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Jakob Prandtauer 1660–1726 Baumeister des Barock

Jakob Prandtauer 1660–1726
Baumeister des Barock

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DAS AUGUSTINER-CHORHERRENSTIFT

ST. PÖLTEN

Einleitung

Das Augustiner-Chorherrenstift St. Pölten (Abb. 31–33)

bildet ein bauliches Ensemble aus verschiedenen Epochen.

Die nachhaltigsten Veränderungen hat das im Mittelalter

gegründete Kloster im 17. und 18. Jahrhundert

erfahren. Jakob Prandtauer hat an diesen Veränderungen

Anteil, allerdings keinen allzu großen.

Als sich Prandtauer im Juli 1692 dauerhaft in St. Pölten

niederließ, war das Augustiner-Chorherrenstift eine baulich

intakte, jedoch keineswegs moderne oder gar repräsentative

Anlage. Die Klostertrakte, die sich um drei Höfe

gruppierten (den Kreuzgang-, den Brunnen- und den Binderhof),

waren zwar erst unter Propst Johannes Fünfleutner

(amt. 1636–1661) vollständig erneuert worden, besaßen

aber karge Fassaden (Abb. 35). Die im Süden des

Komplexes gelegene Stiftskirche hatte trotz einiger frühneuzeitlicher

Adaptierungen im Wesentlichen ihr mittelalterliches

Erscheinungsbild bewahrt. Den entscheidenden

Akzent setzte der mächtige Turm. Ihm galt spätestens

1692 das Interesse Propst Christoph Müllers von Prankenheim

(amt. 1688–1715; Abb. 17): Der Turm sollte einen

neuen Abschluss erhalten – die erste Aufgabe, mit

der Jakob Prandtauer durch das Augustiner-Chorherrenstift

St. Pölten betraut wurde.

Zu umfassenderen Arbeiten kam es erst unter Propst

Johann Michael Führer (amt. 1715–1739; Abb. 38): Bis

1722 gestaltete Prandtauer den Chor, die Orgelempore

und einige Nebenräume der Stiftskirche um. Etwa zeitgleich

schuf er die baulichen Voraussetzungen für die Einrichtung

einer Bibliothek im Westtrakt des Kreuzganghofes.

Nach dem Tod Prandtauers beschäftigte Johann

Michael Führer Joseph Munggenast, der u. a. das Langhaus

der Stiftskirche barockisierte (Abb. 39) und punktuelle

Adaptierungen im Bereich des Klosters vornahm.

1739 fanden die Arbeiten ein jähes Ende; nach wiederholten

Unruhen im Konvent wurde Johann Michael Führer

seines Amtes enthoben.

Was Jakob Prandtauer, Joseph Munggenast und Propst

Johann Michael Führer der Nachwelt hinterlassen haben,

wirkt auf den ersten Blick wie ein unzusammenhängendes

Stückwerk. Blickt man jedoch auf den sog. Idealprospekt

(Abb. 36), wird rasch klar, dass die einzelnen Maßnahmen

Teil eines groß angelegten Umbauprojekts waren, das das

gesamte Stift zum Gegenstand hatte.

In Anbetracht seiner historischen und kunsthistorischen

Bedeutung hat das Augustiner-Chorherrenstift

St. Pölten wiederholt die Aufmerksamkeit der Forschung

auf sich gezogen, 1 eine umfassende Würdigung der Leistungen

Prandtauers steht jedoch bislang aus. 2 Die archivalische

Basis für eine tiefgehende Beschäftigung mit

dem Augustiner-Chorherrenstift zur Zeit Prandtauers ist

äußerst schmal: Aus den einst reichen Archivbeständen

haben sich zwar die Matrikenbücher erhalten, in denen

die Taufen der Kinder Prandtauers und dessen Tod vermerkt

sind, bauspezifische Quellen liegen jedoch – be-

Abb. 31 Augustiner-Chorherrenstift St. Pölten, Stiftskirche,

Westfassade

1

An neueren Gesamtdarstellungen siehe vor allem FASCHING

(HG.) 1985 und ÖKT. ST. PÖLTEN 1999, 5–76 (JOHANN KRONBICHLER).

2

Im Hinblick auf die Kirche siehe die knappen Überlegungen

bei PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1985/1 und HUBER / WEIGL (HG.) 2010,

163–165, Kat. 8.1 (HUBERTA WEIGL).

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