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Gruess Gott - Herbst 2020

Wenn die Welt Kopf steht - Das Magazin über Gott und die Welt

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HIMMEL<br />

meinem Hund gehe und das Handy<br />

bewusst zu Hause lasse. Das klingt<br />

banal, war aber unglaublich wichtig<br />

für mich.<br />

Apropos etwas eingestehen:<br />

Wie schwer fällt es Ihnen, Fehler<br />

zu zugeben?<br />

Anschober: Ich habe die Erfahrung<br />

gemacht, dass es extrem einfach ist.<br />

Das wird wertgeschätzt, wird akzeptiert.<br />

Ich glaube auch, dass in<br />

Österreich eine neue Fehlerkultur<br />

am Entstehen ist. Denn niemand ist<br />

fehlerfrei. Ich glaube, es gibt eine<br />

Sehnsucht nach normal und authentisch<br />

handelnden Menschen, gerade<br />

in der Politik.<br />

Scheuer: Fehler kann man nur dort<br />

leicht zugeben, wo man ein grundsätzliches<br />

Wohlwollen spürt und<br />

nicht fürchten muss, verurteilt oder<br />

gar blamiert zu werden. Ich erlebe<br />

in diesem Sinne aber nicht alle als<br />

lernfähig und manche auch nicht als<br />

lernbereit. Wobei, das – glaube ich –<br />

haben die letzten Monate gezeigt:<br />

Diese Optimierungsgeschichten, die<br />

wir in den letzten Jahren betrieben<br />

haben oder wo wir hineingetrieben<br />

wurden, dieser Zwang zur Perfektionierung,<br />

dass wir keine Fehler haben<br />

dürfen, auch nicht verzeihen können<br />

– das bringt uns nicht weiter. Man<br />

muss schon auch einmal verzeihen,<br />

was aushalten, was stehen lassen …<br />

Anschober: Ja, dieses Immer-höher,<br />

Immer-schneller, Immer-mehr. Ich<br />

glaube, dass viele Menschen sich<br />

seit langer Zeit wieder einmal darüber<br />

unterhalten haben, was eigentlich<br />

das Wichtige im Leben ist. Was<br />

brauche ich, damit ich ein gutes,<br />

»Ich glaube, es geht<br />

darum, dass Frauen<br />

bei uns Leitungsverantwortung<br />

übernehmen,<br />

dass sie ihre<br />

Qualitäten leben<br />

können. Dass es im<br />

Hinblick auf die Amtsfrage<br />

eine Schräglage<br />

gibt, das ist offenkundig.<br />

Wir sind hier<br />

durchaus in einer<br />

Zerreißprobe.«<br />

Manfred Scheuer<br />

Stresstest. Zweimal am Tag mit dem<br />

Hund gehen, das Handy bleibt daheim.<br />

So bewahrt Rudi Anschober die Ruhe.<br />

ein glückliches, ein zufriedenes<br />

Leben führe? Das ist unglaublich<br />

viel wert, diesen Diskurs wieder<br />

miteinander zu beginnen.<br />

Wollen wir noch etwas tiefer in die<br />

Seele der beiden Herren blicken?<br />

Wir wollen. Was ist Ihnen von<br />

Ihrem Kindheitsgott geblieben?<br />

Anschober: Ich bin dankbar, dass<br />

ich als Kind den <strong>Gott</strong> der Liebe<br />

kennenlernen durfte. Nicht den strafenden.<br />

Das hat stark mit meinem<br />

Elternhaus zu tun, mit der Kirche, die<br />

ich damals erlebt habe, mit Priestern,<br />

die unfassbar unterstützend und<br />

tolerant waren, auch wenn ich damals<br />

oft ein Dickkopf war. Ich bin<br />

später nach schwierigen Erfahrungen<br />

– Stichwort Krenn-Groër-Phase – aus<br />

der Kirche ausgetreten, habe aber<br />

wieder zurückgefunden durch ein<br />

sehr positives Erlebnis mit einem<br />

Priester, der mir im Bereich Asyl<br />

und Integration geholfen hat.<br />

Spricht <strong>Gott</strong> mit Ihnen? Josef<br />

Hader hat einmal gemeint,<br />

er kann mit keinem reden,<br />

der nicht zurückredet.<br />

Anschober: Ja, ich kann schon verstehen,<br />

was er damit meint. (Lacht.)<br />

Wenn ich in der Kirche sitze und<br />

in eine Meditation hineinkippe, dann<br />

ist das eher ein Gespräch mit mir<br />

selbst. Für mich sind Kirchen, insbesondere<br />

wenn sie leer sind, ganz<br />

besondere Orte.<br />

Scheuer: Ich war erst vor kurzem<br />

wieder in Ramersberg, in der Gemeinde<br />

Kleinzell. Als Kind haben<br />

wir dorthin Wallfahrten gemacht,<br />

und mir ist aufgefallen, wie genau<br />

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