Mattburger überhaupt Geräusche über dasrechte Ohr wahrnehmen konnte, vergingenWochen; ein CI ist nichts für Ungeduldige. „Dasmuss man lernen. Viele Menschen meinen es istwie bei einem Hörgerät. Ans Ohr hängen unddann funktioniert das schon mit dem Hören.Aber man muss seinem Gehirn quasi beibringen,dass das, was dort ankommt eine Bedeutung hat.Ich habe deshalb im Vorfeld der OP einen Terminbei einer Logopädin vereinbart.“ Im Laufe dertherapeutischen Sitzungen stand Marina Mattburgerschnell vor der Frage: Welche Fragen undErfahrungen haben andere CI-Träger in derRegion? Gibt es eine Selbsthilfegruppe und wennnicht, wie gründe ich eine? Ende April trafen sichin der Praxis für Logopädie Dr. Gabriela Barthel inAalen zum ersten Mal CI-Träger aus der Region.Sich in Gaststätten zu treffen scheitert an denNebengeräuschen, dann tat sich die Möglichkeitauf, das Haus Kastanie der Familienbildungsstättein Aalen zu nutzen. Coronabedingt fand erstim Juli wieder ein Treffen statt, den Konatktzueinander hielten sie dennoch. „Wir haben eineWhatsApp-Gruppe, ich bin in einem Forum aktivund die nächsten persönlichen Treffen bis Endedes Jahres stehen ebenfalls fest. Wir sind eineGruppe von rund 15 Personen, alle mit einerHörschädigung; manche sind mit Hörgerätenversorgt, manche tragen wie ich ein CI auf nureiner Seite, manche beidseitig.“ Die Mitgliederder Gruppe, die sich die „Blechöhrchen“ nennen,tauschen sich nicht nur aus, sondern setzen sichauch ein. „Wer ein CI trägt, für den ist eineMRT-Untersuchung oft mit einem gewissenRisiko verbunden. Beim MRT entstehendenMagnetfelder, die sind so stark, dass sie dieSendespule, die hinter dem Schädelknochenimplantiert ist, lösen, verrutschen oder entmagnetisierenkönnen. Auf dieses Risiko möchtenwir in der Öffentlichkeit aufmerksam machen.Was, wenn man einen Unfall hat, infolge dessenman den äußerlich getragene Teil des CI´sverloren hat, und bewusstlos ist? Niemand kannsehen, dass man ein CI trägt“, gibt sie zu bedenken.Sie trägt zwar einen CI Ausweis bei sich,I„Ich bin seit meiner Geburt aufdem rechten Ohr taub. Meine Elternwaren mit mir bei sämtlichen Ärztenaber vor über 50 Jahren waren diemedizinischen Möglichkeiten daranetwas zu ändern sehr viel eingeschränkterals heute“ Marina Mattburgereiner gewissen Restunsicherheit kann sie sichallerdings nicht erwahren. Selbst ist die Frau,beschloss sie, ergriff die Initiative und entwarfeinen Button zum Anstecken. Im Durchmesseretwa wie eine Espressotasse, zeigt der Ansteckerdas Symbol für ein CI und den Hinweis, „KeinMRT!“. Inzwischen gibt es zwar auch Implantate,die auf eine MRT-Untersuchung unproblematischreagieren, es gibt aber immer nochgenügend, an denen das Magnetfeld mit einerKraft von mehreren Kilogramm zieht unddadurch Schmerzen und Verletzungen verursachenkann, oft wird dann eine erneute OP nötig.Mit ihrem CI hat sich für Marina Mattburger einbeachtliches Stück neue Lebensqualitäteröffnet. „Ich höre Stereo, das habe ich über 50Jahre nicht gekannt. Außerdem kann ich meinHandy direkt an mein CI ankoppeln und auchmein Hörgerät, das ich im linken Ohr trage, lässtsich mit meinem CI koppeln.“ Noch hört sienicht so wie sie es sich wünscht, das brauchtZeit und viel Übung. „Ich muss mein rechtesOhr intensiver trainieren. Ich habe dafür einProgramm auf dem Computer, gehe zurLogopädie und baue es, wann immer es geht, inmeinen Alltag ein. Dass ich so weit gekommenbin, das verdanke ich in großem Maße meinerFamilie, die mich immer unterstützt, und auchdann aufgefangen hat, wenn mich die Motivationzu verlassen drohte.“ Wertvolle Tipps undRückhalt findet sie zudem bei den Blechöhrchen.„Nicht immer läuft alles so, wie man sich dasvorstellt. Dann tut es gut, sich mit Gleichgesinntenauszutauschen. Wenn es im Beruf hoch hergeht oder ich gemütlich mit Freunden zusammensitze,schleichen sich schnell die altenGewohnheiten ein. Dann konzentriere ich michauf das, was ich mit links höre. Das bin ichgewohnt, außerdem möchte ich nicht immernachfragen. Die Motivation dennoch dranzubleiben,die gibt mir meine Familie und die Blechöhrchen.“Wenn ihr alles zu viel wird, hat sieein einfaches Mittel. Abschalten! „Dann machich mein CI und mein Hörgerät aus. Mehr Ruhekann man nicht haben“, scherzt sie und alsHörendem bleibt einem nur ein Gedanke: Sokann man das auch sehen.4 åla Frauenportrait | Fotos: Ann-Kathrin Klement
Kontakt zu Marina Mattburgerund den „Blechöhrchen“unter cigruppeaa@gmail.comweitere Informationen zu Cochlea-Implantatenauch im Forum www.dcig-forum.deDie nächsten Treffen sind am 9.10., 27.11. und18.12. jeweils um 19.00 Uhr, 1.OG im HausKastanie der Familienbildungsstätte,Wilhelm-Merz-Straße 4, 73430 Aalenåla Frauenportrait | Fotos: Ann-Kathrin Klement5