"bruno." (2020)
Das Jahresmagazin der Giordano-Bruno-Stiftung (Ausgabe 2020)
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PROJEKTE
Du sagtest: „Wenn nichts einen Sinn ergibt außer
im Lichte der Evolution, dann ist der Evolutionsweg
der sinnvollste Lehrpfad aller Zeiten!“
RH: Ach ja! Das war ein eher spontaner Einfall. Mir
war nicht bewusst, dass es sich dabei um einen „denkwürdigen
Satz“ handelt. [lacht] Ich wollte damit ausdrücken,
dass man das große Bild der Evolution vor Augen
haben sollte, wenn man seinen Platz in dieser Welt
finden will. Wie Dittmar am Anfang unseres Gesprächs
darlegte, würde die Biologie ohne Evolution ihr Rückgrat
verlieren. Dies trifft aber, wie ich meine, auf viele
andere Gebiete ebenso zu. Ohne unser Wissen um evolutionäre
Prozesse würden wir ziemlich orientierungslos
durchs Leben irren. Wir könnten zwar noch feststellen,
wie die Dinge sind, hätten aber keine Ahnung,
wie es dazu gekommen ist, dass sie so sind, wie sie sind.
Aquazoo-Direktor Jochen Reiter mit Ricarda Hinz, Achim Horn und Eva Witten vom
Düsseldorfer Aufklärungsdienst bei der Eröffnung der Evokids-Wochen
Eine Woche später, am 12. Juni, konnte dann, nach
zweimonatiger Verzögerung durch die Corona-
Maßnahmen, der Evolutionsweg im Düsseldorfer
Nordpark eröffnet werden. War es schwer, die Verantwortlichen
in der Stadt davon zu überzeugen,
den Lehrpfad zu genehmigen?
RH: Ein wenig Überzeugungsarbeit mussten wir da
schon leisten! Sehr hilfreich war in diesem Zusammenhang,
dass wir auf hochangesehene Unterstützer wie
das Aquazoo Löbbecke Museum zurückgreifen konnten,
das sich zuvor auch schon bei den Evokids-Wochen
beteiligt hatte. Stefan Curth, der Kurator des Museums,
hatte das Konzept des Aquazoos sogar in einem eigenen
Vortrag vorgestellt und Museumsdirektor Jochen Reiter
einige Vorträge unserer Veranstaltungsreihe besucht.
Offenbar vermittelte ihm dies den Eindruck, dass wir
nicht ganz so schlimm sind wie der Ruf, der uns vorauseilt
… Jedenfalls hat die spätere Zusammenarbeit beim
Evolutionsweg, der sich ja in unmittelbarer Nähe zum
Aquazoo Löbbecke Museum befindet, bestens funktioniert!
Am 12. Juni hat Jochen Reiter dann auch gemeinsam
mit mir das rote Band zerschnitten und den
Düssel dorfer Evolutionsweg eröffnet.
Im Rahmen dieser Zeremonie hast du einen sehr
denkwürdigen Satz formuliert …
RH: Wirklich?
Ist dies der Grund dafür, dass die Giordano-Bruno-
Stiftung so viel Zeit und Energie in die Vermittlung
evolutionären Wissens steckt? Die Stiftung hat ja
nicht nur das Evokids-Projekt initiiert und finanziert,
sondern auch einen Großteil der Kosten der
Evokids-Wochen in Düsseldorf übernommen …
MSS: Selbstverständlich. Auch der Humanismus ergibt
erst Sinn, wenn man ihn im Lichte der Evolution
betrachtet. Deshalb sprechen wir ja mit Julian Huxley
auch vom „evolutionären Humanismus“. Man kann die
Bedeutung von Darwins Erkenntnissen in diesem Zusammenhang
gar nicht hoch genug ansiedeln. Um es
einmal im gediegenen Duktus der klassischen Philosophie
auszudrücken: Im Menschen ist sich die Evolution
ihrer selbst bewusst geworden – erstmalig auf diesem
Planeten, möglicherweise sogar erstmalig in der gesamten
Milchstraße. Das hat vieles verändert. Erst seit 1859,
seit der Veröffentlichung des Buchs „Über die Entstehung
der Arten“, können wir evidenzbasierte Aussagen
über die Herkunft des Menschen machen und auf der
Basis dieses Wissens einigermaßen vernünftig über den
Sinn des menschlichen Lebens im Kosmos nachdenken.
Im Grunde also kann man erst seit Darwin von einer
fundierten humanistischen Weltanschauung sprechen.
Ohne unser Wissen um evolutionäre Prozesse
würden wir ziemlich orientierungslos
durchs Leben irren.
Auf der gbs-Website heißt es dazu, dass evolutionäre
Humanist*innen den Menschen nicht mehr
als „Krone der Schöpfung“ begreifen, sondern
„als unbeabsichtigtes Produkt der natürlichen
Evolution, das sich nur graduell, nicht prinzipiell,
von den anderen Lebensformen auf diesem Staubkorn
im Weltall unterscheidet“. Als „Kinder der
Evolution“ seien auch wir bloß „Leben, das leben
will, inmitten von Leben, das leben will“, was sich
in einem „verantwortungsvolleren Umgang mit
der nicht-menschlichen Tierwelt niederschlagen
sollte“. Dies ist wohl der Grund dafür, dass die gbs,
Bernd Kammermeier
(Illustrator des Evolutionsweges)
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