Innovation Stockholm, Schweden Manche Revolution findet hinter verschlossenen Türen statt. Und eröffnet uns ganz neue Perspektiven. Trockenreinigungsbetriebe arbeiten üblicherweise mit chlorierten Lösungsmitteln wie Perchlorethylen, einem Stoff, der in den USA mittlerweile verboten ist. Gemeinsam mit Partnern hat <strong>Linde</strong> ein umweltfreundliches Reinigungsverfahren entwickelt. Das hierfür benötigte Kohlendioxid ist ein Nebenprodukt der chemischen Industrie und wird nicht zusätzlich erzeugt: eine viel versprechende Innovation. 20° 60°
74 | 75 <strong>Linde</strong> Corporate Responsibility Report Märkte 74 | 75 Zukunftsfähigkeit durch Forschung und Innovation Die Steigerung der eigenen Innovationsfähigkeit ist die wesentliche Voraussetzung einer nach haltigen Unternehmensentwicklung. Wir profitieren dabei von der übergreifenden Wissensplatt form unserer Unternehmensbereiche. Diese Forschungssynergien ermöglichen es, Produkte wie etwa den Brennstoffzellenstapler zu entwickeln, in denen das Knowhow verschiedener Industrien steckt. Im Jahr 2004 hat <strong>Linde</strong> 177 Millionen Euro (Vj. 172 Millionen) für Forschung und Entwicklung aufgewendet. Insgesamt waren 1.263 Mitarbeiter in diesem Bereich tätig. Im Vorjahr waren es – bereinigt um den Verkauf der Kältetechnik – 1.242. <strong>Linde</strong> Gas investierte 56 Millionen Euro in die Erforschung und Weiterentwicklung medizinischer Gase, der Wasserstofftechnologien sowie weiterer innovativer und umweltschonender Technologien für unsere Kunden. <strong>Linde</strong> Engineering konzentriert seine Forschungs und Entwicklungstätigkeit insbesondere auf Wasserstoff, Olefin und Erdgasverflüssigungsanlagen. Die Aufwendungen lagen im Jahr 2004 bei 16 Millionen Euro. Darin sind keine Aufwendungen enthalten, die im Zusammenhang mit konkreten Einzelprojekten stehen. Diese machen einen weiteren Hauptteil der Forschungs und Entwicklungsarbeit des Geschäftsbereichs aus. Bei Material Handling stand in der Forschung und Entwicklung die Verbesserung der Produkte hinsichtlich Fahreigenschaften, Energieverbrauch und Emissionen im Mittelpunkt. Unsere Bemühungen um Fortschritt und Innovation stellen wir nachfolgend am Beispiel des Unternehmensbereichs Gas und Engineering dar. Informationen zum Unternehmensbereich Material Handling finden Sie im Kapitel „Umweltschutz und Sicherheit“, S. 45 ff. <strong>Linde</strong> Gas Um die Effizienz bei der Grundlagenforschung und die Weiterentwicklung von gasebasierten Anwendungen zu fördern, setzen wir speziell bei <strong>Linde</strong> Gas auf einen umfassenden Wissenstransfer. Unsere weltweit tätigen Applikationsingenieure tauschen ihr Knowhow über die extra zu diesem Zweck entwickelte Knowledge Management Plattform R & DGlobe aus (siehe auch Kapitel „Menschen“, S. 60). Damit erleichtert der Geschäftsbereich den Zugriff auf die bisher auf mehrere Datenbanken verteilten Informationen. Die zuvor eher einseitige Informationsaufbereitung durch die zentrale mit 115 Mitarbeitern besetzte Forschungs und Entwicklungsabteilung wird nun durch das Knowhow der knapp 500 dezentral in aller Welt tätigen Applikationsingenieure systematisch ergänzt. So stehen wertvolle Kunden und Marktinformationen sowie die Ergebnisse lokaler Problemlösungsaktivitäten allen Mitarbeitern <strong>zur</strong> Verfügung. Weitere „Think Tanks“ bei <strong>Linde</strong> Gas sind unsere Abteilung Hydrogen Solutions, die die Entwicklung unserer Wasserstoffaktivitäten koordiniert, sowie eine neu eingerichtete Innovationsabteilung, in der die Potenziale besonders zukunftsträchtiger Geschäftsfelder untersucht und entwickelt werden sollen. <strong>Linde</strong> Engineering <strong>Der</strong> zentrale Bereich Forschung und Entwicklung unseres Geschäftsbereichs <strong>Linde</strong> Engineering unterstützt die für spezielle Anlagentypen verantwortlichen Produktlinien fortlaufend bei der Verbesserung der Technologien. Um die eigene Leistungsfähigkeit zu messen, hat <strong>Linde</strong> Engineering im Bereich Forschung und Entwicklung verschiedene so genannte Key Performance Indicators (KPIs) entwickelt, z. B. für Wettbewerbsfähigkeit, Ressourcenausnutzung, Kooperationsfähigkeit, Außen und Innenkontakte, Innovationskraft sowie Qualität, Sicherheit und Umweltschutz. Unseren Mitarbeitern stehen mehrere Wege offen, Verbesserungen, Neuentdeckungen und Weiterentwicklungen zu melden, beispielsweise über das IntranetPortal LIKE (<strong>Linde</strong> Information Knowledge Environment). Eine weitere Möglichkeit besteht im direkten Kontakt mit den drei Innovationsteams „Olefin“, „Gas“ und „Luft“. Diese drei Teams bestehen aus je 10 bis 15 Experten und Entscheidungsträgern und treten regelmäßig zusammen. Wichtigstes Ziel der InnovationsTeams ist die Bündelung und strukturierte Weiterentwicklung von Ideen, über deren Realisierung dann der Lenkungskreis „Entwicklung“ entscheidet. Dabei folgt der Weg von der ersten Idee für eine Neuentwicklung bis zu einem strategischen Entwicklungsprojekt einem festen Ablaufplan. Energie Seit der Erfindung der Dampfmaschine treiben fossile Brennstoffe den Motor der industriellen Entwicklung an und sind bis heute die wichtigsten Energielieferanten geblieben. Noch im Jahr 2004 wurden rund 88 Prozent des weltweiten Bedarfs an Primärenergie (siehe Glossar) durch Erdöl, Kohle und Erdgas gedeckt. 