Abb. 450 Primmersdorf,Schüttkasten,zweites ObergeschoßAbb. 451 Primmersdorf,Schüttkasten,erstes ObergeschoßAbb. 452 Primmersdorf,Schüttkasten,Erdgeschoß
Würdigunggabe, eine profanierte mittelalterliche Kirche in einenSchüttkasten zu verwandeln; zusätzlich galt es, eine Kapelleeinzurichten. Prandtauer mauerte in den Jahren1715 bis 1716 den Chor vom Langhaus ab, zog im ehemaligenLanghaus Zwischenböden ein und verändertedie Fenster (Abb. 510). Das hohe Satteldach, das bei starkemWind immer wieder Probleme bereitet hatte, ersetzteer durch ein zwischen die Umfassungsmauern eingespanntesGrabendach. Binnen kürzester Zeit führte er dieKirche einer neuen Nutzung zu.Stiftshöfe, Paläste und BürgerhäuserIm städtischen Kontext hat Prandtauer für Klöster, Adeligeund Bürger wiederholt Profanbauten errichtet, und zwarStiftshöfe, Paläste und Bürgerhäuser. Stiftshöfe dientenden Prälaten als Wohnung, wenn sie ihren Amtsgeschäftennachgingen, konnten aber auch vom Konvent undvon Mitgliedern anderer Klöster temporär als Unterkunftgenutzt werden; außerdem dienten sie Künstlern, die fürdie Klöster arbeiteten, hin und wieder als Quartier, wennsie vor Ort zu tun hatten. Und schließlich waren die Stiftshöfeauch Verwaltungssitze, wurden für die Lagerung vonlandwirtschaftlichen Produkten verwendet und fallweiseauch vermietet. 55 Verwaltet wurden sie von einem Hofbzw.Hausmeister, der u. a. dafür zu sorgen hatte, dassUnterkunft und Verpflegung für den Prälaten jederzeitbereitstanden. Fallweise besetzten die Klöster die Hofbzw.Hausmeisterstelle mit Künstlern, die auf diesem WegAbb. 453 St. Pölten, Palais KriechbaumAbb. 454 St. Pölten, Bürgerhaus, Hofstatt 5, Aufnahme vor 1961(St. Pölten, Stadtarchiv)ein fixes Einkommen, Wohnung und Werkstättenhatten. 56 Wohl ab 1722, also in seinen letzten Lebensjahren,errichtete Prandtauer in Linz für das Kloster Kremsmünstereinen Stiftshof, der zu den prächtigsten seinerArt gehört (Abb. 460). Da der vorhandene Bestand komplettabgebrochen wurde, hatte Prandtauer die selteneChance, einen Neubau mitten in der Linzer Altstadt zuerrichten. Binnen weniger Jahre entstand eine Vierflügelanlage,deren Fassaden einem Wiener Adelspalais innichts nachstehen; im Zusammenhang mit PrandtauersFormensprache wird auf den Aufriss im Detail zurückzukommensein. Parallel zum Stiftshof in Linz hat Prandtauerden Kremsmünsterer Stiftshof in Wels (Abb. 822)adaptiert. Für den Klosterneuburger Stiftshof in Wien hater ein Umbauprojekt geliefert (Abb. 832), das allerdingsnicht ausgeführt wurde.Mit Palastbauten war Prandtauer bereits in seiner frühenSchaffenszeit befasst, wenngleich nur in untergeordneterPosition: So arbeitete er in den 1690er Jahren alsGeselle von Christian Alexander Oedtl am Bau des Palais55In seinem Beitrag über die Münchner „Klosterhäuser“ erläutert56→ S. 748.Norbert Lieb ausführlich die verschiedenen Funktionen (LIEB1980, 173–178).458