Themenheft Selbsthilfe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Schwerpunkt<br />
Leben ohne Alkohol<br />
Guttempler – <strong>Selbsthilfe</strong> und mehr<br />
Die Guttempler bieten als eine Gemeinschaft<br />
alkoholfrei lebender Menschen allen eine Plattform,<br />
die sich ebenfalls für diese Lebensweise<br />
entscheiden wollen. Dabei sind wir weltanschaulich,<br />
politisch oder religiös nicht gebunden.<br />
Manchmal ist diese Entscheidung für ein<br />
alkoholfreies Leben nicht ganz freiwillig; denn<br />
durch einen langjährigen Konsum sind viele<br />
von uns nach und nach in eine Abhängigkeit<br />
geraten, aus der wir uns oft nur mühsam befreit<br />
haben. Umgangssprachlich wird dies auch als<br />
Sucht bezeichnet. Andere entschlossen sich<br />
dazu, weil sie gemerkt haben, dass ihr Alkoholkonsum<br />
gesundheitliche oder soziale Probleme<br />
bereitet.<br />
Es gibt sie öfter, als man denkt: Die Alkoholabhängigen,<br />
die ohne Therapie selber aussteigen.<br />
Angehörige solidarisieren sich, beschließen<br />
ebenfalls alkoholfrei zu leben. Und schließlich<br />
gibt es viele Guttemplerinnen und Guttempler,<br />
die selbstbestimmt ohne Alkohol und andere<br />
Drogen leben wollen. Alle zusammen übernehmen<br />
Verantwortung für sich und andere –<br />
durch soziales Engagement in einer großen<br />
internationalen Organisation mit weltweiten<br />
Kontakten in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
und in die World Health Organization<br />
(WHO).<br />
Die Sozialarbeit der Guttempler ist SELBSTHIL-<br />
FE UND MEHR. Bekannt ist häufig nur unsere<br />
<strong>Selbsthilfe</strong> für Menschen mit Alkohol- und<br />
anderen Drogenproblemen und den Angehörigen.<br />
Gemeinsam werden in angstfreier und<br />
vertraulicher Atmosphäre die Steine beseitigt,<br />
die einem neuen Lebensabschnitt im Wege<br />
stehen. Aktiv am Leben (wieder) teilzuhaben<br />
Jürgen Ehlerding<br />
Foto: Privat<br />
und es selbstbestimmt in der Gesellschaft und<br />
Partnerschaft gestalten zu können, ist ein wichtiges<br />
Ziel.<br />
Was ist nun das MEHR?<br />
Das MEHR ist vielfältiges Engagement innerhalb<br />
und außerhalb der Guttempler-Organisation.<br />
Unser Prinzip ist die Zusammenarbeit mit<br />
Aktiv am Leben teilzuhaben und<br />
es selbstbestimmt in der Gesellschaft<br />
und Partnerschaft gestalten zu können,<br />
ist ein wichtiges Ziel.<br />
allen Partnern im Suchthilfesystem und darüber<br />
hinaus. Dazu gehört der Erfahrungsaustausch<br />
mit allen gesundheitspolitisch relevanten<br />
Gruppen, zum Beispiel in der Fachgruppe<br />
Sucht des Paritätischen in Bayern.<br />
Unser soziales Engagement ist freiwillig; alle<br />
bringen ihre Freizeit und im Rahmen ihrer<br />
Möglichkeiten einen finanziellen Beitrag ein.<br />
<strong>Selbsthilfe</strong> ist<br />
für mich soziales<br />
Engagement. Um ein Ziel<br />
erfolgreich umsetzen zu<br />
können, verbünde ich mich mit<br />
anderen Menschen. So kann ich<br />
vielfältige Ansichten und Erfahrungen<br />
einbeziehen. Das wertschätzende<br />
Miteinander motiviert,<br />
stärkt und hilft. Wir haben<br />
alle etwas davon.<br />
Durch die Krankenkassenförderung, die es seit<br />
einigen Jahren gibt, haben wir Spielraum und<br />
Sicherheit bekommen. Diese Förderung ist für<br />
uns zugleich gesellschaftliche Anerkennung.<br />
Das MEHR ist beispielsweise neben der<br />
Moderation einer Gesprächsrunde die<br />
Tätigkeit als Referentin oder als Referent<br />
in der Aus- und Fortbildung, die Vertretung<br />
in den Gremien der Gesundheits-<br />
und Suchthilfe, als Organisator von Freizeit-<br />
und Kulturveranstaltungen oder bei<br />
Stadtteilfesten, für Aktionen im Rahmen der<br />
AKTIONSWOCHE ALKOHOL, als Verantwortliche<br />
für unsere Publikationen einschließlich von<br />
Facebook & Co; oder sie engagieren sich als<br />
Jugendliche in einem Projekt für Gleichaltrige<br />
– der Beispiele gibt es viele.<br />
Jedoch, die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit<br />
nimmt ab. Darum wurde das Projekt MACH<br />
MIT! gestartet. Durch längere Arbeitszeiten<br />
und gestiegene Anforderungen am Arbeitsplatz<br />
sind viele ausgelaugt, finden für eine freiwillige<br />
Tätigkeit weder Zeit noch Raum. Sie<br />
möchten gerne an einem Wochenende etwas<br />
für sich tun, ein Seminar besuchen, aber es<br />
klappt nicht. So lastet auch bei den Guttemplern<br />
vieles auf den Schultern der Älteren. Jüngere<br />
finden nicht mehr so oft den Weg zu den<br />
Guttemplern. Sie sehen uns vorwiegend als<br />
„Hilfe zur <strong>Selbsthilfe</strong> für Suchtkranke“, das<br />
MEHR kennen sie nicht. Dies zu ändern, wird<br />
eine der Aufgaben für die Zukunft sein.<br />
Jürgen Ehlerding<br />
https://guttempler.de/index.php/<br />
home/lv/bayern-thueringen<br />
34 Der Paritätische in Bayern