architektur Fachmagazin Ausgabe 7 2020
architektur Fachmagazin Ausgabe 720 Bauen & Energie
architektur Fachmagazin Ausgabe 720
Bauen & Energie
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9<br />
Architekturszene<br />
Terrassenhaus Berlin,<br />
Brandlhuber+ Emde, Burlon and Muck Petzet Architekten<br />
© David von Becker, im Rahmen des ARCH+ Features 78: Terrassenhaus Berlin<br />
die damit verbundenen Maßnahmen erwiesen<br />
sich als effektiver als ein kompletter<br />
Neubau. Letzten Endes fiel die Bauzeit sehr<br />
kurz aus, wobei die Bewohner währenddessen<br />
in ihren Wohnungen bleiben konnten.<br />
Kernstück des Umbaus war der Anbau von<br />
Wintergärten. Ebendiese stellen nicht nur<br />
eine Erweiterung der Wohnfläche dar, sondern<br />
dienen auch als Klimaschicht. Dies<br />
erlaubte es der öffentlichen Wohnbaugesellschaft,<br />
das Mietniveau bei sinkenden<br />
Energiekosten beizubehalten. Damit passten<br />
die zuständigen Architekten die 530<br />
Wohneinheiten den Anforderungen des 21.<br />
Jahrhunderts an – und das ganz ohne Verdrängung<br />
einkommensschwacher Bevölkerungsschichten.<br />
Das Experiment mit dem Freiraum<br />
Damit eine Stadt als lebenswert wahrgenommen<br />
wird, braucht es Freiräume mit<br />
Aufenthaltsqualität. Diesbezüglich wagten<br />
die Architekten Brandlhuber+ Emde, Burlon<br />
und Muck Petzet mit dem Terrassenhaus<br />
Lobe Block in Berlin ein Experiment. Das<br />
viergeschossige Gebäude auf dem ehemaligen<br />
Gelände der Deutschen Bahn vereint<br />
kreatives Arbeiten, ein Restaurant, ein Yoga-Studio<br />
und Urban Gardening. Bei dem<br />
Projekt gelang eine Verschmelzung von<br />
privatem und öffentlichem Raum. Charakterisiert<br />
wird das Gebäude durch zwei Freitreppen<br />
und große, durchlaufende Balkone,<br />
wobei die Terrassenzonen als halbprivater<br />
Außenraum fungieren. Gleichzeitig unterstützen<br />
Letztere die Kommunikation der<br />
Anrainer. Die neu realisierten Außentreppen<br />
verbinden zudem die Dachterrasse mit dem<br />
Gemeinschaftsgarten, was die Begegnung<br />
der Nutzer fördert. Im Gebäude selbst verzichteten<br />
die Planer auf ein Treppenhaus. Es<br />
war damit möglich, die Erschließungsbereiche<br />
im Inneren zu minimieren.<br />
Innovative Ansätze bei der Freiraumgestaltung<br />
beweist auch das Projekt PC Caritas<br />
von de vylder vinck taillieu. Im belgischen<br />
Melle wandelten die Architekten den verfallenen<br />
Pavillon eines psychiatrischen Zentrums<br />
in ein öffentlich zugängliches Gebäude<br />
um. Auf gleich mehreren Etagen wurden<br />
überdachte und geschützte Aufenthaltsflächen<br />
installiert. Kennzeichnend für den Pavillon<br />
sind zudem offene Bereiche, die einen<br />
Blick auf den begrünten Campus zulassen.<br />
Das Ziel der Planer war es, die Aufenthaltsqualität<br />
im Garten des psychiatrischen<br />
Zentrums zu steigern, um damit eine Aufwertung<br />
des gesamten Campus zu erzielen.<br />
Gemäß der Jury ist den Architekten von de<br />
vylder vinck taillieu dies auch gelungen.<br />
Geht es um die Stadtgestaltung, spielen<br />
zentrale Plätze eine tragende Rolle. Immerhin<br />
sind sie Ort der Begegnung und oftmals<br />
Mittelpunkt sozialer Aktivitäten. Dies nahmen<br />
sich die Architekten von 51N4E gemeinsam<br />
mit Anri Sala zu Herzen. Mit der<br />
Neugestaltung des 38.000 Quadratmeter<br />
großen Skanderbeg Platzes in Tirana gelang<br />
es ihnen, die einschüchternde Monumentalität<br />
seiner kommunistischen Architektur zu<br />
durchbrechen. Durch die relationale Erhöhung<br />
der menschlichen Perspektive, wirkt<br />
der Stadtplatz nun weniger drückend. Beim<br />
Queren oder Aufenthalt, verströmt der Ort<br />
durch die gezielte Ausfransung der Randzonen<br />
mehr Gemütlichkeit. Das Wechselspiel<br />
aus begrünten Arealen, Wasserbecken,<br />
Springbrunnen und weitläufigen Freiflächen,<br />
stößt auch bei den Bewohnern auf Anklang.<br />
Heute gilt das Areal immerhin als einer der<br />
Lieblingsplätze der Albaner.<br />
u<br />
PC Caritas, Melle, Belgien<br />
architecten de vylder vinck taillieu<br />
© Filip Dujardin