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sondern Mehrsprachigkeit! - AGPA

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D a f B r u c k e D a F B r u c k e<br />

42<br />

<strong>AGPA</strong> - Chile<br />

Was ist Lernerautonomie? Mit dem im November<br />

2008 vorgelegten, im Rahmen der<br />

Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik<br />

erschienenen Werk möchte Barbara<br />

Schmenk auf einen wunden Punkt in der<br />

diesbezüglichen Fachdiskussion hinweisen,<br />

nämlich dem der zunehmenden Entleerung<br />

und Sloganisierung des Autonomiebegriffs.<br />

Alle reden von Lernerautonomie und preisen<br />

ihre Förderung aber die verschiedenen<br />

Verfechter des Konzepts meinen damit letztendlich<br />

jeweils etwas ganz anderes. Es war<br />

also mehr als vonnöten, der weitaus breiter<br />

stattfindenden Auseinandersetzung zur<br />

Implementierung des Konzepts, die längst<br />

fällige Bedeutungserschließungsdebatte nachzureichen.<br />

Die Autorin unternimmt diese<br />

„Aufräumarbeiten”, indem sie nach eingehender<br />

Analyse auch außerhalb des fachdidaktischen<br />

Kontextes die Bedeutung der<br />

Autonomie für das Fremdsprachenlernen<br />

neu verortet und mögliche Implikationen für<br />

die Unterrichts- und Ausbildungspraxis formuliert.<br />

Barbara Schmenk, die nicht erst in ihrem<br />

aktuellen Werk auf diese konzeptuelle Verschwommenheit<br />

aufmerksam macht (vgl.<br />

Schmenk: 2004, 2005, 2006, 2008), gliedert<br />

ihr Buch in zwei Teile. Zuerst finden in fünf<br />

Kapiteln begriffliche Aufräumarbeiten statt,<br />

d.h. Barbara Schmenk geht auf terminologische<br />

Spurensuche, um anschließend deren<br />

Resultate in einem Raster zur Klassifizierung<br />

von Lernerautonomiekonzeptionen zu inventarisieren.<br />

In den drei Kapiteln des zweiten<br />

Teils, der mit „Baustellen” überschrieben<br />

ist, versucht sie Ansätze für zukünftige<br />

fremdsprachendidaktische und pädagogische<br />

Diskussionen anzustoßen. Zur besseren Veranschaulichung<br />

der polarisierenden Kontroversen<br />

in dieser Auseinandersetzung bedient<br />

sich die Autorin eines für den Fachdiskurs<br />

ungewöhnlich anmutenden, aber originellen<br />

Stilmittels. In Referenz zu Goethes „Faust”<br />

streiten sich zwei Didaktikerseelen, eine<br />

optimistische und eine pessimistische um<br />

die jeweils zuvor aufgeworfenen widersprüch-<br />

Rezension<br />

Demnach identifiziert Phil Benson (1997) drei<br />

„Versionen” von Autonomie: eine technische,<br />

eine psychologische und eine politische Diana Feick<br />

lichen Autonomieauffassungen. Dieser, sich<br />

durch den gesamten ersten Teil des Buches<br />

ziehende, so genannte „Exkursdialog” dient<br />

in einer Art lauten Denkens aus dem „Didaktikervolksmund”<br />

zur Auswertung und<br />

Zwischenstandsdebatte nach jeweils wegweisenden<br />

Erkenntnissen der Studie und holt die<br />

Bedeutung der diversen Konzeptionen in die<br />

Realität, also auf den Boden der fremdsprachendidaktischen<br />

Tatsachen zurück.<br />

Mit ihrer umfassenden Analyse zum Begriff<br />

in Alltag und Wissenschaft, besonders im<br />

deutschsprachigen Raum, gelingt Barbara<br />

Schmenk über die Fremdsprachenforschung<br />

hinaus eine wissenschaftsgeschichtlich<br />

differenzierte Aufarbeitung von Autonomie.<br />

Hierzu stellt sie im Kapitel 1 („Problemaufriss.<br />

