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Thema Feuer: Heisse Variationen - Credit Suisse eMagazine ...

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CREDIT SUISSE<br />

Bulletin_4.05<br />

56<br />

Rosmarie Michel<br />

Unternehmerin<br />

«Kleinstunternehmer sind Katalysatoren,<br />

die nachhaltig mehr Gerechtigkeit schaffen.»<br />

Zur Person<br />

Die gebürtige Zürcherin ist bekannt als Unter-<br />

nehmerin und Inhaberin des fast 140 Jahre<br />

alten Familienbetriebs Confiserie Schurter<br />

am Central wie auch als Verwaltungs rätin<br />

verschiedener Unternehmen, unter anderem<br />

der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>. Darüber hinaus hat sie<br />

sich mit verschiedenen nebenamtlichen<br />

Tätigkeiten einen Namen gemacht; so war<br />

sie unter anderem Weltpräsidentin der Busi-<br />

ness & Professional Women und Vice-Chair<br />

bei Women’s World Banking, New York. Als<br />

Mitglied der Organisation Women’s World<br />

Banking hat sich Rosmarie Michel bereits in<br />

den Siebzigerjahren mit Entwicklungshilfe<br />

und Kleinstkrediten befasst. Heute ist sie –<br />

unter anderem – Beirätin der ResponsAbility<br />

AG und fungiert für ihr weit gespanntes,<br />

inter national bedeutsames und bunt zusammengesetztes<br />

Wirtschafts- und Sozialnetzwerk<br />

als Anlaufstelle, Gastreferentin, Beraterin,<br />

Mitorganisatorin von Events, Fachfrau,<br />

Kontaktvermittlerin und anderes mehr.<br />

«Arme Menschen sind die Lösung und<br />

nicht das Problem.» Das Zitat stammt vom<br />

Uno-Generalsekretär Kofi Annan. Stimmen<br />

Sie zu?<br />

Absolut! Denn wenn wir unsere Arbeitsplätze<br />

sichern wollen, werden wir auf die aussereuropäischen<br />

Märkte angewiesen sein. Vernachlässigen<br />

wir die Entwicklungs- und Schwellenländer<br />

– wer soll dann unser Part ner sein?<br />

Wem wollen wir dann noch etwas verkaufen?<br />

Trotzdem treten Sie nicht als spendable<br />

Helferin, sondern als Geschäftsfrau<br />

auf. Wer einen Kredit will, muss dafür einen<br />

markt üblichen Zins bezahlen. Warum?<br />

Wollen Sie Gleichwertigkeit oder wollen Sie<br />

Abhängigkeit? Wenn Sie Gleichwertigkeit wollen,<br />

können Sie nicht mit prall gefüllten Taschen<br />

in ein Entwicklungsland kommen und sagen:<br />

Ich bin ein lieber Mensch und ich gebe euch<br />

jetzt ganz viel Geld.<br />

Was empfiehlt sich stattdessen?<br />

Ich mache Geschäfte auf Augenhöhe. Man<br />

muss Partnerschaften eingehen. Und mit einem<br />

Almosenempfänger haben Sie das bestimmt<br />

nicht. Deshalb ist für mich seit meiner<br />

Tätigkeit für die Organisation Women’s World<br />

Banking in den Siebzigerjahren klar: Ent wicklungshilfe<br />

kann langfristig nur erfolgreich sein,<br />

wenn sie marktwirtschaftliche Grund lagen hat.<br />

Warum war es notwendig, dafür<br />

eine eigene Organisation zur Kreditvergabe<br />

auf zuziehen?<br />

Das Bankenwesen ist in Entwicklungsländern<br />

genau gleich strukturiert wie in den Industrieländern.<br />

Damit ist es den Bedürfnissen der<br />

Bevölkerung nicht angemessen.<br />

Wieso nicht?<br />

Die Geschäfte zahlen sich für eine normale<br />

Bank nicht aus. Dazu sind die Geldbeträge<br />

zu klein, denn oft geht es nicht einmal um<br />

20 Dollar. Egal ob Sparguthaben oder Kredit,<br />

