architektur FACHMAGAZIN Ausgabe 8 2022
Europas Großstädte wachsen immer weiter. Da der Bauplatz in den Städten begrenzt ist, führt dies unweigerlich zu einer Verdichtung des urbanen Raums. Einer effizienteren Auslastung der Infrastruktur steht gleichzeitig eine höhere Beanspruchung derselben gegenüber. Versorgungseinrichtungen, Freiflächen und Verkehrsmittel müssen von immer mehr Menschen geteilt, gleichzeitig weitere Wohnflächen geschaffen werden. Offensichtlich, dass hier Expertise, Kreativität und langfristige Planung gefragt sind, wenn gleichzeitig auch die Lebensqualität gewahrt oder gar ausgebaut werden soll.
Europas Großstädte wachsen immer weiter. Da der Bauplatz in den Städten begrenzt ist, führt dies unweigerlich zu einer Verdichtung des urbanen Raums. Einer effizienteren Auslastung der Infrastruktur steht gleichzeitig eine höhere Beanspruchung derselben gegenüber. Versorgungseinrichtungen, Freiflächen und Verkehrsmittel müssen von immer mehr Menschen geteilt, gleichzeitig weitere Wohnflächen geschaffen werden. Offensichtlich, dass hier Expertise, Kreativität und langfristige Planung gefragt sind, wenn gleichzeitig auch die Lebensqualität gewahrt oder gar ausgebaut werden soll.
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FACHMAGAZIN
WISSEN, BILDUNG, INFORMATION FÜR DIE BAUWIRTSCHAFT
Erscheinungsort Vösendorf, Verlagspostamt 2331 Vösendorf. P.b.b. 02Z033056; ISSN: 1606-4550
08
www.architektur-online.com
Dezember 2022
Verdichtung
© Alessandra Bello
Colour
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Wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.
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3
Editorial
Verdichtung
Europas Großstädte wachsen immer weiter. Das gilt auch für Wien, das voraussichtlich
im Jahr 2027 wieder die 2 Millionen Einwohner Marke überschreiten
wird. Da der Bauplatz in den Städten begrenzt ist, führt dies unweigerlich zu einer
Verdichtung des urbanen Raums. Einer effizienteren Auslastung der Infrastruktur
steht gleichzeitig eine höhere Beanspruchung derselben gegenüber. Versorgungseinrichtungen,
Freiflächen und Verkehrsmittel müssen von immer mehr Menschen
geteilt, gleichzeitig weitere Wohnflächen geschaffen werden. Offensichtlich, dass
hier Expertise, Kreativität und langfristige Planung gefragt sind, wenn gleichzeitig
auch die Lebensqualität gewahrt oder gar ausgebaut werden soll.
Da eine einzelne Ausgabe bei weitem
nicht den Umfang hat, all diese Aspekte
adäquat abzubilden, haben wir den Fokus
diesmal auf die Schaffung von Wohnraum,
sei es durch die Ausnutzung von
Baulücken oder die Erschließung von
Brachflächen, und die Wichtigkeit des
öffentlichen Raums gelegt. Um Letzteres
dreht sich vorrangig auch das Interview
mit Architekt Mark Neuner von Mostlikely.
Er zeigt, warum das Teilen des
Raums gleichzeitig Chancen birgt und
spricht über aktuelle Projekte, wie z.B.
die Neugestaltung der Sunken City auf
der Wiener Donauinsel.
Wie sich selbst kleinste Freiflächen kreativ
nutzen lassen, um unerwartet hochwertigen
Wohnraum zu schaffen, zeigen
die ausgewählten Beispiele in unserem
Schwerpunkt zur Baulückenbebauung.
Schon etwas großzügiger, aber immer
noch kompakt schließt das champagnerfarbene
Einfamilienhaus vom Architekturbüro
FRPO die Ecke einer suburbanen
Blockbebauung in Madrid.
Der Schaffung vom Wohnraum im großen
Maßstab widmen sich drei weitere
Projektberichte. Rund um einen gemeinsamen
Innenhof mit weitläufigen Grünräumen
konzipierte MVRDV ihre skulpturalen
Ilot Queyeries als Block mit fast
intimer Kleinteiligkeit und einer innovativen
Keramikhülle. archi5 ersetzten eine
Hälfte eines ehemaligen Parkhauses in
Paris durch einen Sozialwohnungsbau
in Holzbauweise und C+S Architects realisierten
zwei Wohntürme im Mailänder
Null-Emissions-Stadtentwicklungsquartier
Cascina Merlata.
Viele weitere Beiträge, die neuesten Produktinformationen
sowie ein Fachbeitrag
zum Thema Bauroboter runden diese
Ausgabe inhaltlich ab.
Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten
und ein schönes neues Jahr,
Andreas Laser
architektur FACHMAGAZIN
4
Inhalt
Editorial 03
Architekturszene 06
Wohnungsnahe Grünräume
zur Aufwertung urbaner Flächen
Magazin 10
Der öffentliche Raum: 20
inklusives Luxusgut aller
Mark Neuner von Mostlikely im Interview
Mind the Gap 24
Baulücken
Keramische Landmarke 30
Ilot Queyries / Bordeaux / MVRDV
Wohnraum statt Parkplatz 36
Jaurès Petit / Paris / archi5
Das Phänomen 42
cheng-zhong-cun
Incision – Nantou City Guesthouse /
Shenzhen, China / neri&hu
Vorstadttraum in Champagner 50
OG HOUSE / Madrid / FRPO
Schwarz-weißes Duo 54
Wohntürme R11 / Mailand /
C+S Architects
Produkt News 60
edv 112
Bauroboter: Automatisierung
auf der Baustelle
30
36
42
50 54
MEDIENINHABER UND HERAUSGEBER Laser Verlag GmbH; Ortsstraße 212/2/5, 2331 Vösendorf, Österreich
CHEFREDAKTION Andreas Laser (andreas.laser@laserverlag.at)
REDAKTION DI Linda Pezzei, Edina Obermoser, Dolores Stuttner, DI Marian Behaneck
LTG. PRODUKTREDAKTION Nicolas Paga (nicolas.paga@laserverlag.at) Tel.: +43-1-869 5829-14 n MEDIASERVICE Manuel Katsikopoulos (manuel.k@laserverlag.at)
GRAFISCHE GESTALTUNG & WEB Andreas Laser n LEKTORAT Mag. Heidrun Schwinger n DRUCK Bauer Medien & Handels GmbH
GESCHÄFTSLEITUNG Silvia Laser (silvia.laser@laserverlag.at)
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architektur FACHMAGAZIN
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Architekturszene
Großwohnsiedlung Gellerup, Aarhus DK
© SLA
Wohnungsnahe Grünräume
zur Aufwertung urbaner Flächen
Für eine ausgewogene Architektur ist die Landschaftsplanung unverzichtbar:
Grünflächen schaffen und fördern neue Nutzungen in Wohnquartieren, reduzieren
Luftverschmutzung und wirken der Entstehung von Wärmeinseln entgegen. Verständlich,
dass immer mehr Wohnprojekte auf die Implementierung großflächiger,
zentraler Grünräume setzen. Grün- und Erholungsflächen sollen aber nicht nur
innerstädtische Freiräume, sondern gleichermaßen wohnungsnahe Naturareale
schaffen – gleichzeitig müssen sie ästhetisch und biologisch vielfältig, widerstandsfähig
und nachhaltig sein. Klar ist: Die Anforderungen an den städtischen Grünraum
sind gestiegen. Er ist heute weit mehr als schlichte Dekoration.
Text: Dolores Stuttner
Mit mehr Grün zu nachhaltiger
Stadtverdichtung
Beim Entwurf moderner Wohnsiedlungen
muss Vielseitigkeit an erster Stelle stehen.
Dies gilt sowohl für die räumliche Nutzung
als auch für die Verfügbarkeit von Versorgungseinrichtungen.
Das Pflanzen einiger
Bäume und die Implementierung von
Abstandsgrün entsprechen dabei nicht
mehr den heutigen Anforderungen an die
Architektur. Insbesondere in puncto Nachverdichtung
gibt es Aufholbedarf – bisher
konzentrierten sich Planer bei diesem
Thema vordergründig auf den baulichen
Aspekt. In erster Linie ging es also darum,
innerstädtische Lücken mit Wohn- oder
Bürobauten zu schließen, um eine hohe
Baudichte zu erzielen.
Diese singuläre Herangehensweise erweist
sich vor allem unter dem Gesichtspunkt der
Wohn- und Lebensqualität als problematisch.
Denn eine zu hohe Baudichte trägt im
Sommer unweigerlich zur Entstehung von
Hitzeinseln bei. Die betreffende Zone kühlt
dadurch selbst in der Nacht nicht ausreichend
ab. Die Bauten geben die gespeicherte
Wärme an ihre Umgebung ab, wodurch
die Temperaturen selbst nach Sonnenuntergang
nicht weit unter 30 °C fallen. Diese
Entwicklung gefährdet die Gesundheit der
Stadtbewohner und ist im schlimmsten Fall
lebensgefährlich.
Für das Ortsbild sind Grünräume ebenfalls
von Bedeutung. Sie lockern die Stadt auf
und schaffen öffentliche Aufenthaltsräume
– mittlerweile setzen Planer Freiflächen bewusst
zum Aufwerten von Siedlungen oder
gar ganzen Stadtteilen ein.
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Architekturszene
Schrumpfende Städte mit
Grünflächen sanieren
Durch die bewusste Integration von Freiflächen
ergeben sich für den Stadtumbau große
Chancen. Es sind sowohl das Wachstum
als auch die Schrumpfung ein essenzieller
Bestandteil der Stadtentwicklung. Mit der
zunehmenden weltweiten Verstädterung
tritt nämlich gleichermaßen das gegenteilige
Phänomen häufiger in Erscheinung. Für
die Schrumpfung gibt es mehrere Gründe:
Sie ist unter anderem auf die Suburbanisierung,
politische Entscheidungen, punktuelle
und einmalige Zusammenbrüche
sowie auf den industriellen Strukturwandel
zurückzuführen. Sind die damit verbundenen
räumlichen Veränderungen dauerhafter
Natur, braucht es für den Umgang
mit Leerstand, Brachen und Abriss nachhaltig
tragbare Konzepte. Und hier kommt
– neben der klassischen Bauplanung – die
Landschaftarchitektur ins Spiel. Beim Umbauprozess
entstehen Flächenreserven, die
Planer so aufbereiten sollen, dass sie ihrem
aktuellen Potenzial und künftigen Nutzungen
gerecht werden. Es ist die Schrumpfung
dabei nicht als Verlust von Urbanität
anzusehen, sondern vielmehr als Chance,
eine Stadt mit mehr Grün- und Freiraum zu
versehen. Eine Großstadt kann durchaus
kompakt und grün zugleich sein. Dafür ist
es aber notwendig, die Freiraumplanung ins
Zentrum der planerischen und gestalterischen
Disziplinen zu rücken.
Bei der „entdichtenden Landschaftsarchitektur“
handelt es sich übrigens nicht um
ein historisch unbekanntes Phänomen. Bereits
1945 suchten Experten in Europa nach
Wegen, kriegszerstörte Siedlungen mithilfe
von Naturflächen zu sanieren. Auf diese
Weise ließen sich einige neue Vorstellungen
von der Stadt umsetzen. Konkret heißt das:
Großwohnsiedlung Gellerup, Aarhus DK
© SLA
Großwohnsiedlung Gellerup, Aarhus DK
© SLA
Die Anlage von Grünräumen erhöht den
planerischen Spielraum. Diese Maßnahme
gewährleistet eine Mischung aus Urbanität
und Natur, die letzten Endes die Lebensqualität
der Bewohner maximiert. Und das
unter der Berücksichtigung des Ortsbilds.
Grünflächen haben aber nicht nur ökologische
und gestalterische Vorteile. In den
USA wiesen Studien einen Zusammenhang
zwischen Parks und Kriminalität nach. Gibt
es in einer Stadt mehr Grün, sinkt die Zahl
der Straftaten – dafür wurden Daten aus
über 60.000 Wohnanlagen in 301 US-amerikanischen
Großstädten gesammelt.
Grünraum in Großwohnsiedlungen –
von der Brache zur Freizeitfläche
Eine besondere Herausforderung stellen
für die Landschaftsarchitektur Großwohnsiedlungen
dar. Gekennzeichnet sind
Wohnkomplexe am Stadtrand durch große
Abstände zwischen den massiven Bauten.
Ursprünglich handelte es sich bei den Freiflächen
um Grasland, das in erster Linie als
Abstandsgrün fungierte.
Heute sind die Anforderungen an den
Stadtraum und seine Grünflächen gestiegen.
Städte widmen sich bereits seit einigen
Jahrzehnten verstärkt der inneren
und äußeren Sanierung der Siedlungen.
Einen Neuanstrich erhalten dabei vielerorts
auch die ehemaligen Brachen. Ein Positivbeispiel
dafür ist die Neugestaltung der
Großwohnsiedlung Gellerup im dänischen
Aarhus – dieser Ortsteil, auch Gellerupparken
genannt, ist Dänemarks größter
Wohnkomplex. Die Errichtung der vier- bis
achtstöckigen Bauten erfolgte zwischen
1968 und 1972 zur Bekämpfung der Wohnungsnot
im Land. Die Bauten enthalten
insgesamt 1.776 Wohnungen.
u
architektur FACHMAGAZIN
8
Architekturszene
Meifeng Community Park, Guangdong, China
© Ruihua Liang
Im Laufe der darauffolgenden Jahrzehnte
war die Siedlung einer baulichen und sozialen
Degradierung ausgesetzt – ein Schicksal,
das sich in den 1990er-Jahren viele
Großwohnprojekte teilten. Der Bezirk war in
dieser Zeit von hoher Kriminalität geprägt
und galt als Ghetto. Dazu trugen die trostlose
Gestaltung der Umgebung, die großen
Abstände zwischen den Gebäuden und die
Konstruktionsfehler an den Betonbauten
bei. Der zunehmende bauliche Verfall resultierte
zudem im Leerstand zahlreicher
Wohnungen. Aufgrund dieser Entwicklung
erwog Aarhus sogar den Abriss der Wohnblöcke.
Doch entschied sich die Regierung
mit der Umsetzung des Masterplans im
Jahr 2007 für die soziale und architektonische
Sanierung des Bezirks. Besondere
Aufmerksamkeit ließ die Stadt dabei auch
den Grünflächen zukommen. Und zwar widmete
sich dieser Aufgabe das erfahrene
Landschaftsarchitekturbüro SLA. Bereits
seit 30 Jahren gestaltet das Unternehmen
öffentliche Freiräume auf der ganzen Welt.
Für Gellerup entwarfen die Planer einen
Naturpark mit künstlich angelegten Gewässern
und mehreren Aufenthaltsmöglichkeiten
– Ziel war es, aus der sogenannten
„Wohnmaschine“ einen nachhaltigen und
lebenswerten Stadtteil zu machen. Vom
Park profitieren letzten Endes sowohl die
Bewohner der Großwohnsiedlung als auch
alle Einwohner von Aarhus. Die Grünfläche
wertet somit nicht nur einen bestimmten
Stadtteil, sondern gleichermaßen die gesamte
Großstadt auf. Der neue Park hat so
durchaus einen wegweisenden Charakter
und gewährleistet in einem ehemals aussterbenden
Quartier neue Nutzbarkeiten.
Sanierungen um einige Grünflächen reicher.
Eine beliebte Strategie nachhaltiger Stadtentwicklung
ist die sogenannte „Renaturierung“.
Dieser Begriff beschreibt Stadtumbauprojekte,
bei denen von Menschen
genutzte Flächen in einen möglichst natürlichen
Zustand zurückgeführt werden.
Gegenstand dieser Maßnahmen können
unter anderem ehemalige Industriegebiete,
aber auch aufgelassene Infrastruktur- oder
Siedlungsflächen sowie Fließgewässer sein.
Es ergibt sich dadurch viel Spielraum für die
Integration der Natur in die Stadt. So entstehen
nicht nur parkartige, sondern gleichermaßen
produktive Landschaften mit
landwirtschaftlicher Nutzung sowie extensiv
gepflegten Erholungsflächen.
Renaturierungsprojekte bringen zahlreiche
Vorteile mit sich. Diese Maßnahmen haben
unter anderem eine Verbesserung des
Stadtklimas, die Erhöhung der Wasserqualität,
die Aufwertung von Stadtquartieren,
eine höhere Biodiversität sowie einen besseren
Hochwasserschutz zur Folge. Obendrein
schaffen Planer damit zusätzlichen
Erholungsraum für die Bevölkerung. Zahlreiche
Städte widmen sich dafür verstärkt
der Revitalisierung von Parkanlagen. Als
Beispiel ist hier der Meifeng Community
Park in Guangdong, China zu erwähnen. Das
Architekturbüro ZIZU Studio widmete sich
im Rahmen eines Stadterneuerungsprogramms
der Neugestaltung der zentralen
Grünfläche. Der Park fungiert heute als verbindende
Grünfläche, die den dicht besiedelten,
industriell geprägten Stadtteil aufwertet.
Gleichzeitig schufen die Planer mit
ihr einen vielfältigen Lebensraum für Tiere
und Pflanzen. Bei der Neugestaltung der
Grünfläche setzten die Planer auf Offenheit,
Ökologie sowie Vielfalt – diese Eigenschaften
machen die Parkanlage zu einer komplementären
Bereicherung für den Bezirk.
Geht es um die Grünraumplanung in Städten,
stellt sich die Frage, wie die Disziplin
die Anforderungen an die heutige und zukünftige
Ortsplanung meistert. Architekten
sind mehr denn je gefragt, interdisziplinär
zu agieren, um individuelle und ausgewogene
Lösungsansätze zu schaffen. •
Die Landschaftsplanung der Zukunft
Junge Siedlungen stehen mittlerweile ganz
im Zeichen der Natur. Und das gilt nicht nur
für Projekte in den Außenbezirken. Auch innerstädtische
Gebiete werden im Zuge von
Meifeng Community Park, Guangdong, China
© Ruihua Liang
9
Magazin
für Nachhaltigkeit und Ökonomie
für Nachhaltigkeit und Ökonomie
Deutsches
Institut
GESICHERTE
NACHHALTIGKEIT
Deutsches
CO2-
NEUTRAL
Institut
Deutsches
Institut
für Nachhaltigkeit und Ökonomie
KLIMA-POSITIV
PRÜFSIEGEL 2022
Investition in die
Zukunft
PRÜFSIEGEL 2022
Investition in die
Zukunft
PRÜFSIEGEL 2022
Investition in die
Zukunft
architektur FACHMAGAZIN
10
Magazin
Alles auf Schiene
In Kooperation mit dem National Trust verwandelten Twelve Architects das stillgelegte
Castlefield-Eisenbahnviadukt im Herzen von Manchester in einen öffentlichen
Park. Er soll dem denkmalgeschützten Wahrzeichen der Stadt neues Leben
einhauchen, sowohl Bewohner als auch Touristen anziehen und als partizipatives
Pilotprojekt die Bevölkerung in die Revitalisierung des historischen Bauwerks
miteinbeziehen.
Text: Edina Obermoser Fotos: David Bewick / Twelve Architects
Die im viktorianischen Stil gestaltete Güterzugtrasse
verkörpert ein Stück des kulturellen Erbes der Industriestadt.
Während man über das Viadukt einst Waren
in die Stadt hinein und hinaus transportierte, wurde
es seit der Schließung des Hauptbahnhofs Manchester
1969 nicht mehr genutzt. Verantwortlich für das
Sanierungs- und Umnutzungsprojekt zeichnete der
für Denkmalpflege und Naturschutz zuständige National
Trust. Im ersten Schritt konzipierte man den Park
lediglich als temporäre Maßnahme. In weiterer Folge
sollen dann die Nutzer über seine Zukunft entscheiden:
Sie haben ein Jahr lang die Möglichkeit, den urbanen
Grünraum zu testen, Anregungen für die Umsetzung
der zweiten Phase zu liefern und sich so in
die dauerhafte Erneuerung der Trasse einzubringen.
www.architektur-online.com
11
Magazin
Der Ausgangsentwurf für den Park stammt vom britischen
Büro Twelve Architects. Dieses entwickelte
ein modernes Konzept, welches die Originalstruktur
aus Gusseisen und Stahl saniert und neu bespielt. Bei
der konstruktiven Adaptierung des Castlefield-Viadukts
bekamen die Londoner Planer Unterstützung
von den Experten von Arup. Wo in den letzten Jahren
unkontrolliert Büsche und Sträucher auf der verwitterten
Brücke wucherten, gibt es nun drei verschiedene
Zonen. Ein Ankunftsbereich empfängt Parkbesucher
mit einem Kiosk und Sitzgelegenheiten. Von
dort aus kann die öffentliche Grünfläche auf eigene
Faust oder mit einer geführten Tour erkundet werden.