Autonomie - Was ist das eigentlich?”)<br />

des ersten Teils der Studie fest, dass der<br />

Alltagsbegriff von Autonomie im Sinne von<br />

„Unabhängigkeit” und „Selbständigkeit” allgemeinhin<br />

positiv konnotiert ist und sogar<br />

idealisiert wird. So übernehmen ihn auch<br />

viele Forscher, nach Schmenk, relativ unreflektiert,<br />

da eine konzeptuelle Explikation ob<br />

der vermeintlichen Eindeutigkeit des Begriffs<br />

überflüssig scheint, was dementsprechend<br />

diverse und inkompatible Auslegungen für<br />

praktische Handlungsszenarien mit sich<br />

bringt.<br />

Nach einer Darstellung der Klassifikation<br />

von Lernerautonomiekonzeptionen in der<br />

Fremdsprachenforschung des englischsprachigen<br />

Raums (Benson: 1996,1997, 2001;<br />

Oxford: 2003), nimmt die Autorin im Kapitel<br />

2 („Über die Schwierigkeiten des Aufräumens.<br />

Vorüberlegungen zur Spurensuche<br />

und Inventarisierung”) einen ersten Schritt<br />

der Inventarisierung der Deutungen des<br />

Begriffs auch für den deutschsprachigen<br />

Kontext vor, da diese zum Teil anders als<br />

im angloamerikanischen Diskurs akzentuiert<br />

seien. Demnach identifiziert Phil Benson<br />

(1997) drei „Versionen” von Autonomie: eine<br />

technische, eine psychologische und eine<br />

politische, die Rebecca Oxford (2003) durch<br />

eine soziokulturelle „Perspektive” ergänzt<br />

hat, obwohl beide Kategorisierungen trotz<br />

fast identischer Bezeichnungen nicht exakt<br />

das gleiche meinen. Die Vorarbeiten, die im<br />

deutschsprachigen Raum zu einem konzeptuellen<br />

Rahmenmodell von Lernerautonomie<br />

geleistet worden sind, greift Schmenk erstaunlicherweise<br />

nicht auf, obwohl sie z.B.<br />

in der Arbeit von Helene Martinez (2005) einen<br />

wichtigen Schritt zur Bewusstmachung<br />

der reduktionistisch-verengten Sichtweise<br />

auf das Phänomen leisten. Martinez plädiert<br />

für eine mehrperspektivische Auffassung<br />

von Lernerautonomie, die eine philosophische<br />

bzw. kritisch-politische, technische<br />

(situativ-strukturelle), psychologische und<br />

sozio-interaktive Komponente (Martinez<br />

2005: 69ff.) beinhaltet. Dagegen differenziert<br />

Schmenk in ihrem Vorschlag einer Sortierung<br />

zwischen sechs Konzeptionen von Autonomie:<br />

Ein situativ-technizistisches Autonomieverständnis,<br />

„das all diejenigen Formen<br />

des Lernens als autonom begreift, in denen<br />

Lernende allein arbeiten”(52). Des Weiteren<br />

existiert ein technisch-strategisches Verständnis,<br />

„das Lernende als autonom begreift,<br />

wenn sie über Techniken und Strategien zum<br />

eigenständigen Lernen verfügen” (ebd.). An<br />

dritter Stelle stehen radikal-konstruktivistische<br />

Autonomiekonzeptionen, gefolgt von<br />

entwicklungspsychologischen. Schließlich<br />

klassifiziert Schmenk pädagogisch-fächer<br />

übergreifende und handlungstheoretische<br />

(Henri Holec) Autonomiekonzeptionen. Diese<br />

sechs Gruppen werden im 3. Kapitel („Lernerautonomie<br />

in der Fremdsprachenforschung<br />

heute”) detailliert beschrieben und ihre Sicht<br />

auf implizite bzw. explizite Konzeption von<br />

Lernen, Lehren, Sprache und Person untersucht.<br />

Es folgt die Abbildung, in der Barbara<br />

Schmenk ihre Analyseergebnisse tabellarisch<br />

zusammenfasst:

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