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fernglas – Das Wissenschaftsmagazin der FernUniversität

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Spektrum 49<br />

Produzierende Unternehmen sind zum Teil von globalen<br />

Monopolstrukturen abhängig o<strong>der</strong> auf Grundstoffe angewiesen,<br />

die es hier nicht gibt. Zudem werden sie sicher<br />

keine Entscheidungen treffen, die ihre Wettbewerbsposition<br />

schwächen, schon gar nicht in <strong>der</strong> Krise. Grundsätzlich<br />

haben potenzielle Risikoereignisse aber natürlich einen<br />

großen Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen.<br />

Woran denken Sie da?<br />

In meiner Forschung befasse ich mich hauptsächlich mit<br />

<strong>der</strong> Automobilindustrie <strong>–</strong> sie glänzt sicher in vielen Bereichen<br />

als schlechtes Beispiel, ist oftmals intransparent und<br />

setzt noch auf konfliktreiche Rohstoffe wie Kobalt in <strong>der</strong><br />

Batterieherstellung. Aber was den Einsatz von Technologien<br />

betrifft, ist ein großer Aufbruch zu spüren. Volkswagen<br />

hat sich etwa auf die Fahne geschrieben, bis 2050 eine<br />

klimaneutrale Fahrzeugflotte zu produzieren. Produktion,<br />

Nutzung und Entsorgung dieser Fahrzeuge sollen dann<br />

unterm Strich kein einziges Gramm CO 2<br />

mehr ausstoßen.<br />

Alle hierfür notwendigen Technologien sind noch nicht<br />

marktreif, aber das gesetzte Ziel zeigt eindrücklich, dass<br />

eine mögliche Krise <strong>–</strong> in dem Fall <strong>der</strong> Klimawandel <strong>–</strong> ein<br />

Inno va tionstreiber sein kann. <strong>Das</strong> potenzielle Risiko dieser<br />

Krise für Unternehmen bietet somit einen Anreiz, Strukturen<br />

zu überdenken, um die Wettbewerbsfähigkeit auch<br />

langfristig zu erhalten.<br />

Sie haben Risiken und Krisen als Innovationstreiber<br />

angesprochen. Fallen Ihnen für Unternehmen auch<br />

positive Motive ein, um innovativer zu werden?<br />

Ja, in diesem Zusammenhang könnte ich ein weiteres Beispiel<br />

aus <strong>der</strong> Automobilindustrie nennen. Tesla erhöht momentan<br />

rapide seine Produk tionskapazitäten für Elektro autos. Der<br />

Hersteller hat angekündigt, ein neues Produktionsverfahren<br />

für den Karosseriebau einzusetzen. Mit einer selbst entwickelten<br />

Druckgussmaschine soll es in Zukunft möglich sein,<br />

eine Karosserie aus einem Guss zu produzieren, für die<br />

normaler weise 70 Einzelteile notwendig wären. <strong>Das</strong> wäre<br />

schon bahnbrechend. Damit stellt das Unternehmen etablierte<br />

und über Jahre gewachsene Produktionsabläufe infrage<br />

und treibt die restliche Automobilindustrie vor sich her: Ein<br />

Beispiel dafür, dass neue Technologien und <strong>der</strong> Wett bewerb<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozesse in Lieferketten anstoßen können.<br />

Welchen Beitrag kann die Wissenschaft<br />

an dieser Stelle leisten?<br />

In diesem Jahrhun<strong>der</strong>t stehen uns noch einige große Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

bevor. Ich denke hier an den Klimawandel<br />

und an die Endlichkeit fossiler Brennstoffe. Um Nachhaltigkeitsziele<br />

zu erreichen, müssen Industrie, Politik und Gesellschaft<br />

umdenken. Hierfür sollte Forschung Erkenntnisse<br />

bereitstellen, die als Leitplanken für zielgerichtete Entscheidungen<br />

und Handlungen dienen können. Neben <strong>der</strong><br />

Politik können aber insbeson<strong>der</strong>e auch Konsumentenanfor<strong>der</strong>ungen,<br />

gesellschaftlicher Druck und an<strong>der</strong>e Wettbewerber<br />

beeinflussen, wie Unternehmen handeln. <strong>Das</strong><br />

heißt im Umkehrschluss, wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

müssen so kommuniziert werden, dass sie im gesellschaftlichen<br />

Diskurs, in <strong>der</strong> Industrie und von <strong>der</strong> Politik auch<br />

verstanden und aufgenommen werden können. sam<br />

Karsten Kieckhäfer ist Professor und Inhaber des<br />

Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbeson<strong>der</strong>e<br />

Produktion und Logistik an <strong>der</strong> <strong>FernUniversität</strong><br />

in Hagen. Der Betriebswirt analysiert strategische<br />

Fragestellungen des Produktions- und Logistikmanagements.<br />

In diesem Zusammenhang befasst er<br />

sich mit <strong>der</strong> Reduktion von Treibhausgasemissionen<br />

sowie Energie- und Ressourcenverbrauch speziell in<br />

den Bereichen Mobilität und industrielle Wertschöpfungsnetzwerke.<br />

Mehr über Prof. Kieckhäfer<br />

erfahren Sie in <strong>der</strong> Rubrik Neu an <strong>der</strong> FernUni.<br />

Prof. Karsten Kieckhäfer beschäftigt sich vor allem mit dem<br />

Thema Nachhaltigkeit in Wertschöpfungsnetzwerken.

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