarett.- Eines Tages - so hat sie später<br />
berichtet - kam ein fremde Russe zu ihrem Mann <strong>und</strong> habe gesagt:<br />
„Du bist ein Verräter, wir werde Dich töten“. Der habe die Drohnung<br />
leicht genommen, aber einige Tage darauf, als er die Treppe in seiner<br />
Baracke herunterging, habe der Fremde dahinter gestanden, ihn von<br />
hinten erschossen <strong>und</strong> habe dann wieder das Lager verlassen. (Ob der<br />
junge Arzt vielleicht während des Krieges als sogenannter „Hiwi“ (=<br />
„Hilfswilliger“) für die, Deutschen gearbeitet hat? Wer weiß es). Die<br />
Ärztin hat ihren Mann auf unserem Villigster Friedhof begraben lassen,<br />
dort liegt er nun unter dem Ehrenmal für die Gefallenen der beiden<br />
Weltkriege, neben den deutschen Soldaten, die in den letzten Tagen in<br />
unseren Wäldern gefallen sind, <strong>und</strong> seine Ehefrau hat auf dem kleinen<br />
Gedenkstein eingravieren lassen Dr. ANATOLI NALIWAIKA + 30.5.1945.<br />
Das „OT-Lazarett“ hat noch einmal für Aufregung gesorgt. Nach dem<br />
Abzug der amerikanischen Feldtruppe hatten wir englische Soldaten<br />
als Militärbehörde in <strong>Ergste</strong>. Eines Tages wurde erzählt, daß die Insassen<br />
des Lagers abtransportiert würden, aber von dem englischen Kommandanten<br />
verlangt hätten, daß sie vorher 3 Tage lang <strong>Ergste</strong> <strong>und</strong><br />
Umgebung plündern dürften <strong>und</strong> daß er in dieser zeit seine Wachen<br />
zurückziehen solle. Ich ging zu dem Kommandanten, einem semmelblonden,<br />
jungen Offizier, fragte (stehend, wie es in der Zeit für Deutsche<br />
vorgeschrieben war, wenn sie mit uniformierten Alliierten sprachen,<br />
ob die Nachricht zuträfe, <strong>und</strong> als er sie bestätigte, trug ich die<br />
großen Bedenken <strong>und</strong> Ängste der Zivilbevölkerung vor. Aber der junge<br />
Mann erklärte, der Wunsch der Russen sei verständlich sie wären lange<br />
in Deutschland schlecht behandelt worden es seien schließlich seine<br />
Verbündeten, denen er nicht eine Bitte abschlagen könne; besorgt<br />
verließ ich sein Büro. Als Plünderungstage waren Dienstag, Mittwoch<br />
<strong>und</strong> Donnerstag der kommenden Woche vereinbart worden. Aber<br />
dann fuhren am Montag frühmorgens englische Busse mit Begleitmannschaft<br />
vor das Lager <strong>und</strong> drängten die Bewohner, sofort einzusteigen:<br />
es war eben zufällig <strong>und</strong> aus organisatorischen Gründe: nur<br />
an diesem Tage möglich, die Ausquartierung vorzunehmen. Die Russen<br />
tobten, mußten sich aber fügen (<strong>und</strong> ich bew<strong>und</strong>erte wieder einmal<br />
den politischen Instinkt der Engländer!). Damit war die letzte mit dem<br />
Krieg verb<strong>und</strong>ene Gefahr beseitigt. Nun begann der lange, mühsame<br />
Kampf um die Fortführung der wirtschaftlichen Existenz. <strong>Wir</strong> wußten<br />
ja nichts von der später bekannt gewordenen „JCS 1066“, der Richtlinie<br />
der „Joint Chiefs of Staff“ (dem Oberkommando der alliierten<br />
Truppen) an die Befehlshaber <strong>im</strong> besetzten Deutschland, in der es hieß:<br />
„Sie haben nichts zu tun <strong>und</strong> alles zu unterlassen, was geeignet sein<br />
könnte, die deutsche Industrie wieder<br />
in Gang zu setzen“. Deutschland soll<br />
te nach dem Plan des amerikanischen<br />
Außenministers Morgenland „zu einem<br />
Kartoffelacker werden“. Erst 2 Jahre<br />
später, nachdem der neue US-Minister<br />
Byrnes die absolute Kehrtwendung der-<br />
USA in der Behandlung der westlichen<br />
Besatzungszonen verkündigt hatte,<br />
fielen viele Beschränkungen. Erst da<br />
war derKrieg eigentlich zu Ende.<br />
Horst Bohr<br />
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Meike Gerlach<br />
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Fachanwältin für Familienrecht<br />
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