Der eigentliche Park versteckt sich hinter einer
Hecke, die als grüner Vorhang dient und neugierig
machen soll. Im mittleren Abschnitt steht – abgesehen
von minimalen Eingriffen – die Trag struktur der
Eisenbahntrasse im Mittelpunkt. Nutzer werden hier
eingeladen, sich künftige Gestaltungsmöglichkeiten
vorzustellen. Die letzte Etappe stellt ein potenzielles
Nutzungsszenario des Viadukts vor. Große Pflanztröge
aus orange-rotem Cortenstahl setzen links und
rechts farbige Akzente und greifen die Optik der
angrenzenden Backsteinbauten auf. In ihnen wächst
ein üppiger Garten mit Pflanzen und Sträuchern.
Eine flexible Anbaufläche bietet Partnerorganisati-
onen Platz für wechselnde Installationen. Den Abschluss
bildet ein Veranstaltungsgebäude am Ende
des Parks. Durch seine große Verglasung überblickt
es den unberührten Teil des Eisenbahn viadukts.
Künftig soll die neu belebte Trasse nicht nur mehr
Natur in die Industriestadt bringen, sondern auch die
wichtigsten öffentlichen Orte und Grünflächen Manchesters
verbinden. Bleibt abzuwarten, wie sich der
Ort unter Berücksichtigung der Wünsche der Bevölkerung
noch verändert.
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BAUT BRÜCKEN IN
EINE CO2-NEUTRALE
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Beton aus Österreich ist bereits heute Spitzenreiter, was die Reduktion von
CO2 in der Herstellung betrifft. Nirgendwo sonst auf der Welt wird Beton so
CO2-sparend produziert wie bei uns. Doch wir haben große Ziele: null CO2
bis 2050! Dank innovativer Technologien kommen wir unserem Ziel Schritt
für Schritt näher – und schlagen heute die Brücke in unsere Klimazukunft.
architektur FACHMAGAZIN
12
Magazin
www.architektur-online.com
13
Magazin
Mut zum Risiko
Was mit einem Grundstück inmitten des New Yorker Stadtteils Brooklyn tun,
das zwar gute 30 Meter tief, aber nur rund vier Meter breit ist? Am besten
etwas wagen und kreativ werden, so wie Karolina Czeczek und Adam Frampton
mit ihrem Team des ortsansässigen Architekturstudios Only If. Der Neubau
eines Einfamilienhauses schließt an eine bestehende Häuserzeile an und füllt
eine Baulücke zum Teil auf.
Text: Linda Pezzei Fotos: Iwan Baan, Naho Kubota
“Die Entdeckung dieses leerstehenden Grundstücks
in New York City war das Ergebnis einer sechsmonatigen
Suche nach unterschätzten, ungewöhnlichen
oder übrig gebliebenen Flächen, die zu Wohnraum
werden könnten. Als wir das leerstehende Grundstück
in Bedford-Stuyvesant fanden, wussten wir,
dass es Potenzial hatte, aber waren uns nicht sicher,
ob es im Rahmen des Bebauungsplans überhaupt
bebaut werden konnte. Wir mussten ein Risiko eingehen”,
so Frampton.
Obwohl ein Flächennutzungsbeschluss aus dem Jahr
1961 den Neubau von Wohngebäuden auf Grundstücken
von weniger als 18 Fuß Breite (rund 5,5 Meter)
in New York City generell verbietet, konnte in diesem
speziellen Fall eine Ausnahmeregelung erwirkt werden.
Als größte Gestaltungshindernisse empfanden
die Architekten im Zuge der Planung allerdings weniger
die begrenzte Grundstücksfläche als vielmehr
den Umgang mit dem Tageslicht und die interne
Erschließung. Die Bebauungsvorschriften diktierten
ohnehin das Volumen des Gebäudes, das hauptsächlich
in schwarzem Stuck ausgeführt wurde. Der Rest
der Fassade zur Straße und zum Hinterhof besteht
aus einer vorgehängten Glasfassade, die das Tageslicht
ins Innere leitet.
„Durch die großformatigen Fenster hat die Landschaft
eine unerwartete Präsenz im Inneren des Hauses.
Der Wechsel der Jahreszeiten, die Schatten, die
Farben und die Bewegung der Bäume lassen uns die
natürliche Umgebung in einer ansonsten dicht bebauten
Nachbarschaft sehr bewusst wahrnehmen”,
erklärt Czeczek die Vorzüge eines Konzepts, das
ohne innere Scherwände auskommt, da das Gebäude
an der vorderen und hinteren Fassade betreffend der
seitlichen Stabilität ausgesteift wurde. So konnte der
Rest der Räume offen und luftig gelassen werden –
ein extremer Gewinn bei nur 335 Zentimetern nutzbarer
Breite im Innenraum.
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architektur FACHMAGAZIN
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Magazin
Anstelle von Wänden schafft ein Split-Level-System
räumliche Abgrenzungen zwischen den verschiedenen
Wohnfunktionen. Der vertikale Hohlraum innerhalb
der zentralen, perforierten Stahltreppe wurde
als Lichtschacht konzipiert, der – in der Mitte des
Volumens situiert – weiteres Tageslicht einbringt. Das
leicht über das Straßenniveau angehobene Erdgeschoss
umfasst einen offenen Raum zum Wohnen, Essen
und Kochen und öffnet sich im hinteren Teil über
eine überdimensionale Glasschwenktür zum Hinterhof.
Im Obergeschoss befinden sich auf verschiedenen
Ebenen zwei Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer,
das in ein drittes Schlafzimmer umgewandelt
werden könnte. Die Planung? Kein Problem: Die Architekten
waren in diesem Fall gleichsam die Bauherren.
Das Wagnis hat sich bezahlt gemacht: Das Narrow
House wurde als spezifische architektonische Lösung,
die auch Prototyp für die Thematik der Nachverdichtung
und eine Polemik über das Potenzial
für typologische Erfindungen in limitierten urbanen
Rest räumen ist, für den Mies Crown Hall Americas
Prize 2022 nominiert.
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Magazin
KALDEWEI DUSCHBODEN SUPERPLAN ZERO
Choreografien aus Präzision und Eleganz
SUPERPLAN ZERO aus Stahl-Emaille verbindet die Kraft des Stahls mit
der Schönheit der Glasoberfläche in einem Duschboden. Edel und voller
Anmut fügt er sich in die Gesamtkomposition des Raumes ein.
PHOTOGRAPHER Bryan Adams
Visit KALDEWEI.DE
DANCER FEDERICO SPALLITTA
architektur FACHMAGAZIN
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Magazin
Urbanes Wohnen
im Grünen
Mit Selma am Park wächst das autofreie Stadtquartier auf dem Siemens äcker-
Areal in Wien Floridsdorf um drei neue Wohnbauten. Der Entwurf für die
65 Wohneinheiten mit insgesamt 5.100 m 2 Nutzfläche stammt von den spanischen
Arenas Basabe Palacios Arquitectos, die ihn in Kooperation mit dem vor Ort ansässigen
Büro Soyka-Silber-Soyka umsetzten. Wie auch die anderen Neubauten in
dem Viertel orientiert sich das Projekt an fünf Säulen.
Text: Edina Obermoser Fotos: Kurt Hoerbst
Für das 8 ha große Quartier wurde vorab im Zuge
eines kollaborativen Prozesses von den verschiedenen
Akteuren ein gemeinsamer Qualitätenkatalog
entwickelt. Das bauliche Trio fügt sich am Rande der
Siemensäcker ein und setzt sich aus L-förmig angeordneten
Blöcken zusammen. Mit drei verschiedenen
Größen sowie den dazwischenliegenden Freiflächen
nehmen sie Bezug auf die Topografie des Grund-
stücks und die Maßstäbe der Umgebung. Während
der östliche Baukörper mit seinen sechs Geschossen
die Höhe der anderen Wohnkomplexe auf dem Areal
aufgreift, passen sich die beiden anderen, niedrigeren
Volumen der kleinteiligen Nachbarbebauung in
westlicher Richtung an. Vor- und Rücksprünge sowie
auskragende Balkone lockern die Ansichten der
schlichten Quader auf.
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17
Magazin
Als Hauptfortbewegungsmittel des Stadtquartiers
gilt das Fahrrad. Gemäß den kollektiven Richtlinien
des Masterplans unterstützen auch die Außenflächen
von Selma am Park die Erschließung auf zwei
Rädern und nutzen das bewegte Gelände mit großen
Sammelgaragen in der Sockelzone bestmöglich aus.
In allen drei Trakten gibt es Gemeinschaftsbereiche
wie Küchen, Sonnenterrassen und Spielplätze, die
das Miteinander in den Vordergrund rücken. Jede
der 65 Wohnungen erhält mit Balkon, Veranda, Terrasse
oder Garten außerdem einen privaten Freibereich.
Dieser geht dank der dazwischenliegenden,
abwechslungsreich gestalteten Grünräume teils fließend
in die öffentlichen Zonen über. In den Gartenund
Außenflächen wählte man ausschließlich heimische
Pflanzen und Bäume. Alle Einheiten sind zudem
jeweils rund um einen versorgenden Kern organisiert.
Die nach außen gerichteten Wohnräume garantieren
den ganzen Tag über maximalen Tageslichteinfall.
Als letztes von fünf Kriterien sollte die Wahl regionaler
Materialien für die Nachhaltigkeit des neuen
Siemensäcker-Areals sorgen. Dafür kombinierte
das Planerteam aus Madrid ein Betontragwerk mit
Holzakzenten aus Lärche. Der Naturwerkstoff akzentuiert
in Form von Fensterläden die Fassaden und
kleidet die Ansichten der Einschnitte in der schlichten
Kubatur. Auch beim Innenausbau kam Holz zum
Einsatz. Dort verleiht es den Räumen eine gemütliche
Atmosphäre und rundet das Neubau-Trio Selma am
Park so dezent und stimmig ab.
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18
Magazin
Am Yachthafen
Direkt am Handelskai zu wohnen, bedeutete bislang vor allem den Ausblick auf
eine mehrspurige Straße und die dahinter liegende Eisenbahntrasse. Dass sich
direkt hinter diesen beiden Verkehrswegen ein attraktiver Yachthafen befindet
und sowohl die Naherholungsgebiete Wiener Prater und Donauinsel als auch die
Wiener Innenstadt fußläufig erreichbar sind, gerät dabei oft in Vergessenheit. Der
2022 fertiggestellte Marina Tower wird der perfekten Lage nun mit einem hochwertigen
Wohnbauprojekt mit Weitblick gerecht.
Text: Heidrun Schwinger Fotos: pierer.net
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Zechner & Zechner Architekten entwickelten für die
BUWOG Group ein zweiteiliges Hochhaus mit 521
hochwertig bis luxuriös ausgestatteten Wohneinheiten.
Diese befinden sich in zwei Wohntürmen, wobei
der höhere, „High Rise“, 41 Stockwerke auf gesamt 138
Metern misst und beeindruckende Ausblicke auf Donau
und Prater eröffnet. Der zweite, „Low Rise“, bietet
zudem über eine einladende Dachterrasse inklusive
Spielplatz einen großflächigen Freiraum, ebenfalls
mit traumhaftem Ausblick. Gemeinsam umfassen sie,
exklusive der zahlreichen Außenbereiche, eine Nutzfläche
von 39.500 m². Vor den Wohntürmen befindet
sich das ebenfalls neu errichtete „Marina Deck“, eine
großflächige Überplattung des Handelskais und der
Eisenbahntrasse, die den Wohnbau und mit ihm auch
die umliegenden Teile des 2. Wiener Gemeindebezirk
direkt mit dem Marina Yachthafen verbindet.
Das „Marina Deck“ fungiert als barrierefreier, öffentlicher
Zugang für Fußgänger und Radfahrer aus dem
Grätzel direkt an das Donauufer, das somit endlich
auch seinem Potenzial als naturnaher Erholungsraum
gerecht werden kann. Die beiden Bauteile des
„Marina Tower“ sitzen auf einem gemeinsamen Sockel,
der zur stadtseitigen Straßenfront eine mehrgeschossige
Arkade ausbildet. Ein zentrales, mit
Glas gedecktes Atrium erschließt die Haupteingänge
in das Gebäude und in weiterer Folge auch eine
Freitreppe zum „Marina Deck“. Auf derselben Ebene
sind zahlreiche Freizeit- und Erholungseinrichtungen
sowie vielseitige Einkaufsmöglichkeiten untergebracht,
vom Nahversorger über diverse Shops
und Gastronomiebetriebe bis hin zu Fitnesscenter
und Kindergarten ist an alles gedacht.
Eine U-Bahn-Haltestelle direkt vor der Haustür des
„High Rise“ Towers sorgt für eine optimale Verkehrsanbindung.
Die im städtischen Wohnbau obligaten
Stellplätze in den drei Untergeschossen werden
durch große Fahrradgaragen sowie einen Car- und
Bikesharing-Stützpunkt komplettiert. Somit fällt es
leicht, auf den eigenen PKW zu verzichten.
Passend dazu setzt das nachhaltige Gebäudekonzept
auf die Nutzung regenerativer Energiequellen in
Form von Geothermie für Heizung und Kühlung sowie
auf eine gut gedämmte Gebäudehülle. Diese ist mit
hinterlüfteten Faserzementplatten verkleidet Die im
Kontrast zu der dunklen Gebäudehülle weiß gestaltete
Balkon-Loggienstruktur ist aus thermisch getrennten
Betonfertigteilen vorgehängt. Über mehrgeschossige,
begrünte Atrien fällt natürliches Licht bis in den
innenliegenden Erschließungskern. Raumhohe Fenstertüren
gewährleisten zudem eine optimale natürliche
Belichtung der Wohnungen. Diese sind auf Grund
der Konstruktion des Turms mit tragendem Kern und
tragender Außenwand in ihrem jeweiligen Grundriss
flexibel konfigurierbar, sind teilweise als zweigeschossige
Maisonette mit interner Treppe organisiert
und differieren in ihrer Größe von 45 bis 305 m².
19
| MT12-02G |
Magazin
Medien- und Steuerungstechnik
auf einer Plattform:
mit PC-based Control
Control
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Gerätemanagement
Audio
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Beleuchtung
Fassade
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Lüftung,
Klima
Mediensteuerung
Medientechnik neu gedacht: Als Spezialist für PC-basierte Steuerungssysteme
ermöglicht es Beckhoff mit einem umfassenden und
industrieerprobten Automatisierungsbaukasten, Multimedia,
Gebäudeautomation sowie Entertainmentkonzepte vernetzt und
integriert umzusetzen. Mit der modularen Steuerungssoftware
TwinCAT und direkter Cloud- und IoT-Anbindung werden alle
Gewerke von der A/V-Technik über die Gebäudeautomation
bis hin zu Digital Signage Control, Device Management und
Condition Monitoring, auf einer Plattform kombiniert. Hinzu kommt
die maximale Skalierbarkeit aller Komponenten und die Unterstützung
aller gängigen Kommunikationsstandards. So schafft Beckhoff die
Grundlage für neue mediale und architektonische Erlebniswelten.
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Beckhoff Highlights
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Medientechnik
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IoT
architektur FACHMAGAZIN
20
Öffentlicher Raum
Der öffentliche Raum:
inklusives Luxusgut aller
Mark Neuner von Mostlikely im Interview
Interview: Linda Pezzei
Mostlikely ist ein interdisziplinäres Büro, das in den
Bereichen Architektur, Design und Research arbeitet.
Im Mittelpunkt der Arbeiten stehen großmaßstäbliche
Masterpläne, öffentliche Räume, Gebäude und Installationen.
Die enge Verzahnung von gebauten Projekten
mit angewandter Forschung zeigt sich in spezifischen
Arbeitsformaten, die in enger Kooperation mit Universitäten,
Architekturinstitutionen und der österreichischen
Holzindustrie weiterentwickelt werden. Die Arbeiten
von Mostlikely wurden mehrfach auf nationalen und internationalen
Biennalen für Architektur ausgestellt und
anhand von Workshops, Vorträgen und Publikationen
einem größeren Publikum vermittelt.
Mark Neuner befasst sich gemeinsam mit seinem
Team bereits seit einem Jahrzehnt damit, wie sich
unsere Umgebung in Bezug auf Architektur, Teilhabe
und innovative Formen des Zusammenlebens
nachhaltig gestalten lässt. Die Plattform Mostlikely
funktioniert in diesem Zusammenhang einerseits
als klassisches Architekturbüro und andererseits im
Rahmen der Arbeitsmethode SUDDEN WORKSHOP
als interaktives Kollektiv, das sich den öffentlichen
Raum zurückerobert und im Sinne aller bespielt und
gestaltet. Dabei geht es den Visionären darum, Ideen
zu gemeinschaftlich genutzten Stadträumen in Form
von temporären Prototypen in offenen Bauaktionen
zu realisieren und für eine kurze Zeit zu betreiben.
Diese Erfahrungen und Ideen fließen wiederum in
das COMMON SPACE Projekt ein und werden zu
Strategien verdichtet, um diese langfristig auf unsere
Städte anzuwenden. Das Ziel ist eine offene Stadt, die
allen gehört – in der Synergien und Kooperationen
mit persönlicher Entfaltung und Selbstbestimmung
einhergehen. Als Gründungsmitglied des TEAM
WIEN, einem Zusammenschluss von jungen Designschaffenden
aus der österreichischen Hauptstadt,
legen Mostlikely entsprechend Wert darauf, kritische
Fragen öffentlich zu diskutieren und dadurch Grenzen
zu überwinden und Veränderungen anzustoßen.
Mark Neuner gibt im Interview Einblicke an die Herangehensweise
und zeigt neue spannende Wege für
die Zukunft unserer Städte auf.
© mostlikely / studiomato
www.architektur-online.com
21
Mostlikely
© Mostlikely Design
plaudereckn
Park macht Platz
© Mostlikely Architecture
Mit Mostlikely haben Sie eine Plattform geschaffen,
die Architektur, Design und Forschung verbindet
und entsprechend vielseitigen Output produziert –
was haben die Projekte dabei immer gemein?
Wir haben uns auch die Frage gestellt, ob es in unseren
Projekten – oder besser gesagt in unserer Herangehensweise
– eine Gemeinsamkeit gibt. Uns war
es wichtig, darauf eine Antwort zu formulieren, damit
wir diese Erfahrungen als Potenzial von Anfang an
in unsere Projekte integrieren können. Dabei ist es
uns immer wichtig, einen vielfältigen Prozess aufzuspannen,
damit wir mit möglichst viel Expertise und
zukünftigen Stakeholdern in einem interdisziplinären
Team arbeiten können. Diese Herangehensweise bezeichnen
wir als Co-Creation. Einen zweiten wichtigen
Ansatz für unsere Projekte im öffentlichen Raum
bildet unser COMMON SPACE Stadtmodel. Dieses
liefert Ansätze für die Herausforderungen und Chancen
unserer Zeit, um unsere Städte resilient für die
Zukunft zu gestalten. Architektur muss gemeinsam
mit sozialen, digitalen und ökologischen Innovationen
weiterentwickelt werden. Die Common Spaces
erweitern die bestehende Stadt mit neuen, öffentlichen
Typologien und bieten offene Nutzungsmöglichkeiten,
die uns unterstützen, einen nachhaltigen
Lebensstil zu etablieren. Die dritte Gemeinsamkeit
bildet unser Streben nach einer zirkulären Architektur
im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Bei dieser geht
es nicht nur darum, ökologisch zu bauen, sondern
sortenrein zu planen und Bauteile und Materialien
wiederzuverwenden. Man fängt die Gebäude vom
Rückbau an zu konzipieren. Oft gehen damit höhere
Preise einher, weshalb es uns nicht immer gelingt,
Bauherr:innen davon zu überzeugen. Aber es geht
darum, ein Umdenken anzuregen und Lösungen
dafür aufzuzeigen. Diese drei Ansätze haben wir zu
Leitfäden verdichtet und auf unserer Homepage offen
zugänglich gemacht.
Was verstehen Sie persönlich unter öffentlichem
Raum und welche Gestaltungsmöglichkeiten hat man
als Architekt (im besten Falle)?
