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D a f B r u c k e D a F B r u c k e<br />
24<br />
<strong>AGPA</strong> - Chile<br />
Maria Schindler Stephani FÜCHSE<br />
Erinnerungen der Deutschen<br />
Einwanderung im Süden Chiles<br />
Ein Interview mit Gloria Dünkler, einer chilenischen<br />
Schriftstellerin, mit der wir uns über<br />
ihr Werk unterhalten. Gloria stammt aus<br />
einer Fischer- und Musikerfamilie. In ihrer<br />
noch kurzen, aber sehr interessanten Laufbahn,<br />
hat sie verschiedene wohlverdiente<br />
Preise erhalten, unter anderem den Internationalen<br />
Preis ,,Los puños de la paloma<br />
2008” im Jahre 2007 und den 1. Preis im<br />
Wettbewerb der Universidad Tecnológica<br />
Metropolitana 2005.<br />
Wir treffen uns am Eingang der Bibliotek<br />
Juan Gómez Millas der Universidad de Chile,<br />
wo sie als Bibliothekarin arbeitet. Sie sieht<br />
viel jünger aus als ihre Stimme am Telefon<br />
klang. Es ist ein heißer Tag, aber der Schatten<br />
der alten Bäume hilft uns, die Hitze zu<br />
vergessen. Nach einer Weile beginne ich zu<br />
fragen, und sie antwortet ganz entschieden,<br />
als ob sie die Fragen vor einer Gruppe von<br />
Schriftstellern beantworten würde.<br />
- DAF-Brücke: Erzähl uns bitte von deiner<br />
Kindheit im Süden Chiles.<br />
* Gloria: Ich bin 1977 in Pucón geboren, wo<br />
ich meine Kindheit verbracht habe. Später<br />
habe ich die Universidad La Frontera in Temuco<br />
besucht und dort Spanisch auf Lehramt<br />
studiert; aber ich habe schon als Kind<br />
geschrieben und mich für das Thema der<br />
deutschen Einwanderung interessiert, da ich<br />
von Mapuche und Deutschstämmigen viel<br />
gehört hatte. Ich hatte damals Kontakt mit<br />
Mapuche-Dichtern, die aus ihrer Sicht die<br />
Kolonisierung beschrieben. Ich wollte aber<br />
auch die Sichtweise der Leute darstellen, die<br />
mit meinem Urgroßvater Wilhelm Dünkler<br />
nach Chile gekommen sind.<br />
* DAF-Brücke:<br />
Was weißt du noch von deiner Familie?<br />
* Gloria: Mein Urgroßvater war mit seiner<br />
Frau Johanna 1923 von Hamburg hierher<br />
gezogen und sie hatten später einen Kramladen<br />
in Llafenko, wo sie mit den Mapuche einen<br />
regen Tauschhandel trieben. Auch mein<br />
Großvater Ernst kam oft in Kontakt mit den<br />
Einheimischen. Nach einem Unfall, den er<br />
bei einen Wettlauf mit den Mapuche machte,<br />
war er gelähmt mit knapp zwanzig Jahren.<br />
Später hat er trotzdem meine Großmutter Maria<br />
Valencia, aus Imperial, geheiratet und sie<br />
haben zwölf Kinder bekommen. Eines davon<br />
war meine Mutter Catalina. Mein Großvater<br />
war Musiker und spielte Akkordeon. Auch<br />
viele andere Dinge habe ich später in Gesprächen<br />
mit anderen Deutschstämmigen in<br />
Erfahrung gebracht.<br />
- DAF-Brücke: Und was konntest du über<br />
deine Vorfahren herausfinden?<br />
* Gloria: Viele waren sehr beeindruckt von<br />
dieser wilden und magischen Welt, andere<br />
resignierten und kehrten zurück. Andere<br />
wiederum - wie mein Onkel - nahmen sich<br />
das Leben, nachdem sie lange Zeit von der<br />
zivilisierten Welt isoliert im Urwald gelebt<br />
hatten. Es gab natürlich auch diejenigen, die<br />
sich anpassten, zu denen die meisten Mitglieder<br />
meiner Familie wohl gehörten. Was<br />
mich bis heute verwundert ist die Vernunft<br />
und die Tapferkeit dieser Deutschen, die ihre<br />
Angehörigen und ihr gesamtes bisheriges<br />
Leben zurückließen, um ans Ende der Welt<br />
zu reisen.<br />
Eine Tante z. B. erzählte, wie man sie zu einem<br />
Guillatún* einlud - eine Veranstaltung,