MQ Winter 2020 red
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Das Artland-Magazin.
Lichtsicht7 Nao Yoshigai
Lichtsicht7 Refik Anadol
Lichtsicht7 Jeffrey Shaw
Die erste lichtsicht in Bad Rothenfelde
fand im Herbst des
Jahres 2007 statt. Westeuropas
größtes Gradierwerk wurde
hierbei als Projektionsfläche
genutzt. Die vergangenen
6 lichtsicht Projektions-Biennalen haben
Maßstäbe für die Qualität der Veranstaltung
gesetzt. Klangvolle Namen der
internationalen Kunstszene wie William
Kentridge, Robert Wilson, AES+F, Sigalit
Landau, Kanjo Také, Ryoji Ikeda, Eyal
Gever oder Rosalie waren fasziniert von
der Möglichkeit, ihre Kunst auf dieser
verästelt strukturierten, feuchtglitzernden
Projektionsfläche der Gradierwerke
zu erleben, die ihren Werken einen Zauber
verlieh, der in keinem Museum der
Welt möglich ist. Für Bad Rothenfelde
hat sich dieses einzigartige Kunstevent
zum unverzichtbaren Kulturereignis entwickelt.
Diese kulturelle Veranstaltung
ist eine magische Mischung zwischen
höchstem, intellektuellem Anspruch
und gleichzeitig beste Unterhaltung für
Groß und Klein. Es ist ein Erlebnis für alle
Sinne: Die Augen, die Ohren, der Atem
und vor allem der Geist werden beim
abendlichen bis nächtlichen Flanieren
gleichermaßen inspiriert.
Ich habe die Premiere damals leider
nicht miterlebt, auch die darauf folgenden
Veranstaltungen habe ich immer
wieder verpasst, oder es ist mir etwas
dazwischengekommen. Darum dachte
ich mit Wehmut an das zurück, was ich
verpasst hatte und das hat gerade mich
als Fotograf mächtig geärgert. 2016 hat
meine Frau in der Zeitung gelesen, dass
im Foyer des Kurmittelhauses eine Fotoausstellung
von der lichtsicht gezeigt
wird, also machten wir uns auf den Weg
und sahen uns diese Ausstellung an.
Dabei haben wir beschlossen, dass wir
uns die nächste lichtsicht auf keinen Fall
entgehen lassen werden, denn wo in
der Welt können Projektionen über eine
10.000 qm Rieselfläche der Gradierwerke
mit einer Gesamtlänge von 312 m auf 10
m Höhe Besucher begeistern? Allein ein
Werk kann bis zu 312 m lang sein. Diese
Dimension ist gigantisch und in ihrem
natürlichen wie historischen Setting
weltweit einzigartig.
Mit moderner Projektionstechnologie
startete dann in diesem Herbst die
lichtsicht 7. Es wurden neue Projektoren
angeschafft, die eine deutlich höhere
Qualität sowohl bei der Bildauflösung
als auch bei der Datenverarbeitung
garantieren und trotz eines verringerten
Budgets sind mehr Positionen denn je
zu erleben. Dies gelingt, weil neben den
etablierten, international bekannten
Künstlern erstmalig auch innovative
studentische Arbeiten präsentiert werden.
Es gibt Kooperationen mit jungen
Talenten der Hochschule für Bildende
Künste Braunschweig, der Musashino
Universität in Tokyo sowie der Staatli-
chen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.
So begab sich Bad Rothenfelde mit
der Start der lichtsicht 7 am 23. Oktober
2020 auf einen neuen Weg.
Und das in diesen Zeiten!
In einer denkwürdigen Zeit voller Risiken
und Unsicherheiten schenkte das
Heilbad seinen Gästen eine Ablenkung,
einen Hoffnungsschimmer und ein
Kunsterleben, das sich als ein leuchtendes
Ereignis und einen deutlichen
Kontrapunkt zu der Jahrhundertpandemie
erweisen sollte. Die Besucher sollten
ein geradezu ideales Format vorfinden,
um hochkarätige Projektionskunst
ansteckungsfrei und angstfrei im Freien
bei bester von Quellsole angereicherter
frischer Luft erleben zu können. Doch
in den Zeiten von Corona ist so eine
Veranstaltung für jeden Organisator
ein Risiko und auch das hervorragend
ausgearbeitete Hygienekonzept, das in
ständiger Anpassung mit den Vorgaben
für die Infektionsschutzmaßnahmen abgestimmt
wurde, konnte das Schlimmste
nicht verhindern. Am 31. Oktober kam
das vorläufige Aus für die lichtsicht 7.
Auch diese Veranstaltung ist von der
Niedersächsischen Corona-Verordnung
betroffen. Der Bürgermeister hat die
vom Land verfügte Unterbrechung der
lichtsicht 7 mit dem künstlerischen
Leiter und Kurator Prof. Michael Bielicky
besprochen. Auch wenn beide nicht
glücklich über diese Entscheidung sind,
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