Wenn wir unsere Wohnungen verlassen, nehmen wir
meist nur den Abstand zwischen den Häusern und
Straßen und ein paar Plätze dazwischen als öffentlichen
Raum wahr. Dieser sollte in meinen Augen
aber mehr bieten, zur Interaktion anregen. Dabei
muss öffentlicher Raum nicht unbedingt nur außen
stattfinden, es kann sich auch um eine Werkstatt,
ein Schwimmbad, einen Marktplatz oder Ähnliches
handeln. Anstatt dass jeder seinen Privatraum nur
für sich nutzt, wäre es schöner, wenn halböffentliche
Räume für alle zur Verfügung stünden. Im Rahmen
des COMMON SPACE MODELS sehen wir die Stadt
als öffentliche Ressource. Wir filtern heraus, welche
Räume ungenutzt bleiben und wie man diese neu organisieren,
neue Typologien schaffen kann, um letztlich
einen inklusiven Luxus für alle zu schaffen. Die
Digitalisierung verstehen wir in diesem Zusammenhang
als Chance, Räume zu erschließen und Verantwortung
zu teilen.
Warum befassen Sie sich gerne mit der Konzeption
von öffentlichen Räumen und inwiefern ist das für
unsere Gesellschaft wichtig und relevant?
Das Thema liegt mir sehr am Herzen, weil es unser
tägliches Zusammenleben beeinflusst. Aktuell ist öffentlicher
Raum auch einem enormen Druck ausgesetzt:
Die meisten Städte wachsen rasant. Dadurch
entstehen eine zunehmende Verdichtung und Verringerung
unseres persönlichen Raums. Das enge Zusammenleben
in Städten bietet aber auch ein enormes
Potenzial: Nicht jeder einzelne muss sich sein
exklusives Raumangebot selbst schaffen, dieses ausstatten,
warten und finanzieren. Dank technischer
Innovationen, aber auch einer Veränderung unseres
Blickwinkels, können wir uns diese Räume auch teilen
und umso höherwertiger gestalten und ausstatten.
Stadt wird so zur gemeinsamen Ressource, die vielfältige
Nutzungsangebote bereithält und uns in der
persönlichen Entfaltung fördert.
u
architektur FACHMAGAZIN
22
Öffentlicher Raum
SUNKEN CITY/DONAUVERSUM - Promenade
Wie wichtig wird das Projekt SUNKEN CITY/
DONAUVERSUM für den öffentlichen Freizeitraum
der Stadt Wien?
Einerseits konnten wir eine Menge an Aspekten, die
wir in jahrelangem Prototyping erforscht haben, in
den Masterplan einfließen lassen, andererseits durften
wir in einem sehr interessanten Projektteam und
in Kooperation mit vielen verschiedenen Partnern
tätig sein. Zu Beginn ging es darum, ein Nutzungsoder
Gestaltungskonzept zu entwickeln – bei Mostlikely
denken wir allerdings gesamtheitlich und unterscheiden
nicht zwischen Nutzung und Gestaltung.
So haben wir als interdisziplinär aufgestelltes Team
im ersten Schritt ein Nutzungskonzept entwickelt,
das aus drei Bereichen – SPORT, ARBEITEN sowie
KULTUR&BADEN – besteht, wobei jeder Teilbereich
ein eigenes Zentrum bildet. Sämtliche Angebote sind
jederzeit öffentlich zugänglich und können zum Teil
auch online reserviert werden. Bei der Konzeption
unserer öffentlichen Räume geht es nicht nur um das
Zonieren, sondern auch um die Betreuung und Pflege
der Bereiche – andernfalls bleiben uns nur unzerstörbare,
statische und sterile Orte, die wenig Raum zur
eigenen Entfaltung lassen.
Was ist an dem Ansatz besonders neuartig und
(warum) braucht Wien überhaupt neue Konzepte?
Ein wichtiger Ansatz bei unserem COMMON SPACE
MODEL ist die frühe Involvierung zukünftiger Betreiber:innen
und Nutzergruppen in der Konzeptionsphase.
So können wir die grundlegenden Prinzipien
für die spätere Fürsorge und Pflege der entstehenden
Nutzungsangebote erarbeiten. Eine wichtige Frage
dabei ist, was es an Organisation und Design bedarf,
dass ein so gedachter öffentlicher Raum nachhaltig
funktioniert. Wenn unsere öffentlichen Räume nicht
mehr unzerstörbar, fest montiert und dadurch extrem
reduziert in der Nutzung sein müssen, eröffnen
sich neue Gestaltungsmöglichkeiten. Dies sind eben
vielfältige und offene Nutzungsangebote, eine hochwertige
Ausstattung von öffentlichen Räumen, ein
digitales shared space Prinzip und innovative Betreibermodelle.
Wenn wir all diese Aspekte innerhalb des
DONAUVERSUM umsetzen können, erleben wir eine
neue Qualität an öffentlichem Raum. So wie Wien bereits
in der Zwischenkriegszeit das Fundament für
einen erfolgreichen Wohnbau gelegt hat, so kann die
Stadt Wien auch den öffentlichen Raum betreffend
eine Vorreiterrolle übernehmen.
© Mostlikely Architecture
SUNKEN CITY/DONAUVERSUM - Badezone
www.architektur-online.com
23
Mostlikely
© Mostlikely Architecture
Welche Rolle spielen Materialität und Bepflanzungen
für Mostlikely im Zuge der Gestaltung von öffentlichen
Räumen?
In der Wettbewerbsphase des SUNKEN CITY/DO-
NAUVERSUM spielten Material und Grünräume noch
keine entscheidende Rolle, da die Definition der Nutzungsmöglichkeiten
hier Vorrang hatte. Bei der Ausarbeitung
dieses Konzepts liegt nun der Fokus stärker
auf der Materialität. Hierbei spielt aber auch das
Vorgefundene und dessen Wiederverwendung eine
große Rolle. Generell ist zirkulär gedachte Architektur
für uns immer ein Thema und an anderer Stelle
kann schon einmal das Material den Rahmen vorgeben.
Ein gutes Beispiel hierfür ist der Kulturpavillon,
der im Rahmen des Kultursommers Semmering
entstanden ist. Da es sich dabei um eine temporäre
Struktur handelte, spielte die Wahl der Materialien
und deren Rückbaufähigkeit von Beginn an eine
große Rolle. Grünräume anzubieten, ist uns natürlich
immer wichtig, denn auch die Umgebung prägt die
Architektur. Wenn sie dürfte, könnte die Freiraumplanung
in Österreich sehr viel mehr erreichen. Hier
scheitert es oft an zu knappen Budgets, vielleicht
fehlt bei den Gemeinden auch mancherorts noch
das entsprechende Bewusstsein. Dabei geht es nicht
nur um die Optik – Verschattung und Kühlung sind
gerade in Zeiten der Energiekrise ein Thema, wenn
es darum geht, ohne viel Technik eine Verbesserung
des (Stadt-)Klimas zu erreichen.
Inwieweit kann die Gestaltung öffentlicher Räume zu
einer besseren Identifikation der Bewohner mit ihrer
Stadt führen?
Da kommt mir die Broken-Windows-Theorie in den
Sinn: Je weniger einladend oder gepflegt sich ein Ort
präsentiert, desto eher wird er zerstört. Ich denke,
Gestaltung und Schönheit ziehen Respekt und eine
Identifikation mit dem Ort nach sich und bringen die
Menschen eher dazu, ihr Umfeld zu pflegen. Bei dem
Projekt „Weitsicht Cobenzl“, welches wir in Kooperation
mit dem Berliner Büro Realarchitektur realisiert
haben, stellte die öffentliche Aussichtswarte eine besondere
Herausforderung betreffend Fragen der Haftung
und Zugänglichkeit dar. Zum Glück konnten wir
in einem langen Prozess zusammen mit der Stadt an
diesem Konzept festhalten, denn die Leute strömen
heute zu diesem Ort, um miteinander auf die Stadt
Wien zu schauen. Als Architekt kann man also auch
die entsprechenden Voraussetzungen schaffen, öffentliche
Räume für die Zukunft zu sichern, und kleine
liebgewordene Rituale für das tägliche Leben ermöglichen.
Ich empfinde das als große Bereicherung, darüber
nachdenken zu dürfen, wie wir einen schönen
Moment durch öffentlichen Raum schaffen können –
sei es der Blick auf den Sonnenuntergang oder das
Tanzen und Sport im Freien. All das ist auch jetzt
schon ein Thema für uns, wenn wir uns mit dem Konzept
für SUNKEN CITY/DONAUVERSUM befassen.
Was ist ein besonders gelungenes Gestaltungsbeispiel
von öffentlichem Raum und warum?
Für mich ist das die Donauinsel in ihrer Gesamtheit:
Die Notwendigkeit des Hochwasserschutzes wurde
smart genutzt, um ein zentral gelegenes Freizeitareal
zu schaffen, das zum Glück nie bebaut wurde. Hier
liegt ein wesentliches Potenzial von Wien, das auch
Mitgrund für die hohe Lebensqualität der Stadt ist. •
www.mostlikely.at
Kulturpavillon Semmering
© Mostlikely Architecture
architektur FACHMAGAZIN
24
Verdichtung
Mind the Gap
Die zunehmende Urbanisierung, steigende Bodenpreise und eine stetig wachsende
Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in den Zentren unserer Metropolen
verlangen nach dem Ausloten neuer Wohnmöglichkeiten und innovativen architektonischen
Lösungsansätzen. Im Fokus: die Baulücke.
Text: Linda Pezzei
Die Verdichtung von urbanen Lebensräumen
steht bereits seit einiger Zeit im Fokus
von Städteplanern und Architekten. Unschön
klaffende Baulücken zu schließen,
bedeutet nicht nur potenziell bezahlbaren
Wohnraum zu schaffen, sondern auch ein
Stück Niemandsland wieder an den öffentlichen
Raum anzugliedern und die gesamte
Umgebung aufzuwerten. Effizienz und
Ästhetik spielen dabei eine ebenso große
Rolle wie Verständnis und Respekt für gewachsene
Strukturen und Proportionen.
Innovative Zwischennutzungsprojekte wie
Urban Gardening, Pop Ups, Food Trucks,
Märkte, Installationen und mehr können
im Vorfeld dabei helfen, ungenutzte Poten-
ziale aufzudecken oder – wie im Falle des
Konzepts der Manifesto Markets in Prag –
bereits beplante Bauflächen als Zwischennutzung
heute der breiten Bevölkerung zugänglich
machen, bevor sie ab Baubeginn
morgen an anderer Stelle zum Zusammenkommen
einladen.
Kein Wunder, dass die Baulücke per se ein
äußerst spannendes Spiel- und Handlungsfeld
für Entdecker, Architekten und Planer
darstellt. Begrenzung bedeutet eben oftmals
auch kreative Entfaltung, sodass “aus
der Not heraus” andernorts undenkbare
Lösungsansätze plötzlich völlig logisch
und konsequent erscheinen. In der konkreten
Umsetzung braucht es dafür aber
ebenso aufgeschlossene Bauherren und Investoren,
die diese Chancen erkennen und
nutzen möchten. Dabei weiß die Baulücke
mit einigen schlagenden Argumenten zu
überzeugen: Die Grundstücke liegen an einer
bereits bebauten Straße zwischen benachbarten
bebauten Grundstücken und
können sofort oder zeitnah bebaut werden.
Erschließungseinrichtungen sind zudem
bereits vorhanden oder ohne größeren Aufwand
zu realisieren – was die Baulücke im
Vergleich zum klassischen Neubau deutlich
günstiger macht.
Aus gestalterischer Sicht spannend ist auch
das umgebende Ensemble, das zum Einen
auf das einzufügende Objekt ausstrahlt,
zum Anderen ebenso von dem Schluss der
Lücke geprägt werden wird. Hier kann es, je
nach städtebaulichen Vorgaben und künstlerischer
Interpretation, zwei mögliche Antworten
geben: Anbiederung oder Abgrenzung
– wobei beide Varianten ihr Für und
Wider haben. Zahlreiche Beispiele rund um
die Welt zeigen, wie vielfältig, smart und inspirierend
mit Baulücken umgegangen werden
kann und warum es sich lohnt, weiter
darüber nachzudenken, wie sich auch der
engste Schlurf, der verwinkeltste Hof oder
die kleinste Parzelle aus dem Dornröschenschlaf
erwecken lassen könnten.
www.architektur-online.com
25
Die Baulücke
CARRER DE LA DEPUTACIÓ |
Barcelona, Spanien
Heim Balp Architekten nutzten in Kooperation mit
Derryk Dettinger Arquitecte ein lediglich siebeneinhalb
Meter breites und 28 Meter tiefes Grundstück
einer Baulücke an der Plaza de Toros in Barcelonas
Stadtteil Eixample auf den Millimeter aus, um dort
ein Apartmenthaus inklusive gemeinschaftlich genutzter
Strukturen zu realisieren. Die Fassade ist
geprägt von einem Gerüst aus dunkelrot getünchten
vertikalen Stahlträgern mit zwischenliegendem, beweglichem
Sonnen- und Blendschutz in der gleichen
Farbgebung – eine Referenz an die roten Ziegel in
der Umgebung.
Hinter diesem semitransparenten Vorhang befinden
sich 25 möblierte Wohneinheiten in Form von Mikro-Apartments.
In den privaten Wohneinheiten wurde
ganz am Puls der Zeit an Platz gespart, um an anderer
Stelle entsprechend großzügige gemeinschaftlich
genutzte Angebote zur Verfügung stellen zu können:
Das Carrer de la Deputació umfasst eine geräumige
Küche mit Ess- und Arbeitsplätzen, einen Aufenthaltsbereich
sowie eine Dachterrasse mit Pool und
Blick über die Stadt. Als Ergebnis findet sich unter
den Bewohnern eine vielfältige soziale Gemeinschaft
wieder, die das “Unser” im Gegensatz zum “Meines”
in den Mittelpunkt ihres Wohnumfelds stellt.
„Die Herausforderung bestand darin, eine effiziente
Nutzung für eine so schmale Baulücke zu finden und
alle Anforderungen an den Brandschutz zu erfüllen.
Dies gelang durch den Einbau von zwei in sich verschachtelten
Treppenhäusern. Ein innenliegender
Patio mit einem Glasaufzug verleiht dem Innenraum
trotz des geringen Ausmaßes räumliche Qualität.“
Heim Balp Architekten
Fotos: Filippo Poli
architektur FACHMAGAZIN
26
Verdichtung
Fotos: Filip Šlapal
“Das architektonische Hauptkonzept des Entwurfs
ist die Symbiose und emotionale Verschmelzung des
neuen Anbaus mit der bestehenden Gebäudestruktur,
jedoch mit einem zeitgenössischen, modernen
Ansatz und architektonischen Details, ohne dabei
historische Formen zu kopieren.”
IGLOO ARCHITECTS
HAUS IM INNENHOF |
Nové Město na Moravě, Tschechien
Den Geist des Ortes eines denkmalgeschützten historischen
Stadthauses und die Struktur der umgebenden
Bebauung erhalten und stärken und dabei
gleichzeitig erschwinglichen Wohnraum mit allen
Annehmlichkeiten schaffen – so das Briefing der
Bauherren für IGLOO ARCHITECTS, die dementsprechend
einen Erweiterungsbau in den Innenhof
des Bestandshauses setzten. In diesem Zuge sollten
auch Innen- und Außenraum mit Hof und Garten verbunden
werden. Eine Herausforderung in Anbetracht
des stark abfallenden Baugeländes.
Die Orientierung des Gebäudes nach innen richtet
sich nach der Qualität des Ortes, die aus der erhaltenen
historischen Struktur der Gebäude sowie
den Blickachsen auf die umliegenden Häuser, den
Kirchturm sowie die Schichtung der Dach- und Wandebenen
resultiert. Der Innenhof bietet Ruhe und
Privatsphäre und liegt dabei nur einen kurzen Fußmarsch
durch das Gebäude vom Stadtzentrum entfernt.
Ganz im Sinne der traditionellen Verwurzelung
des Bestands kamen vornehmlich lokal verwendete
Materialien wie Holz und Stahl, glatter, grau-weißer
Putz sowie Stein und Glas zum Einsatz. Die überwiegend
quadratisch ausgeführten Fensteröffnungen
wurden sorgfältig nur an den Stellen vorgesehen, an
denen sie wichtig und gerechtfertigt erschienen.
www.architektur-online.com
27
Die Baulücke
DODGED HOUSE | Lissabon, Portugal
Wie der Name andeutet, versucht das Dodged House
von Daniel Zamarbide (bureau) und Leopold Banchini
einen Ist-Zustand in Lissabon zu umgehen, zu überlisten.
Denn die Krise, die Portugal vor zehn Jahren
heimsuchte, hat eine unglaubliche Dichte an verlassenen
Räumen hervorgebracht. Baulücken in einem
übertragenen Sinne, eine Landschaft geschlossener
Gebäude mit undurchsichtigen Fassaden, leer und
verlassen, in Erwartung besserer Zeiten vorübergehend
im Licht der Sonne erstarrt. Dank eines sensiblen
und kultivierten Ansatzes der portugiesischen
Architekten vor Ort lösen sich mehr und mehr dieser
“baulichen Lücken” aus ihrer Starre und treiben den
rasanten Aufschwung vor Ort in Instagram-Manier
stetig voran.
Das Dodged House setzt in seiner architektonischen
Gestaltung auf Raum, Leere und Innenvolumen – sozusagen
die Effizienz der Landnutzung verweigernd.
Von dem 94 qm großen Grundstück sind nur 40 bebaut.
Dadurch wiederum ergibt sich eine Vielfalt von
Innen- und Außenräumen, die sich in einen Innenhof
erstrecken und die engen Räumlichkeiten umso luftiger
und heller erscheinen lassen. Obwohl im Inneren
herausragend, opulent und formgewandt ausformuliert,
fügt sich die Fassade des Hauses beinahe
schüchtern und zurückhaltend in den Straßenzug
ein, bleibt dabei undurchdringlich.
“Offensichtlich reagiert das Projekt auf die Komplexität
der funktionalen Anforderungen, die das Haus in
eine „Wohnmaschine“ verwandelt haben, und spielt
ganz bewusst mit der Geschichte des Modernismus
und seiner bewohnbaren Typologien. Obwohl das
Gebäude komplex erscheinen mag, ist es doch recht
einfach in seiner Art, den Raum zu besetzen und das
Programm in ein kleines Grundstück zu packen.”
Daniel Zamarbide und Leopold Banchini
Fotos: Dylan Perrenoud
architektur FACHMAGAZIN
28
Verdichtung
INFILL HOUSE & OFFICE |
Darlinghurst, Australien
RAAarchitects verwandelten einen ehemaligen, nur
27 qm großen Stellplatz für ein Auto in den Baugrund
für ein neues Wohnhaus, das über einen winzigen,
mit goldenen und weißen Mosaikfliesen verkleideten
gemeinsamen Innenhof mit dem bestehenden Bürogebäude
verbunden ist. Während der Parkplatz beibehalten
wurde, befinden sich darüber nun drei Etagen,
die den Schlaf- und Badbereich, eine Koch- und
Essebene sowie im obersten Stockwerk eine Lounge
inklusive Außenterrasse mit Blick über die Stadt umfassen.
Das visuelle und räumliche Herzstück des Entwurfs
ist die lasergeschnittene Stahlblechtreppe, die auf
so wenig Platz wie möglich über ein Außen- und
zwei Innengeschosse nach oben führt. Die blauen
Mosaikfliesen an der Gassenfassade verweisen auf
die Geschichte des Gebäudes als renommiertes Spa
und Sauna in der Blütezeit der Oxford Street in den
1980er und 1990er Jahren. Und tatsächlich scheinen
bei genauerer Betrachtung kleine Bläschen aus der
Tiefe der Fassade emporzusteigen, um in Richtung
“Wasseroberfläche” zu zerplatzen und in einem tiefen
Blau zu zerfließen.
Fotos: Brett Boardman
“Wir erwarten, dass das Gebäude die Umwandlung
weiterer ungenutzter „Dienstleistungszonen“ in der
Gegend anregen wird, um aktive und lebendige Gassenzonen
zu schaffen.”