das rechnet sich nicht.<br />

Und wie sieht die Lösung aus?<br />

Auf der einen Seite brauchen Sie ein Gefäss,<br />

das das Geld sammelt. Auf der anderen Seite<br />

brauchen Sie eine Institution, die das Geld<br />

verteilt, die kontrolliert, was mit dem Geld<br />

passiert, und die mit Hilfe von Weiterbildungsangeboten<br />

den Umgang der Kreditnehmer<br />

mit dem Geld optimiert. Dazwischen stehen<br />

die Banken.<br />

Sie sind im Beirat der ResponsAbility<br />

AG und unterstützen damit den Global<br />

Micro finance Fund. Ist dieser Fonds so<br />

ein Sammel gefäss?<br />

Korrekt. Er ist eminent wichtig, weil er eine<br />

Art Brücke schlägt zwischen denjenigen, die<br />

Geld anlegen wollen, und all den Kleinstunternehmern,<br />

die Mikrokredite brauchen.<br />

Wer investiert in so einen Microfinance<br />

Fund?<br />

Immer mehr Menschen geht es nicht mehr nur<br />

um zweistellige Renditen. Es sind Anleger, die<br />

ihr Kapital sinnvoll einsetzen möchten – ohne<br />

dabei die Sicherheit zu vernachläs sigen.<br />

Kapitalerhaltung ist ihnen wichtiger als<br />

Rendite?<br />

Ich finde es nicht verwerflich, wenn man sein<br />

Geld renditeorientiert anlegt. Aber während<br />

meines Engagements für den ResponsAbility<br />

Fund habe ich von wohlhabenden Investorinnen<br />

immer wieder gehört: Ich suche seit<br />

langem nach einer Gelegenheit, mein Geld<br />

verantwortungsbewusst anzulegen, aber es<br />

gibt kaum eine Möglichkeit. Das Engagement<br />

der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> gehorcht also den Gesetzen<br />

von Nachfrage und Angebot. Daraus<br />

macht man auch keinen Hehl. Das ist erfrischend<br />

ehrlich – und gleichzeitig ist es der<br />

effizienteste Weg, wenn man etwas verändern<br />

will.<br />

Was verändert Mikrofi nanzierung denn?<br />

Kleinstunternehmer sind Katalysatoren, die<br />

nachhaltig mehr Gerechtigkeit schaffen. Sie<br />

schicken ihre Kinder in Schulen, schaffen<br />

Arbeits plätze, sorgen für eine bessere Gesundheitsversorgung.<br />

Auch die Migration vom<br />

Land in die Städte geht zurück, weil dadurch<br />

Lebensgrundlagen entstehen.<br />

Steckt in der Mikrofinanzierung nicht<br />

auch sozialer Sprengstoff?<br />

Sprengstoff ist ein bisschen hoch gegriffen.<br />

Aber natürlich verändert der Zugang zu Kapital<br />

langfristig eine Gesellschaft. Nur: Die<br />

Erfah rung zeigt, dass konkrete materielle<br />

Vorteile – zum Beispiel mehr Sicherheit und<br />

mehr Wohlstand – Veränderungsprozesse<br />

einfacher und schmerzloser antreiben, als es<br />

Be mü hungen tun, die ausschliesslich auf politischer<br />

Ebene greifen.<br />

Es scheint zu schön, um wahr zu sein:<br />

eine Situation, in der es nur Gewinner gibt.<br />

Kann das sein?<br />

Ja und nein. Denn bleiben wir realistisch: Als<br />

Investor verzichtet man schon auf einen Teil<br />

der Rendite. Aber ich sehe das ganz pragmatisch.<br />

Es bleibt uns nichts anderes übrig. Wir<br />

müssen begreifen, dass dieses Engagement<br />

für uns nützlich ist. Es ist eine Politik der kleinen<br />

Schritte, die über 10 oder 20 Jahre hinweg<br />

zu weniger Krieg, weniger Krankheit,<br />

weniger Aufruhr führen. Das ist nicht nur sozial<br />

wünschenswert, es ist auch wirtschaftlich<br />

unabdingbar.

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