24.02.2021 Aufrufe

Leseprobe

Jakob Prandtauer 1660–1726 Baumeister des Barock

Jakob Prandtauer 1660–1726
Baumeister des Barock

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Würdigung

gabe, eine profanierte mittelalterliche Kirche in einen

Schüttkasten zu verwandeln; zusätzlich galt es, eine Kapelle

einzurichten. Prandtauer mauerte in den Jahren

1715 bis 1716 den Chor vom Langhaus ab, zog im ehemaligen

Langhaus Zwischenböden ein und veränderte

die Fenster (Abb. 510). Das hohe Satteldach, das bei starkem

Wind immer wieder Probleme bereitet hatte, ersetzte

er durch ein zwischen die Umfassungsmauern eingespanntes

Grabendach. Binnen kürzester Zeit führte er die

Kirche einer neuen Nutzung zu.

Stiftshöfe, Paläste und Bürgerhäuser

Im städtischen Kontext hat Prandtauer für Klöster, Adelige

und Bürger wiederholt Profanbauten errichtet, und zwar

Stiftshöfe, Paläste und Bürgerhäuser. Stiftshöfe dienten

den Prälaten als Wohnung, wenn sie ihren Amtsgeschäften

nachgingen, konnten aber auch vom Konvent und

von Mitgliedern anderer Klöster temporär als Unterkunft

genutzt werden; außerdem dienten sie Künstlern, die für

die Klöster arbeiteten, hin und wieder als Quartier, wenn

sie vor Ort zu tun hatten. Und schließlich waren die Stiftshöfe

auch Verwaltungssitze, wurden für die Lagerung von

landwirtschaftlichen Produkten verwendet und fallweise

auch vermietet. 55 Verwaltet wurden sie von einem Hofbzw.

Hausmeister, der u. a. dafür zu sorgen hatte, dass

Unterkunft und Verpflegung für den Prälaten jederzeit

bereitstanden. Fallweise besetzten die Klöster die Hofbzw.

Hausmeisterstelle mit Künstlern, die auf diesem Weg

Abb. 453 St. Pölten, Palais Kriechbaum

Abb. 454 St. Pölten, Bürgerhaus, Hofstatt 5, Aufnahme vor 1961

(St. Pölten, Stadtarchiv)

ein fixes Einkommen, Wohnung und Werkstätten

hatten. 56 Wohl ab 1722, also in seinen letzten Lebensjahren,

errichtete Prandtauer in Linz für das Kloster Kremsmünster

einen Stiftshof, der zu den prächtigsten seiner

Art gehört (Abb. 460). Da der vorhandene Bestand komplett

abgebrochen wurde, hatte Prandtauer die seltene

Chance, einen Neubau mitten in der Linzer Altstadt zu

errichten. Binnen weniger Jahre entstand eine Vierflügelanlage,

deren Fassaden einem Wiener Adelspalais in

nichts nachstehen; im Zusammenhang mit Prandtauers

Formensprache wird auf den Aufriss im Detail zurückzukommen

sein. Parallel zum Stiftshof in Linz hat Prandtauer

den Kremsmünsterer Stiftshof in Wels (Abb. 822)

adaptiert. Für den Klosterneuburger Stiftshof in Wien hat

er ein Umbauprojekt geliefert (Abb. 832), das allerdings

nicht ausgeführt wurde.

Mit Palastbauten war Prandtauer bereits in seiner frühen

Schaffenszeit befasst, wenngleich nur in untergeordneter

Position: So arbeitete er in den 1690er Jahren als

Geselle von Christian Alexander Oedtl am Bau des Palais

55

In seinem Beitrag über die Münchner „Klosterhäuser“ erläutert

56

→ S. 748.

Norbert Lieb ausführlich die verschiedenen Funktionen (LIEB

1980, 173–178).

458

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!