Thema Feuer: Heisse Variationen - Credit Suisse eMagazine ...
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CREDIT SUISSE<br />
Bulletin_4.05<br />
36<br />
Malerei<br />
Füssli-Ausstellung im Kunsthaus Zürich<br />
Dunkle Leidenschaften<br />
Johann Heinrich Füssli (1741 – 1825) ist der berühmteste Maler, den Zürich<br />
je hervorgebracht hat. Vom 14.Oktober 2005 bis zum 8.Januar 2006<br />
zeigt das Zürcher Kunsthaus sein Gesamtwerk. Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> unterstützt<br />
diese Ausstellung.<br />
«Bodmer und Füssli vor der Büste Homers»<br />
(Ausschnitt), 1779 – 1780.<br />
Text: Olivia Schiffmann<br />
Ein Prophet, dem Anerkennung und Ruhm bislang<br />
vor allem ausserhalb der Schweiz gewährt<br />
wurde, kehrt nach Hause zurück. Der «Wild<br />
Swiss», wie man ihn in England nannte, galt zu<br />
seinen Lebzeiten als einer der bedeutendsten<br />
und exzentrischsten Künstler. Seine Werke<br />
sorgten von Beginn weg für Furore. Seine Art,<br />
menschliche Leidenschaften darzustellen, erschütterte<br />
die Betrachter und regte sie zur<br />
Refl exion an. Ähnlich unkonventionell wie sein<br />
Werk ist auch seine Lebensgeschichte. Sein<br />
Vater, ein Zürcher Schriftsteller und Maler,<br />
hatte für ihn schon früh die kirchliche Laufbahn<br />
bestimmt. Es sollte anders kommen.<br />
Der Füssli-Biograf John Knowles beschreibt,<br />
wie Füssli schon als Kind heimlich zeichnete,<br />
während sein Vater Predigttexte vorlas. Am<br />
Collegium Carolinum, der traditionsreichsten<br />
Zürcher Gelehrtenschule, lernte Füssli durch<br />
Johann Jacob Bodmer die Werke von Homer,<br />
John Milton und William Shakespeare kennen.<br />
Eine Passion, die ihn den Rest des Lebens<br />
begleiten sollte. Der Besuch am Collegium<br />
führ te zu einer zweiten wichtigen Begegnung:<br />
Er freundete sich mit seinem Schulkollegen<br />
an, dem späte ren Physiognomiker und<br />
Pfarrer von St. Peter, Johann Kaspar Lavater.<br />
1761 wurde Füssli ordiniert.<br />
Von Goethe als ausserordentlich geadelt<br />
Wie kam es, dass Füssli die Schweiz verliess?<br />
Die jungen Herren Füssli und Lavater trachteten,<br />
ganz im Sinne des Zeitgeistes, nach<br />
der Verbesserung des Menschengeschlechts.<br />
Ein Pamphlet gegen den korrupten Landvogt<br />
wurde geschrieben und grossflächig verteilt.<br />
Als die Autoren bekannt waren, wurde ihnen<br />
nahe gelegt, eine Zeit lang aus der Stadt zu<br />
verschwinden. Sie fanden bei einem Pfarrer in<br />
Norddeutschland Zuflucht. Für Füssli war der<br />
Umgang aber bald zu fromm, und so reiste er<br />
nach London weiter. Vom Trennungsschmerz<br />
inspiriert, verfasste er eine Reihe von Gedichten.<br />
Lavater war von der Begabung seines<br />
Freundes überwältigt: «Goethe und Füssli –<br />
vortrefflich zusammengepaart», teilte er dem<br />
Weimarer Stadtpfarrer Herder mit. Daraufhin<br />
wurde auch Goethes Neugierde geweckt, der<br />
Lavater nach Zürich schrieb: «Was von Füssli<br />
bei dir ist zu sehen, verlangt mich sehnlich»,<br />
und noch viele Jahre später schreibt Goethe<br />
über Füssli: «Wo finden sich denn so bedeutende<br />
Anfänge ausserordentlicher Menschen!»<br />
Bevor er sich für immer in London niederliess,<br />
reiste Füssli 1770 zu Studienzwecken<br />
für acht Jahre nach Italien. Mittlerweile hatte<br />
er sich ganz dem Dasein als Künstler verschrieben.<br />
Er studierte Michelangelo, dessen<br />
Fresken in der Sixtinischen Kapelle ihn besonders<br />
bewegten, und die Kunst der Antike. Auf<br />
der Rückreise von Italien besuchte er nochmals<br />
Zürich. Er erhielt den Auftrag, für das<br />
Rathaus den Rütlischwur zu malen. Im Alter<br />
von 38 Jahren verliess er seine Vaterstadt<br />
endgültig. Ein Bruch, der sich auch in seinem<br />
Namen niederschlug: Er nannte sich von da<br />
an Henry Fuseli.<br />
Mit dem Alptraum kam der Erfolg<br />
In London stellte er 1782 an der Jahresausstellung<br />
der Royal Academy ein Gemälde aus, das<br />
wegen des starken Ausdruckes der weib lichen<br />
Hauptfi gur die Aufmerksamkeit des Publi kums<br />
auf sich zog: «The Nightmare» (Der Nachtmahr,<br />
Seite 37 oben). Völlig neu war, dass ein<br />
psychologisches Erlebnis, also etwas ausschliesslich<br />
Inneres, alleiniger Gegenstand<br />
eine s Bildes war. Der Dämon Inkubus sitzt mit<br />
seinem ganzen Gewicht mitten auf dem Leib<br />
einer dahingestreckten jungen Frau, deren<br />
Kopf, samt Haarpracht, wie leblos von der Bettkante<br />
herunterhängt. Aus dem seitlichen Bildhintergrund<br />
lugt sein Reittier, die Mähre, hervor.<br />
Sie galt im englischen Volksglauben als Sinnbild<br />
sexueller Begierde. Das körperbetonte<br />
Negligé der Frau sowie die Art und Weise, wie<br />
sie auf dem Bett liegt, legt denn auch eine<br />
Deutung nahe, die über die Interpretation eines<br />
blossen Alptraumes hinausgeht.<br />
Der Durchbruch war geschafft und es<br />
folgte eine Reihe herausragender Werke. 1790<br />
wurde Füssli, inzwischen mit Sophia Rawlins<br />
kinderlos verheiratet, Mitglied der Royal<br />
> <strong>Credit</strong>s: Kunsthaus Zürich/The Detroit Institute of Arts/Freies Deutsches Hochstift, Frankfurter Goethe-Museum/Kunsthaus Zürich, Vereinigung Zürcher Kunstfreunde