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Jakob Prandtauer 1660–1726 Baumeister des Barock
Jakob Prandtauer 1660–1726
Baumeister des Barock
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Abb. 523 Stift Göttweig, Luftbild
18 fl. für einen Klosterplan 99 bezahlte, darf man annehmen,
dass Prandtauers Riß ebenfalls einen Entwurf für eine erste
Um- oder Neubauplanung des Klosters zeigte. 100
Spruchreif wurde die Idee der baulichen Erneuerung
des Klosters letztendlich erst vier Jahre später, und zwar
nachdem am 17. Juni 1718 ein Brand große Teile des Klosters
(Abb. 521) vernichtet bzw. beschädigt hatte. 101 Das
geplante Endergebnis überliefern mehrere Kupferstiche
Salomon Kleiners, von denen die Vogelschau aus dem
Westen besonders beeindruckend ist (Abb. 522). Vergleicht
man die Ansicht Kleiners mit dem bestehenden
Bau (Abb. 523), wird rasch klar, dass von dem, was geplant
war, nur ein Teil ausgeführt wurde.
Kehren wir an dieser Stelle aber nochmals in die Zeit
unmittelbar nach dem Brand im Juni 1718 zurück: Der
Bau war beschädigt und Abt Gottfried Bessel sah sich veranlasst,
mit mehreren Künstlern Kontakt aufzunehmen,
um zu überlegen, was mit dem Komplex geschehen sollte.
Entwürfe lieferten letztendlich Johann Lucas von Hildebrandt,
Balthasar Neumann und Jakob Prandtauer. Die
Risse Hildebrandts haben sich erhalten, während die Projekte
Neumanns und Prandtauers nur durch Zahlungsvermerke
dokumentiert sind. In die Planung eingebunden
war der mit Bessel befreundete Reichsvizekanzler Friedrich
Carl von Schönborn.
Die Chronologie der Ereignisse lässt sich anhand der
Quellen einigermaßen gut nachvollziehen: 102 Im Oktober
1718 war Hildebrandt für eine Woche in Göttweig – wohl
zu ersten Besprechungen. Spätestens am 8. Februar 1719
lagen Entwürfe von ihm vor. Wenig später, am 19. März,
erhielt Balthasar Neumann 18 fl. für einen yberschickten Ris 103 .
Am 4. Mai akzeptierte das Kapitel das Projekt Hildebrandts;
eine Woche später begannen die Aushubarbeiten. Am
22. Mai unterzeichnete Bessel den Vertrag mit Franz Jänggl,
der den Bau im Auftrag Hildebrandts führen sollte. 104 Am
2. Juli erfolgte schließlich die feierliche Grundsteinlegung.
99
Im Zusammenhang mit dem Betrag von 18 fl. wird Johann Baptist
Maderna im Expensbuch Bessels nicht namentlich genannt;
es ist hier lediglich die Rede von einem Ingenieur (StAGö, Cod.
Ser. n. 397, Expensbuch Abt Gottfried Bessels, 152, RITTER 1961,
57). Erst am 23.9.1714 (Bezahlung einer Reise von Wien nach
Göttweig) erwähnen die Quellen den Namen „Maderna“ (RITTER
1961, 57, RITTER 1972, 93–94). – Zur Identifizierung des „Ingenieurs“
als Johann Baptist Maderna siehe BÖSEL / RIZZI 1988, 178,
Anm. 44. Weiterführend zur Tätigkeit Giovanni Battista Madernas
siehe BÖSEL / RIZZI 1988, 159–179 und HAUPT 2007, 463.
100
LECHNER 2000, 783.
101
Zu den Planungen nach dem Brand von 1718 siehe ÖKT KREMS
1907, 445–453, RITTER 1961, RITTER 1972, GRIMSCHITZ 1959, 99–
103, RIZZI 1975, 38–55, RIZZI 1976/1, LECHNER 1983. Eine ausführliche
Bibliografie zu Göttweig bei LECHNER 2000, 818–831.
102
RITTER 1961, insbes. 57–60, RITTER 1972, insbes. 94–99, 109–113.
103
Herrn Ingenieur et Capitain Balthasar Neumann zu Würzburg vor
einen yberschickten Ris um Quittung Nr. 214 12 Reichsthaller id est
18 fl. (zit. in: RITTER 1961, 58).
104
Der Vertrag ist in einer Abschrift überliefert: StAGö, Cod. Ser. n.
90, Diarium Monasterii Gottwicense 1, 78–82 (der gesamte Wortlaut
abgedruckt in: RITTER 1961, 92–94).
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