RAAarchitects
www.architektur-online.com
29
Die Baulücke
LOVE2 HOUSE | Tokio, Japan
TAKESHI HOSAKA ARCHITECTS schufen auf einer Fläche von nur 18.84 m 2
im Zentrum von Tokio das neue Zuhause eines Paares, das dort trotz des geringen
Flächenangebots auf nichts verzichten muss. Der Entwurf zelebriert
scheinbar entgegen der urbanen Lage das Leben in und mit der natürlichen
Umgebung. Zwei Oberlichter leiten das direkte Licht von Sonne und Mond
in den Innenraum, auf der als Wohnraum gedachten Außenterrasse wird der
Wechsel der Jahreszeiten an heißen, kalten, sonnigen, regnerischen und verschneiten
Tagen sinnlich erlebbar.
Die Bewohner verstehen ihr Zuhause nicht als Minimierung, sondern als Maximierung
des Überflusses auf kleinstem Raum: Überall im Haus sind gesammelte
Schallplatten und Bücher aufgereiht, der Kräutergarten ist vom Esstisch aus
zum Greifen nah. Innen und außen verschmelzen scheinbar, jeder Zentimeter
ist sinnvoll genutzt und dennoch bietet das LOVE2 HOUSE mehr Freiraum als
so manche überdimensionierte Villa auf der grünen Wiese.
Fotos: Koji Fujii
“Eine Herausforderung bestand darin, dass Fahrzeuge
die Straße vor dem Gebäude nicht befahren
konnten und alle Baumaterialien von Hand getragen
werden mussten. Für den Beton wurde ein 50 Meter
langes Eisenrohr vorbereitet, durch das der Beton
gepumpt wurde.”
TAKESHI HOSAKA ARCHITECTS
architektur FACHMAGAZIN
30
Verdichtung
Keramische
Landmarke
Ilot Queyries / Bordeaux / MVRDV
Text: Edina Obermoser Fotos: Ossip van Duivenbode
Mit Ilot Queyries komplettierte MVRDV einen skulpturalen
Wohnkomplex in Bordeaux. Rund um einen
gemeinsamen Innenhof mit weitläufigen Grünräumen
konzipierte ihn das Planerteam als Block mit fast intimer
Kleinteiligkeit und einer innovativen Keramikhülle.
Das Projekt ergänzt die Stadt im Südwesten Frankreichs
um 308 neue Wohnungen, davon 163 Sozialwohnungen,
Gewerbeflächen und ein Restaurant auf dem
Dach mit spektakulärer Aussicht.
www.architektur-online.com
31
MVRDV
Direkt am namensgebenden Quai des Queyries befindet
sich der Wohnbau in La Bastide. Das Viertel
am rechten Ufer der Garonne ist bei Einwohnern und
Touristen gleichermaßen beliebt. Es lockt mit einem
Mix aus pulsierendem Nachtleben, revitalisierten Industriegebäuden,
einem gemischtem Kulturangebot,
dem botanischen Garten und dem Blick auf die historische
Altstadt von Bordeaux auf der anderen Seite
des Flusses. Das Projekt wurde in Kooperation mit
den lokalen Planern Flint realisiert. Es erstreckt sich
auf einem Areal mit rund 23.000 m² Fläche und ist Teil
eines neuen, vierteiligen Ensembles, welches MVRDV
gemeinsam mit JA Joubert Architecture – dem Büro
eines ehemaligen MVRDV-Mitarbeiters – plante. Und
damit nicht genug: Für die niederländischen Architekten
ist Ilot Queyries eine Art Testlauf. Sie entwickelten
bereits vor zehn Jahren einen Masterplan für das
angrenzende Stadtviertel Bastide Niel. Dieses soll mit
seinen 35 ha sukzessive urbanisiert und in ein neues
Wohnquartier für rund 3.500 Familien transformiert
werden. Büros, Geschäfte, Kultur- und Bildungseinrichtungen
sowie ein ausgedehntes Wegenetz für
Fußgänger und Radfahrer komplettieren das vorgesehene,
bunt gemischte Programm. Im Fokus steht
dabei, möglichst viele der bestehenden Kasernen, Lagerhallen
und Gleiskörper zu erhalten und ein dichtes,
aber auch nachhaltiges, dynamisches Umfeld für die
Bewohner zu schaffen.
u
architektur FACHMAGAZIN
32
Verdichtung
Nach dem Vorbild dieses städtebaulichen Konzepts
nutzt der Wohnkomplex die Grenzen des Grundstücks
maximal aus. Er setzt sich aus mehreren Volumen
unterschiedlicher Höhe zusammen, die sich in
ihrer Gestaltung jeweils an der unmittelbaren Nachbarschaft
orientieren. Das Ergebnis ist ein mäandernder
Baukörper, der sich im Südosten eingeschossig
an die niedrigeren Bestandsgebäude anpasst. In der
gegenüberliegenden Richtung wächst er bis auf neun
Stockwerke an und überblickt Fluss und Stadt. Zum
krönenden Abschluss wird hier ein verglastes Restaurant.
Der Wohnbau legt sich um einen 5.200 m 2
großen Innenhof. Dieser wird liebevoll gestaltet zum
Herzstück des Blocks und bietet den Mietern inmitten
der französischen Metropole Licht, Luft und
ein naturnahes Erlebnis. Auf 200 m Länge wachsen
auf der parkähnlichen Fläche üppige Gräser, Sträucher
und Bäume in kreisrunden Beeten. Dazwischen
schlängeln sich Wege, die zu den Hauseingängen,
Passagen und Portalen führen, durch die auch vorbeispazierende
Fußgänger einen Blick nach drinnen
werfen können. Der halböffentliche Grünraum befindet
sich eine Etage über dem Straßenniveau und verbirgt
so zugleich die unterirdischen Parkplätze.
www.architektur-online.com
33
MVRDV
Die hell-schimmernden
Keramikfliesen kleiden rund
10.000 m 2 Fassaden- und
Dachfläche. Diese wird an
mehreren Stellen von großen
Portalen durchbrochen,
welche den Innenhof mit
dem umliegenden Stadtraum
verbinden.
Zum Hof hin sind die Fassaden höher, an der Außenseite
niedriger ausgeführt. Auch die Neigung der
Dächer variiert zwischen 15 und 45 Grad. Die Dachformen
wurden entsprechend des Masterplans für
Bastide Niel hinsichtlich Faktoren wie Belüftung, Tageslichteinfall
und Sonneneinstrahlung optimiert und
ergeben individuelle Wohnungstypen für verschiedene
Nutzergruppen. Jede der Einheiten verfügt zusätzlich
mit Balkon oder Loggia über einen privaten
Freibereich und bekommt täglich mindestens zwei
Stunden direktes Sonnenlicht. Während der Block im
Inneren eine fast intime Atmosphäre kreiert, vermittelt
er nach außen ein homogenes Erscheinungsbild.
Die zur Straße gerichteten Ansichten sind rundum in
profilierte Keramikfliesen gehüllt. Mit ihrem cremefarbenen
Ton ziehen sich diese bis auf die schrägen
Dächer weiter und machen den Bau zum Hingucker.
Die Fliesen fangen das Licht mit ihrer dreidimensionalen
Textur ein, zeichnen trotz der monochromen
Farbgebung lebendige Schattierungen auf die Wände
und verstärken den skulpturalen Charakter des
Komplexes. Darüber hinaus sorgt die helle Färbung
mit ihrem hohen Rückstrahlungsvermögen dafür,
dass die Sonne reflektiert und dem Effekt urbaner
Wärmeinseln entgegengewirkt wird.
u
architektur FACHMAGAZIN
34
Verdichtung
Laut Hersteller tragen die spezialangefertigten Fliesen
auch zur Nachhaltigkeit des Projekts bei: Dank
innovativer „Hytect“-Technologie sind die Oberflächen
selbstreinigend und garantieren einen langen
Lebenszyklus des Materials sowie geringe Wartungskosten.
Neben Schutz vor Verunreinigung, Moosbildung
und Witterung sollen die antibakteriellen Keramikfliesen
sogar Schadstoffe wie Stickoxid abbauen
und zu einer besseren Luftqualität beitragen.
Einen kräftigen Kontrast zur hellen Außenhaut bilden
die zum Innenhof gewandten Fassaden: Sie sind in
rotem Strukturputz ausgeführt, der sich bis in Einschnitte,
Durchbrüche und Portale fortsetzt und sich
seinen Weg nach draußen zu bahnen scheint. Auch
bei der Gestaltung des Parks griffen die Architekten
den roten Farbton wieder auf.
MVRDV selbst bezeichnen Ilot Queyries als eine
Art „Labor der modernen Stadt, die Intimität, Dichte,
Ökologie und Licht vereint“. Rund um die grüne,
gemeinschaftlich genutzte Parkfläche des Projekts
schufen sie trotz der enormen Größe einen facettenreichen,
nahezu intimen Wohnkomplex und zeigen
so, dass sich Verdichtung und hohe Wohnqualität
nicht ausschließen, sondern vielmehr perfekt ergänzen.
Außerdem bereichern die holländischen Planer
Bordeaux mit der innovativen Gebäudehülle nicht
nur um eine keramische Landmarke, sondern geben
mit der nachhaltigen Materialwahl gleichzeitig den
Startschuss für das Quartier Bastide Neil – und die
französische Stadt der Zukunft.
•
www.architektur-online.com
35
MVRDV
Ilot Queyries
Bordeaux, Frankreich
Bauherr:
Planung:
Partnerarchitekten:
Landschaftsplanung:
Keramikfassade:
Grundstücksfläche: 23.000 m²
Planungsbeginn: 2011
Baubeginn: 2017
Fertigstellung: 2021
www.mvrdv.nl
Kaufman & Broad, ADIM
MVRDV
Flint
Sabine Haristoy
Agrob Buchtal
„Die Covid-19-Pandemie hat allen
vor Augen geführt, wie wertvoll wohnungsnahe
Freiräume sein können.
Ilot Queyries soll zeigen, dass solche
Annehmlichkeiten keine Kompromisse
erfordern. Das Gebäude schafft
enge und intime Wege und Straßen –
dank ausreichender Parkplätze ganz
ohne geparkte Autos. Gleichzeitig
verfügt jede Wohnung über einen
Balkon oder eine Loggia und der grüne
Park wird zu einer wunderbaren
Gemeinschaftseinrichtung.“
Winy Maas, MVRDV
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Verdichtung
Wohnraum
statt Parkplatz
Jaurès Petit / Paris / archi5
Text: Edina Obermoser Fotos: Sergio Grazia
Wo im 19. Arrondissement der französischen Hauptstadt
bis vor Kurzem über acht Geschosse verteilt
Autos abgestellt wurden, wohnen nun Menschen.
Der Auftrag für die Transformation des ehemaligen
Parkhauses in neuen Wohnraum stammt von der Wohnungsbaugesellschaft
Paris Habitat. Eine Hälfte des
Riegelbaus sanierten die Architekten Encore Hereux,
die andere ersetzte archi5 durch einen Sozialwohnungsbau
in Holzbauweise.
Unmittelbar gegenüber des Parc de la Vilette an der
Avenue Jean Jaurès gelegen, gibt die Straße dem
Projekt Jaurès Petit seinen Namen. Die Aufgabe bestand
darin, das urbane Grundstück im Inneren eines
Pariser Straßenblocks umzunutzen. In zwei separaten
Bauabschnitten galt es dafür, ein achtstöckiges
Parkhaus in ein gemeinsames Wohnbauprojekt mit
Geschäftsflächen im Sockelbereich umzuwandeln.
Im Mittelpunkt stand dabei, innerhalb des Blockrands
ein einheitliches Ensemble zwischen Alt und Neu zu
schaffen. Im Zuge des Wettbewerbs für die Umgestaltung
des Areals setzten sich zwei französische Büros
durch. Die Herangehensweise an das Projekt hätte
dabei nicht unterschiedlicher sein können: Während
man sich im südlichen Teil des Gebäudes für eine
Sanierung und Anpassung des Bestands entschied,
sollte die Nordhälfte abgerissen werden. Die lokalen
Architekten Encore Hereux revitalisierten die Betonstruktur
und verwandelten die einstige Abstellfläche
für Autos in 75 Eigentumswohnungen. Auf dem freigewordenen,
angrenzenden Platz entstand ein neuer
Sozialwohnungsbau in Holz mit 74 Einheiten. u
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37
archi5
architektur FACHMAGAZIN
38
Verdichtung
Sowohl die zweistöckigen
Reihenhäuser als auch
die Querflügel und das
Dachgeschoss sind mit
Zinkblech verkleidet. Dieses
ergänzt die natürliche
Bauweise und komplettiert
das einheitliche
Erscheinungsbild in dem
Hinterhof.
Der soziale Wohnungsbau von archi5 besteht aus
zwei Baukörpern. Im Herzen des Blocks orientiert
sich das Hauptgebäude an der Kubatur des ehemaligen
Parkhauses. Es dockt direkt an den ertüchtigten
Bestand an und führt das Volumen fort. Der Neubau
in Holzbauweise umfasst sechs Etagen sowie ein
leicht zurückversetztes Dachgeschoss mit umlaufenden
Terrassenflächen. In westlicher Richtung schließen
außerdem zwei dreigeschossige Querflügel an.
Parallel zu dem zentralen Riegel verläuft entlang der
Grundstücksgrenze im Osten ein niedrigeres Nebengebäude.
Dieses ist zweigeschossig ausgeführt und
wirkt mit einer bewegten Trauflinie und leicht in der
Höhe versetzten Dächern wie ein Reihenhaus-Ensemble.
Eine natürliche Materialpalette mit Lärchenholz
und Zinkblech fasst die beiden Trakte einheitlich
zusammen, hebt sie aber trotzdem deutlich voneinander
ab. Mit den nachhaltigen Werkstoffen griffen
die Architekten zudem die Optik der Umgebung auf
und wählten eine ökologische Bauweise.
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39
archi5
Die Konstruktion des 13 m breiten Riegelbaus in der
Mitte beruht auf einer Tragstruktur aus Leimbindern.
Brettsperrholzdecken sorgen für die nötige Aussteifung.
Vor die – mit einer dunklen, vertikalen Holzlattung
verkleideten – Fassaden legt sich ein mächtiges
Holzraster. Mit Querschnitten von 20 x 30 cm tragen
die hellen Balken des Exoskeletts die vorgelagerten
Balkone. Darüber hinaus dienen sie als Schienen für
schmale, raumhohe Schiebeelemente aus Holz. Diese
schützen vor Einblicken und bieten den Bewohnern
in dem Innenhof ein gewisses Maß an Privatsphäre.
Zusätzlich verleihen die Läden dem Bau mit ihren
leicht schräg positionierten Latten eine gewisse Dynamik,
die auch beim Design der Zäune innerhalb des
Blocks aufgegriffen wurde. Schwarze Fensterrahmen,
Rollläden und Drahtgitter als Absturzsicherung komplettieren
die Außenhülle des sozialen Wohnbaus.
Bei der Gestaltung des Nebengebäudes fiel die Wahl
der Architekten aus Montreuil über der dunklen
Holzlattung im unteren Niveau auf Zink. Als Stehfalzdeckung
legen sich die leicht schimmernden Paneele
nicht nur auf die Dächer, sondern umhüllen auch das
gesamte Volumen im ersten Stock. Das Metall findet
sich im Haupthaus auch in den Ansichten des Dachgeschosses
und in den Flügelbauten wieder.
Rund um den neuen Wohnbau und die angrenzenden
Baukörper von Jaurès Petit entstehen in dem Straßenblock
großzügige Grünflächen. Sie fungieren als
gemeinschaftlich genutzter Kern und Herzstück des
Projekts. Gestaltet wurden die Außenräume von den
Pariser Landschaftsplanern vom Atelier Roberta. Vor
den Reihenhäuschen des seitlichen Trakts erinnern
kleine Rasenabschnitte an private Vorgärten. Zwischen
Gras, Pflanzen und Bäumen erschließt ein Wegesystem
sämtliche Volumen auf dem Areal.
In den beiden Neubauten entstehen auf ca. 4.800 m 2
Fläche 74 Appartements. Trotz verdichteter Bauweise
und innerstädtischer Lage legte das Planerteam
großen Wert darauf, direkt gegenüberliegende Nachbarn
zu vermeiden. Dank Ost-West-Ausrichtung sind
alle Wohnungen lichtdurchflutet und freundlich und
verfügen über vielfältige Blickbeziehungen nach
draußen. Die hellen Holzoberflächen der CLT-Decken
bleiben im Inneren unverkleidet und bringen gemeinsam
mit weißen Wänden und funktionalen Böden ein
hochwertiges Finish sowie Gemütlichkeit und Komfort
in den Sozialwohnungsbau.
u
architektur FACHMAGAZIN
40
Verdichtung
Ein helles Exoskelett
prägt die Fassaden des
Hauptgebäudes. Als
Unterkonstruktion für
Balkone und Schiebeläden
legt es sich vor die Außenhülle,
lässt aber trotzdem
genügend Tageslicht in
die Innenräume.
Mit Jaurès Petit schaffte archi5 mitten in der französischen
Metropole den Spagat zwischen behutsamer
Integration und subtiler Inszenierung: Die
Architekten gliederten die Neubauten stimmig in die
Umgebung ein und machten sie trotzdem zum modernen
Hingucker. Das Ergebnis ist ein Pilotprojekt,
das Verdichtung, erschwingliches Wohnen und hohe
Lebensqualität geschickt kombiniert und zusätzlich
zum ökologischen Vorbild für künftige Umnutzungsvorhaben
in Paris wird. Bei sämtlichen Entwurfsentscheidungen
der Wohngebäude standen dabei
neben den Bewohnern von Anfang an die Themen
Langlebigkeit und Nachhaltigkeit im Fokus. Die Holzbauweise
verbessert die Wohnqualität im Inneren der
einzelnen Einheiten und macht den Sozialwohnungsbau
gleichzeitig zum passiven CO 2 -Speicher. Außerdem
erwies sich das Material – dank vorgefertigter
Module – im urbanen Kontext hinsichtlich seiner
kurzen Bauzeit und schadstoffarmen Montage als
großer Vorteil. So konnte Rücksicht auf die übrigen
Anwohner genommen werden, die sich den Block
künftig nicht mehr mit Autos, sondern mit den neuen
Eigentürmern und Mietern teilen.
•
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archi5
EG
Jaurès Petit
Paris, Frankreich
Bauherr:
Planung:
Statik:
TGA-Planung:
Landschaftsplanung:
Bauunternehmen:
Paris Habitat OPH
archi5
EVP
B52
Atelier Roberta
GTM & Arbonis
Grundstücksfläche: 10.276 m 2
Nutzfläche: 4.874 m 2
Planungsbeginn: Juni 2016
Fertigstellung: Sept. 2021
Baukosten:
11.9 Mio. € exkl. MwSt.
www.archi5.fr
„Wir gehen bei allen unseren Projekten vom Kontext aus.
Ort, Programm sowie soziale und kulturelle Aspekte werden
untersucht, analysiert und schließlich in Fragen umgewandelt.
Das Projekt stellt dann eine Antwort auf diese
Fragen dar. Dieser Ansatz spiegelt sich in der Nutzung,
den Räumen und der Wirkung auf die Umgebung eines
jeden Gebäudes wider. Er führt nicht nur zu einer Form,
sondern auch zum Sinn der Architektur, mit dem wir die
menschliche Umwelt verbessern wollen.“
archi5
architektur FACHMAGAZIN
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Verdichtung
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neri&hu
Das Phänomen
cheng-zhong-cun
Incision – Nantou City Guesthouse / Shenzhen, China / neri&hu
Text: Linda Pezzei Fotos: Chen Hao
Mit sehr viel Liebe zum Detail und dank einem feinen
Gespür für Materialien und Raumproportionen ist es
Neri&Hu gelungen, ein ehemaliges Wohnhaus im Herzen
des chinesischen Nantou City in ein einladendes und sich
zum Straßenraum hin öffnendes Gästehaus samt Restaurant
und Rooftop Bar zu verwandeln, dessen Innenleben
geprägt ist von den bestehenden rohen Strukturen und
einer Schichtung von verschiedenen Ebenen.
Wenn sich Relikte vorindustrieller Siedlungsstrukturen
inmitten einer scheinbar modernen Metro pole
wiederfinden, spricht man in China von „chengzhong-cun“
oder einem „Urban Village“. Ein Phänomen,
mit dem sich das interdisziplinär agierende
Büro für Architektur und Design Neri&Hu Design and
Research Office mit Sitz in Shanghai bei dem Projekt
Nantou City Guesthouse konfrontiert sah. Das
Briefing: Ein ehemaliges Wohngebäude im Herzen
von Shenzhen, einer wohlhabenden alten und von
einem rasanten Wachstum geprägten Stadt, sollte in
ein außergewöhnliches Gästehaus mit elf Zimmern
verwandelt werden – umgeben von einem trubeligen
Gewirr aus schmalen Wegen, belebten Plätzen und
plötzlichen Sackgassen.
