Spargelevent des IKL am 12. Mai 2012 - Internationaler ...
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Leipziger Kulinarien – Impressionen aus der DDR-Gastronomie<br />
Leipzigs Gastronomen als Vorreiter – Bodega und Gastronomservice<br />
Leipzig und seine Messe gehören zus<strong>am</strong>men.<br />
Und zur Messe gehören die Messeneuheiten.<br />
Das war in der DDR-Zeit<br />
nicht nur bei den Ausstellern in den Messehäusern<br />
und auf dem Messegelände<br />
so, sondern auch bei den Gastronomen.<br />
Man kann im Rückblick von einer Gesetzmäßigkeit<br />
sprechen. Wenn die Messe<br />
bevorstand, überraschte die messestädtische<br />
Gastronomie die Besucher mit<br />
neuen gastlichen Stätten. So war das auch<br />
vor der Frühjahrsmesse 1961. Der HO-<br />
Betrieb Gastronom eröffnete eine d<strong>am</strong>als<br />
neuartige Einrichtung in der gleichfalls<br />
noch neuen Messehauspassage, die Bodega.<br />
Das war eine Bezeichnung, die den<br />
Einheimischen und Messefremden zunächst<br />
nicht geläufig war. Dabei knüpfte<br />
die HO doch an eine, allerdings in Vergessenheit<br />
geratene, Leipziger Tradition<br />
an. Schon mehr als 50 Jahre vorher gab es<br />
Bodegas als Weingaststätten in Leipzig.<br />
Die „The International Bodega Company“<br />
betrieb zu Anfang der 1900er Jahre<br />
eine in der Grimmaischen Straße und <strong>am</strong><br />
Hallischen Tor verwöhnte eine „Bodega<br />
Espagnole“ ihre Gäste.<br />
Die Bodega in der Messehofpassage.<br />
Es gab aber außer der Messe einen weiteren<br />
gewichtigen Grund, gerade 1961<br />
eine Bodega zu eröffnen. Schon einige<br />
Jahre war in der DDR das Motto „Trinke<br />
nicht wahllos, greife zum Wein!“ zu<br />
vernehmen. Der Außenhandel hatte aus<br />
den „sozialistischen Bruderländern“ Bulgarien,<br />
Rumänien und Ungarn erhebliche<br />
Mengen Wein importiert. Der Absatz<br />
entsprach aber nicht den Planungen und<br />
ein erheblicher Lagerbestand hatte sich<br />
anges<strong>am</strong>melt. Das sollte sich mit der<br />
Steigerung <strong>des</strong> Weinverbrauchs ändern.<br />
Wie schon beim Überschuss anderer<br />
Warenpositionen sollte die Gastronomie<br />
auch beim Wein als eine Art Türöffner<br />
für den Verbrauch helfen. Die Macher<br />
vom Leipziger Betrieb HO-Gastronom<br />
starteten <strong>des</strong>halb mit einer Bodega, zunächst<br />
als Experiment, zur Messe. Wie es<br />
sich im Nachhinein herausstellte, hatten<br />
sie d<strong>am</strong>it einen Volltreffer gelandet. Doch<br />
davon später mehr.<br />
Die Wahl <strong>des</strong> Standorts im belebten<br />
Stadtzentrum und der viel genutzten<br />
Messehofpassage war perfekt. Das traf<br />
allerdings nicht auf die Fläche zu. Ein<br />
schmaler schlauchartiger Raum, in dem<br />
vorher Porzellan gehandelt wurde, sollte<br />
Domizil der neuen Bodega werden.<br />
Unmittelbar an dem die Passage schmückenden<br />
Pilz war der Standort. In einem<br />
zeitgenössischen Bericht der LVZ wurde<br />
dem Eichswalder Innenarchitekt Joachim<br />
Brömme, der die schwierige Aufgabe<br />
löste, so Lob gezollt: „Er fand für<br />
den etwas schmalen Raum die denkbar<br />
günstigste Lösung. Besonders beeindruckte<br />
die Harmonie zwischen künstlichen<br />
und Naturstoffen (die Decke ist aus<br />
Tonkingrohr und die Wandverkleidung<br />
aus Melacardplatten).“<br />
Regale mit Weinflaschen an der langen<br />
Wand vor dem Bartresen stimmten auf<br />
den Weingenuss ein. Vor dem Tresen<br />
gab es 18 Barplätze. In der Folgezeit<br />
waren sie meist schon kurz nach 11 Uhr,<br />
wenn die Bodega öffnete, besetzt. Wer<br />
später k<strong>am</strong>, hatte dahinter einen Stehplatz.<br />
Mitunter waren 50 bis 60 Gäste<br />
im Raum und standen in Dreierreihe<br />
hinter den Glücklichen, die Platz auf<br />
den Barhockern gefunden hatten. Aber<br />
das tat keinen Abbruch. Die Getränke<br />
wurden vom Tresen aus Hand für Hand<br />
bis zum Besteller weitergereicht. Es war<br />
eine einmalige, ausgesprochen intime<br />
Atmosphäre. Entscheidend für das eigene<br />
Flair der Bodega war aber vor allem die<br />
Gastronomenf<strong>am</strong>ilie Sanders, Hannelore<br />
und Wolfgang. Mit ihrer Wahl hatte der<br />
Betrieb eine ganz glückliche Hand, sie<br />
wurden zur Seele der Bodega. Sie fanden<br />
den richtigen Ton von der Eröffnung<br />
an. Sie arbeiteten mit Freude, flink und<br />
versiert. Ihm vertraute Gäste begrüßte<br />
Wolfgang Sanders mit Handschlag und<br />
war, sofern es der Geschäftsverlauf zuließ,<br />
immer zu einem Schwatz bereit.<br />
Die Ehre wurde mir auch zuteil, denn wir<br />
kannten uns schon aus Zeiten gemeins<strong>am</strong>er<br />
Tätigkeit im Ring-Restaurant. Das<br />
war einst ein großes Bier- und Speiselokal<br />
im Keller <strong>des</strong> Ringmessehauses. Die<br />
Sanders bewirtschafteten die Bodega<br />
vom Eröffnungstag <strong>am</strong> 3. März 1961 bis<br />
zum Ende der HO 1990. Mit Wehmut<br />
denken d<strong>am</strong>alige Gäste heute an das<br />
einstige Flair. Mit der Bodega hatten die<br />
hiesigen Gastronomen sich wieder als<br />
Schrittmacher der Branche erwiesen und<br />
Leipzigs Ruf als die „heimliche Gastronomiehauptstadt<br />
der DDR“ bestätigt.<br />
Ähnlich war es wenige Jahre später mit<br />
dem Gastronom-Service. D<strong>am</strong>it betrat<br />
die HO ebenfalls Neuland. Der Gastronom-Service<br />
übernahm zentral die Vermittlung<br />
gastronomischer Leistungen.<br />
Die Leipziger mussten nicht mehr in<br />
den Gaststätten nach Karten für Veranstaltungen,<br />
Stadtküche und anderes<br />
nachfragen, der Service übernahm nun<br />
die Platzreservierung. Dazu lagen sogar<br />
die Bestuhlungspläne der Objekte vor<br />
und der Besteller konnte seinen Platz<br />
auswählen. Anhand eines umfangreichen<br />
Katalogs mit Farbbildern und Rezepturen<br />
konnten Speisen für zu Hause oder für<br />
Veranstaltungen geordert werden. Zum<br />
breiten Leistungsangebot <strong>des</strong> Gastronom-Service<br />
gehörten neben Auskünften<br />
über Veranstaltungen in der Gastronomie<br />
auch die Vermittlung von Räumen