Teil 1: Einführung und Überblick über das Rechtssystem der ...
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Riefenstahl für Stahlreifen<br />
Ein Anspruch auf Übertragung <strong>der</strong> Nutzungsrechte für <strong>das</strong> Internet (Internet-Rechte) ergibt<br />
sich aus dem zwischen A <strong>und</strong> B geschlossenen Lizenzvertrag.<br />
Dieser Anspruch ist nicht durch Erfüllung erloschen, da B die Internet-Rechte nicht <strong>über</strong>tragen<br />
konnte, weil B selbst nicht Inhaber dieser Rechte ist. Vor 20 Jahren nämlich gehörte<br />
<strong>das</strong> Internet noch nicht zu den „bekannten Nutzungsarten“, so <strong>das</strong>s die Rechte bei<br />
<strong>der</strong> Fotografin blieben. Mit ihrem Tod sind die Rechte auf ihre Erben <strong>über</strong>gegangen. Den<br />
gutgläubiger Erwerb von urheberrechtlichen Nutzungsrechten kennt <strong>das</strong> deutsche Recht<br />
nicht.<br />
Fraglich ist, ob B von <strong>der</strong> Verpflichtung zur Übertragung <strong>der</strong> Rechte dadurch frei geworden<br />
ist, <strong>das</strong>s es ihm (gegenwärtig) unmöglich ist, die Rechte zu <strong>über</strong>tragen (§ 275 Abs.<br />
2). Die Übertragung <strong>der</strong> Internet-Rechte an den Riefenstahlbil<strong>der</strong>n ist aber nur B unmöglich.<br />
Die Erben könnten B die Rechte zur weiteren Übertragung an A <strong>über</strong>lassen. Die<br />
möglicherweise vor<strong>über</strong>gehende Unmöglichkeit befreit nicht von <strong>der</strong> Leistungspflicht des<br />
Schuldners, sofern es im Hinblick auf <strong>das</strong> Gewicht des Interesses des Gläubigers zuzumuten<br />
ist, für seine Leistungsfähigkeit zu sorgen. In Abhängigkeit von den beson<strong>der</strong>en<br />
Eigenarten <strong>der</strong> unterschiedlichen Geschäfte kann <strong>der</strong> Schuldner auch verpflichtet sein,<br />
hierfür einen außergewöhnlichen Aufwand zu betreiben. Im Lizenzhandel gehört es zu<br />
den alltäglichen Risiken, <strong>das</strong>s versprochene Nutzungsrechte nicht in <strong>der</strong><br />
Verfügungsbefugnis des Veräußerers liegen. Einem künstlerischen Werk kann man<br />
nichts <strong>über</strong> dessen Nutzungsrechte ansehen. Das Fehlen <strong>der</strong> Internet-Rechte bedingt<br />
daher, <strong>das</strong>s B alle irgendwie wirtschaftlich tragbaren Unternehmungen starten muss, um<br />
die Rechte nachträglich zu erwerben. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> bewussten Risiko<strong>über</strong>nahme, kann<br />
er sogar verpflichtet sein, ein Vielfaches seiner Vergütung für den Erwerb <strong>der</strong> Rechte zu<br />
verwenden.<br />
Wenn die Herstellung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit aber bedeutet, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Schuldner auf die<br />
Mitwirkung eines Dritten einwirken muss (o<strong>der</strong> mit diesem ein weiteres Rechtsgeschäft<br />
eingehen muss), so liegt nur dann keine Unmöglichkeit vor, wenn <strong>der</strong> Schuldner keine<br />
tatsächliche o<strong>der</strong> rechtliche Einwirkungsmöglichkeit auf den Dritten hat. So liegt es hier.<br />
B hat einen Vertrag mit Leni Riefenstahl, die ihrerseits den Vertrag aber erfüllt hat, da sie<br />
ihm „alle bekannten Nutzungsrecht“ <strong>über</strong>tragen hat. Dass nunmehr die Erben gleichwohl<br />
Inhaber von Nutzungsrechten sind, hat eine ganz an<strong>der</strong>e Ursache. Daher kann B auch<br />
nicht aus dem Vertrag mit Leni Riefenstahl gegen die Erben vorgehen. Wenn die Erben<br />
daher nicht die Internet-Rechte an B veräußern wollen, liegt objektiv gesehen Unmöglichkeit<br />
im Sinne von § 275 BGB vor.<br />
B wird von seiner Leistungspflicht (was diese <strong>Teil</strong>leistung betrifft) gemäß § 275 BGB frei.<br />
Gemäß § 326 kann A die an B gezahlte Vergütung teilweise zurückverlangen o<strong>der</strong> vom<br />
Vertrag zurücktreten - wenn die <strong>Teil</strong>leistung „Internet-Rechte“ eine hinreichend selbständige<br />
Bedeutung für die Werbekampagne spielen - <strong>und</strong> damit auch die gesamte, an B<br />
bereits gezahlte Vergütung zurückverlangen. Hier bestehen gr<strong>und</strong>sätzlich Zweifel, ob A<br />
die Rechte ohne die Internet-Rechte <strong>über</strong>haupt für die Werbekampagne verwenden<br />
kann. Eine <strong>Teil</strong>unmöglichkeit ist daher wohl zu verneinen.<br />
Will A sich mangels Interesses an den übrigen Nutzungsrechten vom Vertrag lösen,<br />
muss er B eine angemessene Nachfrist zur Übertragung <strong>der</strong> Internet-Rechte setzen,<br />
sofern B nicht bereits seine Weigerung hierzu eindeutig erklärt hat. Erst nach Ablauf <strong>der</strong><br />
Frist kann A zurücktreten <strong>und</strong> seine an B gezahlte Vergütung zurückverlangen (+ etwaige<br />
Schadensersatzansprüche).