1 Erdöl steht dabei in den meisten Regionen der Welt an erster Stelle. <strong>Der</strong> weltweite Energiebedarf steigt in dem Maße, in dem sich ärmere Volkswirtschaften zu Schwellenländern entwickeln und die Weltbevölkerung wächst. Den Nachholbedarf der ärmeren Länder illustrieren folgende Zahlen: Obwohl in den Industrieländern einschließlich der osteuropäischen Volkswirtschaften sowie der Nachfolgestaaten der UdSSR nur 23 Prozent der Menschen leben, gehen 71 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs auf ihr Konto. Auf die Schwellen und Entwicklungsländer mit einem Weltbevölkerungsanteil von 77 Prozent entfallen dagegen lediglich 29 Prozent des weltweiten Verbrauchs. Studien 2 gehen deshalb von einem jährlichen Trendwachstum des Weltenergieverbrauchs von zwei Prozent aus. Diese Zahlen verdeutlichen, dass der Bedarf an fossilen Brennstoffen in den nächsten Jahrzehnten weiter ansteigen wird. Vor diesem Hintergrund haben der effiziente Umgang mit fossilen Energien und ihre möglichst umweltfreundliche Erschließung und Nutzung höchste Priorität für uns. Lösungen und Technologien von <strong>Linde</strong> bieten Perspektiven, dem zunehmend knappen Rohstoff Erdöl sukzessive den Rücken zu kehren und über schadstoffärmere Alternativen wie Erdgas den Übergang in eine umweltfreundliche Energieerzeugung einzuleiten. Langfristig gesehen ist ein Umstieg auf regenerative Energieträger unumgänglich, weil die Ressourcen an fossilen Brennstoffen begrenzt sind und ihre Verbrennung die Atmosphäre belastet. Um auch nachfolgenden Generationen einen hohen Lebensstandard in einer intakten Umwelt zu erhalten, sehen wir es als eine der wichtigsten Aufgaben unserer Forschungsabteilungen an, wirtschaftliche Wege <strong>zur</strong> Erschließung erneuerbarer Energien zu finden. Wir setzen dabei auf Wasserstoff als umweltfreundlichen Energieträger und die Entwicklung der damit verbundenen Brennstoffzellentechnologie. Langfristig ist es das Ziel, Wasserstoff ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen. Als führendes Industriegasunternehmen engagieren wir uns in der gesamten WasserstoffWertschöpfungskette, um das Potenzial dieser zukunftsträchtigen Technologie mittel und langfristig vollständig nutzbar zu machen. Erdgas Erdgas ist von der Gewinnung über die Verarbeitung bis hin zum Verbrauch ein sauberer, umweltfreundlicher und wirtschaftlicher Energieträger, der das Erdöl in den kommenden Jahrzehnten in den meisten Anwendungsbereichen ersetzen wird. Prognosen geben die jährliche kontinuierliche Zuwachsrate der Nachfrage nach Erdgas innerhalb der nächsten Jahre zwischen 2,3 und 2,7 Prozent an. 3 Innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahrzehnte wird Erdgas damit weltweit zum zweitwichtigsten Energieträger aufsteigen. Die bis heute erfassten weltweiten Erdgasvorräte werden deutlich länger reichen als die derzeit bekannten globalen Erdölreserven. Erdgas gilt nicht zuletzt wegen seiner hohen Energiedichte, seines konstanten Brennwerts und seiner hohen Reinheit auf mittlere Sicht als wichtigster Kraftstoff der Welt. Erdgasbetriebene Motoren arbeiten sehr umweltfreundlich und können herkömmliche Benzin und Dieselmotoren ersetzen. Erdgasverflüssigung (LNG) <strong>Der</strong> Markt für Erdgasanlagen wächst derzeit mit jährlich rund fünf Prozent. Unser Geschäftsbereich <strong>Linde</strong> Engineering bedient diesen Markt mit Anlagen jeder Größe und setzt insbesondere auf Anlagen <strong>zur</strong> Verflüssigung von Erdgas, so genannte LNGAnlagen (Liquefied Natural Gas, siehe Glossar). Nach Einschätzung von Experten wird die Nachfrage nach LNGAnlagen, in denen Erdgas bei minus 162 Grad Celsius verflüssigt wird, bis zum Jahr 2010 um weltweit 60 Prozent steigen. Dadurch werden weltweit weitere Anlagen in der Größenordnung unseres im Kapitel „Umweltschutz und Sicherheit“ (siehe S. 42 f.) ausführlich beschriebenen HammerfestProjektes notwendig. In China hat <strong>Linde</strong> im Jahr 2004 mit dem schlüsselfertigen Bau einer LNGAnlage in Shan Shan in der chinesischen Provinz Xinjiang eine neue Ära bei der Energieversorgung der derzeit am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft der Welt eingeläutet. Von der Anlage im unzugänglichen Nordwesten des Landes wird das verflüssigte Erdgas über tausende 1 BP Weltenergiestatistik, 2005. 2 Weltengergiereport RWE, 2003. 3 Internationale Energieagentur (IEA), der USamerikanischen Behörde für Energieanalysen EIA, 2004, und Generaldirektion für Energie und Verkehr der Europäischen Kommission, 2003.