Inspiriert von dem pulsierenden Leben in den Gassen
von Nantou City entwickelten Neri&Hu eine Designstrategie,
die den dörflichen Charakter der Umgebung
auch im Gästehaus selbst spürbar machen
sollte. Ein Kunstgriff: „urbane Einschnitte“, die einen
neuen öffentlichen Raum im Inneren des zuvor privaten
Wohnblocks schaffen und einen konkreten Dialog
zwischen Vergangenheit und Gegenwart ermöglichen.
Das Thema der Schichten und Ebenen spielt – auch
im Hinblick auf vorgefundene archäologische Relikte –
dabei eine besonders tragende Rolle und sorgt für ein
scheinbares Verwischen zwischen Innen- und Außen-,
privatem und öffentlichem Raum.
u
architektur FACHMAGAZIN
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Verdichtung
„Anstatt die Historie nur mittels oberflächlichen materiellen
Effekten zu imitieren, versucht das Projekt,
die Möglichkeiten einer bestimmten Art von Vergangenheit
auszuloten, die unsere heutige Kultur
beleben könnte“, so die Architekten, die im Rahmen
des Entwurfs eine eigene tektonische Sprache entwickelten,
die sich in einer leichten, membranartigen
Verkleidung als Hauptelement der Fassade sowie
schwereren, die Skyline kontrastierenden Monolithen
artikuliert. Das über dem Gebäude schwebende neue
Flachdach mit öffentlicher Terrasse eröffnet ein sich
stetig wandelndes Panorama auf das Straßenleben
tief unten sowie die behelfsmäßigen Gärten und
Gemüsefarmen entlang der zerklüfteten Skyline der
Stadt und spielt in der Gestaltung der Aufbauten mit
einer landestypischen Form von „Dachparasiten“,
die bei den raumbedürftigen Bewohnern der Dachgeschosse
äußerst begehrt sind. Es verbindet aber
auch das Straßengewirr der Stadt mit dem Luftraum
über Nantou und eröffnet somit eine neue (Erzähl-)
Ebene für den Betrachter.
Das Gebäude öffnet sich auf dem Straßenniveau
Passanten und Besuchern
gegenüber großzügig und einladend
und schafft eine direkte Anbindung an
das wuselige Wegenetz des Viertels.
www.architektur-online.com
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neri&hu
Als eine Interpretation der für Nantou typischen organischen
Bewegungsmuster der Bewohner, sind der
Zugang und die öffentlichen Bereiche des Gästehauses
so konzipiert, dass sie in das Netz der verschlungenen
Gassen vor Ort eingebunden sind und einer
Einladung von Nachbarn und Freunden in das private
Heim gleichen. Diese Geste der Öffnung verlagert
sich im Herz des Gebäudes entlang eines bestehenden
Treppenhauses von der Horizontalen in die Vertikale
und führt die Besucher vom Restaurant über
die Gästezimmer bis hinauf zu den öffentlich zugänglichen
Dachgärten. Einmal im Inneren angekommen
prallen Alt und Neu in jeder Ecke und jedem Winkel
gezielt aufeinander – eine Ode an die Ruinen der Vergangenheit
und eine Feier des heutigen Lebens.
„Einschnitte bedeuten nicht unbedingt, etwas zu zerstören,
sie können auch Neues schaffen – in diesem
Fall Raum und Bedeutung“, erklären die Architekten
den Schritt, die Urbanität bewusst in das Gebäude
miteinzubeziehen, „das wiederum macht seine private
Geschichte erst lesbar, das Bauwerk wird vollständig
in die Gezeiten der Stadt integriert und öffnet ein
neues Portal sowohl in die Vergangenheit als auch in
die alltägliche und doch einmalige Gegenwart.“ u
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Verdichtung
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neri&hu
Dieses Ansinnen spiegelt sich auch in der Wahl der
Materialien und Oberflächen wider: Die Außenhaut
ist geprägt von einem Neben- und Miteinander aus
Ortbeton, witterungsbeständigem Stahl, gewellten
und perforierten Edelstahlblechen, Marmor sowie
Klarglas – Materialien, die sich allesamt im Innenraum
wiederholen, wo sie noch durch Strukturglas, Terrazzo,
Mosaik, Sperrholz und Leinenstoffe ergänzt werden.
Was auf den ersten Blick nach viel klingt, ergibt
in seiner Gesamtheit vor Ort eine äußerst stimmige,
feine und elegante Komposition an Ebenen und
Schichten, die von außen wie innen filigran und anmutig
erscheint und den perfekten Kontrast zu den
bestehenden rohen Betonstrukturen bildet.
Die Räume sind allesamt in horizontaler wie vertikaler
Ebene offen und fließend gestaltet, geben dem Besucher
ganz intuitiv den Weg vor und laden zum Eintauchen
in Vergangenheit und Gegenwart ein, zum sinnlichen
Verweilen ohne einen Gedanken an Raum und
Zeit. Das im Erdgeschoss verortete, überhöht ausgebildete
Restaurant mit Rezeption ist über zwei sich
Über-Eck befindliche Eingänge zugänglich, die sich in
ihrer Wichtigkeit in nichts nachstehen und allein dem
umgebenden Wegenetz Rechnung tragen. Im ersten
Obergeschoss befindet sich ein Separee mit eigener
Küche, darüber die Gästezimmer und in der obersten
Etage eine Bar mit großzügiger Terrasse sowie den
in Metall gehüllten Monolithen, die öffentliche Räume
und Servicefunktionen beherbergen.
u
architektur FACHMAGAZIN
48
Verdichtung
Das Thema der Öffnung
zur Umgebung hin wiederholt
sich ähnlich wie
im Erdgeschoss auch auf
der Dachterrasse, die zum
gemütlichen Beisammensein
und zum Weitblick
über die Dächer der Stadt
einlädt.
Auch die Möbel und Tischlerarbeiten fügen sich in
dieses Gesamtkunstwerk nahtlos ein, was sich in
kleinen Details manifestiert, die besonders bei den
Konstruktionselementen der Holzstühle und Servicemöbel
im Restaurant zutage treten. Die in das
großzügig geöffnete Treppenauge eingesetzte Stahltreppe
fungiert gleichermaßen als funktionales wie
skulpturales Objekt – und wieder treten Alt und Neu
in einen sichtbar gewordenen Dialog.
Farbige Nuancen, Holzmöbel, warmes Licht ausstrahlende
Akzentleuchten und feine Stoffe sorgen
trotz der rohen und harten Oberflächen in den Gästezimmern
für eine gemütliche Atmosphäre. Großzügige
Fensteröffnungen ermöglichen auch von den
Badezimmern aus den direkten Kontakt mit der Außenwelt
und eröffnen interessante Blickwinkel auf
die Enge des umgebenden „Urban Village“, wobei
verschiedene Ebenen an vorgelagerten transparenten
Strukturen stets das gewünschte Maß an Privatsphäre
garantieren.
Ohnehin findet jeder Gast im Nantou City Guesthouse
trotz der gelebten Offenheit und inszenierten
Interaktion auf Wunsch überraschend viel persönlichen
Freiraum und private Rückzugsorte – eine Qualität,
die paradoxerweise wiederum von der großzügigen
Öffnung der Räumlichkeiten herrührt. Ganz im
Sinne historischer wie moderner Metropolen, in denen
das Leben zwar laut, eng und lustig zugeht, wo
aber ein unsichtbares Geflecht aus Strukturen immer
wieder unverhoffte Nischen schafft und versteckte
Rückzugsorte eröffnet.
•
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neri&hu
EG OG 1
OG 5 OG 7
Incision | Nantou City Guesthouse
Nantou City, Shenzhen, China
Bauherr:
Planung:
Mitarbeiter:
Statik:
BGF: 1.370 m 2
Projektdauer: 2020 - 2021
Fertigstellung: Dezember 2021
www.neriandhu.com/en
Shenzhen Vanke Co., Ltd
Neri&Hu Design and Research Office
Lyndon Neri, Rossana Hu, Chris Chienchuan Chen,
Christine Chang, Sanif Xu, Bingxin Yang, Dian Wang,
Ningxin Cheng, Peter Ye, Bernardo
Taliani de Marchio, Cheng Jia, Xiaotang Tang,
Jieqi Li, Pengpeng Zheng, Eric Zhou, Yoki Yu,
Zhikang Wang, Tong Shu, Matthew Sung, Kany Liu,
July Huang, Lyuqitiao Wang
West Construction Shenzhen
„Eine kritische Auseinandersetzung mit den Besonderheiten
des Raumprogramms, des Ortes, der Funktion
und der Geschichte ist für die Realisierung einer
rigorosen Arbeit unerlässlich. Neri&Hu stützt sich
auf Forschung und verankert sein Ethos in der dynamischen
Interaktion von Erfahrung, Detail, Material,
Form und Licht, anstatt sich an einen formelhaften
Stil zu halten.“
Lyndon Neri & Rossana Hu
© Jiaxi Yang & Zhu Zhe
architektur FACHMAGAZIN
50
Verdichtung
Vorstadttraum
in Champagner
OG HOUSE / Madrid / FRPO
Text: Linda Pezzei Fotos: Imagen Subliminal (Miguel de Guzmán + Rocío Romero)
Das ortsansässige Architekturbüro FRPO hat die
beliebte 50er-Jahre-Einfamilienhaussiedlung Colonia
Leonesa in Madrids Stadtteil Hortoleza um ein kontemporäres
dreistöckiges Objekt ergänzt, das die Ecke
einer Blockbebauung schließt und in eine champagnerfarbene
Hülle verpackt freundlich und zurückhaltend
auf die Nachbarschaft ausstrahlt.
Mit der Angliederung der Gemeinde Hortoleza an
Madrid im Jahr 1950 entwickelte sich das Viertel in
Windeseile zu einer der beliebtesten Wohngegenden
der Stadt, die sich aufgrund ihrer städtebaulichen
Qualität mit einem besonders diversifizierten
Wohnungsangebot bald baulich weiter ausbreitete.
Ein Teil, Colonia Leonesa, besteht aus einer Gruppe
niedriger Einfamilienhäuser, die bereits zu Beginn der
Aufwertungsmaßnahmen realisiert worden waren.
Die herausragende Qualität des Stadtteils gründete
damals in großzügigen Grünflächen und einer lockeren
Bebauung, die viel Sonnenlicht in die Wohnungen
lässt. Trotz einer kontinuierlichen Weiterentwicklung
und neuen Projekten präsentiert sich Colonia Leonesa
bis heute als ein Gebiet mit geringerer baulicher
Dichte, umgeben von großen offenen Wohnblöcken,
was die Gegend auf dem Wohnungsmarkt noch immer
unglaublich attraktiv macht.
Das OG HOUSE aus der Feder von FRPO ist auf einem
der wenigen nach Süden orientierten Bauplätze
der Siedlung positioniert und bietet einen Ausblick
auf die goldenen Kuppeln der russisch-orthodoxen
Kirche der Heiligen Maria Magdalena. Die Bauvorschriften
sahen die Errichtung eines kompakten Baukörpers
vor, der einen kleinen Hinterhof umschließt.
Die Architekten übertrugen diese Vorgaben auf ein
Einfamilienhausprogramm auf drei Etagen, wobei die
Treppe zum Zentrum des Hauses wurde. Arbeitsbibliothek
und Eingang münden in den sich hieraus
ergebenden Hohlraum, das Wohnzimmer wiederum
verbindet mit dem Hinterhof und dem Eckgarten die
beiden Außenbereiche.
u
www.architektur-online.com
51
FRPO
architektur FACHMAGAZIN
52
Verdichtung
Was von der Weite recht
schlicht und einfach
erscheint, zeigt sich bei
näherer Betrachtung
als detailliert und fein
nuanciert.
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53
FRPO
Das Gebäude nutzt das abfallende Gelände des
Grundstücks, um im Untergeschoss eine geräumige
Garage sowie Lager- und Technikräume unterzubringen,
während sich der auf Erdgeschossniveau angeordnete
Gartenbereich mit Pool und Terrasse von
der tiefer liegenden Straße abhebt. Der Zugang zum
Parterre erfolgt vom Gehweg aus über einige Stufen
bzw. eine Rampe nach oben. Auf dieser Ebene befinden
sich neben einem WC und der Küche auch ein
offen gestalteter Wohn-Ess-Bereich sowie ein weiterer
innerer Hof.
Im zweiten Geschoss sind zwei Schlafzimmer mit
Bad sowie eine Ankleide und ein Büro verortet, das
oberste Geschoss umfasst unter einem ausladenden
Pultdach zwei weitere Schlafzimmer und ein geteiltes
Bad sowie eine großzügige Terrasse unter freiem
Himmel, die sich über der zweiten Ebene befindet
und zur Wand des angrenzenden Hauses orientiert.
Die schlicht und zurückhaltend gestalteten Oberflächen
in Weiß- und Naturtönen verleihen dem Innenraum
eine anmutige Ästhetik und stellen das Material
und die Handwerkskunst in den Vordergrund. Die
Treppe im Zentrum des Gebäudes fungiert dabei als
praktisches Element wie als raumbildende Skulptur.
Das Grundstück selbst ist durch einen Steinsockel
von der Straße abgehoben, das sich darauf befindliche
Volumen kompakt und klar gestaltet und mit
einer Fassade versehen, die gleichzeitig glatt und
raffiniert wirkt: Champagnerfarbenes, gefaltetes
Aluminiumblech hüllt das Einfamilienhaus in ein
schimmerndes Kleid, das vor allem in der Nachmittagssonne
sanft golden leuchtet. Unterbrochen wird
die anschmiegsame zweite Haut nur durch charakteristisch
hervorstechende Fensteröffnungen aus gefalteten
Blechrahmen in der gleichen Farbe. •
0 2.5 5 10
OG HOUSE
Madrid, Spanien
184 - OG HOUSE / MADRID - ES
Bauherr: Axonometric Privat Section
Planung: FRPO Rodriguez & Oriol (Fernando Rodríguez + Pablo Oriol)
Mitarbeiter: Alberto Ballesteros, Francisco José Díaz Pozo
Statik:
Axiom Ingeniería, Pablo Urbano
Bebaute Fläche: 310 m 2
Planungsbeginn: 11/2016
Bauzeit: 06/2018 - 04/2022
www.frpo.es
0 2.5 5 10
184 - OG HOUSE / MADRID - ES
Axonometric Section
„Wir erleben innovatives Design als einen
kontinuierlichen Austausch unter allen
Akteuren, die zur Komplexität des Bauprozesses
beitragen, und verstehen Architektur
als einen komfortablen Weg, unsere
Beziehung zur Umwelt zu verbessern.“
Fernando Rodriguez & Pablo Oriol
© Luis Asin
architektur FACHMAGAZIN
54
Verdichtung
Schwarz-weißes Duo
Wohntürme R11 / Mailand / C+S Architects
Text: Edina Obermoser Fotos: Alessandra Bello
Das längliche Grundstück mit dem Arbeitstitel R11
befindet sich am nördlichen Eingang des Areals und
sollte ursprünglich mit einem einzelnen, umzäunten
Gebäude bespielt werden. Im Zuge der Entwurfsphase
schlugen die Architekten mit Sitz in Treviso und
London stattdessen zwei eigenständige Baukörper
und ein offenes Layout vor, welches den umgebenden
Stadtraum nicht ausschließt, sondern mit ihm
interagiert. Das Ergebnis sind zwei Wohntürme, die
einen öffentlichen, gemeinsam genutzten Platz aufspannen.
Dieser soll nach dem Vorbild eines „Campo
Veneziano“ eine identitätsstiftende Wirkung haben
und zum verbindenden Element werden. Er wird von
einem kleinen Park in nördlicher Richtung und dem
Expo Village der Weltausstellung in Mailand 2015 im
Süden begrenzt. Über mehrere Rampen mit ca. 5 %
Neigung gleicht die Piazza den Niveauunterschied
von zwei Metern der beiden Nachbarparzellen barrierefrei
aus und fungiert gleichzeitig als urbanes
Empfangstor auf dem Cascina Merlata-Gelände. Die
polygonale Fläche ist komplett in Prun – einem hellen
Kalkstein – ausgeführt. Dadurch erhält der Platz
ein monochromes Aussehen, welches seine Rolle als
Übergang zwischen dem grünen Park und dem von
Asphalt geprägten Stadtraum unterstreicht. Kreisförmige
Elemente wie kleinere Sitzgelegenheiten
und größere Bänke zonieren den Freiraum. Sie machen
ihn je nach Bedarf zum ruhigen Aufenthaltsort
und Treffpunkt im Freien oder Spielplatz für Kinder
und Skater.
u
In Cascina Merlata im
Nordwesten von Mailand
entsteht auf einer Fläche
von 900.000 m 2 eines
der größten Wohnungsprojekte
Europas. Nach
einem Masterplan von
Antonio Citterio Patricia
Viel (ACPV) und dem
Büro Caputo Partnership
setzt das neue Quartier
ausschließlich auf erneuerbare
Energiequellen,
soll zum ersten Null-Emissions-Stadtteil
der norditalienischen
Metropole
werden und außerdem
leistbaren Wohnraum bieten.
Mit zwei Sozialwohnungsbauten
realisierten
C+S Architects nun den
jüngsten Zuwachs.
www.architektur-online.com
55
C+S Architects
architektur FACHMAGAZIN
56
Verdichtung
Mit ihren cremeweißen Innenseiten und dem
Kalkstein-Sockel scheinen die beiden Türme aus
der öffentlichen Piazza herauszuwachsen. Darüber
sorgt ein mehrschichtiger Aufbau trotz monochromer
Farbgebung für eine lebendige Optik.
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57
C+S Architects
Die beiden Sozialwohnungsbauten flankieren den
öffentlichen Außenbereich. Wie aus einem Guss erwecken
sie den Eindruck, als hätte sie erst der Platz
dazwischen in zwei separate Volumen unterteilt. Mit
12 und 14 Etagen beinhalten die Türme insgesamt
eine Nutzfläche von fast 10.000 m 2 , die sich auf
103 Wohnungen verteilt. Im Erdgeschoss befinden
sich jeweils eine Eingangshalle, administrative Bereiche
mit Sport-, Müll- und Fahrradabstellräumen sowie
Waschküche und Lager. Zum Herzstück werden
hybride Gemeinschaftsflächen, die zwischen den privaten
Einheiten den Wohnraum ergänzen und erweitern.
Zwei unterirdische Parkdecks, Technikräume
und Keller komplettieren das Programm von R11. In
Verlängerung des östlichen Turms gibt es im Freien
außerdem einen Kinderspielplatz, der in bunten Farben
gestaltet ist. Diesen entwarfen die Architekten
in einem partizipativen Prozess gemeinsam mit der
lokalen Stiftung Housing Sociale. Alle Wohnungen
wurden nicht nur in Rekordzeit verkauft, sondern
auch entsprechend der Nachhaltigkeitskriterien für
das Viertel umgesetzt: Sie verfügen über ein Fernwärme-basiertes
Heizsystem und eine in den Fußboden
integrierte Kühlung, die mittels Geothermie gespeist
wird. Eine mechanische Lüftungsanlage und
Photovoltaik sollen Emissionen und Verbrauch des
Projekts auf ein Minimum reduzieren und runden das
energetische Konzept energieeffizient ab. u
architektur FACHMAGAZIN
58
Verdichtung
Die Geometrie der beiden Wohntürme entwickelte
das italienische Planerteam so, dass jedes Appartement
über einen direkten Blick ins Grüne verfügt.
Während die Außenseiten beider Baukörper – wie
auch die Nachbargebäude – dunkel gehalten sind,
findet sich an den zur Piazza gerichteten Fassaden
der cremeweiße Farbton des zentralen Platzes
wieder und betont einmal mehr den Einschnitt und
Durchgang zwischen den beiden Volumen. Den Sockelbereich
kleidet derselbe Kalkstein wie die öffentliche
Freifläche. Darüber sind sämtliche Ansichten
zweischichtig ausgeführt. Vor die Loggien legt sich
ein regelmäßiges Netz mit quadratischen Öffnungen.
Dieses ist geschossweise abwechselnd leicht nach
links oder rechts verschoben und verleiht den beiden
Wohntürmen mit seinen Vor- und Rücksprüngen
eine dynamische Optik. Raumhohe Fensteröffnungen
wechseln sich mit Loggien und farblich abgestimmten
Brüstungsgeländern sowie Jalousien ab und
komplettieren das subtil rhythmisierte Design.
