Gruess Gott - Herbst 2020
Wenn die Welt Kopf steht - Das Magazin über Gott und die Welt
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ich diese Szenen noch im Kopf habe.<br />
Aber auch andere Szenen: die Feste,<br />
das Ministrieren und natürlich die<br />
Orgel, die mein Vater in der Kirche<br />
gespielt hat. In meiner Kindheit<br />
hatte ich aber eher eine Beziehung<br />
zu Jesus und weniger zu <strong>Gott</strong>vater.<br />
Jetzt gehen wir aufs Ganze: Welche<br />
Eigenschaften von Jesus sind Ihnen<br />
besonders nachahmenswert?<br />
Anschober: Toleranz auf jeden Fall.<br />
Ja, und Liebe ohne Angst. Und natürlich<br />
alles, was in der Bergpredigt vermittelt<br />
wird. Ich möchte hier nicht<br />
über Parteipolitik reden, aber grüne<br />
Werthaltungen – die erkenne ich in<br />
der Bergpredigt. Das ist Solidarität,<br />
aufeinander schauen, liebevoller<br />
Umgang miteinander.<br />
Scheuer: Da fallen mir drei Sätze<br />
ein. Erstens: „Sorgt euch nicht.“<br />
Das ist verbunden mit einem Grundvertrauen<br />
ins Leben. Zweitens:<br />
„Fürchtet euch nicht.“ Und der dritte<br />
Satz heißt: „Komm und geh!“ Jesus<br />
meinte damit: Komm, ich gewähre<br />
dir Gastfreundschaft. Und er sagt:<br />
Geh! Also geh hinaus, geh an Grenzen,<br />
geh in fremde Welten.<br />
Die Schlussfrage gebe ich an Sie<br />
beide weiter: Was wollten Sie Ihr<br />
Gegenüber schon immer fragen?<br />
Anschober: Ich habe eine sehr<br />
banale politische Frage. Thema<br />
Gleichstellung von Mann und Frau,<br />
wie geht’s weiter in der Kirche?<br />
Scheuer: Wie es weitergeht, kann<br />
ich nicht sagen, weil ich die kirchliche<br />
Großwetterlage nicht prognostizieren<br />
kann. Ich glaube, es geht<br />
Engstelle. Beim Gang über die Fußgängerbrücke werden wir zum Verkehrshindernis,<br />
weil Anschober und Scheuer alle Blicke auf sich ziehen. Die beiden nehmen’s gelassen.<br />
darum, dass Frauen bei uns Leitungsverantwortung<br />
übernehmen, dass<br />
sie ihre Qualitäten leben können.<br />
Dass es im Hinblick auf die Amtsfrage<br />
eine Schräglage gibt, das ist<br />
offenkundig. Wir sind hier durchaus<br />
in einer gewissen Zerreißprobe. Da<br />
gibt es ganz unterschiedliche Traditionen<br />
innerhalb der Kirche, auch<br />
weltweit. Und ich merke, dass uns<br />
das unheimlich viel Energie kostet.<br />
So, jetzt muss ich mir auch eine<br />
Frage überlegen … Herr Anschober,<br />
was lässt Sie staunen?<br />
Anschober: Schöne Frage. Staunen<br />
ist etwas Besonderes. Zum Staunen<br />
bringt mich etwas Überraschendes,<br />
was ich an Menschen entdecke, über<br />
die ich eine andere Vorstellung gehabt<br />
hätte und die mich dann positiv<br />
überraschen. Und ja, das bewegt. Da<br />
ist viel Emotion dabei beim Staunen.<br />
Noch Fragen? Nein. Also dürfen<br />
die beiden Herren ab sofort wieder<br />
Bischof und Minister sein.<br />
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