24.02.2021 Aufrufe

Leseprobe

Jakob Prandtauer 1660–1726 Baumeister des Barock

Jakob Prandtauer 1660–1726
Baumeister des Barock

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DAS AUGUSTINER-CHORHERRENSTIFT

DÜRNSTEIN

Einleitung

Das Augustiner-Chorherrenstift Dürnstein (Abb. 398), seit

seiner Aufhebung im Jahr 1787 eine Pfarre des Stiftes Herzogenburg,

wird auf drei Seiten von dem engen Gefüge

der Stadt Dürnstein umschlossen. Auf der vierten Seite

begrenzt die Donau das Klosterareal. Es ist daher nicht

erstaunlich, dass Propst Hieronymus Übelbacher (amt.

1710–1740; Abb. 480) den bestehenden Komplex lediglich

umgestalten ließ. Unregelmäßigkeiten im Auf- und

Grundriss nahm er bewusst in Kauf.

Auf die schwierige bauliche Situation kam der Propst

auch zu sprechen, als er am 8. Juni 1737 den aus Bamberg

stammenden Architekten Johann Jacob Michael Küchel

durch das inzwischen fertig umgebaute Stift führte. Küchel

berichtet in seinem Reisetagebuch: … und den 8ten

dann auf Dörnstein gegangen, umb das neue Closter und schönen

Thurn zu sehen, welches Gebäu mit gar vielen Fehlern beschuldiget

werden könnte. Der Herr Praelat [...], so übel er zu

Fuß, so hat er doch selbsten alles gezeiget. Die Kirchen ist sehr

reich ausgeziehret. Und das Gebäu nicht von bester Simetrie.

Es ware, wie mir derselbe gesagt, der schlechte Platz, so da

war, schuld. 1

Den Kernbereich des Klosters bildet der Stifts- bzw.

Prälatenhof, der einen annähernd trapezförmigen

Grundriss besitzt (Abb. 399–401). Der Osttrakt, durch

den der Eingang (Abb. 397) führt, und der schmale Südtrakt,

der die Kirche verdeckt, wurden im Zuge der Umgestaltung

des Klosters unter Hieronymus Übelbacher

neu errichtet. Der West- und der Nordtrakt wurden hingegen

lediglich adaptiert. Wer den Stiftshof heute betritt,

ahnt nicht, dass sich etwa hinter der Westfassade

(Abb. 410) das gotische Refektorium (Abb. 402) und hinter

der Nordfassade ein mittelalterlicher Wirtschaftsraum

verbergen. Den Trakten des 14. bis 17. Jahrhunderts wurden

so geschickt neue Fassaden vorgeblendet, dass man

den Eindruck gewinnt, eine Klosteranlage des 18. Jahrhunderts

vor sich zu haben. Nur der in der Barockzeit

für ein Kloster ungewöhnliche zweigeschoßige Aufriss

(sonst sind zumindest drei Geschoße üblich) lässt den

Verdacht aufkommen, dass nicht alles ganz so „neu“ ist,

wie es auf den ersten Blick scheint.

Die Stiftskirche, ebenfalls das Resultat eines Umbaus

unter Übelbacher, liegt samt dem kleinen Kreuzgang im

Süden des Komplexes, direkt an der Donau (Abb. 398).

Im Westen wird die Klosteranlage durch einen hakenförmigen

Trakt erweitert. Er nahm die Zimmer des Konvents

auf, gehörte also zur Klausur.

Sich unter künstlermonografischen Gesichtspunkten

dem Stift Dürnstein zu nähern, ist aus zwei Gründen

eine große Herausforderung: Erstens war Propst Hieronymus

Übelbacher ein ausgesprochen eigenwilliger Auftraggeber,

der sich laufend in die Planung eingeschaltet

und den Künstlern Vorgaben gemacht hat. Zweitens

fehlen nahezu alle mit dem Baubetrieb verbundenen

Archivalien (Verträge, Rechnungen, Pläne etc.). Die

wichtigste erhaltene Quelle aus der Zeit des Klosterumbaus

sind die Schreibkalender Hieronymus Übelbachers,

in die der Propst tagebuchartig Notizen eingetragen

Abb. 397 Stift Dürnstein, Hauptportal

1

Zit. in: GLÜSING 1978, 2. Bd., 15–16. Zu Küchels Reisetagebuch

siehe zuletzt PAULUS 2014, 107–108.

405

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!