„Wir sind besonders stolz auf unser Mailänder Projekt, da
es uns mit der Piazza gelungen ist, der gesamten Gemeinschaft
einen öffentlichen Raum zurückzugeben. Sie schafft
Kontinuität im städtischen Raum und stärkt die Identität
des Ortes. Auch Details sind für uns immer sehr wichtig.
Die Verwendung von Mosaikfliesen bei den beiden Türmen
ist nicht nur eine Hommage an die Meister der italienischen
Architektur, Gio Ponti und Moretti, sondern interpretiert
die Stadt selbst als urbanen Innenraum.“
Carlo Cappai & Maria Alessandra Segantini,
C+S Architects
www.architektur-online.com
59
C+S Architects
Die äußerste Schicht der Fassade besteht aus weißen,
bzw. schwarzen Glasmosaikfliesen des italienischen
Traditionsunternehmens Sicis aus Ravenna.
Sie haben jeweils ein Format von 1,5 x 1,5 cm und
umhüllen die differenzierten Ansichten wie ein zart
schimmernder Vorhang. Bei den quadratischen Steinen
handelt es sich jeweils um Unikate mit einem einzigartigen
Relief. Deshalb reflektiert das kleinteilige
Mosaik das Licht je nach Tageszeit und Witterung
unterschiedlich und verleiht den Baukörpern neben
Textur und Tiefe einen unverwechselbaren Charakter.
Abgesehen von Kalkstein und den kleinen Glasfliesen
wählten die Planer ausschließlich langlebige
und recycelbare Materialien.
Ihre Raffinesse offenbaren die beiden Wohntürme in
Cascina Merlata aufgrund der facettenreichen Planung
und jeder Menge Liebe zum Detail erst auf den
zweiten Blick. In Zeiten der Teuerung ging es mit R11
in erster Linie darum, kostengünstigen Wohnraum in
Mailand zu schaffen. C+S Architects konzentrierten
sich bei der Umsetzung der beiden Neubauten aber
nicht nur auf die Ökonomie, sondern vor allem auf die
Qualität des Projekts. Mit den schlichten und doch
kraftvollen Kubaturen setzten sie klare städtebauliche
Akzente, ohne dabei auf die Nutzer und deren
Bedürfnisse zu vergessen. Besonders auffällig ist
dabei die Interpretation der öffentlichen Freiflächen:
Sie laden zum Durchqueren und Verweilen ein, schaffen
neue Verbindungen in dem zukunftsweisenden
Stadtquartier am Rande der norditalienischen Metropole
und werden gleichzeitig zum vielseitigen, urbanen
Begegnungsraum für Jung und Alt, der zwischen
Mietern und Stadtbewohnern vermittelt. •
Rooftop
Floor +12
Floor +11
Floor +9
Floor +2
Floor +1
Wohntürme R11
Mailand, Italien
Bauherr:
Planung:
Statik:
TGA-Planung:
Glasmosaikfassade:
Grundstücksfläche: 22.500 m²
Nutzfläche: 9.600 m²
Planungsbeginn: 2012
Baubeginn: 2019
Fertigstellung: 2021
Baukosten:
18 Mio. Euro
web.cipiuesse.it/en/
Investire, EuroMilano
C+S Architects
SCE Project
Ariatta Ingegneria dei sistemi
Sicis
Ground floor
Basement
architektur FACHMAGAZIN
60
Produkt News
Sichere Ausleuchtung und
Schutz nachtaktiver Tiere
Verantwortungsvoll Beleuchten im Einklang mit dem Naturhaushalt ermöglicht
BEGA mit der BugSaver® Technologie, die für eine effiziente Beleuchtung im urbanen,
wie im naturnahen Umfeld entwickelt wurde. Sie dient dem Sicherheitsgefühl
der Menschen und schützt zusätzlich nachtaktive Tiere.
Flexibilität bei der Farbtemperatur und der Lichtleistung
sollen dabei das abgeblendete Licht zu
unterschiedlichen Zeiten in urbanes oder naturnahes
Umfeld einfügen, ohne den Naturhaushalt zu
beeinträchtigen. Gleichzeitig bleibt die sichere Ausleuchtung
des Areals elementarer Bestandteil der
Beleuchtungsplanung.
Zum Schutz nachtaktiver Tiere kann von 3.000 Kelvin
auf einen Amber-Farbton mit stark reduziertem
Blaulichtanteil ähnlich einer Farbtemperatur von
1.800 Kelvin umgeschaltet werden. Der stark reduzierte
Blaulichtanteil des Amber-Farbtons wirkt
auf Insekten noch einmal deutlich weniger anzie-
hend. Eine zusätzliche Option ist die gleichzeitige
Leistungsreduzierung auf eine geringere Beleuchtungsintensität
in den Nachtstunden. Zur vollen
Ausschöpfung der Flexibilität der BEGA BugSaver®
Technologie bietet sich die Einbindung in intelligente
Lichtsteuerungssysteme wie BEGA Connect an. Umschalt-
und Reduzierungsoptionen können so zum
Beispiel den höchst unterschiedlichen Schutzanforderungen
zu verschiedenen Jahreszeiten angepasst
werden. In Kombination mit weiteren Komponenten
(zum Beispiel Bewegungserkennung) kann die Leistungsreduzierung
dem temporären Beleuchtungsbedarf
angepasst werden.
BEGA Leuchten GmbH
Competence Center Innsbruck
T +43 (0)512 343150
info-austria@bega.com
www.bega.com
www.architektur-online.com
61
Produkt News
Kreatives Bauen mit Metall
Lichtkomfort mit Effizienz
MULTILENS, ein Lichttool der RIDI Group und konzipiert
als Systembaukasten mit Standard- und Premiumvarianten,
ist in vielen Produkten der RIDI Group
enthalten. Diese Technik erreicht Spitzeneffizienzen
von über 185 lm/W, worüber sich die Umwelt mindestens
genauso wie der kühle Budgetrechner freut. Die
Premiumvarianten stehen für höchste Anforderungen
an Lichttechnik, Varianz und Design. Dabei kann
man aus einem breiten Standardportfolio an Lichtfarben,
CRI, sowie integrierten Steuerungs- und Notbeleuchtungslösungen
wählen. Bei den Standardvarianten
sticht die besonders schnelle Verfügbarkeit
heraus. Die konsequente Wahl für Basisanwendungen
und alltägliche Beleuchtungsaufgaben.
MULTILENS zeigt sich auch in Sachen Nachhaltigkeit,
Reparierbarkeit und Vernetzung durch das
APCON® Lichtmanagement-System von seiner besten
Seite. Durch den modularen Aufbau des konsequent
zukunftssicher entwickelten Systems ist auch
an eine spätere Sanierung schon gedacht.
RIDI Leuchten GmbH
T +43 (0)1 7344 210-0
office@ridi.at
www.ridi-group.com
Hinterlüftete
Planum®-Fassade
Individuelle Gestaltungsvielfalt mit
Deckbreiten von 300 - 800 mm
DOMICO Dach-, Wand- und
Fassadensysteme KG
A-4870 Vöcklamarkt · Mösenthal 1
Tel. +43 7682 2671-0
office@domico.at · www.domico.at
© Manuel Hollenbach, Bildrechte: brüderl.
architektur FACHMAGAZIN
62
Produkt News
„Future Work“-Stil
Die letzten Monate haben die Anpassungsstrategien von Unternehmen auf den Prüfstand
gestellt. Eine Entwicklung, die auch in der Objekteinrichtung ihren Niederschlag
findet und, speziell im Bereich Office, Veränderungen mit sich bringt. Miteinander zu
arbeiten, und zwar wieder von Angesicht zu Angesicht im „Future Work“-Stil.
Das Office von heute schafft Räume, in denen kreativer
und innovativer Austausch stattfinden kann. Deshalb
zeigt Selmer bei den Produktneuheiten 2022/23
einmal mehr, wie wichtig die Verbindung „Menschen
und Möbel“ ist. Für das Hier und Jetzt entstehen offene
Begegnungszonen, die zum Arbeiten, Entspannen
und Kommunizieren dienen. Das modulare und
komfortable Loungesystem oval lässt viel Gestaltungsspielraum.
Geschützte Rückzugsräume im offenen
Raum, sowie maßgeschneiderte Sitzlandschaften
zur optimalen Zonierung, werden individuell und
bedarfsgerecht angepasst.
Die neuen Produkte boards sind die Antwort auf zunehmende
Agilität am Arbeitsplatz. Die sehr leichten
(White-)Boards und dazu passenden Staffeleien
lassen sich vielseitig einsetzen, egal ob als kreativer
Quereinschub oder in Verwendung bei einem Strategiemeeting.
Rollbare Hocker und Stehtische vervollständigen
das Bild von „New Work“ am Arbeitsplatz.
Eine weitere Neuheit und perfekte Ergänzung, wenn
es um neue Denkweisen geht, ist der Staffeltisch lift
active. Der Tisch ist dank des integrierten Akkus elektrisch
höhenverstellbar. Die Rollen und die hochklappbare
Tischplatte machen den lift active maximal flexibel
und platzsparend. Die Tischplatte gibt es optional
mit einer beschreibbaren und magnetischen Oberfläche
und ist somit ideal für agile Arbeitssituationen,
wie Meetings, Workshops oder in Seminarbereichen.
Selmer GmbH
T +43 (0)6216 20210
info@selmer.at
www.selmer.at
www.architektur-online.com
63
Produkt News
Für Denk- und Innovationsprozesse
WHAT IF WE FLY ist die neue Interstuhl Kollektion, die perfekt auf agiles
Arbeiten und Kollaboration abgestimmt ist. Entwickelt von Design Thinking
Experte Simon Blake und Designer Frank Hesselmann unterstützen die Möbel
Denk- und Innovationsprozesse.
Die mobile Produktkollektion fördert moderne Arbeitsweisen
in Kreations- und Kollaborationsräumen
und trägt dazu bei, den Innovationsgeist sowie die
Arbeitgeberattraktivität in Unternehmen zu steigern.
Ob TEAMDESK, GRANDSTAND, TEAMSHELF oder
TASKBOARD – die Produkte der Kollektion, mit ihrer
schlichten, robusten Konstruktion und ihren durchdachten
Features, sind bereits ausgiebig in der Praxis
und vor allem im agilen Start-up-Umfeld erprobt.
Alle Produkte sind in ihren Maßen aufeinander abgestimmt
und können so von jetzt auf gleich in immer
wieder neuen Konfigurationen kombiniert werden.
Je nachdem, was die momentane Situation verlangt.
Und das innovative Klett-System der FLYCHARTS
macht endlich auch Whiteboards mobil.
Alle WHAT IF WE FLY Produkte werden in der neuen,
hauseigenen Hightech Holzmöbelfertigung produziert,
mit der Interstuhl sowohl Fertigungstiefe als auch die
Wertschöpfungskette erweitert. Versendet werden die
Produkte über das eigene Logistikunternehmen.
Interstuhl Büromöbel GmbH & Co. KG
T +43 (0)1 61 64 113
oesterreich@interstuhl.com
www.interstuhl.com/whatifwefly
architektur FACHMAGAZIN
64
Produkt News
Wohnliche Ästhetik im Büro
Mit den zwei Produktneuheiten PORTS und STUDIO Chair bringt Bene nicht nur
Eleganz ins Büro, sondern verleiht ihm auch eine wohnliche Atmosphäre.
Mit dem Premiumstuhl PORTS Chair erweitert der
Einrichtungsspezialist für Arbeitswelten seine Designlinie
PORTS – eine vom renommierten Londoner
Designstudio Pearson Lloyd entworfene Serie. Dabei
fügen sich die Stühle harmonisch in das modulare
Gesamtkonzept ein und schaffen gemeinsam mit
PORTS Sofa und PORTS Lounge Chair komfortable
wie ästhetisch ansprechende Sitzbereiche. Verschiedene
Fußgestelle und eine große Auswahl an Stofffarben
ermöglichen eine Vielzahl individueller Konfigurationen,
wodurch sich der neuen Premiumstuhl
sowohl für zeitgemäße Büroumgebungen als auch
als Esszimmerstuhl für zuhause eignet.
Mit STUDIO Chair hat Bene eine Stuhl-Serie kreiert,
die Komfort, Funktionalität und Ästhetik in perfekter
Balance vereint. Für die Konzeption arbeitete
das Unternehmen mit dem österreichischen und
international etablierten Produktdesigner Thomas
Feichtner zusammen, dessen markante, puristische
Handschrift die Kollektion trägt. Ausgangspunkt für
das reduzierte elegante Design sind die zwei miteinander
verbundenen Formholzteile: Rückenlehne und
Sitz werden separat geformt und auf raffinierte Art
mit einer Holzlasche verbunden
Durch flexible Kombinationsmöglichkeiten von Gestell-
und Lehnenausführung passt sich der STUDIO
Chair vom Arbeitsplatz bis zur Cafeteria an verschiedene
Einsatzbereiche an und unterstützt so den individuellen
Work- und Lifestyle.
Bene GmbH
T +43 (0)7442 500
office@bene.com
www.bene.com
www.architektur-online.com
Produkt News
Smart Working
Sedus baut seine Expertise beim Einsatz moderner Technologien
im Office durch die Zusammenarbeit mit Cisco weiter
aus. „Smart Working ist für uns nicht nur ein weiterer Trendbegriff,“
erklärt Michael Fehsenfeld, Leiter Kompetenz Center
Märkte der Sedus Stoll AG: „Durch die Zusammenarbeit
mit unserem Partner Cisco arbeiten wir intensiv daran, das
Zusammenspiel von Raum-Möbel-Technologie weiter auszubauen.“
Die neuen Networking-Lösungen sollen den Weg
zu einem „barrierefreien“ Arbeitsplatzerlebnis unterstützen.
Dafür stehen bereits stellvertretend zwei Produktlösungen
von Sedus: se:connects ist eine intelligente Lösung für
die Nutzung und das Management von Arbeitsplätzen in
Smart-Working-Umgebungen. Und se:hub ist der smarte
Stauraum mit Schließfächern, der dabei hilft, Dokumente datenschutzkonform
und abteilungsübergreifend zu übergeben,
defektes IT-Equipment abzugeben und Neuware kontaktlos
auszuhändigen. Auch Laptops und Arbeitsunterlagen können
über Nacht sicher verschlossen und Fahrzeugschlüssel beziehungsweise
-papiere können unabhängig von Arbeitszeiten
zur Verfügung gestellt werden.
Marmor, Terrazzo, neue Holztöne und
größeres Fischgrätformat:
Großer Kollektionsrelaunch für noch
mehr Design am Boden.
H
Neu in 2023
www.project-floors.com
SEDUS STOLL Ges.m.b.H.
T +43 (0)1 982 94 17 12
sedus.at@sedus.at
www.sedus.com
architektur FACHMAGAZIN
66
Produkt News
Fotos: Johannes Buldman
Überzeugende Campuserweiterung
Mit einem ökologischen Gebäudekonzept, einer geradlinigen Gestaltung und einer flexiblem
Raumnutzung ist der neue Campus-Bau der Universität Witten/Herdecke seit Herbst
2021 das architektonische Bindeglied zwischen den bestehenden Universitätsgebäuden.
Auf einem Hanggeschoss aus Beton setzt ein Holzbau
mit Pfosten-Riegel-Fassade aus zertifiziertem
Fichtenholz und Lärche auf. Die bodentiefen Holz-
Alu-Fenster vermitteln Offenheit und Transparenz
und sorgen neben einem maximalen Tageslichteinfall
für uneingeschränkte Ausblicke. So ist auf knapp
7.000 Quadratmetern ein modulares Konzept für
über 400 Lern- und Büroarbeitsplätze entstanden.
Bei der Türtechnik setzten die Architekten von
Kaden+Lager aus Berlin und ZÜBLIN Timber aus
Aichach auf die vielfältige Einsetzbarkeit des Bandsystems
VARIANT VX von SIMONSWERK: Mit einem
Belastungswert bis 200 kg, der
wartungsfreien Gleitlagertechnik
und den hervorragenden Laufeigenschaften
können sie auch an
temporär sehr stark frequentierten
Durchgängen höheren Belastungen
zuverlässig standhalten. Da
sich das eingesetzte Bandsystem
VARIANT VX 7939/160 für Holz-,
Stahl- und Aluminiumzargen eignet,
konnte dabei für alle Bereiche
durchgängig auf die Objektbänder
für gefälzte Türelemente zurückgegriffen
werden und so ein sehr
harmonisches Gesamtbild ent-
stehen. Selbst an den Türen, die erhöhte Brand- und
Schallschutzanforderungen bedurften, sowie an den
T90-Brandschutz-Türen mit Oberlichtern konnte das
Bandsystem mit ästhetisch ansprechendem Design
und hochwertiger Qualität überzeugen.
SIMONSWERK GmbH
T +49 (0)5242 413-0
info@simonswerk.de
www.simonswerk.com
www.architektur-online.com
67
Produkt News
Auf den Millimeter genau
Die Aquis Bausanierung hat in den letzten Monaten
ein ehemals von einem Restaurant und Café genutztes
Gebäude in Aachen saniert. Das Gebäude wurde
komplett entkernt inklusive Neuaufbau von Fenstern
und Böden. Dabei wurde auch der Estrich erneuert
und eine Fußbodenheizung integriert. Beim Bodenbelag
fiel die Wahl auf einen Designboden von PROJECT
FLOORS, den der Bausanierer seit Jahren bei seinen
Projekten einsetzt. „Das Dekor PW 3220 mit dem hellen,
honigfarbenen Eicheton haben wir in anderen
Objekten auch schon als normale Planke verarbeitet,
und es schafft immer wieder eine natürliche und warme
Atmosphäre. Hier sollte aber ein Boden entstehen,
der zusätzlich durch die besondere Designverlegung
die Büroräume aufwertet. Das Chevronmuster ist
zwar etwas aufwändiger in der Verlegung und eine
exakte und millimetergenaue Arbeit entscheidend,
das Ergebnis entschädigt dann aber absolut!“
Dafür wurde der Boden vermessen, die Planken mit
dem Laser ausgerichtet und zunächst reihenweise
lose verlegt. Als sichergestellt war, dass alles passt
und sich keine Abweichungen zeigen, wurden die
Planken auf den gesamten 110 m 2 verklebt. Auch der
Kleber wurde nur reihenweise aufgetragen, damit
kein Kleberaufbau entsteht.
Die Wände zwischen den Räumen wurden geöffnet
und mit fest verbauten Verglasungen transparent
gestaltet. So entstand mehr Weite und das Licht
kann ungehindert die Räume fluten. Der Designboden
schafft eine elegante Wohnlichkeit, so dass das
Wohlfühlen bei aller Funktionalität von klassischen
Büroräumen nicht zu kurz kommt.
PROJECT FLOORS GmbH
T +49 (0)2233 9687-0
info@project-floors.com
www.project-floors.com
Bankfamilie MONSA
Sitzbank mit oder ohne Lehne und Tisch: Geradlinige Flachstahlfüße
mit markanten Rundungen
NEU
Modern, flexibel und auf
Wunsch maßgeschneidert
Stausberg Stadtmöbel GmbH 4531 Kematen a. d. Krems Telefon +43 (0)7258 / 5711 stausberg.at
architektur FACHMAGAZIN
68
Produkt News
Fotos: Constantin Meyer
Gebaute Bürgernähe
Seit über 70 Jahren tagt der Landtag von Rheinland-Pfalz im Deutschhaus am
Mainzer Rheinufer. Im Zuge einer grundlegenden Sanierung wurde das denkmalgeschützte
Gebäude im Inneren vollständig erneuert und um einen modernen
Anbau ergänzt.
Die Architekten fügten dem Deutschhaus dabei einen
schlichten, quaderförmigen Neubau hinzu und
dockten an der anderen Seite die Staatskanzlei ihrem
Ensemble an. In Summe bilden die drei Baukörper
eine städtebauliche Einheit, in der sich jedes Gebäude
seine Eigenständigkeit bewahrt. Im Inneren konzentrierten
sich die Architekten auf wenige, jedoch
hochwertige und regionale Materialen und viel Glas.
Dieses Konzept setzt sich auch im Neubau des Landtagsrestaurants
„RheinTisch“ fort, das traditionell allen
Bürgern offensteht.
Trotz der optischen Schwere der Sandsteinfassade
und der Quaderform tritt das Restaurant-Gebäude
durch die große Glasfassade offen in Erscheinung.
