Hänicher Bote | September-Ausgabe 2020
Hänicher Bote | September-Ausgabe 2020 mit den gewerblichen Sonderthemen "Steuern & Recht" sowie "Fahrzeugwelt"
Hänicher Bote | September-Ausgabe 2020
mit den gewerblichen Sonderthemen "Steuern & Recht" sowie "Fahrzeugwelt"
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18 HEIMATGESCHICHTE
Hänicher Bote
Bote
16. September 2020
Gardinen &
Dekorationen
Wand & Boden
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Wir reinigen Gardinen, Stores, Übergardinen
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(Gräfenhainichen/HäBo/db). Wissen
Sie, was eine Putzmacherin ist?
Nein, keine Frau, die mit Schürze und
Wischmopp den Schmutz entfernt...
Der bis dahin gebräuchliche Name
„Putzmacherin“ wurde Mitte des 20.
Jahrhunderts durch die moderne Bezeichnung
Modist/in
abgelöst. Damit wollten
sich die deutschen
Innungen zumindest
begrifflich der französischen
Konkurrenz
angleichen.
Ein Modist oder eine
Modistin fertigt heutzutage
Kopfbedeckungen
für Damen
und ist insofern das
Pendant zum Hutmacher
(Herstellung
von Herrenhüten,
was den schwierigen
Arbeitsgang der Formung
einschließt).
Die Produktpalette eines Modisten
Ateliers umfasst beispielsweise Filzhüte
für den Winter, Strohhüte für
den Sommer, Haargestecke für verschiedene
Anlässe (Hochzeit, Trauer,
Feierlichkeiten), Stoffhüte und
-kappen sowie Pelzmützen.
Die Bezeichnung Putzmacher/in
kommt von
Kopfputz, sich herausputzen.
Schleier, Garnitur
Materialien, Blumen,
Federn, das, was
auf den Hut kommt,
sind Putz und Tand.
Wer heute von Putz
spricht, denkt dabei meist
an glattgestrichene Mauern
und nicht an Federhüte.
Die Wendung „sich herausputzen“
ist dagegen sehr verbreitet,
wenn man betonen will, dass sich
jemand außergewöhnlich gut oder
auch übertrieben schick gekleidet hat.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts
war die Putzmacherin für die jeweils
modische Ausstattung der Kleidung,
die sich immer mal wieder notwen-
Lassen Sie sich beraten!
ÖZ: Mo – Fr: 9 – 18 Uhr
Sa: 9 – 12 Uhr
MARMOR HUNKE GMBH
NATUR- UND KUNSTSTEINERZEUGNISSE
Geschäftsführer Gerhard Schmitt
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Historische Bauschlosserei und Schmiedewerkstatt
August Reinhard stellt alte Berufe vor – Teil 14: Putzmacher/in, Modist/in
Marie Antoinette mit „Pouf“
Rose Bertin 1870
dig machte, zuständig, da wegen der
langwierigen und teuren Herstellung
Aktualisierungen nur in Details, speziell
dem Aufputz, infrage kamen. So
waren weniger die Schneider als vielmehr
die Putzmacher, die zur Zunft
der Modehändler gehörten, für modische
Veränderungen
zuständig. Der
Beruf wurde fast ausschließlich
von Frauen
ausgeübt, obwohl
es auch berühmte
männliche Modisten
gab.
Eine bekannte Modistin
war Rose
Bertin (1747–1813),
deren wichtigste
Kundin die französische
Königin
Marie Antoinette
(1755–1793) war. Im
Jahr 1774 setzten sich
unter den eleganten Pariser Damen
ihre „Poufs“ durch, spektakuläre
Aufbauten auf den Haaren mit Blumen,
Früchten, Federn usw., die häufig
ein bestimmtes Thema zum Inhalt
hatten.
Einen Eindruck von den Nähbestellungen,
der Beschaffenheit
der Kleidung
und der Arbeitsweise
einer Putzmacherin,
erhält man durch
die Korrespondenz
Richard Wagners
(1813–1883) mit seiner
Putzmacherin Bertha
Goldwag.
Die Briefe, in denen Wagner
bei seiner Putzmacherin
in Wien Unmengen Stoffe,
Bänder, Kunstblumen
bestellte und Kleidung, Decken, Kissen,
Gardinen in Auftrag gab, dienten
seinen Feinden letztlich dazu, ihn
öffentlich zu verleumden: Wagner
war ungeheuer putzsüchtig, wusste
ziemlich gut Bescheid über Materialien
und nähtechnisches Vorgehen
und konnte nicht genug bekommen
In der Historischen Bauschlosserei und Schmiedewerkstatt Gräfenhainichen ausgestellte
Originalmuster eines Putzmachers Fotos: (HäBo) Bebber/Verein
von himmelblauen Seidensteppdecken,
Rosengirlanden und berüschten
Morgenröcken. Diese „Anomalie“
veranlasste Journalisten, Wagners
Putzsucht als Indiz für Bisexualität
herzunehmen und das entsprechend
auszuschlachten.
Aus all den Briefen wird klar: Eine
Putzmacherin damals war nicht nur
eine Hutmacherin. Sie nähte jede Art
von „informellen“ Kleidungsstücken.
Wagner bestellte bei Bertha seidene
Hemden, hochschließende Jacken,
wattierte wärmende Beinkleider,
Samtbarette, Schlafröcke, Schnupftücher,
ja sogar Atlasstiefel in allen
erdenklichen Farbnuancen.
Als duale Ausbildung wurde der Beruf
1938 erstmals staatlich geregelt.
In dieser Zeit entstanden die Ausbildungsberufe
der Hutgarniererin, des
Hut- und Mützenmachers (1939) sowie
des Putzmachers. Diese drei Berufe
wurden 1959 im gemeinsamen
Ausbildungsberuf des Putzmachers
vereint und 1969 als Ausbildung zum
Modisten aktualisiert. Die verschiedenen
Handwerksgruppen sind in
Innungen organisiert. Früher nannte
man solche gewerblichen Zusammenschlüsse
Gilden oder Zünfte. Die Innungen
stellen den Prüfungskatalog
und sie verleihen den Handwerkern
ihre Titel.
Die Arbeit von Hutmachern und Modistinnen
ist noch Handwerk im eigentlichen
Sinne. Auch wenn sich im
Augenblick die Menschen im Alltag
nicht mehr so herausputzen, aber für
Theater, Filme und Hochzeiten wird
ihr Geschick immer gefragt sein und
wer noch heute ausgefallene Kreationen
an Frauenhüte sehen möchte, geht
zum Pferderennen.