"bruno." (2020)
Das Jahresmagazin der Giordano-Bruno-Stiftung (Ausgabe 2020)
Das Jahresmagazin der Giordano-Bruno-Stiftung (Ausgabe 2020)
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
PROFILE
Die Gründung von fowid 2005 hat dich offenbar
nicht völlig ausgelastet: Schon im darauffolgenden
Jahr hattest du die Idee, einen Pressedienst für
die säkulare Szene ins Leben zu rufen. Tatsächlich
konnte der Humanistische Pressedienst (hpd),
unterstützt von gbs und HVD, bereits im Oktober
2006 an den Start gehen. Weshalb war dir die Gründung
dieser neuen Online-Plattform
so wichtig? Warst du unzufrieden
mit der Bericht erstattung
in den etablierten Medien?
Wenn ich mich recht erinnere,
kam diese Idee gar nicht von mir,
sondern vorrangig von Horst
Groschopp (HVD) und Herbert Steffen
(gbs). Meine fowid-Aufbauzeit und Zuschuss-Finanzierung
war damals zu
Ende gegangen und die beiden hatten
sich überlegt, wie man meine Talente
für die „säkulare Szene“ weiter erhalten könnte.
Da viele Organisationen bis dato kaum in den Medien
vertreten waren, kamen sie auf die Idee eines noch zu
entwickelnden Internetprotals, das nach einem Vorschlag
von Michael Schmidt-Salomon den Namen
„Huma nistischer Pressedienst (hpd)“ erhalten sollte.
Die Führungsspitzen von HVD und gbs haben damals
wohl erkannt, dass ich zwar faul sein kann, aber,
wenn ich für eine Sache brenne, alles daran setze,
das bestmög liche Ergebnis zu erzielen.
Du warst hpd-Chefredakteur von Anfang 2006 bis
Ende 2013. Schon innerhalb kürzester Zeit avancierte
der hpd mit mehreren Millionen Seitenaufrufen
im Jahr zum wichtigsten Medium der
säkularen Szene im deutschsprachigen Raum.
Wie ist dir das gelungen?
Da war ich glücklicherweise nicht
allein! Wir hatten ein gutes Team und
konnten gleich zu Beginn mit exklusiven
Informationen zu einer Story aufwarten,
die Journalisten rund um den Globus interessierte,
nämlich die Gründung des weltweit
ersten „Zentralrats der Ex- Muslime“.
Zudem war die gbs, vor allem Michael
Schmidt-Salomon, ziemlich schnell in den
Medien angekommen. So saß Michael im
März 2007 in der SWR-Sendung „Quergefragt“
u. a. mit Karl Kardinal Lehmann.
In der 47. Minute, also bereits in der ‚Nachspielzeit‘,
erklärte der Kardinal mehrfach
auf Nachfrage der verdutzten Moderatorin,
dass er persönlich gar nicht an die Kirche
glaube, sondern nur an Gott. Am nächs -
ten Morgen titelte der hpd: „Kardinal
Lehmann glaubt nicht an die Kirche“.
Das war unsere besondere Qualität, eine
„Das hätte
Honecker
nicht erlaubt!“
(Kommentar eines Dresdners
zur Buskampagne 2009)
Mischung aus journalistischer Korrektheit und politischer
Provokation, die neu war und viele interessierte.
Ich selbst war auch des Öfteren im Fernsehen, beispielsweise
in der Sondersendung der „phoenix-runde“
zur Papstwahl 2013 – u. a. mit Prälat Dr. Karl Jüsten,
dem Chef-Lobbyisten der katho lischen Kirche. In der
„Bauch binde“, die unterhalb des Bildes Informationen
zu den Personen gibt, stand bei mir:
„Carsten Frerk. Kirchen kritiker.
Humanistischer Pressedienst.“
So etwas schafft natürlich Reichweite.
Der Erfolg des hpd in der Anfangszeit
war aber sicherlich auch darauf zurückzuführen,
dass wir regelmäßig
Informationen boten, die man sonst
nirgendwo finden konnte. So gab es
früher eine große Rubrik „Säkulare
Welt“ mit übersetzten Verlinkungen
auf Ereignisse und säkulare Organisationen
in der ganzen Welt, mit der der hpd die
„Fenster öffnete“ und Licht in das „schwarze Loch“
der deutschen Säku larität brachte.
2009 warst du neben deiner Frau, der Fotografin
Evelin Frerk, sowie Philipp Möller und Peder Iblher
einer der „Sieben Gottlosen“, die die aus England
stammende Idee der atheistischen Buskampagne
aufgriffen. Nachdem sich die deutschen Verkehrsbetriebe
geweigert hatten, Busse mit dem Slogan
„Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrschein
lichkeit) keinen Gott“ fahren zu lassen, habt
ihr kurzerhand einen Doppeldeckerbus gechartert
und eine Rundreise durch Deutschland organisiert,
was einen großen Medienrummel ausgelöst hat.
Du warst damals drei Wochen am Stück auf Achse.
Die Macht
der Kirchen
beruht
auf ihrer
Deutungshoheit
über Leben
und Tod.
„Gottlos glücklich!“: Carsten Frerk bei einem Interview zur ersten Buskampagne 2009
2020 19