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Gruess Gott - Herbst 2020

Wenn die Welt Kopf steht - Das Magazin über Gott und die Welt

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HIMMEL<br />

»Wirtschaft ist letztlich die<br />

Möglichkeit, meine Talente<br />

so einbringen und entwickeln<br />

zu können, dass ich ein<br />

gutes Leben führen kann.«<br />

Doris Hummer, Präsidentin der<br />

Wirtschaftskammer Oberösterreich<br />

wie der Jungschar engagiert hat, unteilbar.<br />

Der kleine Bäcker ums Eck, bei dem sie<br />

morgens ihre Semmeln holt, bedeutet für<br />

sie ebenso Lebensqualität wie der international<br />

verflochtene Industriekonzern, der<br />

tausende Arbeitsplätze schafft. Und: Wirtschaft<br />

sei kein Selbstzweck. „Wirtschaft ist<br />

letztlich die Möglichkeit, meine Talente so<br />

einbringen und entwickeln zu können, dass<br />

ich ein gutes Leben führen kann.“ Das gilt<br />

für den DOMICO-Schichtmeister genauso<br />

wie für die Empfangsdame im futuristischen<br />

Foyer. Und ja, auch Geld spiele eine Rolle<br />

– was aber nicht bedeuten müsse, dass in<br />

den Vorstandsetagen nur profitgierige Manager<br />

sitzen. Gerade die Corona-Krise habe<br />

gezeigt, dass Gewinne nichts Böses sind,<br />

sondern auch die Basis für das Fortbestehen<br />

eines Unternehmens in schwierigen Zeiten<br />

darstellen. „Ohne Eigenkapital wäre man<br />

am nächsten Tag kaputt.“<br />

Verantwortungsbewusste Unternehmerinnen<br />

und mündige Mitarbeiter, die gemeinsam<br />

für die Menschen wirtschaften<br />

und durch ihre Arbeit ein gutes Leben für<br />

alle ermöglichen – so einfach könnte es<br />

sein. Doch in Zeiten von globalem Handel,<br />

internationalem Lohndruck und Automatisierung<br />

scheint diese Gleichung für viele<br />

Menschen in unserem Land nicht mehr aufzugehen.<br />

„Fehlentwicklungen gibt es in der<br />

Wirtschaft genauso wie in allen anderen<br />

Systemen, die von Menschen gemacht werden“,<br />

sagt Doris Hummer dazu. Es läge an<br />

uns selbst, den Rahmen klar abzustecken,<br />

was wir als Gesellschaft wollen und was<br />

nicht. An der Politik, die Gesetze schaffen<br />

DORIS HUMMER<br />

leitet in zweiter<br />

Generation das<br />

Familienunternehmen<br />

DOMICO in<br />

Vöcklamarkt. Seit<br />

2017 ist sie als<br />

erste Frau Präsidentin<br />

der Wirtschaftskammer<br />

Oberösterreich.<br />

muss, um etwa die Verwendung umweltschädigender<br />

Spritzstoffe zu untersagen,<br />

aber auch an den Konsumentinnen und<br />

Konsumenten, die mit ihren Kaufentscheidungen<br />

Billigstproduktionen aus Ländern<br />

mit menschenverachtenden Standards ablehnen<br />

können. „Ich sehe gerade die Corona-Krise<br />

als Chance, dass wir wieder einiges<br />

an Produktion an unseren Standort zurückbekommen.“<br />

Wirtschaft als System, in dem sich alle<br />

verwirklichen können, in dem aber auch<br />

alle Verantwortung tragen, das ist Frau<br />

Hummers ökonomisches Verständnis. Wohl<br />

nicht zufällig sieht die Mutter eines Sohnes<br />

in regional verwurzelten Familienunternehmen<br />

eine Art Ideal des Wirtschaftens. „Dort<br />

arbeiten Jung und Alt, Frau und Mann zusammen.<br />

Diese Vielfalt an Blickwinkeln<br />

macht Erfolg aus.“ Und: „Familienunternehmen<br />

schauen nicht aufs Quartalergebnis,<br />

sondern denken in Generationen.“<br />

Vielleicht müsste man Ökonomie mehr<br />

im ursprünglichen Sinn – nämlich als<br />

„Haushalt“ (das bedeutet das altgriechische<br />

Wort oikos ursprünglich) – begreifen. Als<br />

Haus, in dem wir alle miteinander leben<br />

und arbeiten, auch im globalen Maßstab.<br />

Dann ist gutes Wirtschaften vor allem eine<br />

Investition in die Zukunft – und das ist ein<br />

zutiefst christlicher Gedanke.<br />

WAS HEISST CHRISTLICH WIRTSCHAFTEN?<br />

Zu der Frage, was<br />

christliches Wirtschaften<br />

heute bedeutet,<br />

haben die<br />

Kirchen in Österreich<br />

seit 2003 eine<br />

gemeinsame Position:<br />

Damals wurde<br />

das Sozialwort des<br />

Ökumenischen Rates<br />

der Kirchen in<br />

Österreich herausgegeben.<br />

14 Kirchen<br />

östlicher und westlicher<br />

Tradition haben<br />

dafür zusammengearbeitet.<br />

Die<br />

Initiative ging von<br />

Bischof Maximilian<br />

Aichern (Linz) aus,<br />

die Katholische Sozialakademie<br />

Österreichs<br />

(Wien) war<br />

mit der Erarbeitung<br />

betraut. Themen<br />

wie Bildung, Medien,<br />

Lebensräume,<br />

Arbeit, Wirtschaft,<br />

soziale Sicherheit,<br />

Frieden, weltweite<br />

Gerechtigkeit und<br />

Verantwortung für<br />

die Schöpfung wurden<br />

vielfach diskutiert.<br />

Das Sozialwort<br />

fand weltweite Beachtung<br />

und wurde<br />

2013 im Rahmen<br />

von „Sozialwort<br />

10+“ aktualisiert.<br />

oekumene.at/<br />

dokumente<br />

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