Insgesamt kamen dabei sechs cero Schiebefenster
zur Anwendung. Sie bieten im Landtagsrestaurant
eine maximale Öffnungsbreite von 8,50 Meter, wenn
vier Elemente nach rechts bzw. nach links geschoben
sind. Die Gesamtbreite der Glasfassade liegt bei 13
Metern, ihre Höhe bei 4,46 Metern.
Aufgrund des gewünscht hohen Energiestandards
setzten die Planer auf eine Ausführung mit cero III
– diese erzielt mit einer 3-fach-Isolierverglasung
Passiv hausstandard von 0,8 W/m²K. Als Nachteil resultiert
daraus ein relativ dicker Glasaufbau.
Obwohl ein Flügel bereits rund 600 Kilogramm wiegt,
verzichtete man auf elektrische Antriebe. Dazu Projektleiter
Merkert: „Trotz ihrer Größe können die
Schiebeelemente manuell geöffnet werden; das funktioniert
aus meiner Sicht überraschend gut.“ Erhöhte
Sicherheitsaspekte erfüllen die einbruchhemmenden
cero-Elemente durch eine zusätzliche Verschlussüberwachung.
Eine ausgefeilte 2-Punkt-Stangenverriegelung
ist hingegen Standard.
SOLARLUX AUSTRIA GmbH
T +43 (0)512 209 023
info.at@solarlux.at
www.solarlux.at
www.architektur-online.com
69
Produkt News
Die Lizenz zum Metallbau
Das AFI – Aluminium-Fenster-Institut vergibt ab
01.01.2023 für alle in der Metallbaubranche tätigen
Unternehmen Lizenzen der Gemeinschaftsmarke
ALU-FENSTER. Damit öffnet das AFI sein seit drei
Jahrzehnten bewährtes Kommunikations-Netzwerk
für alle Metallbaubetriebe und für Unternehmen, die in
der österreichischen Metallbaubranche tätig sind. Die
Gemeinschaftsmarke ALU-FENSTER mit ihrem hohen
Markenwert steht dabei im Fokus und ist die thematische
Brücke zum gesamten Metallbau. Durch das
neue Geschäftsmodell wird das AFI in Kooperation
mit der AMFT – Arbeitsgemeinschaft der Hersteller
von Metall-Fenster/Türen/Tore/Fassaden gemeinsam
mit Systemanbietern, Oberflächenveredelungsbetrieben,
Glasproduzenten und anderen Unternehmen
bzw. Organisationen der Branche tätig sein.
Das neue Lizenzkonzept enthält neben gemeinsamen
Aktivitäten zahlreiche Direktleistungen. Beispiele
sind branchenspezifische sowie regionale Impulstreffen,
regionale und unternehmensspezifische Werbe-,
PR- und Social-Media-Kampagnen, Aktivitäten
rund um das AFI-Weißbuch der Gemeinschaftsmarke
ALU-FENSTER, die Ausschreibung des Aluminium-Architektur-Preises
in Kooperation mit namhaften
österreichischen Architektur-Organisationen sowie
die Entwicklung einer portfoliogerechten Lizenznehmerliste
mit hohem Mehrwert für Auftraggeber und
Auftragnehmer. Als Vision gilt auch der Aufbau einer
Metallbau.Influencer.Community, die selbstbewusst
kommuniziert, was der Metallbau kann.
AFI Aluminium-Fenster-Institut
T +43 (0)1 9834 205
office@alufenster.at
www.alufenster.at
Klasse Böden – weltweit im Einsatz!
Silikal – für Industrie, Handel, Handwerk,
Gewerbe und öffentliche Bauten!
Hochstrapazierfähig, in Rekordzeit fugenlos verarbeitet
und nach 1 Stunde voll belastbar.
In Nutzbereichen, Küchen, Sozialräumen, Lager- und Produktionsräumen, ob Sanierung, Neubau … Silikal. Starke Böden für alle Fälle.
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architektur FACHMAGAZIN
70
Produkt News
Handwerk und Leidenschaft
Seit mehr als drei Jahrzehnten entstehen im unterfränkischen Altershausen bei
BENKERT BÄNKE hochwertige Freiraummöbel. Das Firmengebäude, entworfen
vom Schweizer Ausnahme-Architekten Mario Botta, bildet dabei die perfekte
Symbiose aus Natur und Architektur: In diesem Umfeld finden nicht nur Design
und Konzeption, sondern auch die komplette Produktion statt.
Nach Geschäftsführer Jochen Benkert sind es zwei
Faktoren, die zu einem optimalen Stadtmöbelstück
führen: innovative Technik und Handarbeit. Sein
Ziel ist es dabei stets, Ästhetik und Funktionalität in
Einklang mit einem verantwortungsvollen Umgang
mit der Umwelt zu bringen. Wie kann man als Unternehmen
gleichzeitig ökonomisch und ökologisch
nachhaltig agieren? Diese Frage kam bei BENKERT
BÄNKE schon sehr früh auf und es wurde nach Lösungen
gesucht. Nicht nur die Materialauswahl bei
der Herstellung der Produkte, sondern bereits das
Firmengebäude selbst legt den Grundstein für die
Antwort. Der Firmenstandort im Öko-Dorf Altershausen
bietet die Möglichkeit, dass in der Produktion weder
Öl noch Gas oder Wasser verbraucht werden. Zur
Beheizung werden der Solareffekt der transparenten
Dächer, die natürliche Wärmedämmung durch den
Einbau in die bewachsenen Hügel sowie die Hackschnitzelheizung
des 300-Einwohner-Dorfs genutzt.
Mit dem gleichen Nachhaltigkeitsgedanken erfolgte
auch die Entscheidung für die Materialien, aus denen
die Produkte hergestellt werden. Jedes von ihnen ist
nach der Nutzungszeit zu 100 % recycelbar. Sie benötigen
praktisch keine Pflege, trotzen jeder Witterung
und sind extrem langlebig. Sitzmöbel, die Nutzen,
Langlebigkeit und Design vereinen, sind nicht nur
ökonomisch, sondern auch ökologisch nachhaltig. Besondern
stolz ist Jochen Benkert darauf, dass er seinen
Betrieb nicht nur als nachhaltiges, sondern sogar
als klima-positives Unternehmen bezeichnen kann.
BENKERT BÄNKE
T +49 (0)9525 9225-0
mail@benkert.info
www.benkert.info
www.architektur-online.com
71
Produkt News
© Optigrün international AG
Vielfacher Gewinn
Dachbegrünungen sind ideale Maßnahmen, um den Folgen des Klimawandels und
der Versiegelung von Flächen entgegenzuwirken: Durch die Verdunstungskühlung
der Pflanzen wird die Umgebungsluft rund ums begrünte Gebäude gesenkt.
Zudem können urbane Hitzeinseln und Starkregenereignisse dadurch abgemildert
werden. Ein weiterer Vorteil ist die Fähigkeit der Pflanzen, Feinstaub und CO 2 zu
binden. Zusätzlich bietet sie Flora und Fauna einen attraktiven Lebensraum.
Ein Gründach schützt aber auch das Dachabdichtungsmaterial,
wodurch dessen Lebenserwartung
erhöht wird: Nicht nur Spitzentemperaturen werden
durch die Begrünung abgeschwächt – ein nicht begrüntes
Dach kommt im Sommer leicht auf 80° C
– sondern die Begrünung wirkt auch als Dämmung.
Im Winter wird die Kälte und im Sommer die Hitze
abgehalten. Darüber hinaus verfügen Dachflächen
über Raum für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
PV-Anlagen für die Stromerzeugung sind für viele
wirtschaftlich interessant, wobei der Wirkungsgrad
dieser Anlagen durch die Verdunstungsleistung der
Gründach-Pflanzen erhöht werden kann.
Mit ungenutzten Dachflächen steht ein riesiges
Potenzial zur Verfügung, das begrünt viel besser
genutzt werden kann: als zusätzlicher Wohnraum,
Freizeit-, Pausen- und Sportfläche. Mit der Erfahrung
von 50 Jahren in der Dachbegrünung bietet Optigrün
dafür immer die optimale Lösung.
KTM Motohall: Auch Tiefgaragen können begrünt werden.
Optigrün international AG
+43 (0)1 71728-417
info@optigruen.at
www.optigruen.at
© Sebas Romero
architektur FACHMAGAZIN
72
Produkt News
Blendend in Szene gesetzt
Ein in die Jahre gekommenes Gebäude am Fuße des Pöstlingberges wurde
durch einen exklusiven zweigeschossigen Wohnbau mit acht Wohnungen und
großzügigen Balkonen ersetzt. Für die elegante Fassade kamen Verblender von
Meldorfer (Synthesa) zum Einsatz.
„Die Qualität der optischen Gliederung der Fassade
des Bestandsgebäude von Mitte der 1960er-Jahre
wurde übernommen: weiße Rahmen mit annähernd
quadratischen dunkleren Felder. Angemessen für eine
Nutzung als Ladenzone waren diese Felder früher im
Stil der Zeit als Pfosten-Riegel-Fassade ausgeführt,
heute mit einer hochwertigen Backsteinoptik, die sich
auch von den weißen Putzfassaden der umliegenden
Wohnbauten abheben soll“, erklärt DI Claudia Danninger
vom planenden und bauüberwachenden Architekturbüro
Klinglmüller mit Sitz in Linz.
Die Verwendung von Verblendern ermöglichte – im
Gegensatz zu einer gemauerten Vorsatzschale aus
Backsteinen, das Gebäuden bauphysikalisch optimiert
in ein Wärmedämmverbundsystem (Capatect)
„einzupacken“ und die Oberflächenoptik nachträglich
auf dieses geschlossene System aufzubringen.
Primär eröffnen Original Meldorfer Verblender Bauschaffenden
wie kaum ein anderes Material einzigartige
Perspektiven für die kreative architektonische
Gestaltung. Zugleich bietet der Baustoff in puncto
Wirtschaftlichkeit, Wertbeständigkeit, Nachhaltigkeit
und Flexibilität Eigenschaften, die der Markt angesichts
steigender Baupreise mehr denn je verlangt.
Tatsächlich lassen sich die nur vier bis sechs Millimeter
starken Verblender durch ihr geringes Gewicht im
Vergleich zu massiven Vollsteinen und Klinkerriemchen
deutlich zeit- und kostensparender verarbeiten.
Synthesa Chemie
Gesellschaft m. b. H.
T +43 (0)7262 560-0
office@synthesa.at
www.synthesa.at/meldorfer
www.capatect.at
www.architektur-online.com
Produkt News
Ansprechende
Sitzmöbel-Lösung
Die in der NUSSER-GRUPPE entwickelte ergonomische Liege
SILENCIO stellt den Begriff Erholung im öffentlichen Raum
in völlig neuem Licht dar. Die Liegen sind mit Holzleisten aus
FCS-zertifiziertem Hartholz belegt, welche in ihrer Anordnung
die Körperkontur eines halb sitzenden, halb liegenden Menschen
nachbilden. Eine Sitzgeometrie, auf die das Designerteam
besonderen Wert gelegt hat. Außerdem gibt es die
Liegen für eine und zwei Personen und mit zwei unterschiedlichen
Unterbauten aus geschichtetem Stahl. SILENCIO gibt
es entweder feststehend oder drehbar – in der Ausführung
Drehfuß können Nutzer ihr Wunschpanorama betrachten oder
die Liege nach dem Lauf der Sonne ausrichten. Mit SILENCIO
bietet die STAUSBERG Stadtmöbel GmbH eine geniale Lösung
für herrliche Entspannung an.
Stausberg Stadtmöbel GmbH
T +43 (0)7258 5711
info@stausberg.at
www.stausberg.at
architektur FACHMAGAZIN
74
Produkt News
Fassadenskulptur in Blau
Neue Wege der Fassadengestaltung bestritten MOEDING und die Architekten von
Payette für einen Neubau für Biotechnologieforschung in Boston, USA. Dabei bilden
Transparenzgrade, Form und Farbe einen besonderen Dreiklang, der die Wahrnehmung
der unterschiedlichen Materialien sowie das Gebäude mit seiner Umgebung
unmerklich verschwimmen lässt.
Hierfür entwickelten die Architekten eine vertikale
Struktur, in der sich lichtdurchlässige, intransparente
Verglasungselemente mit skulptural geschichteten
Keramikplatten abwechseln. Die schmäleren,
ziegelbekleideten Außenwandflächen rhythmisieren
dabei die kompakte, planebene Glashülle und
verleihen ihr eine grafische Reliefstruktur.
Realisiert wurde dies mithilfe zweier unterschiedlicher,
speziell entwickelter Plattentypen auf Basis
der großformatigen Ziegelplatten LONGOTON® von
MOEDING. So gehen glatte Platten flügelartig in gewellte
Varianten über. Darüber hinaus sind die einzelnen
Platten schräg geschnitten und bilden durch
die vertikale Anordnung der unterschiedlich breiten
Elemente ein Wellenmuster, das sich über die gesamte
Fassadenhöhe zieht.
Das spezifische Design – ebenso wie die charakteristische
Farbgebung in Blaugrün mit teiltransparenter
Glasur – entstand in enger Abstimmung
mit dem Hersteller. So entwickelte MOEDING im
niederbayerischen Marklkofen im Labor verschiedene
Muster, die den Designvorstellungen der Architekten
für ihr Bostoner Projekt nahe kamen. Die
Planer nahmen die Vorschläge wohlwollend auf und
näherten sich gemeinsam mit dem Hersteller der finalen
Farb- und Formgestaltung. So wurden selbst
die Produktionswerkzeuge speziell an die Anforderungen
angepasst, um dem außergewöhnlichen Designergebnis
gerecht zu werden.
Realisiert wurde die Fassade gänzlich mit vorgefertigten
Elementen. MOEDING lieferte hierfür die
Ziegelplatten in ein Fertigungswerk nach Italien,
wo sie um die Glasbestandteile ergänzt wurden. Mit
Containern nach Boston verschifft, konnten sie so
in verkürzter Montagezeit an das Gebäude angebracht
werden.
Moeding Keramikfassaden GmbH
T +49 (0)8732 2460-0
info@moeding.de
www.moeding.de
Fotos: Sinziana Velicescu/Shildan Group
www.architektur-online.com
75
Schnelle
Reaktion!
Produkt News
Spektakulärer Campus
Der Science Park der Johannes-Kepler-Universität
Linz wurde nach den Entwürfen
der caramel architekten geschaffen.
Das spezielle Raumkonzept für Linz
fokussierte „Kommunikation“ als Leitmotiv.
Ziel war, dass sich die einzelnen Gebäudeteile
des Science Parks verbinden
und gleichsam mit der Umgebung in Beziehung
treten. Dieser Anspruch wurde
auch an die Außenhülle gestellt, die Fassade
sollte widerspiegeln, was die Planer
als Motto für den Campus festlegten.
„Auch die einzelnen Elemente der Fassade
sollen miteinander kommunizieren“,
war der Wunsch der Architekten.
Fotos: Hertha Hurnaus
Es war klar, dass es keine Standardlösung
für dieses Projekt geben kann. Der
Fassadenhersteller DOMICO aus Vöcklamarkt
(OÖ) ist darauf fokussiert, die Produktion
nach Kundenwünschen auszurichten.
Welches Metall in welcher Farbe
oder Dimension geliefert wird, definieren
die Auftraggeber. Länge, Breite, Verlegerichtung
oder Fugenbreite können individuell
bestellt werden. Diese Flexibilität
von DOMICO war auftragsentscheidend
und so entstand für die Umsetzung eine
kongeniale Partnerschaft.
Mit einer hinterlüfteten Fassade aus
walzblanken Aluminium konnte die Vorstellung
der Architekten umgesetzt
werden. Die Metallfassade umhüllt nicht
nur die spektakuläre Fassadenform der
Gebäude – jedes für sich ein Unikat – sie
bietet auch Mehrwert für die Arbeitswelt
im Inneren. Die außenliegenden fixen
Sonnenschutzlamellen schützen von
Sonnenstrahlen und vor sommerlicher
Überhitzung zugleich, was das ganze
Jahr angenehmes Raumklima garantiert.
DOMICO Dach-, Wandund
Fassadensysteme KG
T +43 (0)7682 2671-0
office@domico.at
www.domico.at
Thomas Steiner
Bauleiter,
ST-Beschichtungstechnik
Wolfsberg
Das speedige Finish Express
Coat EC 260 für Oberflächen
im Innen- und Außenbereich
ist an rascher Reaktion nicht
zu überbieten. Schon nach
ca. 4 Stunden überarbeitbar,
begehbar und auch wesentlich
früher als bei üblich verwendeten
Reaktionsharzen chemisch und
mechanisch belastbar – das soll
dieser Versiegelung mal einer
nachmachen. Damit brauche ich
nur ein Drittel der Härtezeit! Der
Express Coat EC 260 ist glänzend,
transparent, UV-beständig und
vergilbungsarm. Und damit der
perfekte Abschluss für Verarbeiter
und Bauherren. Eine Verbindung,
die hält.
Mehr Infos unter murexin.com
Das hält.
architektur FACHMAGAZIN
76
Produkt News
Fotos: Rupert Steiner
Schulhaus mit Bewegungsraum
Das Projekt eines Schulhauses in Wien Simmering, ein Wettbewerbsgewinn von
Architektin Patricia Zacek-Stadler aus 2017, ist bewusst an den Medwedweg
konzentriert, um möglichst viel Grünraum als Schulgarten zu belassen. Auch die
Höhenentwicklung des Gebäudes mit seinen fünf Geschossen ist dem Wunsch
nach geringem Platzverbrauch am Grundstück geschuldet.
Der von der Architektin entworfene Baukörper besteht
aus zwei Clusterbauteilen. Vorne ein verbindender
Straßentrakt und an der Gartenseite eine
Terrassenlandschaft mit Höfen, Atrien und Freibereichen.
Die Aula ist vom Vorplatz bis zur Gartenseite
durchgesteckt. Ein Lichttrichter und Lichtkegel holen
Tageslicht herein. An der Gartenseite wird der
überdeckte Vorbereich durch Lichtbrunnen bereichert.
Schräge, schlanke ATLANT® Verbundstützen
von Peikko stehen wie Mikado-Stäbe im Raum. Ein
Thema, das sich spielerisch sowohl im Inneren bis
ins Obergeschoss als auch außen zu den Freitreppen
und Brücken im Garten weiterzieht. Sie sind elegant
und reichen zumeist über mehrere Geschosse.
Einzigartig an diesem Projekt sind die glasüberdeckten
Atrien, durchgesteckt bis ins Dachgeschoss. Sie
bereichern die Multifunktions-Zonen, die zwischen
jeweils vier Bildungsräumen liegen. Damit sind diese
Lerninseln hell, gut belichtet und über die Geschosse
miteinander verbunden. Jeweils ein Baum vervollständigt
diesen inneren Freiraum und bietet auch
Veränderung und Wachstum.
Durch die Verknüpfung des Innenraums mit dem
Garten und die beiden großen Atrien spannt sich in
diesem Schulhaus ein Bewegungsraum auf, der zur
räumlichen Eroberung des Hauses mit seinen vielfältigen
Freiflächen einlädt.
Peikko Austria GmbH
T +43 (0)5523 521 210
austria@peikko.com
www.peikko.at
www.architektur-online.com
Kunst und Kulinarik
Nach einer umfassenden Sanierung eröffnete im
Sommer das Restaurant des Forums Ludwigsburg.
Erbaut vor etwa 30 Jahren wurde eine Sanierung
nötig, wobei die Küche des Restaurants komplett
entkernt wurde. Beim Küchenboden, der hohe hygienische
und funktionale Forderungen erfüllen sollte,
entschied sich der Bauherr für das bewährte Konzept
der Methylmethacrylat(MMA)-Bodenbeschichtungen
von Silikal. Das für Küchen konzipierte und zertifizierte
Silikal Kitchen System wurde hier individuell auf die
Kundenwünsche eingestellt, Rutschhemmstufen und
Farbwunsch inklusive. Die MMA-Bodenbeschichtung
punktet mit ihrer fugenlosen Oberfläche und Hohlkehlen,
so dass sich der Boden einfach, zuverlässig
und schnell reinigen lässt. Auch heißes Wasser, Fett
und Öl, das in jeder Küche gelegentlich auf den Boden
gelangt, bleiben für Silikal-Kunstharzbeschichtungen
ohne Folgen. Und da die Mitarbeitenden in Küchen
oftmals mit schnellem Schritt auf nassen Böden unterwegs
sind, bedeuten die eingestellten Rutschhemmstufen
eine verbesserte Arbeitssicherheit.
