Themenheft Selbsthilfe
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Schwerpunkt<br />
Ein Erfahrungsbericht<br />
Wie die <strong>Selbsthilfe</strong>kontaktstelle bei der Gruppengründung geholfen<br />
und wie sich die Gruppe dann weiterentwickelt hat<br />
Den Start unserer <strong>Selbsthilfe</strong>gruppe „Gemeinsam<br />
aktiv gegen Depression“ setzten wir auf<br />
Juli 2017 fest und machten das erste Treffen in<br />
der kleinen Gemeinde Mainbernheim über die<br />
lokale Presse bekannt.<br />
Wir waren nervös und unsicher, ob da überhaupt<br />
jemand kommt!? Doch bereits beim ersten<br />
Treffen waren es 14 Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer, die alleine aufgrund unseres Inserats<br />
den Weg zu uns gefunden hatten.<br />
Unsere <strong>Selbsthilfe</strong>gruppe<br />
war gegründet!<br />
Christine Robl und Regine Begatik<br />
Foto: Kitzinger <strong>Selbsthilfe</strong>gruppe „Gemeinsam aktiv gegen Depression“<br />
Im Winter 2016 besuchten wir drei Freundinnen,<br />
Christine, Gabi und Regine, einen Vortrag<br />
der Volkshochschule Kitzingen zum Thema<br />
„Erkenntnisse, Ansätze und Behandlungsmöglichkeiten<br />
von Depressionen“. Wir waren überrascht,<br />
dass mit uns gut 300 Personen dem Vortrag<br />
folgten, was bei sonstigen Veranstaltungen<br />
selten der Fall ist. Das große Interesse an dem<br />
Thema zeigte sich auch nach Ende des Vortrags.<br />
Es ergaben sich zahlreiche Gespräche<br />
mit wildfremden Menschen im Foyer, die sicher<br />
eine Stunde dauerten. Wir waren erschüttert,<br />
wie groß das Leid und die Not dieser Menschen<br />
waren. Wir wollten helfen und bekamen das<br />
„Thema“, auch aus teilweise eigener Betroffenheit<br />
heraus, nicht mehr aus dem Kopf.<br />
Zunächst informierten wir uns über die Fachstelle<br />
für Bürgerschaftliches Engagement und<br />
Seniorenfragen beim Landratsamt Kitzingen.<br />
Hier wurden wir an die <strong>Selbsthilfe</strong>kontaktstelle<br />
beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Würzburg<br />
verwiesen.<br />
Antworten auf viele Fragen<br />
Wir nahmen telefonisch Kontakt auf und<br />
erhielten schon zwei Tage später einen ersten<br />
Beratungstermin mit dem zuständigen Mitarbeiter<br />
Andreas Selig. Das Gespräch konnten<br />
wir in eigenen Räumen in Kitzingen führen,<br />
was für uns schon eine große Erleichterung<br />
darstellte.<br />
Viele Fragen und Sorgen gingen uns durch<br />
den Kopf: Was passiert uns, wenn was im Rahmen<br />
der <strong>Selbsthilfe</strong>gruppe passiert? Sind wir<br />
versichert? Was ist, wenn jemand von der Brücke<br />
springt? Wie können wir starten? Wie finden<br />
wir Interessierte? Wie sieht so ein<br />
Gruppen abend aus und was sind überhaupt<br />
unsere Rechte und Pflichten?<br />
Egal was wir auch fragten, wir fühlten uns<br />
ernst genommen und bekamen auf jede Frage<br />
eine qualifizierte Antwort. Nach diesen<br />
Stunden mit Herrn Selig waren wir entschlossen:<br />
„Wir machen das! Wir gründen eine<br />
<strong>Selbsthilfe</strong> gruppe zum Thema Depression!“<br />
Aus dieser ersten Gruppensitzung entwickelte<br />
sich ein harter Kern. Daneben traten immer<br />
wieder neue Mitglieder ein, andere verabschiedeten<br />
sich, weil sie sich besser fühlten oder in<br />
eine andere Lebenssituation kamen. Unsere<br />
Gruppenstärke blieb jedoch bis heute stabil<br />
bei 14 bis 18 Teilnehmenden.<br />
2018 konnten wir dann mit unserer Gruppe in<br />
das Stadtteilzentrum der Siedlung in Kitzingen<br />
umziehen, wo seitdem unsere zweiwöchigen<br />
Treffen stattfinden. Dafür sind wir sehr dankbar,<br />
weil damit eine noch bessere Erreichbarkeit für<br />
unsere Mitglieder gewährleistet ist.<br />
Wir gehen mit Vorfreude zu unseren Treffen<br />
und fast immer zufriedener und entspannter<br />
nach Hause, als wir gekommen sind. Wir tauschen<br />
uns offen über unsere Erkrankung aus,<br />
werden gesehen und gehört und spüren, dass<br />
wir nicht allein sind.<br />
Gerne nutzen wir auch die Angebote, die uns<br />
die <strong>Selbsthilfe</strong>kontaktstelle des Paritätischen<br />
regelmäßig zukommen lässt. So haben wir an<br />
verschieden Fortbildungen, z. B. zur Idiolektik<br />
(Eigensprache) und wirksame Gesprächskultur,<br />
teilgenommen. Dort haben wir Ansätze kennengelernt,<br />
die im Zusammenhang mit unserer<br />
<strong>Selbsthilfe</strong>gruppe angewendet werden<br />
können.<br />
30 Der Paritätische in Bayern