Silikal GmbH
T +49 (0)6182 9235-0
mail@silikal.de
www.silikal.de
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Produkt News
© Silikal, Mainhausen
Funktionale und
außergewöhnliche
Oberflächen
Die Wand als Tafel, Whiteboard oder Magnetfläche:
Mit den Lackspezialitäten von Brillux lassen sich
ansprechende Oberflächen mit besonderen Funktionalitäten
schaffen. Mit dem wasserbasierten
Brillux Lacryl-PU Schultafellack 258 steht dafür ein
geruchsarmes und schnelltrocknendes Produkt in
vielen Farbtönen zur Verfügung. Mit Brillux 2K-Aqua
Whiteboard 2384 wieder werden Oberflächen in wenigen
Schritten zu individuellen Schreibflächen verwandelt.
Für multifunktionale Whiteboard-Wände, an
denen auch Magnete halten, wird vorab die magnetaktive
Spachtelmasse Magnofill 1859 aufgetragen.
Oder Hydro-PU-Spray Metallicfinish 2177 und Hydro-
PU-XSpray Metallicfinish 2277 zur seidenglänzenden
Veredelung bereits lackierter Oberflächen. Außergewöhnlich
matte Oberflächen schafft ein transparenter
Lacküberzug mit Brillux Softfeel 2060. Dieser
Lack veredelt Einbauten aus Holz und Metall mit einer
haptisch interessanten Oberfläche.
Brillux Farben GmbH
T +43 (0)732 370740-0
info@brillux.at
www.brillux.at
architektur FACHMAGAZIN
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edv
Die Automatisierung der Baustelle schreitet nur langsam voran: Aufmaßroboter in Aktion.
© Leica Geosystems
Bauroboter
Automatisierung auf der Baustelle
In der Bauindustrie ist „Kollege Roboter“ längst angekommen. Die Automatisierung
der Baustelle steht dagegen noch am Anfang. Erste marktfähige Baustellenroboter
versprechen mehr Effizienz am Bau.
Text: Marian Behaneck
Ob bei der Herstellung von Bauprodukten,
der Bewehrung von Betonbauteilen, der
Montage von Schalelementen, Holzständer-
oder Fachwerkkonstruktionen – in
der Bauindustrie und in den Werkstätten
einiger Baugewerke sind Roboter längst im
Einsatz. Jetzt wollen sie auch Baustellen
erobern, denn Roboter können inzwischen
abreißen, aufmessen, mauern, bohren und
schweißen, Pflaster verlegen, Wände und
Decken verputzen oder streichen. In Form
von 3D-Druckern können sie sogar komplette
Häuser fertigen.
Roboter werden nie krank
Die Baurobotik hat viele Vorteile. Roboter
werden nie müde oder krank, arbeiten in
stets gleichbleibender Qualität – sauber,
exakt, effizient und schnell. Roboter können
sich selbstständig im Raum orientieren und
ihre Arbeiten – von Programmen, CAD- oder
BIM-Planungsdaten gesteuert – völlig autonom
oder per Fernbedienung erledigen.
Roboter brauchen keine Pläne, stattdessen
übertragen sie quasi im Maßstab 1:1 die
Konstruktionsdaten direkt auf die Baustelle,
digital und ohne Medienbrüche. Das ermöglicht
rationellere und wirtschaftlichere
Bauprozesse, mehr Präzision und weniger
Fehler am Bau. Außerdem entlasten Roboter
Bauarbeiter von monotonen, körperlich anstrengenden
und gefährlichen Arbeiten, bei
denen es häufig zu Arbeitsunfällen kommt.
Planern erschließen Roboter neue, kreative
Freiräume. So lassen sich beispielsweise mit
3D-Druckern bisher nicht oder nur sehr aufwendig
produzierbare Formen und Strukturen
wirtschaftlich realisieren. In Verbindung
mit dem Einsatz moderner, teilweise KI-gestützter
Automatisierungssysteme könnte
die Robotik für eine Image-Steigerung und
eine höhere Attraktivität von Bauberufen
sorgen und dem aktuellen Fachkräftemangel
ein Stück weit entgegenwirken.
www.architektur-online.com
79
edv
Alleskönner für die Baustelle
Mit Neuentwicklungen versuchen Roboter-Hersteller
auch die Baustelle als Absatzmarkt
zu erobern, beispielsweise mit
mobilen Multifunktionsrobotern. Diese orientieren
sich selbständig im Raum und können
verschiedene Aufgaben ausführen: Sie
erfassen die bauliche Situation in Form von
Laserscanner-Punktwolken und als Fotopanorama
oder verwandeln sich durch wechselbare,
modulare Werkzeugaufsätze des
Greifarms in einen Bohr-, Fräs-, Trenn- oder
Schweißroboter – so wie der Baubot der
österreichischen Baubot GmbH. Der in zwei
Varianten erhältliche Mobilroboter kann
durch den Wechselaufsatz seines bis zu 1,9
bzw. 3,1 Meter langen Roboterarms flexibel
auf Baustellen eingesetzt werden und ist so
kompakt, dass er auch durch Türöffnungen
passt. Mithilfe seiner Raupenketten kann er
auch Treppen steigen und bis zu 20 bzw. 70
Kilogramm schwere Lasten transportieren.
Auch für den autonomen Laufroboter Spot
von Boston Dynamics sind Treppen kein
Hindernis. Dank seiner vier Beine bewältigt
er auch unwegsames Gelände und trägt dabei
eine Nutzlast von bis zu 14 Kilogramm.
In unterschiedlichen Konfigurationen,
zum Beispiel mit einem 3D-Laserscanner
oder einem Greifarm, kann Spot zu unterschiedlichen
Zwecken eingesetzt werden:
beispielsweise für die Bauüberwachung,
Baufortschrittskontrolle oder Vermessung.
Trimble oder Leica Geosystems bieten dafür
entsprechende Kombilösungen. (www.
baubot.com, www.bostondynamics.com,
www.fischer.at, www.trimble.com, https://
blk2021.com/de/blk-arc)
Mauern, bohren oder verputzen
Spezialroboter können zwar nur bestimmte
Aufgaben erledigen – das aber weitgehend
selbstständig, schnell und präzise. Sie können
abreißen, mauern, bohren, Fliesen verlegen,
Wände und Decken verputzen oder
streichen. Der Maurer-Roboter Hadrian X
vom australischen Hersteller FBR kann
beispielsweise ein komplettes Gebäude in
zwei Tagen hochmauern. Dabei arbeitet er
3D-Baukonstruktionsdaten ab, welche die
Position der Ziegel vorgeben, nimmt sie
nacheinander auf, bringt sie nach Bedarf
auf Maß, bringt Mörtel auf und positioniert
sie mit seinem Teleskoparm präzise an die
richtige Stelle. Sobald Hadrian X den Rohbau
fertiggestellt hat, übernimmt auf der
automatisierten Baustelle „Kollege“ Okibo
vom gleichnamigen Hersteller. Okibo ist
ein weitgehend autonomer Roboter für
Verputz- und Malerarbeiten. Ausgestattet
mit einer Reihe von Sensoren und einem
3D-Laserscanner, erfasst er seine
Umgebung automatisch, orientiert sich
selbstständig und trägt KI-gestützt Putze
oder Farben auf beliebige Oberflächen
auf, wobei er Fenster- und Türöffnungen
oder andere auszusparende Flächen berücksichtigt.
Auch das SHK-, Elektro- oder
Trockenbauer-Handwerk wird unterstützt.
So bohrt der semi-autonome Bohrroboter
Jaibot von Hilti Löcher und markiert sie
anschließend für die verschiedenen Gewerke.
Damit entlastet er Handwerker vor anstrengender
Überkopfarbeit, sorgt für mehr
Präzision und Sicherheit. Eingemessen und
referenziert wird Jaibot über eine Hilti-Totalstation,
navigiert wird er per Fernsteuerung,
die Bohrarbeiten führt er in seiner
Reichweite automatisch aus. Da der Jaibot
keine Treppen bewältigt, erfolgt der Transport
in das nächste Geschoss per Kran oder
Lastenaufzug. Auch Gerüstbau-Roboter
gibt es schon: Der Akku-betriebene Liftbot
von Kewazo ist in weniger als einer halben
Stunde aufgebaut und fährt Material oder
Bauteile sicher und fast doppelt so schnell
wie herkömmliche Seilwinden und Bauaufzüge
nach oben. (www.arerobot.com, www.
brokk.com, www. www.fbr.com.au, www.hilti.
at, www.husqvarna.com, www.kewazo.com,
www.kuka.com, www.okibo.com, www.wienerberger.com,
https://new.abb.com)
Roboter auf zwei Beinen
Zu den eher spektakulären Entwicklungen
zählen humanoide, also menschenähnliche
Roboter. Sie erzeugen außerhalb von Fachkreisen
das meiste Aufsehen, da sie dem
Stereotyp eines Roboters, eines menschenähnlichen
„Maschinenwesens“, am nächsten
kommen. In Indien, Japan oder Spanien
entwickeln verschiedene Unternehmen
schon seit einigen Jahren Roboter, die eine
menschliche Gestalt besitzen, sicher auf
zwei Beinen laufen und auf Kommando einfache
Tätigkeiten erledigen. Sie helfen beispielsweise
beim Tragen schwerer Bauteile
oder montieren Wand- und Deckenelemente.
Die etwa 1,6 Meter großen, 60 kg schweren,
akkubetriebenen und mit zahlreichen Freiheitsgraden,
Sensoren und einer Kamera
inklusive Bildverarbeitung ausgestatteten
Roboter können auch unebene Flächen,
Treppen und bis zu einem gewissen Grad
auch unvorhergesehene Ereignisse meistern
– etwa Hindernissen ausweichen. Allerdings
setzt die Fortbewegung auf zwei Beinen einen
hohen technischen Aufwand voraus.
(www.bostondynamics.com, www.kawadarobot.co.jp/en,
www.pal-robotics.com) u
Mobile Roboter können inzwischen mauern …
© FBR
… den Bestand oder Baufortschritt messtechnisch
und fotografisch erfassen …
© Leica Geosystems
… für Installationsarbeiten Löcher bohren ...
© Fischer
… oder den Bestand abreißen.
© Husqvarna
www.architektur-online.com
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Portalkran-Konstruktionen, mit einem an
der Laufkatze montierten Druckkopf. (Beispiele:
www.3dwasp.com, www.apis-cor.com,
www.cobod.com, www.contourcrafting.com,
www.cybe.eu, www.peri.at)
Roboter können in der Werkhalle auch Betonbewehrungen zusammensetzen …
© ABB, Gramazio Kohler Research, ETH Zurich
… oder Holzkonstruktionen zusammenbauen.
© ABB, Gramazio Kohler Research, ETH Zurich
Woher kommen die Daten?
Damit mobile Roboter an Ort und Stelle Arbeiten
ausführen können, müssen sie sich
zunächst im Raum orientieren. Orientiert, lokalisiert
und auf einen Bezugspunkt referenziert
werden Roboter über integrierte oder
externe 3D-Lasermessysteme und Sensoren.
Um komplexe Tätigkeiten ausführen und
unvorhergesehene Situationen auf der Baustelle
meistern zu können, müssen autarke
Roboter über weitere Sensoren verfügen, die
das Umfeld möglichst umfassend erfassen
und deren Daten vernetzt und teilweise auch
KI-gestützt in Echtzeit ausgewertet werden.
Als Grundlage für die Steuerungsdaten dient
entweder eine DWG- oder DXF-Datei bei herkömmlicher
Planung oder ein BIM-Ausführungsmodell,
das nur ausführungsrelevante
Daten enthält. Aus diesem Modell werden die
3D-Koordinatendaten für die Steuerung des
Roboterarms, Bohrkopfs oder der 3D-Druckdüse
generiert. Daraus werden für die auszuführenden
Arbeiten 3D-Koordinatenlisten
erzeugt, die schrittweise abgearbeitet werden.
Zusätzlich werden weitere Angaben
benötigt, beispielsweise Bohrerdurchmesser
und Bohrtiefen bei Bohrrobotern. Bevor der
Roboter auf der realen Baustelle seine Arbeiten
erledigt, lassen sich am digitalen Modell,
dem „digitalen Zwilling“ des zu erstellenden
realen Objektes, zusätzlich auch Baustellen-,
Montage- und Arbeitsabläufe virtuell simulieren
und optimieren.
3D Druck-Roboter
Auch 3D-Drucker sind von Computerprogrammen
gesteuerte Apparaturen, die repetitive
Arbeiten präzise und schnell erledigen
können und Objekte aus einem flüssigen,
pulverförmigen oder festen Ausgangsmaterial
mit Hilfe chemischer und/oder physikalischer
Prozesse schichtweise aufbauen
(architektur 4/22: Häuser in Schichtarbeit).
Nahezu alles ist entweder in der Werkstatt
oder unmittelbar auf der Baustelle druckbar:
Metallstrukturen ebenso wie Konstruktionen
aus holzartigen, transparenten oder recycelten
Werkstoffen oder massive Bauteile aus
Beton mit oder ohne Eisen-, Glasfaser- oder
Textilarmierung. Größere Bauteile – und
erst recht komplette Gebäude – setzen allerdings
große Bauräume voraus, die etwas
größer sein müssen, als das zu fertigende
Objekt. Deshalb ähneln 3D-Drucker häufig
Multifunktionelle Systeme unterstützen dank wechselbarer Werkzeugaufsätze das Bohren,
Fräsen, Trennen oder Schweißen © Baubot
www.architektur-online.com
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edv
Mit automatisierten 3D-Portaldruckern lassen sich komplette Häuser Schicht für Schicht fertigen. © Peri
Was sind die Hürden?
Den vielen Vorteilen der Baurobotik entgegen
steht die Tatsache, dass der Einsatz bei
Preisen ab 10.000 für stationäre Einarm-Roboter
und 75.000 Euro und mehr für multifunktionale,
mobile Roboter derzeit für
kleinere und mittlere Bauvorhaben noch unwirtschaftlich
ist. Baustellen mit großen Geschossflächen
sind dagegen ein ideales Betätigungsfeld.
Eine echte Herausforderung
der Digitalisierung und Automatisierung
des Bauwesens ist aber die Erstellung herkömmlicher
Gebäude. Diese wird seit Jahrhunderten
im Wesentlichen durch kleinteilige,
handwerkliche Prozesse bestimmt,
die zudem von verschiedenen Gewerken
separat ausgeführt werden. Das erschwert
sowohl eine Mechanisierung und Automatisierung
als auch Integration von Prozessen.
Außerdem unterscheiden sich Baustellen
von Industriehallen: Jede ist anders, verändert
sich kontinuierlich, ist staubig, schmutzig,
Wind und Wetter ausgesetzt, manchmal
mit Baumaterialien verstellt, mit Materialresten
und Bauabfällen verunreinigt etc. Das
sind keine idealen Voraussetzungen insbesondere
für mobile Roboter, die möglichst
aufgeräumte, freie Baustellen ohne Behinderungen
voraussetzen. All dies sind Gründe,
weshalb die Baustellen-Automatisierung
nur langsam vorankommt. Berücksichtigen
sollte man stets auch, dass Roboter kein
Selbstzweck sind und dass das eigentliche
Ziel eine vernetzte, integrierte und automatisierte
Baustelle ist. Dazu müssen Roboter
miteinander und mit anderen Maschinen
vernetzt und in die Bauabläufe optimal eingebunden
werden. Rückenwind könnte die
Baustellenautomatisierung durch steigende
Lohnkosten, den Mangel an Fachkräften
und BIM erhalten.
•
Was sind Roboter?
Der Begriff stammt von „Robota“ (slawisch für „Arbeit“) ab. Roboter sind quasi „maschinelle
Arbeiter“, die in der Lage sind, eine komplexe Abfolge von Tätigkeiten selbständig
auszuführen, zu kontrollieren und wenn nötig zu korrigieren. Unterschieden werden semiautonome
Bauroboter, die ferngesteuert werden, programmierbare Bauroboter, die
mit Sensoren ausgestattet sind und weitgehend selbstständig handeln sowie KI-gestützte
Bauroboter, die vollständig autonom arbeiten und teilweise auch unvorhergesehene
Ereignisse bewältigen können.
Roboter zum Anziehen
Eine spezielle Art von Robotern sind aktive Exoskelette: Man kann sie sich um den Körper
schnallen und als unterstützende Hebe- und Tragehilfe nutzen. Aktive Exoskelette
werden mit Elektromotoren angetrieben. Die Stärke der Unterstützung lässt sich manuell
oder automatisch regeln. Werden Exoskelette mit dem Internet der Dinge (IoT) verknüpft,
lassen sich Belastungswerte und Aktivitäten für statistische Zwecke, zur Analyse
geleisteter Arbeit oder für die Abrechnung von Tätigkeiten auswerten. (Beispiele:
www.suitx.com, www.germanbionic.com, www.comau.com)
© German Bionic
architektur FACHMAGAZIN
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edv
Service im Cloud-Format
Software as a Service. Kurz SaaS. Hinter diesem
Begriff steckt ab sofort die Zukunft jedes erfolgreichen
Planungsbüros. Mit 1. Dezember revolutioniert
untermStrich als Marktführer seine Organisationsund
Managementsoftware für ArchitektInnen und Ingenieur:innen
und bietet für NeukundInnen auch eine
SaaS-Lösung an. Was SaaS nun genau ist? „Man kann
es mit unserem Leitungswasser veranschaulichen. Als
Kunde sind Wasserwerk, Speicher und die Verfahren
der Aufbereitung nicht mein Problem, sondern Sache
des Anbieters. Ich will nur Wasser aus meinem Hahn.
Und zwar wann ich will und so viel ich brauche“, erklärt
Christian Koller, Leiter der Entwicklung. Öffnet
man untermStrich hat man vor sich alles, was man
zum Arbeiten braucht, am Bildschirm. Software, Speicher,
Rechenleistung, Schnittstellen und Systemlogik,
alles hinter genau dieser Arbeitsoberfläche ist in der
Cloud. Wie viel Serviceleistung genau diese für einen
liefern soll, bestimmt man selbst durch die Wahl des
Abos. Neu ist das SaaS-Modell aus technischer Sicht
bei untermStrich nicht. In den vergangenen zehn Jahren
war die Technologie bereits im Hintergrund im
Einsatz und konnte so perfektioniert werden.
untermStrich software GmbH
T +43 (0)3862 58106-0
office@untermstrich.com
www.untermstrich.com
Ing. Markus C. Raming, Geschäftsführung, Leitung Vertrieb (CEO)
Ing. DI (FH) Christian M. Koller, Msc, Prokurist, Leitung Entwicklung und IT (CTO)
Aktualisierte Daten für SiGe-Plan
ABK liefert mit dem Softwarebaustein ABK-SiGe-Plan
aktualisierte Daten zu Sicherheits- und Gesundheitsschutzplänen
und unterstützt den Planungs- und
Baukoordinator bei der Erstellung des SiGe-Plans
sowie der Erstellung der Unterlage für spätere Arbeiten
nach ÖNORM B 2107. Alle bisherigen Daten
wurden nach aktuellem Stand der Technik überarbeitet,
neue COVID-Maßnahmen ergänzt und sind
als Datenpaket ab sofort erhältlich.
Mit dem aktualisierten Datenpaket werden die verschiedensten
Maßnahmen-Vorschläge für den
SiGe-Plan in strukturierter Form mitgeliefert. Aktuelle
Informationen wurden ergänzt und aktualisiert
sowie Texte und Bestimmungen der Baumappe der
Wirtschaftskammer (Stand 2020) angepasst. Diverse
Schutzmaßnahmen wie das Arbeiten mit besonderen
Gefahren, Notpläne und -nummern sowie
COVID-Maßnahmen sind eingearbeitet. Erhältlich ist
das neue SiGe-Plan-Datenpaket über die ABK-Webseite,
alternativ können Anwender auch weiterhin mit
den Demo-Daten des ABK-SiGe-Plans arbeiten und
ihre Daten entsprechend adaptieren und einsetzen.
ib-data GmbH | ABK Bausoftware
T +43 (0)1 492 5570-0
abkinfo@abk.at
www.abk.at
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den Erfolg Ihrer Werbeplanung?
Bei uns erreichen Sie die, auf die es ankommt: 91 % aller
Entscheider informieren sich in Fachmedien über Innovationen
und Branchen-Trends. Die Mitglieder des ÖZV bieten damit
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Exklusiver Partner der Brunner Group